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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.06.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-06-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040628017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904062801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904062801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-06
- Tag1904-06-28
- Monat1904-06
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Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem RedakttonSprich (-gespalten) 78 -H, nach den Famtlienuach- richteu (Lgespalten) 80 Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ossrrtenauuahme Lb -4- Ertra-Veilage« (gefalzt), nur mit da Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung ^4 60.—, mit Postbeförderung >l 70.—. Aunah«eschlui, für Au-Kzei»: Abend-Ausgabe: vormittag« 10 Uhr. Morgeu-Au-gab«: uachmittag« 4 Uhr. Anzeige« sind stet- an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet «»» früh 8 bi« abend« 7 Uhr. Druck aud Verlag von 0. Pol» iu Leipzig (Znh. vr. V., R. L W. Kliukhardt). Sir. 324. Dienstag den 2§. Juni 1904. 98. Jahrgang. Var wichtigste vom Lage. * Wegen des Angriffs auf den deutschen Ministerresidenten in Port - au - Prince wird, wie wir aus bester Quelle erfahren, Deutsch land ebenso wie Frankreich ein K r i e g s s ch i f f nach Haiti entsenden. Die beiden Mächte werden sich über alle in der Angelegenheit zu unternehmenden Schritte ver ständigen. * Bezüglich der ä g y p t is ch e n Finanzen ist ein deutsch-englisches Abkommen getroffen wor den, das aber in keinem Zusammenhänge mit der Kieler Begegnung stehen soll. (S. Ttsch. Reich.) * Wegen der Mirbach-Angelegenheit brachte die Frei sinnige Volkspartei im Preußischen Abgeordnetenhanse eine Interpellation ein. (S. Letzte Tep.) * Das preußische Herrenhaus hat gestern dem Gesetz entwurf, betr. die Bestrafung des Spiels in außerpreußi schen Lotterien, zugestimmt. (S. Preuß. Landtag.) * Wie verlautet, dringt die deutsche Reichsregierung auf Beendigung der Handelsvertragsver handlungen mit Oe st erreich - Ungarn vor dem Wiederzusammentritt des Reichstags. (S. Ttsch. R.) * Eine Anzahl Verwundeter und Erkrank ter aus Deutsch - S n d w e st a f r i k a ist an Bord des Reichspostdanipfers „Kronprinz" im Hamburger Hafen eingetroffen. * Gräfin Lonyay, die frühere Kronprinzessin Rudolf von Oesterreich, die sich zur Zeit mit ihrem Gatten in Ungarn aufhält, ist dort neuerdings nicht unbe denklich erkrankt, so daß der italienische Frauen arzt Prof, vi-, Bossi, telegraphisch zur Konsul tation gerufen wurde. friellensarbeit. „Wenn du den Frieden willst, so rüste dich zum Kriege", diese Quintessenz der römischen Staatsweisheit beherrscht auch heute noch die Politik der Großmächte. Zweifellos liegt in diesem Grundsätze etwas Heuchelei verborgen, da jedes Organ des Staates zu seiner Be tätigung drängt, und um so mehr, je mehr es erstarkt. Das Heer und die Flotte machen dovon keine Ausnahme; ja, nirgends ist das Verlangen, einmal zu zeigen, was man leisten kann, stärker als in der Armee. Der „frische fröhliche Krieg" beherrscht die Phantasie auch des be sonnensten Offiziers. Aber das schadet auch gar nichts, wenigstens so lange nicht, als den „Halbgöttern" kein Einfluß auf die aktive auswärtige Politik eingeräumt wird. Wenn die Kriegsmacht nur auf dem Plan er scheint, wo es gilt, die Selbständigkeit und Ehre der Nation zu verteidigen, dann mag immerhin die Armee in jedem Augenblicke bereit sein, zu marschieren. Tenn ohne sie geht es