Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 07.02.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-02-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Urheberrechtsschutz 1.0
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- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192802072
- PURL
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- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19280207
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1928
- Monat1928-02
- Tag1928-02-07
- Monat1928-02
- Jahr1928
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- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 07.02.1928
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Staatsbank dejchloh, Varmat «nter keinen Umstünden neue KrE.zu aeben, bat Hellwia doch weiter kredtttert. nnd nn Ault bat», Varmat 10,6 Millionen Kreditschulden bei der Staatsbank. Der Staatsanwalt wird sein« Aussübrungen am Dien»« tag sortseden. Vermischtes. Fünf Bergleute verunglückt. An» Castrop« Rauxel wird gemeldet: Am Sonnabend wurden auf der Tckachtanlage „Viktor 3—4" fünf Bergleute durch Zubrnch- leben einer strecke verschüttet. Pier der Verschütteten vnrden nach kurzer Zeit in schwerverlebtem Zustande ge rettet. Der fünfte verunglückte konnte bis gestern abend nicht geborgen werden, jo daß mit seinem Tode gerechnet werden must Den Tod in den Flammen. In der Ortschaft Stove wurde vergangene Nacht das Wohnhaus und die Scheune des Hofbesitzers Mordes durch Feuer zerstört, .hierbei sand ein 50 jähriger Knecht den Tod in den Flam men, ein zweiter Kneckck erlitt schwere Brandwunden: auch viele Stück Pieb sind mit verbrannt. Es wird Brandstif tung vermuret. , Zwei Arbeiter durch eine Granate ge tötet. Zwei Arbeiter, die in der Nähe von Houtbem eine 210 Kilo schwere Granate gefunden batten, versuchten diese nach Abichrauben des Zünders zu entleeren. Dabei exvio- dierte die Granate nnd die beiden Arbeiter wurden auf ftcr Stelle getötet. Der explodierte klachelofen. Eine interessante Pcrbandlung, die sich mit der BeweiSkrast des versicherten gegenüber der Feuertasse befasste, kam vor dem Ham burger Oberverwaltungsgericht zur Entscheidung. Der Hausbesitzer R. verlangte im Verwaltungsstreitvcrfabren von der Kasse Erjatz für einen explodierten Kachelofen. Ter Sachverständige der Feuerkasse stellte sich vor Ge richt aui den Standpunkt, der Ösen sei durch Alters schwäche zu s a ni m en geb rockten. Der Obermeister der Töv- scrinnung bemerkte, seines Erachtens sei der altersschwache Ofen durch Explosion vernichtet worden. Das Gericht sab bei diesen widerstreitenden Anschauungen den Beweis für eine Exvlosion nicht als erbracht an. Da gegenüber der Feucrtasse Beweispflicht obliege, sei die Klage abzuwei en. DaS Oberverwaltungsgericht trat der Anschauung des Perwaltungsgerichts bei und hielt die Möglichkeit für ge geben, das; sich der Ösen „den Naturgeseben folgend in ein besseres Jenseits begeben" habe. Die Berufung des Klägers wurde als unbegründet verworfen. Explosion in einem E i s e n b a b n g ü t e r- wagen. Ans dem Babnbof von RzeSzow in Mittelgalizien ist gestern ein von Breslau nach Sowjetrußland bestimm ter Waggon infolge einer Explosion verbrannt. Der Wag gon war mit Eisenfüssern beladen, die nacheinander explo dierten. Die Feuerwebr war machtlos, da sick die den Fässern entströmende brennende Flüssigkeit, deren Ebarak- ter unbekannt war, nickst löschen lies;. Exvlosion eines Ho ch d r u ck -Ko m prcs s o r s in Sodingen (Wests.). Sonntag nacht gegen 1 llbr ist der