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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.06.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-06-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040629026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904062902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904062902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-06
- Tag1904-06-29
- Monat1904-06
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Anzeigen-PreiS die 6gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem ReLnktionSstrich (4gespalleii) 75 nach den Frnuliennach» richte» V gespalten) 50 >Z. Tabellarischer and Zissernintz entsprechend hoher. — Gebühren sur Na>l'weisuugen un» Ljserlenannahme 25 1fxt»a-4.teilage» gefalzt), nur mit der Marge» -'Ausgabe, ahne Paslbesörderung 60.—, mit Pvslbesörderung ./t 70.—. Annahmeschltttz lnr Rn »eigen: Abend-Ausgabe: vonnitlags lO Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Tie Expedition ist wochemag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Truck und Verlag von E. Polz tn Leipzig (Inh. I)r. B., R. L W. Kliakhardt). Nr. 327. Mittwoch den 29. Juni 1904. S8. Jahrgang. Var Wicbltgrte vom rage. * Bei dem gestrigen Festmahl des Prinzen Heinrich im Kieler Schlosse zu Ehren des Königs von England hielten der Kaiser und der König Ansprachen. (S. Artikel König Eduard in Kiel.) * Von deutscher Seite ist zur Demonstration vor Port-au-Prince das Kanonenboot „Panther" bestimmt. (S. Dtsch. Reich.) * Ter preußische Minister des Innern gedenkt am Donnerstag bei der Verlesung der Interpellation Träger betreffs des Vorgehens des Obcrhofmeisters Freiherrn v. Mirbach sich zur Beantwortung der Interpellation bereit zu erklären, dürfte sich dabei aber die Bestimmung des Tages für die Beantwortung Vorbehalten. * In Stuttgart wurde unter dem Protektorat des Fürsten Karl Urach und unter dem Vorsitze des Präsi denten der Handelskammer, Widenmann, ein Verein zur Errichtung einer deutschen An siedler sch ule in Hohen heim zur Vorbildung für die deutschen Kolonisten gegründet. Vie knmiclrelung der deuttcben M». und Kistten;clsittablt in -en letzten 2V Jahren. In den amtlick>en Viertelsjahrsheften zur Statistik des Deutschen Reichs wird eine sehr interessante Statistik über die Entwicklung der deutschen Fluß- und Küstenschiff fahrt von 1882—1902 gegeben auf der Grundlage der in jedem fünften Jahre (zuletzt am 31. Dezember 1902) fiattgebabten Schiffszählung. Was die beiden hauptsäch lichen Schiffsarten anlangt, so ist, wie cs sich bei der modernen Entwicklung von selbst versteht, die Zahl der Segelschiffe in viel geringerem Maße gewachsen, als die der Dampfer. Im Jahre 1882 wurden 17 885 Segelschiffe gezählt, 20 Jahre später 22 235, so daß eine Zunahme von nur etwa 4500, also ungefähr um ein Viertel, stattgefunden hat. Tie Zahl der Dampfschiffe ist hingegen von 830 i. I. 1882 auf 2604 i. I. 1902 ge- stiegen, so daß sich ihre Zahl verdreifacht hat. Ist nun bei den Segelschiffen die Zunahme an Zahl gering, so er gibt sich ein ganz anderes Bild, wenn man die in der Tragkraft ausgedrückte Leistungsfähigkeit ins Auge saßt. Während die rund 18,000 Segelschiffe des Jahres 1882 eine Tragkraft von nur 1 600 000 Tonnen hatten, besaßen die rnnd 22 000 Segelschiffe des Iabres 1902 eine Tragfähigkeit von 4 700 000 Tonnen: während also die Zahl, wie erwähnt, nur um ein Viertel gestiegen war, hatte sich die Tragfähigkeit nahezu verdreifacht. Bei -en Dampfern steht die Zunahme von Zahl und Tragfähigkeit viel mehr im Einklang miteinander; die Zahl hat sich verdreifacht, die Tragfähigkeit vervierfacht. Betrachtet man die Entwicklung der Fluß- usw. Schiff fahrt nach den einzelnen Bundes st aalen, so ergibt sich, daß das Königreich Preußen und die freie Hansestadt Hamburg den Löwenanteil der Schiffszahl besitzen. Preußen verfügt über 60,2, Hamburg über 23,7 Prozent aller in Deutschland gezählten Schiffe, so daß auf sämtliche anderen Bundesstaaten nur 16 Prozent entfallen. Unter den preußischen Provinzen wiederum steht die Provinz Brandenburg wegen ihres direkten Netzes von Wasserstraßen an der Spitze: sie besitzt nicht weniger als ein Drittel sämtlicher preußischen, und ein Fünftel sämt licher deutschen Schiffe. Die indnstriereichc Rheinprovinz hat nur ein Drittel der Schiffszahl der Provinz Branden burg aufzuwcisen, nämlich 1675 gegenüber 4941. Das Rätsel, warum die Rheinprovinz so wesentlich an Zahl der Schiffe zurücksteht, wird gelöst, wenn man die Leistungsfähigkeit ins Auge faßt. Die deutsche Flußschiffahrt verfügt im ganzen über 969 Segel schiffe von 800 Tonnen und darüber; von diesen entfallen aber nicht weniger als 794 auf das Rheingcbiet und nur 133 auf das Elbgebiet. Während das Elbgebiet, zu dem die Mark Brandenburg zählt, 52,4 Prozent der Gesamt zahl aller Schiffe besitzt, hat es also noch nicht ein Sieben tel der großen Segelschiffe aufzuweisen. Es ist interessant, daß gerade in den letzten