ja doch nicht. Der ewige Frieden ist ein Traum, und nach Moltkescher Autorität nicht einmal ein schöner. Man wird cs deshalb auch verstehen und billigen, daß bei der Begegnung des deutschen Kaisers mit dem König Eduard von England offiziös die Friedensarbeit der jungen deutschen Marine hervorgehoben wird; daß weiter von der Monarchcnbegegnung die Befestigung der allgemeinen friedlichen Tendenzen erhofft wird. Gerade Großbritannien gegenüber müssen uns ja aggressive Ab sichten so fern wie nur möglich liegen. Der Grund ist einfach darin zu suchen, daß wir für heute und in abseh barer Zeit gar nicht in der Lage sind, aus eigener Kraft den Krieg auf englischen Boden hinübcrzuspielen. Eine Landung an der englischen Küste mit einer ausreichen, den Truppenmacht ist zur Zeit für uns ebenso ausge schlossen, wie sie vor hundert Jahren für den ersten Na poleon war. Ja selbst eine Kombination der kontinen talen Großmächte, die ja praktisch so gut wie unmöglich ist, würde uns kaum zur Verwirklichung dieses Zieles helfen. Wir müßten uns deshalb bei einem Kriege mit England damit begnügen, ihm indirekt Schaden und Ab bruch zu tun, während die englische Flotte unseren ganzen überseeischen Handel ruinieren könnte. So führen schon die einfachsten Erwägungen der Selbsterhaltung dazu, uns vor einem vom Zaun gebrochenen Konflikt mit Eng land zu hüten. Auch der weitere Ausbau unserer Kriegsflotte kann nur mißverständlich mit einem Angriff auf das vereinigte Königreich in Zusammenhang gebracht werden. Es war viel böser Wille in der angeblich von Deutschland drohen, den Gefahr, die von englischen Zeitungsstrategen an die Wand gemalt wurde. Das hat ja auch I. L. Bashford in der „Pall Mall Gaz." mit aller wünschenswerten Deutlichkeit auseinandergesetzt. Heute stehen den 119 Linienschiffen und Kreuzern Englands nur 36 deutsche Schiffe gegenüber; und dieses Verhältnis wird sich in vier Jahren noch weiter zu Ungunsten des Deutschen Reiches verschoben haben. Daß wir mit dieser bescheidenen Marinerüstung nicht dem englischen See koloß auf den Leib rücken können, das begreift ein Kind; auch die Engländer müssen es begreifen, wenn sie vor den nackten Tatsachen nicht absichtlich die Augen ver schließen. Aber auch wenn wir das Tempo unseres Flottenbaus, wie zu hoffen steht, etwas beschlennigen, so liegt darin nichts für England bedrohliches, da wir doch immer weit hinter dem Tempo Zurückbleiben müssen, das sich das Jnselland im Ausbau seiner Seemacht leisten kann. Kurzum, wir müssen schon im Selbsterhaltungsinter esse auf ein leidliches Verhältnis zu England bedacht sein, zumal auch unser Seehandel in erster Linie mit England zu rechnen hat. Aber es kommen noch andere Gründe da zu, die uns freundschaftliche Beziehungen zu England er wünscht erscheinen lasse». Gründe vor allein kultureller Natur. Die Luft der Freiheit, die auf englischem Boden weht, die politische Selbständigkeit des Volkes, die Ab wesenheit jedes polizeilichen Druckes, die ganze Art zu regieren, das alles erweckt in dem deutschen Volke starke Sympathien. Empfinden wir es doch nur zu gut, wie viel uns noch fehlt, um auf diesen Gebie ten mit England wetteifern zu können, wie viel inner politische Kämpfe uns noch bevorstehen, die das Jnselvolk mit glücklichem politischen Instinkt bereits siegreich be standen hat Wie sollten wir da nicht geneigt sein, mit England in Frieden und Freundschaft zu leben, wenn es ihm selbst nur um gleiche Beziehungen zum deutsche» Reiche zu tun ist. Hier aber liegt leider der Hase im Pfeffer. Es läßt sich nun eininal nicht leugnen, daß das