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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.06.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-06-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040625011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904062501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904062501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-06
- Tag1904-06-25
- Monat1904-06
- Jahr1904
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den. Um den dazu nötigen Betrag non 1 Million Mark durch öffentliche Sammlungen zu beschaffen, nimmt n. Mirbach ansck»einend den königlich preußischen Der- waltungsapparat in Anspruch. Eine große Akticngesell- ichaft bat von dem Landrate des Kreises Teltow, v. Stubenrauch, ein bezügliches Schreiben erhalten, in dem u. a. darauf hingewiesen wird, daß eine Huldigungsadresfe mit den Na m e n der Geber dem Kaiserpaar überreicht wird. Unterzeichnet bat v. Stubenrauch nicht als Landrat. son- dern als „Comitödelcgierter"; diese Unterschrift findet sich auch in dem Dankschreiben, das die Ziirma sür ge spendete 500 .ck erkielt. Interessant wär es zu erfahren, ob der Minister des Innern, Herr v. Homnicrftcin, von der ganzen Sacke etwas weiß. Bemerkenswert ist außer- dem noch, daß die Landräte angewiesen sind, kleinere Sammlungen (der Betrag von 12—200 .4 ist genannt) zu verhindern. Demnach dürfen nur besonders begüterte Spender am Iubeltage in einem goldenen Buche vor dem Kaiservaarc paradieren. O * Wesel, 24. Juni. Seit 1877 besteht in Wesel a. Rh. eine zehuklassige, städtische, paritätische, höhere Dockt er- schule, deren Lebrerpersonal proportional gemischt ist. Nach dem 1886 eine vierklassige katholische Prwatsckule gegründet worden war, entzog später der Bisckof von Münster der städtischen Schule den katholischen Religionslehrer, worauf der katholische Religionsunterricht von der Stadt zwei katholischen Lehrerinnen übertragen wurde. Auch diesen wurde seitens der -Kirche, nach der „Kölnischen Zeitung", die Erteilung des Religionsunterrichts verboten, woraus die städtische paritätische Sckule fast alle katholischen Schülerinnen verlor. Die Erregung über das Borgeben der Geistlichkeit ist gestiegen. Die preußische Staatsregierung unterstützt die katholische Prwatsckule erheblich finanziell. Dem ^Kultusminister soll nunmehr mitgeteilt werden, daß das Kuratorium der städtischen Schule den katholischen Religions unterricht in jeder Höhe bezahlen wolle. Auf die Antwort ist man sehr gespannt. * Aus Ze« NheinlLUdc. In sehr beachtenswerter Weise mehren sich die Kundgebungen einzelner Geistlichen wie ganzer Kirchenvertretungen gegen die geistliche Schul aufsicht. Im Rheinland hat das Konsistorium die Kreis synoden aufgefordert, in diesem Jahre das Thema: „Die Be deutung der geistlichen Ortsschulaufsicht der Gegenwart" znn Gegenstand ihrer Verhandlungen zu machen. Gegen die geistliche OrtSschulaufsicht richtet fick ferner eine Eingabe dr über 700 Mitglieder zählenden „Vereins evangelischer Lehrer und Schulfreunde für Rheinland und Westfalen". Wie in der Eingabe ausgefübrt wird, hält es der Verein für durchaus notwendig, daß neben der Familie und dem Schulamte, der bürgerlichen Gemeinde und dem Staate auch die Kirche an der Schulverwaltung beteiligt sei, er sieht aber in der hergebrachten Ortsschulaufsicht der Geistlichen eine un geeignete Form dieser Mitwirkung, rüe im Interesse der Schule und des Lehrerstandeö beseitigt werden sollte. Der heutige Stand der pädagogischen Wissenschaft und die methodisch-technische Ausgestaltung der Schularbeit stellten an den Aufsichlsbeamten Forderungen, denen nur ein Fachmann gereckt zu werven vermöge. Die Lehrerschaft erblicke darum mit Recht in der nichtfachmännischen Aufsicht eine Gering schätzung ihrer