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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.06.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-06-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040617013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904061701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904061701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-06
- Tag1904-06-17
- Monat1904-06
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Anzetgen-PretS die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redaktion«strich («gespalten) 7Ü >4, nach den Familiennach- richteu (6 grspalteu) 00 Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisnugea uud Offertenanuahme 2ü Axtra-Vrilagen (gefalzt), nur mit der Morgen «Ausgabe, ohne Postbrfördrrung 60.—, mit Postbeförderong 70.—. Aunahmrschlup für Anzeigen: Abeud-Ausgabe: vormittag- 10 Uhr. Morgea-AuSgab«: uachmütag» 4 Uhr. Anzeigen siud stet- au die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet non früh 8 bi- abends 7 Uhr. Druck and Verlag von G. Polz in Leipzig (Inh. Dr. «., R. L W. «ltukhardtX Nr. 304. Freitag den 17. Juni 1904. S8. Jahrgang. Var Wichtigste vom Lage. * Dem Reichstage ist seitens des Reichs kanzlers eine Vorlage zugegangcn, wonach das Haus bis zum 29. November d. I. vertagt werden soll. (S. Bericht.) * Im Reichstage erklärte gestern Staats sekretär Nieberding, der preußische Gesetzent wurf, betreffend Vertragsbruch ländlicher Arbeiter, sei zwar mit de in N e i ch s r e ch 1 ver einbar, bedürfe aber einer Korrektur, da die Grenzen zwischen der Reichs und der Landes gesetzgebung in dem Entwürfe nicht deutlich genug ge zogen seien. (S. Bericht.) * Mit dem Dampfer „Palatin" ging gestern abend wieder cinVerstärkungstransport für Südwestafrika von Hamburg ab. * Die Sammlungen der Deutschen K o l o n i a l g c s e l l s ch a t t für die H ü l f s b e d ü r f - tigen in Südwestafrika haben 213000 überstiegen. * Zum Abschluß eines deutsch ruinä - nischen Handelsvertrages sind die deutschen Unterhändler gestern in Bukarest eingc- trossen. (S. Ausl.) * Das preußische Abgeordnetenhaus nahm gestern das Gesetz, betreffend Bestrafung des Spiels in außerpreußischen Lotterien, an. (S. Bericht.) Martin»; kleutberiu;. Es hat ganz den Anschein, als sollte das dentschc Volk nie mit den religiösen Kämpfen und Wirren zu Ende kommen. Immer wieder nach einer kurzen Zeit der Stille folgt der konfessionelle Sturm. Diese Leisetreter und Er- folganbetcr haben gut zum Frieden reden. So bequem es sein mag, das schöne Wort Toleranz zum Deckmantel der religiösen Indifferenz zu nehmen, so wenig null das deutsche Volk auf diesen Speck aubeißcu. Weiß es doch nur zu gut, daß gerade die großen konfessionellen Kämpfe der letzten vier Jahrhunderte seinen Geist uud Kraft ge stählt habeu. Wir wären nicht das geistig freieste Volk der Erde, wir hätten nicht in Wissenschaft und Philosophie die Führung unter den Knlturnationcn, wenn Nur nichl den weltgeschichtlichen Kampf gegen Rom gewagt hätten. In diesem Kampfe wurde der Vorn erschlossen, ans dem alle Völker trinken. Aber ebenso notwendig wie der Anfang des Kampfes ist seine Fortsetzung. Tor konfessionelle Gegensatz ist heute noch nicht überwunden, ja heute weniger als je. Stehen wir doch mitten in einer Periode religiöser Reak tion; hat doch Nom heute auf das deutsche Reich und das deutsche Volk einen größeren Einfluß als jemals seit dem Frieden von Osnabrück. Die dominierende Stellung des Zentrums im deutschen Reichstage und die direkten Ein wirkungen des Vatikans auf das zärtlich umworbene