englische Volk die Sympathien, die ihm von deutscher Seite entgegengebracht werden, in keiner Weise erwidert. Die englische Presse, die in auswärtigen Fragen immer mit der Regierung zn- sammenarbcitet, gefällt sich darin, die deutsche Politik zu verdächtigen und durch allerlei Lügennachrichten zu dis- kreditieren. Wenn heute das deutsche Reich fast isoliert ist, wenn seine auswärtige Politik überall mit höchstem Miß trauen verfolgt wird, so hat die englische Presse mit ihren amtlichen Hintermännern den größten Teil der Schuld daran. Man gefällt sich darin, das deutsche Volk, das auf deni Kontinente seit 38 Jahren Frieden gehalten hat, dessen Tendenz überall auf die Aufrechterhaltung des Status quo geht, als Störenfried hinzustellen, der nur auf die Gelegenheit warte, über seine Nachbarn herzufallen. Tiefe Politik der ewigen Nadelstiche und der ungerecht fertigten Verleumdungen hat allmählich auch im deutschen Volke eine gereizte Stimmung erzeugt. Wir sind ja schließlich über die Zeit hinaus, da wir als nebensächlich bei Seite geschoben werden konnten und uns von den an deren Nationen jede Zurücksetzung schweigend gefallen lassen mußten. Und bei dieser Politik der Nadelstiche ist es nicht ge blieben. England hat. so viel es nur konnte, die berech tigten Ansprüche des deutschen Volkes ignoriert und un serem Einflüsse nach Möglichkeit entgegengcarbeitet. Von der Vergewaltigung der Buren bis zum Abkommen mit Frankreich über Marokko zieht sich eine Kette von un freundlichen Handlungen gegen Deutschland. Ueberall zeigt sich das Bestreben, unserem Welthandel und unserer Kolonialpolitik Steine in den Weg zu rollen, um uns, so viel es geht, in unserem Bevölkerungsüberfluß ersticken zu lassen. Wenn wir trotz alledem vorwärts gekommen sind, wenn auch unsere Kolonialpolitik Fortschritte, freilich all zu langsame Fortschritte macht, so dürfen wir uns doch nicht darüber täuschen, daß wir diese Erfolge gegen eng lische Wünsche und Machinationen erzielt haben. Es wäre mehr als kühn, wollte man von der Kieler Monarchenbegegnung eine Aenderung in dieser Tendenz der englischen Politik erhoffen. Selbst wenn die eng lische Regierung und die englische Presse sich in der nächsten Zeit einige Reserve auferlegen sollten, so kann man doch überzeugt sein, daß der antideutsche Kurs von ihr unentwegt weiter gesteuert wird. Ter Grund liegt eben darin, daß wir England zu mächtig geworden sind. Das „macke in Oerman^" hat IN der Welt allmählich einen guten Klang erhalten, wir rücken mit unserer Industrie und unserem Seehandel England immer näher auf den Leib. Das kann uns das englische Volk, das in seiner wirtschaftlichen und maritimen Suprematie allmählich satt geworden ist, nicht verzeihen. Sein Groll gilt dem glücklichen Konkurrenten, der ihm die Kunden in aller Welt abjagt. Diese Situation muß man sich vor Augen halten, wenn man sich vor gefährlichen Selbsttäuschungen hüten will. Wir müßten wirtschaftlich und politisch abdanken, wollten wir die Gönnerschaft Englands^wieder gewinnen, die es früher in so reichem Maße über das Volk der Dichter und Denker ausströmte. Ta wir dazu aber kaum Neigung verspüren werden, so geht der Konkurrenzkampf ' weiter. Tas müssen wir ertragen. Und das einzige Mittel, um die Situation zu verbessern, liegt darin, daß wir in der Friedensarbeit fortfahren. Tas deutsche Volk ist noch nicht am Ende seiner Leistungsfähigkeit; es bat Kraft genug, um im inner» wie nach) außen noch weiter zu erstarken. So dürfen wir hoffen, daß einmal die Zeit kommen wird, wo wir den Wettbewerb Englands nicht mehr zu scheuen