Hochdruck-Kompressor aus der neuen Gasberei tungsaulage der Gewerkschaft „Mont Cenis" explodiert. Das Maschinenbaus geriet in BNind. Die Fenerwebren der Gewerkschaft von Lotungen und Herne konnten nach cinstiindiger Arbeit den Brand löschen. Der Material schaden ist beträchtlich. Personen sind nicht zu Schaden gekommen. Die Arben in dem in Mitleidenschaft gezogenen Teil des Betriebes ruht. Eine n eue Kältewelle in Bul g arie n. Eine neue Kältewelle bat Bulgarien seit ',wei Tagen heimgeiucht. Die Temperatur ist senr beträchtlich gesunken. In dein ' Dorfe Kneja im Bezirk Pleveu zeigte gestern das Tbermo- metcr einen Stand von 23 Grad unter Null. Schneefälle und von nirgeudSber gemeldet worden. Sckine e.st n r in e i n N ußla n d. An der Tasch- of Hanulton, vor. Der Name wirkte, und der überraschte Engländer stellte sich sofort der vornehmen jungen Dame zur vollständigsten Verfügung. Diese machte kurzen Prozeß und begann zu erzählen: „Sie müssen wissen, mein werter Herr Harrison, was mich hierhertreibt. Ich folge der Spur meines Bräutigams, des Hauptmanns Kurt von Born, der mich unter falschen Vorwänden verlassen und sich einer Expedition angeschlossen hat, sdie zur Erreichung gewisser Zwecke aus der Rhein gegend in Deutschland über Odessa, Batum und Baku nach Persien aufgebrochen ist. Ich bin ihr gefolgt und bin drei: Wochen nach ihr in Teheran eingetroffen. Mit der Reitpost bin ich hinter der Expedition einhergesprengt und sie kann^ keinen großen Vorsprung mehr haben. Sie würden mich verbinden, wenn Sie mir alles sagten, was Sie von ihr im allgemeinen und von Herrn Hauptmann von Born im besonderen wissen." „Mit dem grüßten Vergnügen, meine Gnädigste!* rief Harrison, den es in tiefster Seele erbitterte, daß ein ein-) facher deutscher Hauptmann es gewagt hatte, diese vor Schönheit strahlende Schwester eines Earls, di« ihm die Ehre erwiesen hatte, ihn als Bräutigam anzunehmen, hinters Licht zu führen. Er bewunderte den Mut, den dieses zarte Wesen an den Tag legte, indem sie dem Der- .äter nachfolgte, um ihn zu zwingen, sein Versprechen rinzulösen. Voll Eifer berichtete er ihr, wie vor vier Tagen am Nachmittag die gewaltige Karawane in Siwänd ringetroffen sei und vor dein Telegraphengebäude ihr Lager aufgeschlagen habe. Er berichtete, wie die Europäer, unter üenen sich auch drei junge Damen in Männerkleidung be enden, ihn besucht hätten, wie die schönste der letzteren, deren Vater man aus der Gefangenschaft des Stammes: Ser Baharlus befreien wolle, von den Männern förmlich: umschwärmt worden sei, und daß besonders zwei der: letzteren, der Sohn des Führers der Gesellschaft und der eben von der Dame gestannte Hauptmann von Born, «in^ zwar nicht mehr sehr junger, aber ungemein vornehm und) stattlich aussehender Herr, offenbar Nebenbuhler gewesen ieien und sich gegenseitig überwacht hätten. Die Dame habe aber allem Anschein nach den jüngeren vorgezogen. Der Hauptmann habe mehrfach Telegramme nach Deutsch-! land und Shiraz abgesendet. So sei er denn auch vor zwei Tagen in Begleitung des Bruders der schönen jungen Dome nach Siwänd gekommen, um Telegramme zu wechseln, und zwar nicht nur nach Deutschland, sondern auch nach shiraz, wo er angefragt habe; ob kürzlich Telegramme ovn einem gewissen Iennings abgeholt worden seien, und nach Brindisi, wo es sich um einen Mann desselben Namen» und, wenn er nicht irre, eine gewisse Cecily Warden ge handelt habe. Ellen Hamilton wußte genug. Sie kannte Born und feine Flatterhaftigkeit zu gut, um nicht zu wissen, daß da» neuaufgehende Gestirn Alice Werner