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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.06.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-06-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040625011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904062501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904062501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-06
- Tag1904-06-25
- Monat1904-06
- Jahr1904
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Bezugr-PreiS Grx»ttt«l> Sotzannts-nsie A. H»»tzEIt«le Dre«>e»: Il«rk»pra-<t4tS«»1pr«h«, Amt lNr. 17UU -<>U»t»Stlt«le Verlt«: L«rID«nck»r,H«rz»>.Ba>,rHofbuchda»dla„ Lttzowstraße 10(8er»jvr«cherAmtVI Nr.LMS.) Morgen-Ausgabe. leWMr.TaAMaü Anzeiger. Lmtsvkatt des ÄöniqNchen Land- «nd -es Äöniglichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Aale» «nd des Nakizeiamtes -er Lta-t Leipzig. Anzeigen-PreiS die 6gespaltene Petitzelle 25 Reklamen anler dem RedakttonSftritb (4 gespalten) 7K nach de» Familieauach- richtea (ügrspallea) KO Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ofsertenannahme 2L Srtra-Beilagen (gefalzt), nnr mit b« Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderuug 00.—, mit Postbesürderung 70,—. Anuahmeschlutz für Anzeige«: Abend-AuSgabe: vormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgab«: nachmittag« 4 Uhr. Anzeigen sind stet- au die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet noa früh 8 bi« abend« 7 Uhr. Druck and Verlag von E. Pol; in Leipzig (Inh. Dr. V.,R. ch W. «linkhardt). Nr. AS Sonnabend den 25. Juni 1904. 98. Jahrgang. Vst lviGtigrir vsm tage. * Der König von England traf gestern auf der Fahrt nach Kiel in den deutschen Gewässern ein. * Der Kaiser hat mit dem Könige von Italien und dem Bürgermeister von Rom anläßlich der Enthüllung de« Goethe-Standbildes in Rom sehr herrliche Telegramme ge wechselt. (S. Dtsch. Reich.) * Auf der Rostocker Aerzteversammlung kam eS gestern zu heftigen Auftritten politischen Charakter-, hervorgerufen durch Or. Kirberger, der die Sozialdemo kratie in Schutz nahm. (S. zweiten Artikel.) * Al« der deutsche und der französische Gesandte in Port-au-Prince gestern eine Spazierfahrt durch dir Stadt unternahmen, wurden gegen den Wagen Steine ge schleudert. Keiner der beiden Diplomaten rst verwundet worden. * Heute läuft da- von der englischen Regierung dem Dakar Lama gestellte Ultimatum ab. Politik Mts Sport. Es gibt wohl keine mechanischere und deshalb falschere Annahme als die, der jeweilige König von England sei in seinem eigenen Reiche so ziemlich machtlos, weil seine Befugnisse verfassungsmäßig arg beschnitten sind. Viel fach hält man ihn nur für ein kostspieliges Ueberbleibsel, für eine Dekoration, die der englischen Republik das Aus sehen einer Monarchie verleihen solle. Aber das ist ein grober Irrtum. Auch wenn die Gewalthaber einst die Sache sich so gedacht haben mögen, so hat die Tradition inzwischen dafür gesorgt, daß jedem Inhaber der Königs- würde in England genau dasjenige Maß von Einfluß zukommt, da- er auszuüben für gut befindet und notabonv fähig ist. Einem Menschen mit so gewaltigem sozialen Einfluß stehen allein durch seine Ordensverleihungen und ähnliche Auszeichnungen so gewaltige Machtmittel zu Gebote, daß er schon mit ihnen Politik machen kann. Wir haben etwas ähnliches im eigenen Lande mit eigenen Augen zu sehen in den letzten Jahren reichlich Ge legenheit gehabt. Geradezu erstaunlich und so ziemlich widerspruchslos hat sich der Einfluß des deutschen Kaisers auf einem Gebiete gezeigt, das ganz außerhalb des Be reiches seiner kaiserlichen und königlichen Gewalt zu liegen schien, nach dem hin sein Wille höchstens auf ver schlungenen Wegen gelangen zu können schien. Und wie war eS in Wirklichkeit? Ganz allein durch seine