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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 24.01.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-01-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192801245
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19280124
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19280124
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1928
- Monat1928-01
- Tag1928-01-24
- Monat1928-01
- Jahr1928
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 24.01.1928
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S«. S. «eilige zu» »tejirr r«,e»litt. riesst«,, »4. J««««r 1VS8, «»««»» 81. gehr«. Amtstag 4«r «tr»er»«t»<r »«» «»«—eMH« de» »«»-» «r»ße»» Hat« t« G««rG de» »«Me»Hofi» t« Gr»tze»H«t» »«tta«, d« ». I«««, INS. vormttt««» XU Uhr. Dt« Herren vüraermetfter waren bi» auf zwei vür- «ennotfter und drei Gutsvorsteber vollzähltg versammelt. Herr Amt-Hauptmann Feilsch hieb dt« Erschienenen willkommen, tnSbefonder« die Herren vom v«,trkSau»schuß an» den Vorsitzenden de» Bezirkstag«», Herrn Dr. Trott, Radeburg. Er «acht« die Erschienenen darauf aufmerksam, daß da» Erscheinen »nm SmtSta« ein« Pflicht der vür- »ermetfter fei, wir habe« ,» hier mit einer amtliche« Tagung »u tu». Uetzer dt« »«Hl der itzemeindeverordneten.Uersteher »nd ihrer Stellvertreter erstattete Herr Amtshauptmann FeLtsch Bericht. Rach L 48 der Gemeindeordnung sind diese vahten im Äanuar fälltg. Sie haben auf et» Jahr zu er. folge«. Er forderte bi« Bitrgermetster auf, diese Wahlen in alle« Gemeinden vorzunebmen. Auf stell««« »er GemeiubeHauSHaktpU««. Einstellung »»« DarlehustilgvvgSbeträaen t« Haustzaltplan. Hierüber dertchtet« ebenfalls Herr Amtshauptmann Feltsch. Der HauShaltvla« ist künftig nicht mehr von der Amtshaupt- mauuschaft zu genehmigen, er ist nur zur Kenntnisnahme etruureichen. Trotzdem empfehle er eine richtige Auf. stellung. ES gebe Gemeinden, die gezwungen sind, mit Dar lehen arbeiten zu müssen. Er mache aber darauf aufmerk sam, Darlehen nur aufzunehmen, wenn sic der VezirkS- arrSschuh genehmigt hat. Wetter wurde vom Herrn AmtShauptmann berichtet über di« Vornahme unvermuteter Kaffenprllfung«». In letzter Zeit find mehrfach Unstimmigkeiten in der Kassen, führung festzustellen gewesen. Nach 8 40 der Gemeinde verordnung haben die Gemetndeverordneten die Gemeinde rechnung zu prüfen und einen Beschluß über die Prüfung und EntlÄtung des Gemetnderates zu fallen. Alljährlich urtvdestenS einmal mutz eine unvermutete Kasscnvrüfung stattftnben. neben den angeordneten ordentlichen Prüfungen. Der Herr AmtShauptmann gab Ratschläge über eine richtig« Kassenprüfung und empfahl, jeden Betrag sofort einzu- tragen. Ueber die Eintragung von Girokassenbeträgen ent stand eine kurz« Aussprache, an der sich die Herren Bürger meister Hartwig-Radeburg, AmtShauptmann Keltisch, Re- »ierungSamtmann Kuoth beteiligten, über die dann e'ne Einigung erzielt wurde. Vom AmtShauptmann wurde weiter die Anschaffung de» Taschenbuches »Die Gemeinde»«»»»»« für de» Frei» daat Sachs««" von Dr. Graff empfohlen. Stratze»verkehrsordnuug vom IS. I»li 1»S7. Wie Herr LmtShauptmann Fellisch berichtete, war baS BerkehlSwesen bi» vor kurzem geregelt durch ortSpolizelliche Verord- nungen, bis nun einheitlich eine Straßenverkehrsordnung ausgestellt worden ist. Für den Bezirk Großenhain gelten die Bestimmungen dieser Straßenverkehrsordnung. Pflicht jedes Bürgermeisters sei