Deutschland, dem man selbst die älteste Tochter der Kirche zu opfern sich anschickt, sind nur die greifbaren Zeichen dieser rückwärts gerichteten Bewegung. Nicht weniger deutlich macht sich dieser Zug der Zeit in den: Bestreben des Ultramontanisnins geltend, maßgebenden Einfluß auf die Hochburgen der deutschen Wissenschaft, die Univer- sitätcn, zu erlangen und die Geschichte im römischen Sinne zu revidieren. Tas Reich selbst bat in falsch verstandener Toleranz diesen Kampf Roms gegen Wittenberg gefördert. Der 8 166 deS Strafgesetzbuches macht es einem tcmpcrament- vollen Schriftsteller fast unmöglich, die Polemik gegen Rom zu führen, wie sic geführt werden muß, wenn sie wirken soll. Immer wieder muß der Polemiker die un bequeme Entdeckung machen, daß die angeblickzcn Miß bräuche und Irrtümer RomS cbcnsovielc Einrichtungen uud Gebräuche sind, die sich in einen: überwiegend pro testantischen Staate des weitestgehenden Schutzes erfreuen und deren ungeschminkte Bekämpfung den Verfasser in sehr ungemütlichen Konflikt mit dem Strafgesetzbuch bringt. Umgekehrt sicht der Protestant, dessen große Männer von katholischen Hetzern mit Kot beworfen wer den. mit Empörung und Beschämung, daß es kein gesetz liches Mittel gibt, den römischen Frechlingen den Mund zu stopfen. Der betreffende Strafparagraph ist eben so geschickt abgefaßt, daß er alles schützt, was die katholische Kirche sich zurcchnet, während er alles preiSgibt, was dem protestantisch empfindenden Volke teuer und wert ist. Daß dieser 8 166 unhaltbar ist, daß er zum mindesten einer völligen Umänderung bedarf, um nur einigcrmaßeu die erforderliche Parität unter den Konfessionen herzu stellen, darüber herrscht im protestantischen Lager keine Meinungsverschiedenheit. Aber wir freuen uns konsta tieren zu können, daß cS selbst unseren Orthodoxen nicht einfällt, noch einer Verschärfung des Strafgesetzes zu Gunsten des Protestantismus zu rufen. Uebcrall, so viel wir sehen, fordert man vielmehr eine Beseitigung, wenn nicht des ganzen Paragraphen, so doch desjenigen Ab schnittes, der die katholische Kirche in eine Ausnahme stellung rückt. Man will nicht durch staatliche Schutzzäune vor Verunglimpfungen des Gegners geschützt sein, da man sich ohnedies im Gefühl der guten Sache wehrhastig fühlt; man fordert nur, daß man niit der gleichen Waffe kämpfen darf, die der Gegner anzuwenden für gut be findet. Und so sehr man vielleicht fürchten muß, daß die Beseitigung des 8 166 den religiösen Gegensatz ver schärfen und die konfessionelle Polemik vergröbern kann, so ist doch ein ehrlicher Kampf immer besser als ein fauler Friede. Man kann anch um so eher auf eine strafgesctz- liehe Regelung der konfessionellen Polemik verzichten, als der öffentliche Geschmack heute schon ein starker Faktor ist, der von vorn herein zur Mäßigung treibt. Wer den Bogen überspannen und Schimpfereien an Stelle von Gründen setzen wollte, der hätte von Anfang an den maßgebenden Teil des Publikums gegen sich. Nur die Freiheit muß gewahrt werden, auf einen groben Klotz einen groben Keil zu setzen. Wie notwendig diese Freiheit der Polemik ist, hat erst neuerdings das Luthcrbnch des Dominikaners Deniflc ge zeigt. Es ist in ihm noch etwas von der alten Wut, mit dem einst der Bettelmönchordcn das erste Auftreten Martin Luthers begleitete, etwas von der Lust an Schmähungen nnd Verfolgungen, mit der man den Re formator und sein Werk zu nichte zu machen versuchte. Es gibt kaum ein freies Wort Luthers, das Denifle nicht niit dämonischer Dialektik in fein Gegenteil verkehrt, kein noch so reines Verhältnis des Reformators, das er nicht