Autorität hat er eine Belebung des deutschen Sports, insonderheit deS Tennis-, Automobil- und Wassersports, herbeige- sührt, die ohne ihn undenkbar gewesen wäre. Gewiß haben ihm dabei auch die staatlichen Mittel geholfen. Ihm allein verdanken es die heutigen Mittelschüler, wenn ihnen nicht nur erlaubt ja gefördert wird, was uns als Sünde angcrechnct wurde. Wer hätte nicht so etwas wie heimlich Grauen empfunden, wenn sein gestrenger Ordi- narius den Schlingel auf einer Kahnpartie erwischte. Der folgende Tag brachte eine Prüfung auf Herz und Nieren, die schlimmer war als das ganze Abiturientenexamen. Und zum Schluß kam die übliche Nutzanwendung von der Unvereinbarkeit der Interessen für Sport und für latei nische Aufsätze. Daß dies anders geworden ist, dankt die Jugend der geregelten und nachrechenbaren Beeinflussung des Schulwesens durch den König von Preußen. Aber daß dieser Geist so verblüffend schnell einen gewaltigen Teil des erwachsenen intellektuellen Deutschlands ergriff, hat mit diesem geregelten Einfluß nur wenig zu tun. Es ist die Fernwirkung kaiserlicher Autorität ohne alle Ver fassung und Gesetze. Hier gilt das Wort ganz unbeengt: 8io volo, »io jubeo. Hier regiert der Kaiser als absoluter Herrscher, und die sonst so vielfach unnütze Mode ist hier Kanzler und Vollstrecker «eines Willens. So lange die Bewertung dieser unstreitig äußerst schätzbaren Erfolge vom nationalen, gewissermaßen Volks- pädagogischen Standpunkte ans geschah, konnte man ihr ohne jedwede Beklemmung znstimmen. Einzelne Argwöh- nische mochten immerhin für ihr Spezialfach, in ihren Augen natürlich die Krone der Kultur, fürchten. Aber was wirklich den Jungen an Einzelwissen abgehen sollte, das wird ersetzt durch das kostbare Gut der Initiative, daö sic ihren Leibesübungen verdanken. Aber bei dieser Schätzung von sicherem, nationalen Boden ans ist cs nicht geblieben. Ter Kaiser bat auf der „Deutschland" vor Cuxhaven daö Wort von der Solidarität unter den Kul turvölkern und von der Förde« nng dieser Solidarität durch Kongresse, Wettkampf und Spiel mit seinem Stein- pel versehen. Er hat cs nicht geprägt. Wir kennen ähn liche Töne schoi« lange; am lautesten hat sie Bertha v. Suttner audgcstoßcn, und am mächtigsten hat diese Ideen derselbe junge Zar zu fördern gesucht, der jetzt mit Japan um die Entwicklung und das Prestige seines Reiches mit den« Schwerte zu kämpfen bat. Sicher hat der Kaiser seine Worte nicht in dem entnervenden Sinne gemeint, den weibische Gemüter ihnen beizulegen nicht ermangeln werden. Sicher hat er nicht gemeint, daß er paradiesische Zustände auf Erden nahen sehe, daß Wolf und Lamm friedlich nebeneinander leben würden, nachdem der Wolf zum Vegetarismus bekehrt worden sei. Aber daß sie von interessierten Seiten, die in solcher Propaganda Ziel und Lebenszweck suchen, so interpretiert werden, daran ist kein Zweifel. Und diese Auslegung findet einen gewissen Rückhalt in dem späteren, an sich hocherfreulichen Satze, daß der Kaiser mit absoluter Ruhe und Vertrauen in die Zukunft sieht. Wir Deutsche, mit unserer intimen Kennt nis der liebevollen Pflege, die der Kaiser für Heer und Flotte als Pflicht erachtet, wir wissen, daß der Kaiser in seiner das Gewissen beruhigenden Friedensliebe und in seiner sicheren Zuversicht auf die Güte der deutschen Rüstung allen Grund hat, mit absoluter Ruhe und Ver trauen in die Zukunft zu sehen, etwa so wie Bismarck und Moltke nach Empfang der Emser Depesche. Inzwischen haben die festlichen Tage eine Fortsetzung im Kieler Hafen erfahren, wo als kaiserlicher Gast auch der Kaiser von Indien und König von England erwartet wird, dessen Gegenwart ganz gewiß geeignet sein kann, den sportlichen Tagen ein politisches Gepräge zu geben. Nur spielt der Sport bei dieser Politik eine recht beschei dene Rolle. Wir