eS, sich mit den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung bekannt zu machen. Weiter kam er auf die Anschaffung von einheitlichen SSarnungS- zeichen zu sprechen. Der Bürgermeister von Zeithai« br- merkte, baß die Schilder an den Bahnübergängen von der Eise«dahnveru>Lltu«g beschafft werden sollten und nicht von der Gemeind«. Here Bürgermeister Hartwig-Radeburg bat die Amtshauptmannschaft, Gesuche von Gemeinden bet der Reichsbahn zu befürworten. Da» Angebot der Uuton-Werke Nadetz«»l über Liefe- runa von Ortsschildern «sw. wurde üekanntgegrben. Flyrkarte« u»d Flurbücher! Anfertigung von Flur- übrrstchtSdruckplänen und Nachtragung von Gemeindeslur- karten durch da» LandeSvermeffungSamt. Wie Herr Amt»» Hauptmann Feilsch auSführte, seien in einzelnen Gemeinde» die Flurkarten noch in einem sehr alten und nicht mehr zu- verlässigen Zustande. Da» LandeSvermeffungSamt hat sich zur Herstellung neuer Flurkarten bereit erklärt. Einst t« Umlauf aesetzte Flurkarte der Gemeinde Sohl im Maß stab 1:NMN kostet bet Entnahm« von 10 Stück 166 Mark. Der Preis richtet sich nach der Grübe der Gemeinde. Da» Bermessungsamt ist bereit, Kostenanschläge von Fall zu Fall abzuaeben. Ke««t»ls nahm die Versammlung von der Anregung des Herrn AmtShauptmann, bet der Vergebung voa Ans» träge« möglichst sächsisch« Firm«« zu berücksichtigen. Al» Vorstandsmitglied in de» LandeSwohnungSoerbavd für de» Bezirk Grotzeuhai« wurde an Stelle des bisherigen Mitgliedes, Herrn Bürgermeister t. R. Richter-Radeburg, Herr Bürgermeister Hartwig-Radeburg und als bellen Stell vertreter Herr Bürgermeister Grambauer-Gröditz gegen wenige Stimmen gewählt. . Am 81. Januar b. I. veranstaltet der BeztrkSfürsorge- verband Großenhain «ine WohlfahrtStagu«« im Sachsenhos, in welcher über „Sinn und Wert der Iugendwohlfahrt" Herr Stadtrat Schatter-Chemnitz. über die „Schulaufsicht" Herr Amtsgerichtsdtrektor Keller-Hartmann Großenhain und über „Praktische Durchführung der Jugendpflege" Fräulein Schulze-Berlin sprechen werden. Ti« Herren Bürgermeister sind zum Besuche dieser Tagung etugeladen. Ueber die Gr««derwerb» «ud Wertzuwachssteuer er stattete Herr Reg.-Rat Härtel einen ausführlichen Bericht. Er erläuterte die gesetzlichen Bestimmungen und gab den Bürgermeistern wichtige Ratschläge über das Verfahren bei vorkommendeu Fällen. N-ber d>«se» Thema tu den Bür- germcisterkonferenzen in Großenhain und Radebura einen noch eingehenderen Vortrag zu halten, war der Bericht erstatter gern bereit. Der Landesverband der Sächsischen Feuerwehren hatte, wie Herr Regierungsrat Härtel audsttftrt«. Richtlinie« z„r Vermeidung bezw. wirksamen Verminderung von Wasser, schäde« bei der Bekämpfung vo« Brände« aufgestellt, wo von Kenntnis genommen wurde. U-eber Durchführung des metrische« Maßsystems be richtete ebenfalls Herr Regierungsrat Härtel. Es ist nur zu rechnen mit Ar und Hektar, nicht mit den alten Bezeich nungen Acker, Morgen. Ruten usw. Entnahme vo« Girogelder« für Gemrindezwecke. Hierüber berichtete Herr Regierungsrat Glaser. Es sollte unterlassen werden, die Bestände der Girokassen zu Gc- meindezwecken zn verwenden. Strafbefugnisse der Gemeinde«. Herr Regierungsrat Glaser hielt hierüber einen für die Herren Bürgermeister instruktive» Bericht, in dem er sie hinwies auf das Straf gesetzbuch, wonach für die Bürgermeister nur die Neber- tretungen in Frage kämen die mit Haft bis zu 14 Tagen oder mit Geld bis zu 186 Mark zu ahnden sind. In