haben. Vielleicht über zeugt sich König Eduard schon jetzt bei seinem Aufenthalt auf deutschem Boden davon, daß es besser ist, uns zum Freund als zum Feind zu haben. Zum mindesten aber uiöge er die Gewißheit mit nach Haiije nehmen, daß das deutsche Volk nicht mehr wünscht, als in seiner Friedens arbeit ungestört zu bleiben. ver riittircb.japamzche Flieg. Hauptmann a. D. Tanera über Arleg»bericht- erftattung. Nachdem ich jetzt von meiner Reise durch ganz Ruß land mit Sibirien, Transbaikalien bis nach Mantschuria zurückgekchrt bin, mir die Verhältnisse gründlich ange sehen habe und in jeder Art bei den russischen Offizieren und Behörden teils Unterstützung fand, teils durch Ver mittlung der Königl. Bayerischen Gesandtschaft in Peters- bürg gefunden hatte, kann ich sagen, daß die Kriegs- berichterstattung, wie sie bis jetzt betrieben wird, größten teils geradezu absurd ist. Ich sehe von den beinahe grund sätzlich gefälschten oder ganz erfundenen englischen und amerikanischen Meldungen, die ja meist den Stempel der Unwahrheit und der militärischen Ignoranz auf der Stirn tragen, ab und spreche von den gut gewollten und ehrlich gemeinten deutschen Berichten. Auch von diesen und selbst von den meisten vom Kriegsschauplätze ge sendeten muß ich sagen, sie sind falsch und nur geeignet, irrige Anschauungen zu erwecken. Tie Russen verstehen es sehr gut, nichts, aber auch gar nichts von dem verlauten zu lassen, was sie sür gefährlich halten. Jedes Telegramm, gleichgültig ob es ein Civilist oder ein russi- sck)er Qffizü'r aufgibt, muß schon von der sibirischen Grenze an dem Gendarmeriekommandanten vorgelegt, von ihm gelesen und als unverfänglich bezeichnet werden. Dann erst wird es befördert. Von Mantschuria an wer- den alle nur irgendwie verdächtigen Briefe zurückgehalten. Daher beruhen sämtliche Angaben über Truppen bewegungen und Stärken nur aus Mutmaßungen, nnd da durchaus nicht nur erfahrene Offiziere, sondern auch fach männisch ganz ungewandte Leute oder junge Offiziere, denen bei allem Schneid doch Kriegserfahrung und die Kenntnisse von Land und Leuten, ja selbst der einfachsten asiatischen Verhältnisse fehlen, dort außen als Kriegs- berichterstatter auftreten, so kommen Artikel in die Welt, die nicht nur das Staunen, sondern das Hohnlächeln jedes einigermaßen Erfahrenen Hervorrufen. Da es keine Tat sachen zu berichten gibt, so spielen sich diese Herren alle auf kleine Moltkes hinaus, treiben billige Strategie, geben den Oberbefehlshabern beider Armeen indirekt Rat schläge, kritisieren nach jeder Richtung nnd verwirren nach allen Seite». Am meisten ist dies der Fall, wenn es sich um die Berichterstattung „unsres nach der Mantschurei entsendeten Kriegsberichterstatters" handelt. Ich habe in der Mantschurei jetzt erkannt, daß man dort fast gar nichts hört, und ich weiß, daß die Nachrichten, welche man dort erfährt, aus den hiuausgcschickten alten russischen Zei tungen oder aus den Telegrammen der Zeitungen von Irkutsk, Tschita oder einer anderen hinten liegenden Stadt stammen, und daß höchstens die Erzählungen per- sönlicher Erlebnisse einzelner zurückgebrachter Vernum- deten originell sind. Wie wenig aber solche in Beziehung auf die Beurteilung der großen Kriegsverhältnisse Wert haben, weiß ich aus der eigenen Kriegserfahrung von 1870/71, und jeder erfahrene Offizier weiß es ebenso. Etwas anderes wäre es, wenn einmal ein höherer Offi zier, der eine Schlacht befehligte, oder ein Adjutant oder Ordonnanzoffizier, der viel gesehen hat, verwundet zu rückkäme und dem Berichterstatter Rede stände. Das aber gibt