haben die Empfindung, als ob König Eduard gerade diese Gelegenheit zur Abstattung eines Gegenbesuches nicht ungern benutzt hätte, um den Besuch nicht allzu intim erscheinen zu lassen. England hat uns wirklich nicht sehr gern, und Englands Herrschei-familie hat noch stets bewiesen, daß sich in ihr die Neigungen des englischen Volkes fast photographisch genau spiegeln, sogar in ihren aufs Festland zurückgekehrten Mitgliedern. Was wir also von Eduard VII. in Kiel an politischem Ent gegenkommen erwarten dürfen, ist sicher ein genau kalku liertes Nützlichkeitserempel, und das ist gut so, wenn nur der andere Part von den gleichen sicheren Utilitätsab- sichten erfüllt ist Auf De-^räge irgendwelcher Art ist es wohl von keiner Seite abgesehen. Die „Nordd. Allg. Ztg." hat es uns schon in ihrem unnachahmlichen Stil verraten, daß die Entrevue unpolitisch sei, wenn sic auch nicht des politischen Charakters entbehre, woraus jeder nun lesen kann, was er will. Wir können uns zwar nicht entschließen, den Kieler Besuch des englischen Königs höher zu schätzen, als ein Höflichkeitsbcweis das verdient. Während der Festtage werden die gastlichen Pflichten auf beiden Seiten mit bestem Willen erfüllt werden; vielleicht »verden die einander erwiesenen Höflichkeiten auch noch einige Zeit die öffentliche Erörterung der englisch-deut schen Beziehungen beeinflussen — und dann wird alles sein wie zuvor, d, h. wir werden d i e Geltung in der Welt haben, die wir auf Grund unserer realen Macht uns durch diplomatische Geschicklichkeit zu verschaffen wissen. Immer hin hoffen auch wir aus vollem Herzen, daß König Eduard, derRepräsentant des mächtigsten Reiches zurSee, in Kiel Eindrücke persönlicher Freundschaft und natio- nalcr Stärke und Ehrlichkeit empfangen möge und bereit sei, solche Eindrücke in sich aufzunehmen. Die politische Wirkung dieser Vorgänge wollen wir dann getrost der Zukunft überlassen. 8. ver Ktlrtttag i« siortsck. Da jetzt fast überall Zwistigkeiten zwischen Kranken kassen und Aerzten bestehen — selbst Forbach hat seinen Aerztestreik —, dürfte besonderer Beachtung wert sein ein Bericht über die vierte Hauptversammlung des wirtschaftlichen Verbände? der Aerzte Deutschlands zur Wahrung ihrer wirt schaftlichen Interessen, die zu Rostock am 23. Juni begann. * Rostock, 23. Juni. Or. H a r t m a u n - L e i p z i g eröffnete die von 219 Delegierten besuchte vierte Hauptversammlung und gedachte des vergangenen Kriegsjahres. Gegner seien überall erstanden, in größerer Zahl bedauerlicherweise aus den Reihen der Aerzte selbst; Kassenmltglieder und Arbeitgeber sowohl, als Regierungsbehörden hätten sich den Wünschen der Aerzte teils direkt feindlich, teils nichts weniger als wohlwollend gegenübergestellt, was die Aerzteschaft mit immer engeren« Zusammenschluß zur Ec- reichung ihrer berechtigten Anforderungen beantworten müsse. Der Versuch, den Verband für politische Zwecke zu engagieren, sei mißglückt. Nach wie vor seien die Aerzte allein auf die Selbsthülfe angewiesen. Den Ge schäftsbericht erstattete der Generalsekretär des Verbandes, K u h n S - L e i p z i g. Er weist zunächst darauf hin, daß infolge seines Amtsantrittes (Mitte Dezember 1903) sein Bericht m der Hauptsache sich auf die Zeit vom 1. Januar bis 1. Juni 1904 beschränken müsse. Die Zahl der Mit glieder habe sich bedeutend vergrößert (Hauptversamm lung Köln, September 1903, 9662; 1. Januar 1904 12 687; 1. Juni 1904 166 204). Seit Bestehen hat der Verband in 208 Kämpfen von Aerzte»« mit Krankenkassen eingegriffen. Am 1. Januar 1904 bestanden Streitig keiten an 66 Orten, in der Berichtszeit kamen hinzu 99, erledigt wurden in derselben Zeit 89 — mit Ausnahme von 3 sämtlich zu Gunsten der Aerzte —, so daß am 1. Juni noch in 76 Orten Konflikte bestanden. Die schwersten Kämpfe wurden