Zwei- I felSfällen müchte dt« AmtShauptmannschaft zur Auskunft»- I erteil««« ersucht werden. Bet Erlaß eine» Strafbefehl» müll« immer der Nam« de» detr. Gendarmertewachtmeiiterl angegeben fein, nicht so: Laut Gendarmerie-Anzeig« usm D«r Berichterstatter gab de» wrtteren Hinweise betreffs bei Gesundheit», und der Verkehrspolizei und wie» dt« Bür germeister hin auf die für dies« geltenden Bestimmungen Der Bürgermeister von Großdittmannsdorf empfahl di« Anschaffung des Kühler'schrn Hefte» „Die Polizetgewalt der j sächsischen Landgemeinden" zum Preise von 8» Psg. uni I gemeinsamen Bezug durch die betden Bügermeister-Bev einigunaen. Ein Äortraa über dieses Thema soll in ng<, ster Zett auf beiden LMrgermetster-Konferenzen gohalten werben. Ueber Auslegung de» Gesetze» über die Svnntagsruh« erstattete ebenfalls Herr Regierungsrat Glas« einen er i läuternden Bericht. In diesem nmrden den Bürgermeistern j deren Befugnisse bei Erteilung der Genehmigung von Not standSarbeite» in den landwirtschaftlichen Betrieben und weiter die Bestimmungen dr» Gesetze» über die arschlossenen I Zeiten klargelegt. Eine Ansrage des Bürgermeisters von Banda über die Zuständigkeit des BitrgermeisterS in Polt- i zeisachen wurde dahin beantwortet, daß die Gemetndever- * ordneten tn Poltzrisachen nichts zn sagen haben. Die Poltzeigemalt liegt lediglich dem Bürgermeister ob. Aus die Anfrage des Bürgermeisters von Nallebühla wurde er- widert, daß die Ausübung der Jagd außer der Kirchzeit gestattet, aber die Abhaltung von Treibjagden an Sonn tagen verboten ist. Das Rauchverbot in landwirtschaftliche« Betrieb«« wurde durch Herrn Regierungsrat Glaser erneut in Er innerung gebracht. Er empfahl möglichst allgemeinen Aus hang dieses Verbots in allen Gehöften. Tafeln dieses Ver botes sind in der AmtShauptmannschaft und «n -er Tage blatt-Druckerei zu habe». Bezüglich der Errichtung von Notteftanwnte» durch Bürgermeister erstattete Herr RegierungSamtmann Knoth Bericht. Er empfahl die Anschaffung des Oertel'scher Heftes: „Tie Errichtung eines Not- und Gemeindetesta ments", Preis l,4ü Mark, vom Roßberg schen Verlag. Weiter nahm der Amtslag Kenntnis von der Empseh lung des Herrn RegierungSamtmann Knoth über Anschaf fung des Sächsische« JahrbnchS 1SS8 von OberregierungSra! a. D. Reichel und dem Angebot der Bczirkskarte. Daraus hielt Herr Bezirksobstbaubeamter Glansch ein Referat über die Anwendung der Motorbaumspritze z«r Schädlingsbekämpfung an den Straßenvslanzungen und ir den Obstgärten. Er führte ungefähr folgendes aus: In den letzten Jahren überall Beobachtungen, das Schädlinge und Krankheiten an Obstbäumen in vermehrte: Anzahl austreten. Tie umfangreiche Ausbreitung de? Obstbaues bietet den in der Natur vorkommenden Baum schädlingen und -Krankheiten genügend Lebensmvalickkeit und deshalb hören wir die Klagen über Ungeziefer sei? häufiger, als das in den früheren Jahren der Fall gewesen ist. Tas Auftreten von Krankheiten und Schädlingen finden wir nicht nur im Obstbau, sondern in Landwirtschaft und Gartenbau ebenso. Eine Kultur braucht deshalb »ich: aufgcgcben werden. Tic Wissenschaft und Technik hat uns Mittel geschaffen, nm energisch den Kampf dagegen führer zu können. Die Obstpslanzungen. wie sic an den Ge. meindewegen und in den Gärten vorhandensind^wollen für Zwei Testamente Roman von F. Stolze. t. Fortsetzung. * Nachdruck verboten. S. Kapitel. Arnold Werner hatte seinen Plan glücklich durchgeführt.' kr