Berufsarbeit und eine Beeinträchtigung ihrer StanveSehre. * Aus Lothringen. Toleranz auf Kirchhöfen. Das lange und unerquickliche Kapitel der Intoleranz ultramon- laner Geistlicher an den Stätten der letzten Ruhe ist wieder um einen häßlichen Fall bereichert worden. In dem lothrin gischen Bergmannsdorf Spittel bei Saarbrücken starb, wie die „Köln. Ztg." mitteilt, am 29. Januar d. I. der Berg mann Weiland, der der katholischen Religion angebörtc, aber in Mischehe lebte und in einer evangelischen Kirche getraut worden war. Obgleich er auf dem Sterbebett durck den katholischen Pfarrer die Sterbesakramente erhalten hatte, beerdigte man ihn nickt nur ohne die kirchlichen Zeremonien, sondern begrub ihn auch „an der Ecke". Die An gehörigen Weilands beruhigten sich mit dieser verächt lichen "Behandlung des Verstorbenen aber nickt, sondern wandten sich beschwcrdeführend an die Staatsbehörden; auf Anordnung des Bczirkspräsidenten wurde die Leiche am l. Juni wieder ausgcgraben und in die regelmäßige Reibe der Friedhofgräber eingebettet. Nach den Berichten ivzial- temokratischer Blätter kalte der katholische Pfarrer das neue Grab derart in den Weg hineinschaufeln lassen, daß die Kirckbofbesucher darüber kinwegschreilen mußten, und erst dem Vorgehen des Polizcikommisfars und des Bürgermeisters ist es gelungen, unter dem fortdauernden Widerspruch des Pfarrers, dem Verstorbenen eine anständige Ruhestätte zu verschaffen. Der Pfarrer gehört zum Sprengel des Bischofs Benzler, der ja in dem Famecker Fall ein Beispiel seiner Auffassung der Toleranz gegeben hat. pleurrkcdel llanckag. Herrenhaus. * Berlin, 24. Juni (TM Nach Vereidigung des neu eingetretenen Grasen Alven-leben Schön born nimmt das Haus debattelos das Wildschongesetz nach den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses an, ferner dir Reso lution des Grasen Mirbach auf Prämienerteilung an Forstschutz beamte für erlegtes Raubzeug, obwohl Oberlandforstmeister Wesener erklärt, die Regierung könne der Resolution aus nationalökonomischen und finanziellen Gründen nicht Folge geben. Das HauS nahm bierauf die Vorlage betr. die Ver pflichtung zum Besuch ländlicher Fortbildungsschulen in Hessen- Nassau in der vom Abgeordnetenhaus angenommenen Fassung an nnter Ablehnung des Kommissionsantrages, den Sonntagsunterricht nicht überhaupt, sondern nur sür die Zeit des Hauptgottesdienstes zu verbieten. Tas Haus erledigte bierauf Eisenbahnpetitionen lokalen Inhalts und vertagte sich um 5 Uhr auf Sonnabend 1 Uhr: Kleinere Vorlagen, Petitionen. flotte. * Der Deutsche Schulschiffsverein hält am 2. Juki in Travemünde seine Generalversammlung unter Vorsitz des Großherzogs von Oldenburg ab. Ruslana. Oesterreich-Ungar«« * Truppenschau i» Bruck an Zer Leitha. Der Kaiser besichtigte am Freitag vormittag in Begleitung der Erzherzöge Franz Ferdinand und Leopold Salvator, des KriegS- ministers, des Ebefs des Generalstabes, der Generalität und der fremden Militärattaches die Truppen im Brücker Lager. Der Kaiser sprach sich über die Haltung und das Exerzieren der Truppen sehr lobend aus. Frankreich. * Tie Millionen Zer Karthäuser. In den Wandelungen der Kammer wird erzählt, daß der angebliche Unterhändler von vier Deputierten, der „Herr D" des Generalpriors der Karthäuser, ein gewisser Le Pere sei, der früher Direktor einer jetzt bankerotten Bank war und seil April auf der Flucht ist. Die nationalistische „Eclaire" will wissen, daß Le Pere in geschäftlichen Beziehungen zu den Karthäusern gestanden habe. Unter den in seiner Wohnung beschlag nahmten Papieren sollen sich auch Briefe und andere Schriftstücke befinden, die auf die Karthäuser angelegenheit Bezug haben. Diese Papiere seien für die parlamentarische Untersuchungskommission von höchstem Inter esse. — Der Vorsitzende der Kommission forderte am