ausgefochten in Köln und vor allem in Leipzig, auch sie endeten in den Hauptpunkten zu Gnnsten der Aerzte. Zeit Anfang de? Jahres ist die Stellenvermittlung stark in Anspruch genommen worden. Dann wurde ein eigenes Verbandsorgan geschaffen, die „Aerztlichen Mitteilungen" des Kollegen Bock-Straß burg i. E. Der Ausgang an Briefen und Drucksachen be trug rund 35 000 Stück mit einem monatlichen Durch schnitt von 7000 und einem täglichen von 280. Seit dem 1. Januar d. I. hat die Zahl der Sektionen sich von 66 auf 86 gehoben, mit ebensoviel Vertrauensmännern, die Zahl der Obmännern von 380 auf 628. Für die Zukunft komme vor allem in Betracht eine möglichst persönliche Werbung von Mitgliedern, sodann der weitere Ausbau der Organisation durch Bestellung von Obmännern in allen Kreisen Deutschlands, Neubildung von Sektionen und Bildung von Landes- beziehentlich Provinzial verbänden, sowie Ortsgruppen. Durchaus nötig sei auch eine stetig steigende Verstärkung der Mittel des L. W. V. unter Entlastung der Verbandskasse. Der Verbands kassierer, vr. H i r s ch f e l d - L e i p z i g - N., besprach alsdann den Kassenbericht, welcher gedruckt vorlag. Er bat, denselben als streng vertraulich zu betrachten, er läuterte ihn und betonte, daß die Ansprüche an die Zentralkasse ganz außerordentlich hoch gewesen seien. Der Vorstand habe deshalb Obligationen in Höhe von einer halben Million Mark ausgeben müssen. Ter Stand der Kasse sei zur Zeit gut. Tie Höhe der bis zum heutigen Tage eingegangenen freiwilligen Beiträge beliefen sich auf rund 50 000 — Sodann erstattete der Aufsichtsrat Bericht über das Ergebnis der am 19. April 1904 statt gefundenen Revision der Kasse und der gesamten Ge schäftsführung. Auf Antrag des Referenten, Herrn Geh. Rats Pfeiffer- Weimar, wird dem Kassierer ein stimmig Entlastung erteilt. In den Aussichtsrat werden Geh. Rat Pfeiffer-Weimar und Vr. Mugdan-Berlin, in den Vorstand vvr. Hartmann, Dippe, Donalies, Göhler, Goetz und Hirschfeld, sämtlich inLeipzig, einstimmig wiedergewählt. Auf Antrag vr. Neubergers-Nürnberg sollen die ärztlichen Vereine Einrichtungen treffen, daß die ärztliclien Liqui dationen vierteljährlich, nicht mehr jährlich, ausge schrieben werden. Im Anschluß an die Versammlung des wirtschaftlichen Verbandes trat am Freitag der 32. D e u t f ch e A e r z 1 e- taq zusammen, über den uns telegraphisch berichtet wird: * Rostock, 24. Juni. Bei der heutigen Versammlung des Aerztetages kam es, der „Köln. Ztg." zufolge, zu äußerst heftigen Auftritten politische«: Charakters bei der Diskussion der freien Arztwahl durch vr. Kirberger, welcher erklärte, daßeskeineSchande sei. Sozial- demokratzu sein. „Wären Sie, meine Herren, statt Aerzte Arbeiter", führte er aus, „Sie würden allesamt Sozialdemokratei« sein." Nach diese«« Worten erhoben sich lebhafte Rufe: „Schluß, Schluß, hinaus, hinaus!" End lich gelangte der Präsident Locbker aus Bochum zum Wort und wies die Behauptung Kirberger? zurück. Als Kirberger in seinem Vortrage fortfahren wollte, erhob sich in der sächsischen Gruppe der Aerzte wiederum der Ruf: „Schluß, Schluß!" Der Redner verließ hierauf die Tribüne. ver Uukrtauä Oer Herero. Vie Entschädig««- de» -rutschen Anfiedler. Eine große Zahl deutscher Ansiedler im Schutzgebiet hat bei Bekanntwerden des „Älmosen"-BeschlusseS des Reichstags eine Eingabe an das Gouvernement gerichtet, aus deren jetzt vorliegendem Wortlaut wir folgendes entnehmen: In dem Berichte de» stellvertretenden Herrn Gouverneurs vom 20. Januar d. I. wird wörtlich gesagt: „Ueber die eigentlichen Gründe des Aufstandes in noch nichts Sicheres bekannt geworden Ich persönlich neige der Ansicht zu, daß der Aufstand auf eine seit langem unter den Hereros herrschende Gährung zurückzu führen ist, die zum größten Teil durch das vielfach gewalttätige