war mit dem Steamer der British India SteamNavi- Zation Company über Karachi durch den Indischen Ozean m den Persischen Meerbusen hineingefahren und genoß, von jeder Sorge um das Gelingen seines Plane» befreit, den Reiz dieser eigentümlichen Reise. Während im Indischen Ozean zu dieser Zeit de» Jahre» der Südwest-Monsun weht und de« Seefahrern Kühlung bringt, zugleich aber auch die blauen Fluten zu mächtigen Wogen anschwellen läßt, ändern sich die Verhältnisse plötzlich, wenn man die offene Mekranküste verläßt und in die nach Norden zwischen Arabien und Persien verlaufende, sich immer mehr ver engend« Straße von Hormuz «inläust und dann bei der Insel Kishen nach Südwesten in den Persischen Golf ein fährt, den die Perser das Grüne Meer nennen. An die Stelle de» kräftigen Monsun» tritt nur selten von einem Luftstrom unterbrochen« Windstille, die Wogen ebnen sich und eine unerbittliche Sonne strahlt vom tiefblauen Himmel herab. Auch Werner, obwohl seit Jahren an die Hitze Indien« gewöhnt, empfand diese furchtbar« Glut, welche die des Roten Meeres weit übertrifft, und war selbst im Salon, der leichten indischen Baumwolljack« zum Trotz, in Schweiß gebadet. Am erträglichsten war es noch unter dem vonnensegel, wo der durch die Fahrt des Schiffer erzeugte Luftstrom wenigsten» etwa» Kühlung brachte. Hier saß er, möglichst ohne sich zu regen, und blickte träge auf die Passagier« der zweiten Klasse und des Zwischendeck« herab. Besonder» die letzteren, durchweg Inder oder Perser, hatten ihr ganze» wirtschaftliches und Familienleben auf da» Deck verlegt. Hier hatten sie sich völlig häuslich einge richtet. Bon den ihnen gehörigen Handelswaren und ihrem gesamt«« Hausrat umgeben, hockten sie, familienweise ge ändert, auf Teppichen, die den Neid jedes Europäer» er- oeckt haben würden. Hier brodelt« Ler Samowar, hier löstet«« di« Hammelschnitten am Spieß über einem Becken mit Holzkohlen, auf dem zugleich eine Schale mit Tschillau seiner zarten Garheit entgegenreffte. Dort wiederum kreiste die Wasserpfeife von Mund zu Mund, wurden in goldenen oder silbernen Filigranständern sitzende Porzellanschälchen schwarzen Kaffee» geleert, oder Pistazien und andere Kerne, sowie Süßigkeiten und Früchte verzehrt. Stellenweise wurde auch lebhaft Würfel oder Karten gespielt und mancher Fluch oderIubelruf entfuhr dabei den Lippen der Spielenden. Zu gewissen Stunden nahmen di« Leut« auch Ihre religiösen Waschungen vor. Die Mohammedaner schöpften da, dafiir erforderliche Wasser mit schön ziselierten, an Stricken befestigten Bronzekannen au» dem grün leuch tend« Meer«, während di« Parsis den dazu erforderlichen Kuhuri» in kostbaren Gefäßen mit sich führten. All« Völker d« Orient» waren hier vertreten, von de« fast unbekleideten Hindu bi, zu dem in kostbare Ge- wänder gehüllten Mohammedaner, Männer wie Frauen. Parst« waren nur vereinzelt unter dieser Masse zu sehen, obwohl sich «in« größer« Anzahl tn Bombay eingeschifft halt«. Di«s« aber, reich« Kaufleute, bewohnten Kabinen erster Klass«. MU d«n SUttrttt st, den Golf hakt« sich da» völker- aaVmmok »och vermehrt. Da waren Araber, Türken, Arwanier, Perlentaucher au» Lingäh, Kurden binzuae- kommem Selbst de» Abende dauerte dies Treiben beim Scheine von Windlichten noch weiter, bis endlich bei vorrückender Nacht auch sie erloschen, und Männer, Weiber und Kinder, in ihre Mäntel und Decken gehüllt, in Schlaf sanken. Werner hatte dies Treiben vom hohen Sonnendeck