Donners tag abend den Generalprior der Karthäuser und Pater Rey telegraphisch aus, am Freitag vormittag zu erscheinen und sandte ihnen gleichzeitig den Geleitbrief zu. Die konservativen Blätter beschwören die Karthäuser, der Vorladung zu folgen. So schreibt der „Gaulois": Wenn die Karthäuser in ihrem Stillfchweigcn verharren sollten, würden sie zum Rubmc CombeS und zur Beschimpfung der katholischen Kirche bei tragen. Es ist ihre Pflicht, uns zu verteidigen und von dem Alpdruck zu befreien, der auf dem Lande lastet. Der Generalprior der Karthäuser lann dieses „heilige Werk" voll bringen. Er braucht nur ein Wort zu sagen, nicht um unseretwillen, sondern um Christi willen, den CombeS zum zweiten Male an das Kreuz schlagen will. Aebnlich schreibt die „Autorite": Die Karthäuser müssen sprechen oder sie werden in den Augen der anständigen Leute aller Parteien nur als eine Kongregation der Verleumdung gelten. — Am Freitag vernahm die Kommission den Schwager Rocheforts, den Journalisten Vermoort, von dem Besson behauptete, daß er angeblich im Auftrage von Edgar CombeS zu ihm ge kommen sei. " Ter Zwischenfall mit Haiti. Tie Regierung hat be schlossen, ein Kriegsschiff nach Haiti zu entsenden, um Genugtuung für den Angriff auf den Vertreter Frank reichs in Port-au-Prince zu fordern. *Lorient, 24. Juni. Die kürzlich vom Kriegsgericht in Tours freigefprochenen 5 Offiziere des 116. Infanterieregiments, die sich geweigert hatten, bei der Ausweisung der Kongre- ganisten von Ploermel mitzuwirken, wurden von dem Kriegs minister in den Stand der Nichtaktivität versetzt. Italien. * Uebersührung Zes Sarges König Humberts. Am Freitag früh 8 Uhr wurde im Pantheon in Gegenwart des Königs, des Ministerpräsidenten Giolitti, der übrigen Minister, der Ritter des Annunziaten-OrdenS, der Präsidenten des Senats und der Deputiertenkammer, der obersten Hof chargen und der Geistlichkeit der Sarg König Humberts aus der provisorischen Gruft aufgehoben und in der dem Grabe Victor Emanuel II. gegenüberliegenden Krypta bei gesetzt, wo das eigentliche Grab hergestellt werden soll. Der Ministerpräsident nahm al- Notar der Krone da» Protokoll über die Uebersühruug auf. Der König wohnte tief bewegt der Feier bei, die eine» sehr weihevollen Verlauf nahm und auf die Teilnehmer einen tiefen Eindruck machte. Bei der Uebersühruug de- Sarge- erwiesen Kürassiere die mili tärischen Ehren. * Tie Zeutsche KänftterZeretntguu, veranstaltete anläßlich der Enthüllung de« Goethe-Denkmal- am Donners tag eine glänzende Feierlichkeit, welche beinahe die ganze Kolonie mit den Vertretern Preußen-, Bayern-, Oesterreichs und Schwedens beiwohnte. Die Festrede hielt der Schrift führer Rudolf Müller über die fruchtbaren Beziehungen Deutschland- zu Italien. Der Präsident Gerhardt feierte den König von Italien, der VizepräseS Wille den deutschen Kaiser. Beiden Monarchen gingen schwungvolle Drahtgrüße zu. Großen Beifall fand auch eine launige Rede des Berichterstatter« de Fiori auf das Zusammen wirken der Presse beider Länder. Großbritannien. * Zum Rücktritte SltvtS. Da- ostafrikanische Syn dikat wegen dessen Bevorzugung durch Lord LanSdowne Charles Äiot sein Amt niederlegte, ist ein rein spekulatives Unternehmen, dem in der Provinz Naiwasha zu sehr günstigen Bedingungen Land überwiesen wurde. — Da« ostafrikanische Syndikat ist nach der „Nat.