be schmutzt, keinen derben Scherz, den er nicht zu einer Zote verkehrt hätte. Gerade solchen Schmähschriften gegen über, die ja heute nicht vereinzelt dastehen, sicht man erst, wie gewaltig noch heute die Wirkung Luthers ist, wie tief er das Papsttum ins Mark getroffen hat, Wer geneigt sein sollte, an ein allmähliches Abflauen der durch Luther in das deutsche Volk geworfenen neuen Gedanken und Ideen zu glauben, der wird durch diese sich immer wieder holenden Angriffe der ultramontanen Heerscharen eines anderen belehrt werden. Deshalb gibt es auch kaum ein besseres Mittel, das protestantische Volk von dem dauernden Wert seines re formatorischen Erbes zu überzeugen, als ihm das Bild unseres großen Reformators immer von neuem in seiner wahren unverfälschten und ungeschminkten Gestalt zu zeigen. In diesem Sinne weisen wir auf die groß ange legte auf zwei Bände berechnete Lutherbiographie_des Heidelberger Theologen Adolf Hausrath hin, von der jetzt der erste Band erschienen ist. (Luthers Leben, Ber lin 1904, G. Grotesche Verlagsbuchhandlung.) Ueber Luthers Leben ist schon viel geschrieben worden, von Melanchthon und Matthesius an, daß man meinen könnte, es ließe sich darüber kaum noch etwas neues sagen; und besonders Köstlins schönes Lutherbuch, ein Standardwerk der deutschen Sprache, hat vor 20 Jahren die Ergebnisse der Lutherforschung wahrhaftig und würdig zusammen gefaßt. Aber das Hausrathschc Buch zeigt unwiderleglich, daß noch unendlich viel zu tun bleibt, um die so große und dabei so einfache Gestalt Luthers in ihrer Totalität zu würdigen. Es geht mit Luther wie niit allen großen Männern, mit Goethe besonders, daß jede neue Zeit auch neue Seiten an ihm entdeckt, neue Anregungen zur fruchtbaren Entfaltung bringt. Die eine Zeit hat besonders seine theologischen Ver dienste ins Lickst gerückt, die andere hat seine sprachlichen Leistungen gewürdigt, die dritte hat ihn als Freiheits helden gesehen. Hausrath sucht ihn als die gewaltige, reiche und tapfere Persönlichkeit zu erfassen. Es ist die glänzende Individualität, die er besonders ins Lickst zu sehen sucht. Dabei beschönigt er nickst etwa, noch sucht er gar die Schattenseiten Luthers abzuleugnen; ja die psycho logisch tief eindringende Untersuchung über das halb körperliche, halb geistige Leiden, das Luther seit den Klosterjahrcn in Erfurt nie ganz los wurde, bildet eine» der Glanzpunkte der Hausrathschcn Darstellung. Aber alles, was HauSrath schreibt, ist von der Liebe zu seinem großen Gegenstände diktiert; er geht an sein Werk heran als ein Kenner der menschlichen Seele, dem nichts mensch liche? fremd ist. So tritt uns in seiner Darstellung Luther als der Mann entgegen, den seine humanistischen Zeitgenossen den Bruder Eleutherius, den Befreier, nannten. Er be- freit die Menschen von dem Joch, das das Papsttum und die Scholastik ihnen auferlegt hat, er lehrt sic selbst denken und sich als selbst verantwortlich fühlen. „Man kann alle Blätter der Weltgeschichte umwenden", sagt Hausrath, „und man wird keinen finden, der so gewaltig und so viel seitig wirkte und dabei so schlicht, so ohne allen Hinter halt und für den gemeinsten Mann so verständlich blieb wie Luther. Tas Geheimnis dieser Größe liegt darin, daß Lutster niemals an sich dachte, sondern nur au die Sache. TaS gab ihm da» gute Gewissen, auf dem seine Freudigkeit beruhte, und diese Freudigkeit war es, die sein Volk bezauberte und mitriß. So ist er ein Genius, dem wir uns beugen, und doch auch wieder ein Kind, dessen Einfalt und Treuherzigkeit uns rührt; immer aber ist er für uns Deutsche Fleisch von unserem Fleische und