Auftreten der Wanderhändler beim Eintreiben ihrer Forderungen hervorgerusen ist." Dieser Bericht scheint die bisher einer Entschädigung der Ge schädigten günstige Stimmung zu Hause in ihr Gegenteil gekehrt zu haben, zumal sie die Schilderung einiger Missionare und anderer über da« Treiben einer bestimmten Klasse von Händler» bestätigen. Alle diese Berichte haben leider In Deutschland den Eindruck Hervor gerufe», daß das Schutzgebiet lediglich mit solchen minderwertigen Elementen besiedelt ist. Die praktischen Folgen dieser Berichte kommen in dem Beschlüsse des Reichstag« zum Ausdruck. Wir wollen nicht in Abrede stellen, daß seitens einiger weniger Händler schamlose Uebrrgrtsfe beim Eintreiben ihrer Außenstände vorgekommen sind, doch müssen wir darauf Hinweisen, daß die zu ständigen Behörden au« den Kreisen der Bevölkerung selbst zu ver- schieden«» Malen und lange vor Ausbruch deS Aufstandes auf die Gefährlichkeit diese« Treibens aufmerksam gemacht sind. Wir glauben erwarten zu dürfen, daß das Gouvernement seine ganze Autorität in die Wagschale iverfrn wird, um einen Umschwung in der Irregeleiteten öffentlichen Meinung zu Hause herbeizufiihren, da «S unmöglich die Absicht der Regierung sein kann, daß die ge samte Anzahl der geschädigten Ansiedler unter dem Brrschuldrn einer ganz verschwindenden Minderheit leiden soll. Es bedarf keiner »veiteren Ausführung, daß ei» völliger Rui» d«S Lande« unausbleiblich sein würde, fall« die durch den Aufstand Geschädigten nicht voll und ganz entschädigt werden. Als tatsächliche Gründe de« Aufstande« wurde in deu wirtschaftlichen Vereinen von Grootfontrin usw. bezeichnet: 1) daß dir Hereros durch die fortgesetzte Nachsicht der Regierung, besonder« den Kapitänen gegenüber, übermütig geworden sind, da der Herero Nachsicht al« Schwäche anslegt; 2l daß die Hereros wohl den Schutzvrrtrag und die deutsche Herrschast anerkannt haben, doch tatsächlich niemals unterworfen worden sind: 8» den verbotene» Waffenhandel; 4) daß die Hereros tun und lassen konuteu, was sie wollten, und es an Kontrolle fehlte, wodurch es ihnen auch möglich war, Munition und Waffen hereinzuschmuggeln; ü) Uebergriffe, die einzelne Händler sich erlaubt haben, um zu ihrem Geld zu kommen, da sie seitens der Regierung nicht tatkräftig genug unterstützt wurden; 6) als ausschlaggebend die Maßnahmen, die die Regierung traf, um die Hereros in einem Reservate zu konzentrieren, und 7) die Entblößung des Damaralandes nach Abzug der Truppen nach dem Süden. Erkennungsmarken. An den blutigen Ernst des Krieges in seiner ganzen Rau heit und Herbheit gemahnt die folgende Mitteilung: Wie es im Feldzuge üblich ist, ist jeder unserer in Südwest afrika weilenden Soldaten mit einer Erkennungsmarke ausge rüstet, damit man im Falle der Zertrümmerung des Gesichts die Persönlichkeit des Toten festftellcn kann. Die Marke ist aus Blech gearbeitet, hat quadratische Form und wird an einer Schnur um den Hals auf dem bloßen Körper getragen. Sie zeigt einge stanzt die abgelürzte Bezeichnung des Truppenteils und die Kleider- bezicbungsweise Stammrollennummer des Inhabers, zum Beispiel: „l. Ürv. .4. b'. 6. 15" (1. Südwestafrikanische Feldbatterie Nr. 1b). Jin bisherigen Verlauf des Aufstandes konnten sehr viele ver stümmelte Leichen nur durch die Erkennungsmarken rekognosziert werden, soweit 'die Hereros die Leichen der Gefallenen nicht ent kleidet und auch der Erkennungsmarke beraubt hatten. ver r«55i5ch.japanirche Weg. Erschwerung der Ariegrberichterfiattung durch die Japaner. Aus Shanghai melden englische Blätter: Die auslän dischen KriegSkorrespondenten, die sich auf eigene Rechnung einen mit Einrichtungen für drahtlose Telegraphie versehenen Dampfer beschafft hatten, konnten nicht die Erlaubnis der japanischen Regierung erlangen, die Kriegszone wieder