-Ztg." nicht zu verwechseln mit der jüdischen Gesellschaft,die sich mit der Erforschung de« den Zionisten angeboteneu, ostafrikanischen Landbesitze- be schäftigt. Die Gesellschaft bildete sich im Februar 1902 zu Minenzwecken in Afrika. Sir Charles Eliot, der jetzt öffent lich Lord LanSdowne den Vorwurf macht, in ungebührlicher Weise diese Gesellschaft unterstützt zu haben, war bestrebt, die Einwanderung von Farmern in das ostafrikanische Pro tektorat zu fördern, weil er darin das Hauptmittel sah, um das Land zu anglisieren. In diesem Bestreben wurde er behindert durch das Verbot, Privatpersonen Land zu über lassen. Er war früher Untersekretär bei den Botschaften in Petersburg und Konstantinopel und später Vertreter der englischen Regierung in Marokko, Bulgarien und Serbien. Nachdem er Sekretär der Botschaft in Washington gewesen war, erhielt er 1899 die Stellung deS britischen Ober kommissars von Samoa. Al« Kommissar sür Britisch-Ostafrika bereiste er im Jahre 1902 Uganda, den oberen Nil und den Sudan. Er war der erste englische hohe Regierungsbeamte, der sich den Gefahren einer solchen Reise ausletzte. Rußland. * Ta- Wohnrecht Zer JuZen. Die „Petersburgskija Wjedomosti" teilen den Tert deS Gesetzes betr. daS Wohn recht der Juden im LO werstigen Grenzstreifen der westlichen Gouvernements und Bessarabiens mit. Danach wird die Bestimmung aufgehobeu, daß dort nur Judbn wohnen dürfen, die vor dem 27. Oktober 1858 dort angeschrieben sind, und der Grenzstreifen allen Juden geöffnet unter Beobachtung der allgemeinen Gesetze über das jüdische Wohnrecht. Die Veranlassung dieses Gesetzes ist, daß das bisherige Verbot seinen Zweck, nämlich die Verminderung des Schmuggels, nicht erreicht hat, dagegen für die Bevölkerung drückend war. Rumänien. * Dos Untcrrichtswesen in Rumänien. Man schreibt uns aus Sofia: Ter bulgarische Unterrichtsminister, Schischmanow, äußerte sich einem Redakteur der „Vetscherna Poschta" gegenüber über die bei seinem Be- suche in Rumänien gemachten Wahrnehmungen wie folgt: „Das Untcrrichtswesen Rumänien- hat, insbesondere seit dem der jetzige Unterrichtsminister am Ruder ist, eine ganz ungewöhnliche Entwickelung erfahren. Energisch, von über raschender Klarheit des Geiste-, in der Gestaltung und Durch, führung seiner umfassenden, wohldurchdachten und praktischen Pläne, findet der Minister die bereitwillige materielle und moralische Unterstützung nicht nur seiner Kollegen, sondern auch der ganzen Bevölkerung. So verfügt er oft über Mittel, von denen ein bulgarischer Minister nicht einmal träumen darf. Es bestehen selbst in kleineren Städten, wie Krajova, Ploeschti usw., Lyzeen, welche fast zwei Millionen Francs ge kostet haben. Die Universität von Jassy, die medizinische Fa kultät in Bukarest und da- bakteriologische Institut sind wahre Paläste, ausgestattet mit den modernsten Einrichtungen. Es sind aber nicht nur für Hoch- und Mittelschulen bedeutende Summen verausgabt worden, sondern auch für die Volks schulen. Ich habe den Eindruck gewonnen, daß in früherer Zeit ein sehr großer Luxus beim Bau von Lehranstalten getrieben wurde; der jetzige Untcrrichtsminister zieht vor, einfacher aus sehende Bauten aufführen zu lassen, dafür aber in größerer Anzahl. So ist es ihm möglich, jährlich Hunderte von Volks- schulen neu zu eröffnen. Im rumänischen Unterrichtswesen gibt es eine Menge vorzüglicher Institutionen, welche es nach ahmenswert erscheinen lasten, wie z. B. die Einrichtung einer Lehranstaltenkassc zur Verfügung de» UnterrichtSministerS; die Gründung von pädagogischen Instituten außerhalb der Städte, umgeben von Parkanlagen und in Verbindung mit Internaten; ein entwickelter Volksunterricht durch volkSwiffen- schaftliche Vorträge; Tätigkeit und Verbreitung von Volks, banken in den Landgemeinden, ähnlich den Raiffeisenkasten, nur einfacher, den Verhältnissen Rechnung tragend; Einrichtung von niederen profcssionalcn, Ackerbau- und Jndustrie-UnterrichtS statten; Einrichtung von einheitlichen zentralen Schulbehörden." Türkei. * TaS ueue Tte«pelgesetz. Aus Konstantinopel wirt gemeldet: Auf die offizielle Ankündigung, daß das neue ^>tempelgesetz am 14. Juli in Kraft trete« werde, über reichten sämtliche Botschaften der Reihe nach der Pforte eine identische Note, in der