Bein von unserem Bein." Man sielst an diesem Zitat zugleich, daß Adolf Haus- rath, der Biograph des Paulus und des Abälard, der ausgezeichnete Verfasser der unter dem Pseudonym George Taylor erschienenen historische» Romane, in seiner Lutbcrbiographic die Feder meisterlich führt. Sein neues Werk ist, aut so ticken und cindringenden Studien cs be ruht und so lebendig cs die ganze Zeit der Reformation vor uns erstehen läßt, ohne allen gelehrten Ballast! ein echtes Volksbuch, das jeder verstehen kann, der überhanpi eine Biographie zu lesen imstande ist. Um so breiter wird hoffentlich die Wirkung dieser Luthcrbiographie sein. Und wer sich in sic versenkt, der wird daraus auch neue An- rcgungen für seine eigenen religiösen und konfessionellen Ucberzcugungen schöpfen. Es ist der Geist Luthers, den wir immer wieder zu Hülfe rufen müssen, wenn der römische Einfluß über mächtig zu werden droht. Luther hat uns gelehrt, daß man der Gefahr zu Leibe gehen muß, wenn man nicht von ihr bezwungen werden will. In seinem Zeichen wird das deutsche Volk auch diese neueste Zeit des Niederganges, der jetzt auf uns lastet, überwinden. Der Humana Oer Herero. Die militärische tage. In dem Telegramm, worin der Generalleutnant v. Trotha seine Ankunft in Südwestasrika meldet, berichtet er auch, daß nach Angab- des Majors v. Glasrnapp der am Waterberge vereinigte Feind vielleicht 0000 Gewehre stark sei. Diese letztere Schätzung verdient eine nähere Betrachtung. Zunächst hatOberst Lcutwein die Masse der Hcrerokneger in den Onjatibergen mehrere Male auf 0000 und dann auf 5000 Köpfe geschätzt. Danach sind also die Militärs über die Menge der kämpfenden Aufständischen so ziemlich in llebereinstiininung. In keinem Falle können aber Vie Herero nach einem oder mehreren Monaten, in denen sie sehr starke Verluste erlitten haben, noch in gleicher Stärke wie im Ansange sein. Gegen diese Schätzung spricht nach der „D. Tagesztg." vor allem die Mit teilung des Missionars Kuhlmann, der gezwungen wurde, sich 14 Tage im Lager der Herero aufzuhalten und ihren Be wegungen zu folgen. Er ist der einzige Deutsche, der ihre Scharen mit eigenen Augen gesehen und sie in allen Lagen und Bewegungen beobachtet hat. Nach seiner Zählung waren nur '2000 Krieger vorhanden, denen sich ein doppelt so großer Troß von Weibern, Kindern und Hirten ohne die unzählbaren Viehherden anschloß. Er verließ daS Lager mit einem Briefe Samuels vor drei Monaten; seitdem sind die Herero schon sehr ge lichtet worden. Am Waterberge hatten sich aber nur kleinere Scharen aufgehalten. Wenn sie sich auch jetzt mit der Hauptmacht aus den Onjatibergen vereinigt haben, so spricht doch alles dagegen, daß die Zahl ihrer Gewehre auch nur 4000 beträgt. Nachdem die Herero am Waterberge durch die stetig anwachsende Schutztruppe in langsam vor sichtigem Verrücke« so ziemlich cingekreist sind, wird ihre Unterwerfung und Zerstreuung nur noch eine Frage kurzer Zeit sein. Sie fühlen sich schon nicht mehr sicher, denn nach Aus sage von Gefangenen hat Samuel Maharero schon die Flucht zu den Ovambo vorgeschlagen; doch haben die anderen Häuptlinge dagegen gestimmt. Samuel bat offenbar schon den Mut verloren und geht nun darauf aus, sein Leben zu retten. In den Berichten des Oberst Leutwein ist wiederholt von der durchschlagenden Wirkung der Artillerie auf die Herero berichtet worden, kleinere Abteilungen konnten sich der Feinde öfter nur durch ihre Geschütze erwehren. Nachdem die Artillerie aller Art außerordentlich verstärkt worden ist, kann der Widerstand der Herero nicht lange mehr dauern. Lin Brief au« Windhuk. Einem Ende