es nicht, denn dazu sind die russischen Offiziere viel zu pflichtgetreu und zu vaterlandsliebend. Sie schweigen. Jeder ältere, beim russischen Stab zugelassene Offizier- berichterstatter darf nur das sehen, was man ihn sehen lassen will, und nur das berichten, was man ihm erlaubt zu berichten. Daß die Russen in dieser Beziehung so streng sind, ist ihr volles Recht und ist sehr vernünftig. Sic haben genug mit den chinesischen Spionen zu tun und wollen nicht ihre Stärken, Stellungen und Absichten von Berichterstattern auch noch verraten lassen. Als ich in Mantschuria die vollständige Unmöglichkeit einer genauen Kriegsberichterstattung erkannte, kehrte ich um. Zu Hause kann man sich aus den offiziellen De peschen ein weit klareres Bild machen als dort außen im Nebel der Verschleierung und im Dunkel des Nachrichten mangels. — Bei den Japanern wird es den Kriegsbericht- erstattern noch schlechter gehen, denn kein Volk der Erdeverstehtesfogut wie dieJapaner, sich selbst und andere gründlich zu be lügen und sich zu täuschen. Dazu kommt die Katzenfreundlichkeit der Japaner, mit der sie gewiß un liebe Berichterstatter an die Orte komplimentieren, wo man nichts sieht, nichts verraten und nicht hinter die Kulissen sehen kann. Ich glaube, daß man sich mit Sicherheit nur auf die Nachrichten verlassen darf, welche die russischen Generale an den Zaren offiziell telegraphieren. Alles andere ist un- gewiß, oft frommer Wunsch, vielfach billige B i e r - st üben- oder Zeltstrategie, und die Ent sendung der Kriegsberichterstatter ist in diesem Krieg nur eine sehr teuere, aber völlig nutzlose Maßregel. Höchstens nach dem Kriege werden die Erfahrungen einzelner der Herren einen wirklichen Wert erlangen. (Schles. Ztg.) Da» Schicksal der Arieg»k»rresp«ndenten. Die now immer in Tokio zurückgehaltenen Korrespon denten (bekanntlich wurde nur einigen wenigen gestattet, sich in Kurokis Hauptquartier nach Antung zu begeben) haben in ihrer Berzweiflung eine neue Eingabe an den großen Generalstab gemacht, worin sie um die endliche Erlaubnis baten, nach Port Arthur oder Siujan abgehen zu dürfen. Sie erhielten von General Fukuschima, dem mili tärischen Oberzensor, einen kurzen, ablehnenden Bescheid. Einige der zuerst nach Korea abgegangenen Korrespon denten, die in dem nominellen Hauptquartiere General Kurokis, Autung, zu der Ueberzeuaung gelangt waren, daß sie dort weniger als nichts erführen, waren nach Tokio zurückgekchrt, um dort die Erlaubnis zu erwirken, sich nach einem Punkte des eigentlichen Kriegs schauplatzes begeben Hu dürfen. Als sie in Schrmonoseki landeten, wurden sie sofort unter besondere Militär- aufsicht gestellt und ihnen mitgeteilt, daß sie in dem Ver dacht ständen, nur nach Tokio gekommen zu sein um dort dieCensur zu umgehen. Man werde ihnen jetzt über haupt nicht mehr gestatten, sich auf den Kriegsschauplatz zu begeben. Beim ersten Versuch, die Censur zu umgehen, würden sie nach Hause gesandt werden. Au» den, russischen Hauptquartier. Nach Petersburger Telegrammen aus Liaujang hat General Mischtschenko die angestrebte Vereinigung der beiden feindlichen Armeen bisher zu verhindern gewußt. Äm Osten hat General Rennen kamps wieder Sainadse besetzt, von Kuandjansjan her werden erhebliche japanische Ver stärkungen bemerkt. Die Gründe der japanischen Siege. Der „Asahi" erzählt, man habe bei einem russischen Hauptmann, der bei Föngwangtschöng in Gefangenschaft geriet, einen au seine Eltern gerichteten Brief gefunden, der u a. folgende bemerkenswerte Aeußerungen enthält: „Der l Grund unserer schweren Niederlage am