sie erklären, das neue Gesetz müsse vorerst einer eingehenden Prüfung unterzogen werden, da die Zeit bis dahin mit Rücksicht darauf, daß die Botschafter an ihre Regierungen berichten müssen, nicht au-reiche. Di« Note schließt mit dem Verlangen, daß das alte Gesetz den fremden Staatsangehörigen gegenüber bi« zur Genehmigung des neue» Gesetzes seitens der Mächte in Wirksamkeit bleiben möge. Nordamerika. * Neufundland unZ Zer englisch-französische Vertrag. Sir Robert Bond, Premierminister von Neufundland, der sich augenblicklich wegen der englisch-französischen Vertrags bestimmungen über Neufundland in London befindet, erklärte einem Vertreter des Reuterschen Bureaus, daß in Neusund land im allgemeinen große Zufriedenheit wegen des zustande gekommenen Vertrages herrsche. Er fügte jedoch hinzu, daß Neufundland es vorgezogen haben würde, wenn in Zukunft keine fremde Nation Anrechte an seine Fischereigrenze habe. Neufundland habe auch gewünscht, daß die Inseln St. Pierre und Miczuolon der Kolonie abgetreten würden, denn diese Inseln gäben immer Veranlassung zu Eifersüchteleien und zwängen die Regierung von Neufundland, mit großen Kosten einen Zollkreuzer in ihrer Nähe zu halten, um dem Schmuggel Einhalt zu tun. In der Beseitigung der französischen Küsten rechte erblickt der Premierminister dagegen einen ganz be deutenden Erfolg für die Kolonie. Er ist überzeugt, daß gerade diese Frage dem Frieden zwischen England und Frank reich gefährlicher war, als irgend eine andere Frage. Leipziger Ungelegevbeiten. * Leipzig, 25. Juni. Achtung! Fttegentüten! Düs öffentliche Ausrufen von Waren ist bekanntlich nicht mehr ein einwandfreies Beginnen. Vcrstumnu ist z. B. der melodische Ruf: „Heedelbeer'n", dem nach der Vermutung eines unbekannten Forschers Richard Wagner die Geheimnisse des Sprechgcsanges abgelauscht haben soll. Auch die wohlgemeinte Aufforderung: „Bcttstroh'n, kooft Bettstroh'n!" klingt nicht mehr an das Ohr des modernen Groß-Leipzigers, und wenn die Hausfrau „Sand, scheen'n Sand" wünscht, um ihr Heim zu schmücken, so muß sic eben Ausschau halten, bis das Wäglein vorüberkommt. Damit aber das Straßenleben nicht allzu eintönig werde, ist uns ein Ersatz beschert worden. „Achtung! Jliegcntüten!" Das ist kein Aus rufen, das ist keine Anpreisung einer Ware, nein, das ist eine Mahnung zur Vorsicht, eine Warnung, gut und edel vielleicht nach ihrer Absicht, verderblich aber meist in ihrer Wirkung. Aber da, wo des Volkes Menge sich drängt, bewirkt dieser Ruf meist das Gegenteil; denn niemand geht gern auf den Leim. Wir bleiben stehen, andere tun dasselbe und im Nu hat sich eine Gesellschaft mit unbeschränkter Klebepflicht gebildet. Gesellschafter: drei Hausierer mit durchaus sclbstgefertigter Ware, gc- nanut Fliegentütcn,drum uud dran wir, einige verstimmte Damen in Hellen Sommerkleidern, zwei Laufburschen, ein Dienstmann mit Extrablättern, ein Droschkcnpferd und ein neugieriger Dackel. „Nicht stehen bleiben! Bitte gehen Sic auseinander!" Wer würde in solchem Falle nicht gern der hohen Obrigkeit gehorchen, die Ge walt über ihn hat! Das ist jedoch nicht so einfach, aber- schließlich gelingt es doch nnter laienhafter Erörterung einiger aktuell gewordener Rechtsfragen. Unsere Schil derung mag übertrieben sein, aber wer einmal im Feier kleide aus einem sauberen Streber in einen beklecksten Kleber verwandelt wurde, der kann sic eben nickt leiden, diese ekelhaften Flicgentüten. Ein abscheulicher Anblick ist cs z. B., in der Nähe verkäuflicher Eßwarcn diese Dinger, bedeckt mit Hunderten armer zappelnder zum Tode verurteilter Fliegen zu sehen. Fort mit den Fliegentüten! Mo. Feuilleton. Wissenschaft. Sine Arreste au «ottlieL Planck. Die juristische Fakul- iäi der Hochschule zu Göttingen hat ihrem Honorarprofessor Gottlieb Planck zu seinem 80. Geburtstag