ihn völlig bezaubert hatte. Sie zweifelte keinen Augenblick, daß hier ihre ganze Energie nötig war, wenn sie nicht alles verlieren wollte. Sie durste sich auch nicht dem heiß in ihr aufwallenden Zorn hingeben, sondern mußte kalt bleiben, um keinen kenter Eisenbahn wütet ein Schneesturm, »er dl« Einstel lung, des. Verkehr» aus der ganzen Linie zur Folge hatte. Der Bahnkörper ist an vielen Stellen von bi» zu zehn Meter dicken Schneeschtchten bedeckt. Die Stadt Aktjübinsk ist vom Schnee verschüttet. Die Schneemassen liegen bi» zu 21 Fuß hoch. Auch aus Charkow. Ttsli» und der Krim werden Schneestürme gemeldet. Der Eisenbahnverkehr mußte auch dort verschiedentlich unterbrochen werden. Erdbeben auf den Philippinen. Sin hef tiges zwei Minuten dauernde- Erdbeben wurde gestern aus der Insel Mindanao, einer der Phtlippinett-Jnseln, nnd zwar in der Provinz Davao verspürt. Meldungen über Menschenverluste oder Sachschaden sind nicht einge- lausen. Das Gelbe Fieber ,n Belgisch-Kongo. Wie aus Matadi lBelgisck^-Kvngo) gemeldet wird, hat sich die dortige fstsundl,e,tlul>e Lage nicht verschlimmert, ist aber nock' nicht wieder normal geworden. Seit dem 25. Januar haben sich drei neue Fälle von Gelbem Fieber an Euro päern ereignet, von denen zwei tödlich waren. Am 3. Febr. war jedoch kein Europäer mehr an Gelbem Fieber erkrankt. Unter den Eingeborenen wurden fünf Fälle sestgestellt. Bon den Befallenen sind drei gestorben, einer liegt noch krank darnieder, der fünfte ist wieder gesund. Alle an deren Ortschaften der Kolonie sind seuchenfrei. Der Gou verneur, General Tilkens, ist am 2. Februar in Boma eingetrosfen. Ein Prozeß der Reichspost. Bor dem Erwei- terten Schöffengericht in Breslau begann gestern ein Prozeß, der mehrere Tage in Anspruch nehmen dürfte. Angcklaat sind die Inhaber eines Breslauer Getreidege- schästs Leo und Hans Lippmann, Vater und Sohn. Sie führten seit 1035 einen fortwährende» Kampf gegen das Breslauer Fernsprechamt und sind zu wiederholten Malen bis zum Minister vorgcgangen. Schließlich strengte die Firma einen Zivilprozeß gegen die Reichspost an. Die Reichspost ihrerseits ging gegen die beiden Angeklagten vor, indem sie Strafanzeige wehen Betrugs in fünf Fäl len erstattete. Diese sollen darin bestehen, daß Fernge spräche reklamiert wurden, die nach den Aufzeichnungen der Reichspost schon geführt worden waren. Die beiden An geklagten faßten die Anzeige als Beleidigung und Nöti gung aus und warfen der Reichspost in einem Antwort schreiben an die Staatsanwaltschaft Betrug in wieder holten Fällen sowie Nötigung nnd Erpressung vor. Zu dein Prozeß sind mehrere Sachverständige geladen. Falsche Nachrichten in der Affäre Berg mann. In der Riesenbetrugsafsäre deS Lombard- und Lagerhauses Bergmann sind, wie dem Nachrichtenbüro des Vereins Deutscher Zeitungsocrlcger von zuständiger Stelle erklärt wird, eine ganze Anzahl absolut falscher Nachrichten iin Umlauf. Sv ist behauptet worden, Berg mann sei „inehrere Stunden hintereinander veruomnien" worden. Tatsächlich hat man die verantwortliche Verneh mung des Hauptangeklagten absichtlich an den Schluß der ersten verantwortlichen Vernehmungen der verschie denen Beschuldigten und Zeugen gestellt, damit man zunächst einmal alles Belastungsmaterial gegen Bergmann beisammen hat. Vielleicht nimmt die Voruntersuchung einen so raschen Verlauf, das; Bergmann noch heute ver hört werden kann. Weiter trifft es nicht zu, daß die Ver teidigung des Staatsanwalts Jacvbh einen Haftentlassungs antrag gestellt nabe; sie hat vielmehr nur eine Haftbe- schwcrde