au» mit regem Interesse beobachtet. Nach und nach lernte er die einzelnen Familien in ihrer Zusammensetzung, ihren Sitten und Gewohnheiten kennen: er sah, wie sie sich gruppenweise zusammenschlossen oder völlig voneinander fernhielten, wie endlich an den verschiedenen Stationen durch Abgang und Zuwachs ein steter langsamer Wechsel herbeigesührt wurde. So war ihn: die» Studium zur interessanten Beschäftigung geworden und er verkehrte den Tag über kaum mit den Passagieren der ersten Klaffe, di« er meisten» nur während der Mahlzeiten sah. Es zog ihn um so weniger zu ihnen, als ihm einige reiche, ihm von Bombay her bekannte Parsis wenig sympathisch waren. Als er eines Tages auf der Höhe der Perlenstadt Lingäh seinen Beobachtungsposten zu einer Zeit einnahm, di« er sonst der Siesta zu widmen pflegte, und voll Interelle dem bunten Verkehr der Boote zusah, die ! zwischen der am Fuße der Berge in Palmenwäldern einge betteten Stadt und dem Dampfer hin- und herfuhren, fiel ihm unter den Zwischendeckspassaaieren ein Parst auf, den er bisher nicht auf dem Schiffe bemerkt hatte. Er trug Hie Kleidung seiner wohlhabenden Glaubensgenossen, die stark nach hinten gerückte hohe Lammfellmütze, und sein prächtiger blauschwarzer Bart wallte bis zur Mitte der Brust auf das goldgestickte grünseiden« Kleid herab, dar er unter dem schwarzen, vorn geöffneten Ueberrock trug. Er war im eifrigen Gespräch mit einem Manne begriffen, der soeben an Bord gekommen war. Di« kühnen Gesichtszüge dieses Mannes, der in malerischen Falten um di« Gestatt geworfene Kamelhaar-Burnus, der keck auf dem Kopfe sitzende weiß« Turban ließen in ihm einen jener Nomaden erkennen, die da» südliche Persien mit ihren Herden durch ziehen und» wie einst die Raubritter Deutschlands, die schreckenverbreitende Aristokratie dieser Gegenden sind. Der an seiner Seite hängende Säbel in reich verzierter Scheide, die kostbaren im Gürtel steckenden Pistolen deuteten auf einen Mann von Rang hin. Die beiden waren m eifriger Unterhaltung und achtet«,» kaum auf ihre Umgebung. Der Nomade gestikuliert« leb haft, während der Parst sich zunächst ablehnend zu verhalten schien. Endlich waren sie handelseinig. Der Pars, zog aut, feinem Kaftan einen Beutel von mäßiger Größe unii händigt« ihn dem Nomaden aus, der sich sofort damit ausi den Boden setzte, den Inhalt auf seinen Mantelzipfels schüttet« und zu zählen begann. Es waren Goldstück«, und Werner sah von seinem hohen Beobachtunospunkt« aus^ daß der Beutel etwa tausend Tumans, also annähernd «ine Summe von zehntausend Frank enthielt. Es mußtq sich um einen wichtigen Abschluß handeln. Ler Nomade nickte zufrieden, schüttet« das Sold wieder in den Beutel, ließ ihn in seinem Burnu» verschwinden und erhob sich. Nur noch ein paar kurze Wort« wechselt«, er mit dem andern, drückte ihm die Hand, schwang sich über Bord und glitt bald darauf in seinem von zwe- Männern geruderten Boot dem Ufer zu. Al» der Parsi sich jetzt umwandte, so daß Werner ihm »oll in« Gesicht sehen konnte, heftet« dieser erstaunt seine Augen auf ihn. Es war ihm, al» müsse er diesen Mann kennen. Aber vergeben» ließ er die ihm wohlbekannten reichen Parst« in Bombay vor seiner Phantasie vorüber ziehen. Mit keinem unter ihnen hatte der Fremde die geringste Aehnlichkeit, ganz abgesehen davon, daß seine Tracht nicht di« der Parsis von Bombay war, die ms- 'a- fort an den gelbseidenen Hosen und dem baumwollenen, weißen, enganschließenden