eine Adresse über reicht, der wir folgendes entneymen: „Exzellenz! Unter allen denen, die heute kommen Sie zu begrüßen, den einzelnen wie den Korporationen, darf die juristische Fakultät der Universität Göttingen ein besonderes Recht auf Sie in Anspruch nehmen, und damit ein vorzügliches Recht, den heutigen Tag festlich zu begehen. Sie sind ein Mann des Vaterlands, des Rechts, der Wissenschaft. Ihr öffent liches Leben hat zwei Zielen gegolten: dem Baterlande und seinem Rechte. Als Abgeordneter von der zweiten hannoverschen Kammer an bis zum deutschen Reichstage hatten Sie für die recht lichen, politischen und wirtschaftlichen Bedürfnisse des Volkes wirken, in richterlicher Stellung vom Amtsauditor an bis zum Mitgliede des Eeller Tribunals das Reckt in praktischer Handhabung aufs gründlichste kennen gelernt, ehe Sie das Vertrauen der Reichs regierung zu gesetzgeberischer Tätigkeit berief. Wie einst Ihr Vater an einer Reform der hannoverschen Prozeßordnung gearbeitet hat, so war Ihr erster Schritt auf der neuen Bahn die Teilnahme an der Beratung der deutschen Zivilprozeßordnung. Es kam die große Arbeit Ihres Lebens. Ihr Wirken für das Bürgerliche Gesetzbuch steht im frischen Ge dächtnis aller. Sie haben das große Gesetzgebungswerk auf seinem ganzen Lebenswege begleitet. Mitglied beider Kommissionen, Generalreferent der zweiten Lesung, Verfaffer des Familienrechts, Vertreter des Entwurfs vor dem Reichstage, dursten Sie den Nenjahrstag des Jahres 1900 als Ihren Ehrentag feiern. Sie blicken heute auf einen Lebensweg zurück, wie er wenig Menschen beschieden ist. Wir danken mit Ihnen Gott dafür, daß Sie ihn in unvergleichlicher Frische und Rüstigkeit zurückgelegt haben. Trotz Ihrer 80 Jahre, wer dürfte Sie einen Greis nennen? Die treue Bcrufserfüllung und die sonnige Heiterkeit Ihres Ge- müts, die die Hand, die so sichtbar über Ihnen gewaltet, Ihnen als köstliche Gabe mitgeben, haben Sie bei ewiger Jugend erhalten. Ihrem Lebenswege hat es nicht an schwerem Leid, an herben Lchicksalsfchlägen gefehlt. Mit gottergebenem, gläubigem Sinne haben Sie ertragen, waS Ihnen auferlegt war. Unverzagt haben Cie Ihren Weg fortgesetzt: niemand hat von Ihnen ein Wort der Klage gebärt. Der Johannistag ist ein alter Freudentag des deutschen Volkes. Mögen seine Feuer leuchten zu weiterem glück- lichen Wirken! Möge Ihr Beispiel uns allen eine Mahnung sein zu freudiger und mutiger Pflichterfüllung! Möge Ihr Bild nns und der Heranwachsenden Jugend vorleuchten als das eines Mannes, der sein ganzes Leben hindurch schlicht, selbstlos und treu dem Baterlande, dem Recht und der Wissenschaft gedient hat. Die juristische Fakultät der Universität Göttingen. F. Frensdorfs, Z. Dekan. t Die Kanalfrage auf dem Mars. Der Kampf um die Kanäle tobt nicht nur in der preußischen Politik, sondern auch die Himmelskundc hat ihre Kanalfragcn. Nachdem man sich über die wundersame Erscheinung der Marskanäle schon einiger maßen beruhigt hatte, ist ihre Erörterung jetzt wieder mit gro ßer Verve auf die Tagesordnung gesetzt worden. Eine Gruppe von Planetenforschern leugnet ihr Vorhandensein überhaupt und erklärt sie als optische Täuschung, eine andere und vor läufig größere Gruppe will den Glauben an ihr wirkliches Be stehen nicht fallen lassen. Mit besonderem Eifer beschäftigt sich seit Jahren der amerikanische Astronom Percival Lowell mit den MarSkanälen und ist durch seine letztjährigen Beob achtungen zu ganz auffallenden Schlüffen über ihr Wesen ge langt. Er spricht in seiner neuesten Veröffentlichung von den „Siegeln" des Mars, und zwar auf Grund eines Vergleichs mir einer altägyptifchen Einrichtung. Jeder ägyptische König besaß sein eigenes Siegel, das als Symbol seiner Herrscherzeit galt. Das Dertium comparntionis liegt für Lowell darin, daß jeder der Marskanäle