eingereicht, in der ein Hastentlassungsantrag angekündigt wurde, der zur Zeit noch nicht vorliegt. — Am Montag wurde, wie das Nachrichtenbüro weiter meldet, zunächst der Münchener Filialleiter Bergmanns, Landauer, vernommen, den inan in Stuttgart verhaften konnte und der von dort in das Moabiter Untersuclsuugsgcfängnis cingeliesert worden ist. Ein R e n nst a l l b e s i tz e r unter dem Verbackt des Versicherungsbetruges verhaftet. Aus Münster wird gemeldet: Am Lj. Dezember brannte auf der Telgter Rennbahn eine Baracke nieder, in der 22 Pferde des Rennstallbesitzers Koninks untergebracht waren. Zehn Pferde, darunter dte besten de« Stalle», sowie zwei Mut- tertiere und zwei Fohlen verbrannten. Die Schuld wurde zunächst der Stallwach« »ugeschoben. Bald wurde ,edock bekannt, daß dl- finanzielle Lage de« RennstallbesitzerS eine« Holländer«, nicht erfreulich war. Es trat der ver- dacht der Brandstiftung auf. Nun wurde KontnkS, al« er sich auf dem Wege nach Holland befand, in Münster wegen Verdacht« de* Brandstiftung und de« Versicherungsbetrugs verhaftet. Die Untersuchung ist im Gange. Neuer Pfandleihefkandal in Berlin. Bet der Staatsanwaltschaft beim Landgericht 2 schwebt laut Nachtausgabe ein Verfahren gegen einen Pfandleiher im Zentrum Berlin«, der sich ähnlicher Betrügereien schuldig gemacht hat, wie der Inhaber des Allgemeinen Lombard- und Lagerhauses Bergmann. Er suchte durch Anzeigen Geldgeber und hängte den sich meldenden Leuten als Sicherheit für ihre Einzahlungen völlig wertlose Waren an. Gegen ihn von den Gerichten erlassene Arreste blie ben erfolglos, da sich herausstellte, daß alles auf den Namen seiner Frau steht: Wiederholt waren gegen den Pfandleiher Haftbefehle erlassen worden, doch verstand er es, sich in jedem Falle geschickt der Festnahme zu entziehen. Der Fall erregt umso größeres Aufsehen, als es sich diesmal um einen staatlich konzessionierten Pfand leiher handelt. Massenverhaftungen bei Razzien in Paris und Umgegend. Dte Polizei hat gestern in verschiedenen Stadtteilen von Paris und in einigen Vor orten von Paris Razzien abgehalten, in deren Verlauf, wie Havas berichtet, über 2000 Personen wegen verschie dener Vergehen sestgenommen wurden (Aufenthaltsver bot, Uebertretung von Ausweisungsbefehlen, verbotener Waffenbesitz, Ausländer, die als Fremdenführer tätig waren usw ). Run auf die Banken in Miami. Durch anonyme Briese, die vor dem angeblich bevorstehenden Zusammenbruch der hiesigen Southern Bank and Trust Co. warnten, ist ein Run auf die lokalen Banken entstan den. Die Lage wurde noch verschärft, da die Southern Trust ihre Guthaben bei den anderen Banken am Ort zurückziehen Mußte, uin dem Ansturm auf ihre Kassen zu genügen. Infolgedessen mußten drei andere lokale Banken ihre Schalter vorübergehend schließen. Die First Nationalbank in Jacksonville hat mit Flugzeug und Eisen bahn sieben Millionen Dollar nach Miami abgeschickt, um die Auszahlung der zurttckgeforderten Guthaben an die Einleger zu ermöglichen. Die Polizei sucht jetzt nach dem Urheber der anonymen Briefe. Der Schlauste. Eine bekannte französische Zeitung steht durch ihre originellen Rundfragen, die den Lesern Gelegenheit zur Beantwortung geben, in besonderem An sehen. Kürzlich ist nun den Beziehern dieses Blattes eins besonders originelle Frage vorgelegt worden, deren Be antwortung zu den verschiedensten uni> interessantesten Ausführungen Anlaß gegeben hat. AIS Voraussetzung war die Tatsache gegeben, daß Marschall Foch, Poincars, Lindbergh und Edison einen gemeinsamen Aufstieg in einem Freiballon