April aus Windhuk an die Deutsche Kolonial gesellschaft geschickten Privatbriefe entnehmen wir über den Eindruck, den die amtlichen Berichte machten, das Folgende: ES herrschte unter der Bevölkerung allgemeine Erregung darüber, daß die Herren Oberrichter Richter und Bezirksamtmann Duft als Ursache des Aufstandes einfach die Uebergriffe der Wander händler bezeichnen, „was ebenso bequem wie kurzsichtig ist. Als Herr Duft von den Borwürfen hörte, teilte er nnS mit, daß aus seinem amtlichen Berichte bei der Veröffentlichung die weiteren von ihm angeführten Gründe, wie Reservate usw., fort gelaßen seien, wovon wir öffentlich Gebrauch machen wollen." So war denn der Verlauf der einbcrufenen Versammlung außer ordentlich stürmisch und das seiner Zeit mitgeteilte, an die Deutsche Kolonialgesellschaft gerichtete Telegramm fiel entsprechend scharf aus. Dem Protest über die qeringe Entschädigung der Hülfs- bedürftigen schloffen sich auch der evangelische Pastor nnd der katholische Präfekt an. „Selbst in Regierungskreisen" so heißt es wörtlich im Briefe, „herrscht die Ansicht, daß ein weiterer Ausbau der Kolonie unmöglich sei, wenn es bei diesem Beschluß bliebe. Für jeden, der unsere Verhältnisse aus eigener An schauung kennt, liegt in dem Reichstagsbeschlnß eine Ungerech tigkeit. Ein großer Teil der Ansiedler, Händler nnd Farmer wurde ermordet, ein großer Teil zum Militär eingezogen, wo sie, als Landeskundige, al- Spitzenreiter verwendet wnrden. Der Rest steht znm Teil noch bei der Trnpve. Seitdem nun aber bekannt, wurde, wie ablehnend der Reichstag sich verhält, wie das Reich seine! Kolonisten, dt» es selbst zum Hinau-gehen aufsorderte, im Stich! läßt, beginnt naturgemäß eine tiefgehende Unzufriedenheit in allen Schichten Platz zu greifen. Es ist von feiten der Regierung ungerecht, den Händlern die Schuld zuzuschieben, was schon daraus hervorgeht, daß die Herero die Händler Martens auf Otjosasu und Ludwig Conradt vom Nosob am Leben ließen; letzteren setzten sie auf ein Pferd, gaben ihm Proviant und schickten ihn fort. Auch hat Samuel Befehl ge geben, die Kaufleute Nitsche, Schmerenbeck, Voigts und Wecke nicht totzuschlagen. Ein derartiger Befehl über Beamte ist nicht bekannt geworden." Anerkennen muß der Briefschreiber, daß sich die Gouverne mentsregierung den Geflüchteten gegenüber entgegenkommend zeigt, ihnen frisches Fleisch und Proviant noch heute (das heißt also Ende April) frei abläßt und mit ihren Wohnräumen nach Möglichkeit anshülft. Im Briefe wird des weiteren be stätigt, welcher Mangel an Treibern für die Ochsenwagen herrscht, und eS wird erzählt, daß ein in dem Schutzgebiet bekannter Ansiedler nach Rehobot reiten mußte, um Treiber zu beschaffen. Es wird dann über die Verteilung der von der Deutschen Kolonialgesellschaft hinausgefchickten Summe gesprochen und gedankt für die von der Kolonialgesellschaft hmausgesandten Kleidungs- und Wäschestücke. Die Portugiesen und der Herero-Aufstand Die Gerüchte, daß die Hereros die Absicht hätten, nach dem portugiesischen Ovamboland auszuwanderu, scheinen jetzt doch die portugiesische Regierung zu Abwehrmaßregeln ver anlaßt zu haben. Wie den „Bert. N. N." gemeldet wirt, hat die portugiesische Regierung begonnen, den Grenzfluß Kunene entlang verschiedene Militärposten einzurickuen, um den Uebertritt der rebellischen Stämme auf angolensisches Gebiet zu verhindern. Am Kunene freilich sind die Portugiesen vor einem Ueber- treten der Herero sowieso sicher. Es käme darauf an, ob sie die Okawangolinie sperren können. Vorläufig haben aber die Portugiesen selbst große Angst, sowohl vor den Hereros als