seine besondere Epoche je nach den Jahreszeiten auf dem Planeten besitzt. In einem halben Jahr bai Lowell nicht weniger als 375 Zeichnungen des Mars von seiner Sternwarte aus entworfen, darauf finden sich 85 Kanäle in einer für die nähere Untersuchung günstigen Deutlichkeit, und im Durchschnitt ist jeder dieser Kanäle etwa hundertmal ocobachtct worden. Danach hat nun Lowell zu bestimmen ver- sucht, in welcher Weise die Sichtbarkeit der einzelnen Kanäle mit der Jahreszeit wechselt. Die Kanäle auf der nördlichen Halbkugel des Mars beginnen sich mit den Tagen der sommer lichen Sonnenwende in einer Breite von 75 Grad zu verdunkeln, und cs ist, als ob sich allmählich auf immer weitere Flächen des Planeren nach und nach dichtere Schleier legten. Die Fort. Pflanzung dieser Dämmerung, also das Verschwinden der Kanäle, vollzieht sich ziemlich rasch und schreitet vom 71. Brei tenkreis bis zum Aegualor, also in einer Zone von 4200 Kilo meter Breite, in 50 Tagen fort. Die Kanäle selbst hält Lowell für wirkliche Wasserläufe künstlichen Ursprungs, die dazu be- Nimmt find, die Tchmelzwasser von den Schnecseldcrn an den Polen in die Gegend des AcquatorS zu führen. D. Weinende Tiere. Die Fähigkeit der Tiere, Tränen zu vergießen, ist lange in Zweifel gezogen worden, mutz jetzt wohl aber als erwiesen gelten. Sven Hedin hat in dem prachtvollen Werk über seine letzte große Reise in Jnnerasicn die zuverlässige Beobachtung mitgetcilt, daß die Kamele, wenn sie ihr Ende nahe fühlen, derart weinen, daß es der Mensch nicht ohne Mitleid ansehen kann. Jetzt erzählt ein Mitarbeiter der „Gazette Medicale", daß auch Kühe weinen. Zwei Arbeits kühe, die trotz großer Ermüdung nochmals vor den Pflug ge- spannt wurden, vergossen dicke Tränen, während sie vorher durchaus keine Unlust zur Arbeit gezeigt hatten. Keinesfalls aber dürfte man daraus den Schluß ziehen, daß die Säuge tiere sämtlich über Tränen verfügen, denn manche Vertreter dieser Tierklassc besitzen überhaupt keine Tränendrüsen. ES ist merkwürdig, daß über eine so auffällige Erscheinung bisher so wenig sichere Beobachtungen vorlicgcn, und die Zoologen könnten nn Verein mit den Anatomen wohl einmal etwas Mühe darauf verwenden, Kenntnisse über das Weinen der Tiere im allgemeinen zu sammeln. Literatur. ff* Zur Schillerfeier 1-05. Der Dürerbuud in Deutsch land uud Oesterreich hat sich die Aufgabe gestellt, die hundertste Gedächtnisfeier des Sterbetages Friedrich Schillers — am 9. Mai 1905 — dem deutschen Volke als eine allgemeine nationale An- gelegenheit mit Nachdruck ins Bewußtsein zu rufen uud darauf yinzuwirken, daß die Feier in festlicher, künstlerischer und wahrhaft volkstümlicher Weise begangen werde. Hervorragend« Sach verständige haben bereits grundlegende und eingehende Vorschläge zur guten Gestaltung der Festlichkeiten ausgearbeftet. Dadurch soll die Möglichkeit gegeben werden, diese Feier in der mannigfaltigsten Weise, wie es den jeweiligen örtlichen Verhältnissen entsprich^ zu veranstalten. Es muß wohl nicht besonders betont werden, daß bezügliche Anregungen aus den Kreisen des Publikums dankbar begrüßt und nach Möglichkeit verwendet werden. Zunächst hat die Bundesleitung die Organisierung einer gemeinschaftlichen, großen Schillerfeier aller deutschen Bereme uud Kunstinstitute iu Prag be schlossen und ist mit den betreffenden Faktoren bereit- in Fühlung getreten. Sodann will sie auf die entsprechende Durchführung einer ebensolchen Feier in den deutschen Städten des Landes hinarbeiten. Im Vertrauen auf das nationale Gemeiugefübl der deutschen Be- völkerung hofft der Dürerbund bei seinen Arbeiten auf allgemeine Unterstützung, damit die Gedächtnisfeier des großen Führers und Dichters al- eine wahrhaft völkische und künstlerische Feier verlaufe. ch Carlyle über Heinrich Heine. Unser Londoner