unternehmen, daß sich dann während der Fahrt plötzlich eine Havarie einstellt, durch die es not wendig wird, einen Passagier über Bord springen zu lassen, um die übrigen Drei zu retten. Die Leser hatten nun zu entscheiden, wer nach ihrer Ansicht der sein müßte, der sich zu opfern habe. Es smd eine große Anzahl Zu schriften eingegangen, die in längeren oder kürzeren Aus führungen sich für einen der vier bedeutenden Männer entschieden. Ein ganz Schlauer jedoch wußte seine Ant wort in zwei schlagende Worte zu kleiden, durch die er allein das Richtige traf. Er schrieb kurz: „Der Dickste!" Der belehrte Sonntagsjäger. Auf einer in Ostpreußen veranstalteten Treibjagd schoß ein Sonntags jäger immer daneben, behauptete aber, er habe stets ge troffen. Bei einem Kessel geht der alte wegen seiner kur zen treffenden Bemerkungen bekannte Kämmerer neben ihm. Wieder schießt er vorbei und ruft: „Der hat ge kriegt!" Darauf der Kämmerer: „Jo — Angst!" Vor allen Dingen brauchte sie Reit», und PaStiere und > einen oder zwei Diener, um der Expedition folgen zu können, und sie bat daher Harrison, sie ihr so zu besorgen, daß sie am nächsten Morgen aufbrechen könne. Das bot keine großen Schwierigkeiten, denn Siwänd ist besonders von Maultiertreibern bewohnt. In der Tat war denn: auch am Abend alles abgeschloffen und der Aufbruch konnte: am nächsten Morgen um 6 Uhr stattfinden. Es war dabei, besonders vorteilhaft für Ellen Hamilton, daß der ange- worbene Diener schon früher bei Engländern gewesen war und daher als Dolmetscher für sie dienen konnte. Zur bestimmten Zeit setzte sich die kleine Schar in Be- wegung. Es lag Ellen gar nichts daran, die große Karawane schnell einzuholen. Sobald sie einmal in Persepolis auf ihre Spur gelangt war, konnte sie ohne Ueberanstrengung hinter ihr herziehen und in längstens einer Woche Fühlung mit ihr bekommen. Denn ein so großer Troß ist immer viel schwerfälliger als «ine kleine Truppe, die nur das Notwendigste mit sich führt. Ellen hatte ihre Verkleidung beibehalten, in der sie sich sicherer fühlte. Ihr ganzes Vorleben machte es ihr leicht, die männliche Rolle täuschend durchzuführen, und da sie eine vorzügliche Reiterin und gute Schützin war, empfand sie keine Besorgnis für ihre persönliche Sicherheit und zwar umso weniger, als die ihr ooraufziehende große Karawane die Straße gewissermaßen von allen verdächtigen Elementen reinkehrte. Biel bedenklicher als diese erschienen ihr jetzt die Personen, denen sie folgte. Was wollte sie überhaupt eigentlich von ihnen, was hoffte und was fürchtete sie von den nächsten Tagen? Sie war dem Hauptmann in wilder Erregung gefolgt; als sie sich von ihm hintergangen sah. Nur ihn einzuholen, feine Pläne zu durchkreuzen, sich an ihm, wenn alles andere versagte, zu rächen, erschien ihr als das notwendige Ziel ihres Handelns. Je naher sie diesem aber kam, umso schwankender wurde sie. Gewiß nach allem, was sie gehört hatte, war er ihr untreu geworden und hatte sich durch die Reize einer anderen fesseln lassen. Das empfand sie als eine Art von Be leidigung, denn st« hatte ihn gern, sehr gern gehabt. Ader war dies wirkliche Liebe? Hatte sie die Empfindung, ohne ihn nicht leben zu können? Wenn sie ehrlich gegen sich selbst sein wolle: Nein I Er war ihr unter all ihren Der» hiiltnifsen nur das angenehmste und für die Zukunft aus sichtsvollste gewesen, und wenn sie auf die Eheschließung gedrängt hatte, war es nur geschehen, um sich eine änzende Zukunft und «in« absolute Herrschaft über ihn zu sichern. Dies« beiden lief sie setzt Gefahr zu