zu betreten. Sie haben deshalb, nach der „Morning Post", Anweisung erteilt, die Station für drahtlose Telegraphie, die sie in Weihaiwei hatten errichten lassen, wieder abzubrechen. veutsches fieicff. * Berlin, 24. Juni. * Kaiserliche Telegramme. Auf die vom König von Italien und dem Bürgermeister von Rom anläßlich der Enthüllung des Goethedenkmals an den Kaiser übersandten Telegramme erwiderte der Kaiser von Kiel aus Folgendes: „Seiner Majestät dem König, Rom. Sehr gerührt durch Tein liebenswürdiges Telegramm danke ich Dir, der Enthüllung des Denkmals des großen Dichters beigewohnt zu haben, der so viel dazu beigetragen hat, Italien Deutschland teuer zu machen. Wilhelm." „Fürst Prospero Collonna, Bürgermeister von Rom. Ich danke Ihnen für Ihr Telegramm, sowie für die Gefühle, die Sic so freundlich sind, Mir auszudrücken. Mit großer Freude habe Ich die Nachricht von der Enthüllung des Goethestandbildes ver nommen. Ich hoffe, Laß das Denkmal des berühmten Deutschen, des Freundes und aufrichtigen Bewunderers Italiens, in der Stadt Rom dazu beitragen wird, die Bande gegenseitiger Freund schaft und Achtung, die unsere beiden Länder einen, enger zu schließen. Wilhelm I. R." * Zum Besuche des Königs von England. Die „Nord deutsche Allgemeine Zeitung" schreibt: Der König von England trifft heute, begleitet von einem stattlichen Ge schwader, an Bord seiner Jacht in den deutschen Gewässern ein und gedenkt durch den Kaiser Wilhelm-Kanal die Fahrt nach Kiel fortzusetzen, wo er als Gast des deutschen Kaisers weilen wird. Es bietet dieser Besuch beiden in enger Ver wandtschaft und herzlicher Freundschaft verbundenen Mo narchen die erwünschte Gelegenheit, Tage ungezwungenen rersönlichen Verkehrs mit einander zu verleben und gewinnt sine weitere schöne Bedeutung durch den Rahmen, in dem er ich abspielt und den Schauplatz, auf dem er vor sich zeht. Dem aufblühenden deutschen Segelsport wird eine auszeichnende Anerkennung seiner Leistungen zu teil, indem das Oberhaupt der englischen Nation seinen Veranstaltungen sachkundige Aufmerksamkeit zuwendet, und die junge deutsche Marine ,st stolz, den Chef der größten Kriegsflotte der Welt an der Hauptstätte der Friedensarbeit zu be grüßen. Möge es zur Befestigung der allgemeinen friedlichen Tendenzen in den Beziehungen der Nationen dienen, daß die beiden Monarchen sich zu freund chastlichem GedanlenauStausch begegnen! Wir entbieten dem König Eduard ehrerbietigen Willkommensgruß mit dem Wunsche, daß er an den Kieler Tagen die besten Eindrücke empfangen möge. * Ueber das «Besetz, betreffend die Kaufmannsgerichtc, urteilt die „Soz. Praxis": Zwei Tatsachen muß der Sozialpolitiker im Auge behalten: Einmal ist es doch ei» großer Fortschritt, daß endlich nach jahre langen beißen Kämpfen für die Streitigkeiten aus dem kausmänni scheu Arbeitsvrrtrage ein schnelles, billiges, sachverständiges Gerichts verfahre» ringeführt wird. Zweitens aber, daß dies Verfahren in allen wesentlichen Stücken dem der Gewerbegerichte gleich geartet ist; diese letztere Institution aber hat sich in hohem Maße bewährt und ist fest im Vertrauen der Arbeiter begründet. Auch die Kans- mannsgerichte werden sich — davon sind wir fest überzeugt — ein- bürgern * Neue Mirdach-Pläne. Der Oberhofmeister der Kaiserin, Freiherr v. Mirbach, scheint von seiner Manie, für den Erbauer der meisten Kirchen gelten zu »vollen, noch nicht geheilt zu sein. .Noch ist die auffällige Stellung, die er im Pommernbankprozesfe einnahm, in frischster Erinnerung, und schon lenkt ein neues „Mittel zum Zweck" die allgemeine Aufinerksamkeit auf ihn. ES soll nämlich für die silberne Hochzeit des Kaiser paares am 27. Februar 1906 die Kaiser Wilhelin-Ge» üächtnlstirche mit reichem Mosaikjchmuck versehen wer-
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