Kor. respondent schreibt: Sir M. E. Grant Duff, jüngst inter- viewt, erzählte eine Anekdote von Carlyle, der ich mich nicht entsinne icmals im Drucke begegnet zu sein. Sir Mountstuart sagte: „In Begleitung von Tyndall und eines Amerikaners begab ich mich eines TagcS zu Carlyle. Wir unterhielten uns u. a. auch über Matthew Arnold und kamen dabei auf seinen Ausspruch zu reden, wonach er Heine als Lyriker unmittelbar hinter Goethe stellt. Carlyle wurde außerordentlich erregt und sprach sehr heftig und schnell. Er wollte Heine mit Goethe überhaupt nickt verglichen haben und ließ dabei die folgende Bemerkung über Heine fallen: „He is » iiltkv leticl sausage ok spoileck vimusls." Die beißende Schärfe kann in der deutschen Uebersetzung nicht wiedcrgegeben werden, eS genügt aber vielleicht, wenn wir sagen, daß in diesen Worten ein Grad von Verachtung liegt, den ein gebildeter Engländer, ohne un mittelbar roh zu werdcn, nicht steigern kann. Die Ueber setzung lautet: „Er ist eine schmutzige, stinkende W-urst aus verdorbenen Lebensmitteln." — Was sagen wir dazu? Es ist die traurige Verirrung eine« großen Geistes. 0. L. AZHariSme« va« Henri Vergne. Eine Anzahl noch ungedruckter pessimistischer Aphorismen von Henri Becque, d-m Verfaffer der .Raben" und der „Pariserin", teilt der „Gil BlaS" mit. Tie bemerkenswertesten dieser Aussprüche lauten: Es ist eine große Beruhigung, immer mit denselben Leuten zusammenzulebcn: man weiß genau, daß sic einen verwünschen und verabscheuen. — Im Leben eines Schriftstellers gibt es zwei Epochen: die erste, in der man von ihm spricht, die zweite, m der er selbst von sich spricht. — Die Hälfte von dem, was wir schreiben, ist schädlich, die andere Hälfte ist unnütz. — Tic Frauen könnten nicht leben, wenn sie nicht sprechen könnten. — Sobald man eine Tür öffnet, kommt einLcind herein. — ^rau und Mann gehen zusammen wie Kette und Kugel. — Tic großen Vermögen sind aus Infamien entstanden, die kleinen aus Schmutz. ZolaS Witwe stiftete der Landesbücherei sämtliche Hand schriften ihres Mannes mit Ausnahme derjenigen von „Nana" und „Bsrits, die sie noch nicht gefunden hat. Arrnftkalender für Leipzig. Theater. Leipziger Stadttheatrr. Neues Theater. Heule ge langen „Hoffmanns Erzählungen" zur Aus führung. Für morgen, Sonntag, ist Gounods Oper „Mar garethe" angesctzt. Die Partie des Faust singt Herr Hans Schützer vom Stadttheatcr in Straßburg als zweite Gastrolle auf Engagement. Leipziger Schauspielhaus. Die Posse „ Er und seine Schwester" mit Anton Franck als Gast ist für diesen Sonnabend und Montag und Dienstag kommender Wockc wieder angesetzt worden. Sonntag nachmittag geht als Vor stellung für den Gcwcrkverein Hirsch-Duncker „Die be rühmte Frau" in Scene. Für diese Vorstellung findet kein Billcttverkaus statt. Sonntag abend tritt Anton Franck als Thomas Forster in dein Lustspiel „Zwei Wappen" von Blumenthal und Kadclburg auf. In weiteren Haupt rollen sind beschäftigt die Damen Cramer, Sicgcrt und Hasfow sowie die Herren Eggcling, Mchncrt, Wildcnhain nsw. Zentraltheatrr. Während der ganzen Woche war das Zcntralthcater fast ausvcrkauft; cs empfiehlt sich daher für den morgigen Sonntag ganz besonders, die Billetts rechtzeitig an den Vorvcrkaufsstellen zu bestellen. ES ist der letzte Sonn tag, m, welchem G a st o n s H o ch z e i t s n a ch t " aufgefübr, wird. Das Berliner Vaudeville-Ensemble bringt demnächst ein neues Stück. Gommerthrairr Drei Linden. Vielfachem Wunsche ent sprechend findet heute, Sonnabend, eine nochmalige Aufführung des Schwanks „Los vom Manne" statt. Morgen gehi die Gcsangspoffc „Unsere Don Jüans" von Leon Trep tow mit den Damen Lembach, Bonne sowie den Herren Seidel, Frick, Janson und Stahl als Vertreter der Hauptrollen erst malig in Scene.
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