verlieren, und dementsprechend mußte daher auch ihr« Handlung»-: weise sein. ,, . Al» sie erst so weit gelangt war, begann sie ruhiger: zu denken. Mochte der Hauptmann doch Alic« Werner den Hof machen, ja, mochte er sie sogar heiraten, wenn es ihr nur gelang, ein« solche Macht über ihn zu gewinnen, daß «r ihr jede andere Forderung erfüllen mußte. Sie hatte genug Briefe von ihm in Händen, um ihn bei , Werners völlig unmöglich zu machen, und er würde ihr aeaenüber aane oeküaia lein müllen, wenn er lein Bor» l haben noch Immer zu erreichen gedachte. Sie würde ihm unter Umständen leibst dabei behilflich sein. Es kitzelte jetzt sogar ihre Phantasie, wenn sie sich vorstellte, daß sie die beiden, Alice und den Hauptmann, in ein ernstes Der- hältnis zueinander bringen könne. Dann kam ihr noch ein ganz neuer Gedanke. Sie hatte in Bremerhaven Ewald Werner gesehen, der ein schöner, stattlicher Mann war. Sollte ihr der Hauptmann endgültig verloren sein, so könnte sie vielleicht mit jenem anknüpfen. Sie war ihnen allen ja nur als die ältliche Mary Douglas bekannt und niemand würde sie für die selbe Person halten. Da zeigte sich aber sofort eine neue Schwierigkeit. Wenn sie Einfluß auf Alice gewinnen und Ewald in sich verliebt machen wollte, konnte sie unmöglich in ihrer jetzigen Verkleidung bleiben. Und sie durfte sich auch nicht be» gnügen, nur den Bart abzulegen. Sie mußte die ganze männliche Kleidung mit der weiblichen vertauschen, wenn auch erst unmittelbar vor dem Anschluß an die Kara- «ans. Glücklicherweise war sie wegen der Besuche in Teheran mit allen erforderlichen Toilettengegenständen versehen. Wenn die drei anderen jungen Mädchen auf die weiblich« Tracht verzichtet hatten, sie würde nicht so dumm sein. Wie würde Li« Erscheinung jener gegenüber der ihrigen ver blassen l Sie kannte ihre Macht zu gut. Freilich, Kurt von Born würde sie sofort erkennen. Aber das war vielleicht sogar «in großer Vorteil. Er würde bei ihrem unvermuteten Anblick völlig niedergeschmettert sein und würde sofort erkennen, daß er sich ganz in ihrer Gewalt befinde. Sie war laut Ausweis ihrer Papiere Miß Ellen Hamilton, die Schwester des Earl of Hamilton, ver sehen mit den besten amtlichen Empfehlungen, und nie mand konnte ihr etwas Nachweisen l Höchstens konnte noch in Frage kommen, was der Zweck ihrer Reise wäre und weshalb sie zu der Expedition gestoßen fei. Was sollte sie sagen? Sie grübelte lange darüber nach. Hätte sie irgend etwa« von Naturkunde verstanden, so würde sie Forschungen dieser Art vorge schützt haben. Ebenso war ihr jede Kenntnis irani scher Geschichte, Geographie und Kunst fremd. Doch Haiti Gehörte zur Kunst nicht auch Musik? Sie war ja eine gute Klavierspielerin und hatte eine schöne Stimme. Auch hatte sie einmal ein Buch über orientalische Musik und insbesondere orientalischen Gesang gelesen. Das genügte. Sie wolle Studien dieser Art anstellen; sie habe von der Ex pedition vernommen und sei ihr gefolgt, um so in sonst sm sie unerreichbare Gegenden zu gelangen! Nachdem ihr Plan völlig ausgestaltet war, beschloß sie so schnell wie möglich vorwärts zu eilen, da sie zweifello» Zett zur Durchführung ihrer Intrige brauchte. st7. Kapitel. Las Lager der Baharlus befand sich noch nnmer an derselben Stelle. Aber da da« im Süden gelegen« Neben- tal von den Viehherden so ziemlich abgeweidet «ar, und die költer« Jahreszeit heranrückte, dacht- der Stamm be reit« daran, in da» eigentliche Gärmsir (d. t. beiße Gegend), nahe am gerülchev Golf, ZMahLuzirüen.
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