Obergewand erkennt. Dieser Mann war, wie die Parsis unter den Zwischendeckpassa gieren, offenbar «in Bewohner von Iezd, wo allein in Persien noch Anbeter des Ahuramazda wohnen, die ab und zu ihre reichen Glaubensgenossen in Bombay besuchen ,nd Handelsgeschäfte damit verbinden. Gewiß, dort mußte er auch den Fremden gesehen haben. Sonderbar, dog er sich de» Wo und Wann nicht zu erinnern vermochte! Inzwischen hatte aber auch der Fremde Werner auf dem Sonnendeck bemerkt. Gleichgülrig ruhte sein Blick «inen Moment auf ihm. Dann wandte er sich um uns ging den Räumen der zweiten Kajüte zu. Dort also wohnte er, wo keiner der reichen Parsis aus Bombay Unterkunft gesucht haben würde. Werner atmete erleichtert auf. Es war offenbar eine bloße Aehnlichkeit, die ihn täuschte, und er hatte diesen Mann zum ersten Male gesehen. 0. Kapitel. Da» Schiff mg vor Bushär, dem Haupthalen oe» Persischen Golss^ auf der sechs Kilometer südwestlich von der Stadt befindlichen Außenreede, umgeben von de» Booten der Eingeborenen, die eifrig mit dem Loschen de, Ladung, dem Zufahren neuer Fracht und der Ein- und Ausschiffung von Passagieren beschäftigt waren. Als einer der ersten verließ Werner das Schiff und fuhr der un mittelbar am Meere gelegenen Residency, dem ausgc- d:knt«n offiziellen Wohnsitz und Amtsgebäude des eng lischen Resident of the Persion Gulf, zu. Eine Viertelstunde nach ihm landete am Kai auch der ihm so ausgesallen« Parst und verlor sich in den Straßen der Stadt. Werner hatte inzwischen mit dem ersten Stelloer treter des Residenten Rücksprache genommen und ihn gebeten, seine schnelle Durchquerung Persiens nach Möglich keit zu unterstützen. Linen direkt an den Residenten ge richteten Empfehlungsbrief des deutschen Konsuls wollte er diesem am Nachmittag selbst in seiner Sommerresidenz Sabzabad auf der Halbinsel Haleiläh überreichen, wofür ihm der AssistentResident in liebenswürdiger Weise Diener und Pferde zur Verfügung stellte. Er sagt« ihm auch zu, daß oll« Stationen des Persien durchschneidenden Indo European Telegraph sofort angewiesen werden sollten, ihm jede Unterstützung angedeihen zu lassen, und stellte ihm «inen offenen Empfehlungsbrief an alle auf seinem Wege unzutreffenden persischen Bezirksbehörden aus. Auch vom Residenten selbst wurde er am Nachmittag in dem von einem dichten Eukalyptuspark umgebenen Sabzabad aufs freundlichste ausgenommen und erhielt Briefe an die Gouverneure von Shiraz und Isfahan, so daß er hoffen könnte, Teheran aufs schnellst« zu erreichen. Gleich bei Einbruch der Nacht kehrte er nach Bushär zurück und quartierte sich im Posthau» in der Balachanäh, dem oben auf dem flachen Dach gelegenen Fremden zimmer, «in, um in der Frühe des nächsten Morgens etwa zwei Stunden vor Sonnenaufgang seine Reise an treten und so die gerade an der Küste so lästig« Hitze ver meiden »u können. Er sollte aber bald erfahren, daß man im Orient und besonder» in Persien nicht sicher mit der Zeit rechnen kann. Denn als er nach unruhigem Schlaf sein Lager verließ und die am Abend bestellten Pferde verlangte, teilt« ibm der Postmeister unter zahlreichen Verbeugungen und mit zerknirsHter Miene mit, daß er ihm leider keine Pferde geben könne. In der Nacht seien nämlich drei Regierunasboten angekommen und hätten all seine vier Pferde für sich und den begleitenden Postillion mit De» schlag belegt. Bevor die Tiere nicht -ückkämen kann«
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