Jalu ist ein drei facher — die Ueberlegenheit der Artillerie der „Affen" über die unserige, die geringe Urteilskraft unseres Generalstabes im Hauptquartier und der Mangel an Einigkeit unter den russi schen Offizieren. Der Stab war überzeugt, daß daß japa nische Heer unterhalb Antung übergehen werde, und so wurden alle Vorbereitungen zu einer nachhaltigen und wirksamen Verteidigung in jener Gegend getroffen. Der Feind wählte aber die ankere Flanke." Der Brief sagt dann zum Schluß, daß der Schreiber volle zwei Drittel ) einer Leute verloren habe und sich mit dem letzten Drittel jetzt auf dem Rück züge befinde. vrulsebes Keich. * Berlin, 27. Juni. * Tcnlsch-cnglischcS Abkomme» übe»- Egypten. Nachdem zwischen der deutschen und der englischen Regierung hinsicht lich der deutschen Interessen in Egypten gleiche Erklärungen ausgetauscht worden sind wie diejenigen, die in der englisch französischen Deklaration vom 8. April d. I. enthalten sind, hat die deutsche Regierung nunmehr ihre Zustimmung zu dem bekannten Entwurf eines Khediviald ekrets, be treffend die egyptischen Finanzen, erteilt.— Es wird uns nach bester Information dazu versichert, dieser Vorgang stehe in keinem Zusammenhang mit der Kieler Begegnung, wie auch aus der Tatsache erhelle, daß die Zustimmung Deutschlands bereits am 24. Juni erfolgt sei, nachdem die wechselseitigen Erklärungen Großbritanniens und Deutschlands vorangegangen sind. Deutschland erhält von England hin sichtlich Egyptens dieselben Zusicherungen und Rechte wie Frankreich. Dies entspricht durchaus den bestehenden Verhältnissen, da-Deutschland in Egypten größere wirschaft- liche Interessen als Rußland, Oesterreich-Ungarn und Italien zu wahren hat. * Zu den Trinksprüchen in Kiel schreibt die „Köln. Ztg." an leitender Stelle: „Jedem, dem es darum zu tun ist, das Seinigs beizusteuern, damit Europa der Friede erhalten bleibt und daß zwei große Nationen wie England und Deutschland daraus Nutzen ziehen, ist durch den warmen Ton, der die Reden der beiden Herrscher durchklingt, freudig und angenehm berührt und wird in der lebhaften Betonung ihres Strebens, auch fernerhin den Genuß dieser Friedensfrüchte zu sichern, ein starkes Band und eine dankenswerte Bürgschaft für die Zukunft erblicken. Für alle, welche ihren Beruf darin suchen, Mißtrauen und Zwietracht zu säen, ist also die Kieler Fürstenkundgebung in ihrer beabsichtigten und un verkennbaren Hervorhebung der Friedensabsichtcn eine harte Enttäuschung, welche hoffentlich wohltätig lange Zeit hinaus nachwirken und das Treiben der Stö- renfriede lähmen wird. Aber auch derjenige, der von der Kieler Zusammenkunft einen Wendepunkt in den englisch.deutschen Beziehungen erwartete und vielleicht schon eine neue Orientie rung der europäischen Bllndnispolitik in seinem Gesichtskreis entstehen sah, wird von dem Zusam mentreffen nicht sehr befriedigt sein." * Beschleunig»»« »er HundelSvertragSvei haniilungen. Wie da« „B. T." erfährt, bat die deutsche Reichsregierung bei den HandelSvertraaSverbandlungen in Berlin den ent schiedenen Wunsch geäußert, daß die Verhandlungen über die handelspolitische Verständigung zwischen Oesterreich- Ungarn und Deutschland noch vor dem Wiederzusammen- tritt des deutschen Reichstag- im November beendet werden. Es wird daher auf eine Beschleunigung der bezüglichen Ver handlungen besonderer Wert gelegt. l * 2chlvar»-Weiß-Not. Die „Straßburger Post" be handelt die Frage der reichsländischen Landesfarben und I kommt dabei auf die Entstehung der Farben de« Deutschen
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