auch vor ihren eigenen schwarzen Unter tanen. So sind neulich die Einwohner von Porto Alexandre, als sich das Gerücht von dem Herannahen größerer Herero-Massen verbreitete, schleunigst mit der schnell zusammcngerafften Habe auf die im Hafen liegenden Boote geflüchtet, während der Distriktsckef sich an Bord der Korvette „Affonso de Albuquerque" begab und Vorsichts maßregeln forderte, dem auch der Kommandant durch „In standsetzung der Bvrdartillcrie" und eines Landungskorps entsprach. Nachher stellte es sich natürlich heraus, daß alles blinder Lärm war. ver ktittizch-japaitiMe Krieg. Russische Blätter über -en Lntsatzversuch. Petersburg, k0. Juni. Die „MoSkowskija Wjedomosli" treten gegen die Bewegung in der Petersburger Gesellschaft, welche den raschen Entsatz von Port Arthur fordert, aus, indem sie ausführen, daß die Entsatzarmee in eine Falle geraten und eingeschlvsscn zu Grunde geben könne. Zurückhaltung sei eine beiüge Pflicht. Die Russen sollten auf den Hohn der Feinde wegen der kritischen Lage von Port Arthur nicht achten. Die Zeit werde kommen, wo die Verteidiger Port Arthurs Hülfe erhielten. Aber vorzeitig einen Entsatzversuch machen und in eine Falle gehen, wäre unsinnig. Auch der „Graschdanin" erklärt, der wichtigste Augenblick sei nicht das Schicksal von Port Arthur, sondern das schleunige Eintreffen von Verstärkungen. Wladiwostok-Geschwader. Tokio, 10. Juni. (Reuter.) Das Transportschiff „Hino- Maxu", das nach Moji zurückgekebrt ist, berichtet, daß es gestern vormittag 11 Uhr, 20 Meilen westlich der Iki- Inseln, dem russischen Geschwader aus Wladiwostok be gegnet sei. Die „Hinv-Maru" kehrte sofort um, signalisierte eine Warnung an die Transportschiffe „Kanazawa-Marn" nnd „Jturi-Marn" und entkam mit diesen. Zwei andere Transportschiffe, nämlich „Nitachi-Maru" und „Sado-Marn", von etwa je «>000 Tonnengehalt, wurden zwei Meilen westlich von den Russen gesehen und schnell umzingelt; ihr Geschick ist nicht bekannt. Der Verlust au Menschen ist wahr scheinlich schwer. (Die Iki-Inseln liegen südöstlich von der Insel Tsushima.) _ Da« Seegefecht bei Lsttshima. Paris, 10. Zuni. Ueber den Ausgang des Seegefechtes in der Enge von Tsushima sind hier widersprechende Meldungen eingetroffen. Nach japanischen Depeschen wäre es den Japanern gelungen, drei russische Kreuzer )u nehmen, nach Meldungen über Tschisu dagegen hätten die Japaner den Verlust eines Torpedobootes zu beklagen und wenigstens zwei russische Schiffe seien nach Norden entkommen. Lin Landsieg der Japaner. * London, 10. Juni. Der Tokioer Sonderberichterstatter des „Daily Ebroniele" drabtet am IS. Juni: Die Japaner errangen einen wichtigen Sieg bei Futschau, wo 7000 Rusicn standen, deren Verlust auf 1000 Tote und Ver wundete geschätzt wird. Die besiegte Streitkraft ist nunmehr in voller Flucht nordwärts nach Taschitschiao und Kaiping. Die Japaner erbeuteten eine Menge Kanonen und viel Munition. Line fachmännische Arktik In einer Abhandlung deS „Militär Wochenblattes" über den russisch japanischen Krieg findet sich eine beachtens werte Bemerkung inbezng auf die Kämpfe bei Kiutschou. Nachdem gesagt ist, daß die Verteidigung Port Arthurs nun im wesentlichen auf die der Festungswerke beschrankt sei, wird die unfreiwillige Preisgabe des Vorgeländes an den Gegner als ein Akt bezeichnet, der auch Idem genialsten AeslungS- kommandanten nicht erspart bleibe. Der Meinung, die .Kämpfe bei Kintsckwu als Erfolge des frontalen BajonetlanarisfeS anschcn zu müssen, tritt ter Fach- 1 mann de« „Mu.-Wochenblatte-" entgegen. Griner Ansicht
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