Jahren die Zahl dec sehr großen Segelschiffe im Rheingebietc enorm zugenom men bat. Im Jahre 1897 war die höchste Tragfähigkeit der Segelschiffe 1500—1600 Tonnen, und von diesen waren im Rheingebietc nur 9 vorhanden, 5 Jahre darauf aber 107. Außerdem gab cs noch 58 Schiffe, die eine Tragfähigkeit bis zu 2000 Tonnen besaßen: somit waren von Segelschiffen größter Tragfähigkeit im Rheingebiet 165 vorhanden, während es deren im Elbgebiet nur 4 gibt. Auch bei den Dampfschiffen zeigt sich das Rhein gebiet dem Elbegebiete bei weitem überlegen: im Rhein gebiete waren bei der Zählung von 1902 zweiund zwanzig Tamvfcr mit über 1000 Pferdestärken vor handen, im Elbgebiet nur eines. Faßt man also die Leistungsfähigkeit ins Auge, so tritt die industrielle Bc> deutung des Nheiulandcs auch in der Schiffahrt zutage. König kckuarck in Kiel. * Kiel, 28. Juni. Heute abend fand im Schlosse Tafel statt, die P r i n z H c i n r i ch von Preußen als Stationschef zu Ehren des Königs von England gab. Kurz vor 8 Uhr traf der Kaiser an der Barbarossa- Brücke ein, besichtigte dort die Fähnriche zur See und die Leipkompagnic des 1. Garderegimeuts z. F., die dort Auf- stellung genommen hatten, und kehrte dann in Be gleitung des Prinzen Heinrich nach der Barbarossa-Brücke zurück, wo ktirz nach 8 Uhr der K ö n i g v o n E n g l a n d eintraf und vom Kaiser und dem Prinzen Heinrich herzlich begrüßt wurde. Tic Majestäten begaben sich, nachdem sie gemeinschaftlich nochmals die Front der Fähnriche und der Leibgardekompagnie abgeschritten hatten, ins Schloß. Im Schloßhofe erwies eine Kompagnie des Secbataillons mit Fahne und Musik militärische Ehren. Nach Abschreiten der Kompagniefront begaben sich die Majestäten mit dem Prinzen Heinrich zur Tafel. Bei der Tafel saß der König von England rechts vom Kaiser, gegenüber hatte Prinz Heinrich Platz genommen zwischen dein Earl of Selborne und dem Rear-Admiral Sir Berkeley-Milne. Rechts vom König saß der Kronprinz, links vom Kaiser der Großherzog von Oldenburg. ! Während des Diners ergriff der Kaiser das Wort, um darauf hinzuweiseu, daß die Anwesenden in Sr. Majestät dem König von England den Höchst kommandierenden der englischen Flotte vor sich zu haben, die Ehre hätten. Se. Majestät erinnerte daran, wie er schon als Knabe von seinen Eltern nach England ge leitet sei, in Portsmouth und Plymouth die englische Marine kennen und bewundern gelernt habe. Er habe damals unter kundiger Leitung manche Fahrt auf dem „Delphin" und der „Alberta" geenacht unp Panzer kolosse entstehen sehen, die seitdem ihren Dienst getan hätten und von der Rangliste verschwunden wären. Das gewaltige Treiben auf See im Mittelpunkt der größten Kriegsmarine der Welt habe damals auf sein jugend liches Gemüt einen unauslöschlichen Eindruck gemacht. Beim Rückblick auf diese Iugendeindrücke werde es der König verstehen, wenn der Kaiser das, was er einst als junger Mensch in England gesehen und was sich ihm tief eingeprägt habe, später versucht habe, als Regent in einer den Verhältnissen seines Lan- des entsprechenden Weise zu verwirk lichen. Wenn das Kenuerauge des Königs die Schiffe des deutschen Geschwaders trotz ihrer geringen Anzahl und ihre Mannschaften anerkennend beurteilt habe, io spreche der Kaiser dafür Sr. Majestät den innigsten Dank ans. Der Kaiser sor- dertc zum Schluß die Anwesenden auf, ihre Glliser zu erheben auf das Wohl Sr. Majestät des Königs Eduard VII., gleichzeitig aber auch der K ameraden von der englischen Marine zu gedenken, der jenigen, die beute hier weilten, derjenigen, mit denen wir v o r Peking gestanden hüllten und aller der jenigen, deren liebenswürdige Gastfreundschaft wir an so vielen Punkten der Erde genossen hätten. Le. Majestät der König Eduard VII. hipp hipp Hurra! König E d uard erwiderte iu deutscher Sprache, daß die Worte des .Kaisers ihn tiei gerührt hätten. Er kenne das Interesse: das de»- Kaiser der euglgllfdit Marine leit jeher genommen habe. Er siä überzeugt, die deutsche Marine werde durch das Interesse und die Kennt nisse des Kaisers immer hervorragender werden. Er fei ferner davon überzeugt und es sei sein Wunsch, daß d i e beiden Flotten i in ni e r iu frenudschaft- l i ch e m D e r h ä l t n i s st e h e n und daß sic immer er freut sein würden, sich zn seben und sich zn begrüßen, in welchen: Lande es auch sei. Er danke den: Prinzen Hein rich für das schöne Diner und habe sich sehr gefreut, so viele distinguierte Admirale und Offiziere zu sehen. Er wünsche nochmals, seinen Dank zu bezeugen nir die Gast freundschaft, die ihm hier geboten worden sei und denen, die mit ihm gekommen wären; sein Aufenthalt hier werde ihm immer in bester Erinnerung bleiben. Er kehre zurück mit den angenehmsten Eindrücken. „Ich trinke ans das Wohl Sr. Majestät des Kaisers, mit dem mich innige Freundschaft verbindet, seit wir uns kennen. Se. Majestät der Kaiser lebe hoch!" Der Hutttand Ser Herero. Dar Kesseltreiben gegen -ie Herero. Nack einem Bericht des Hauptmanns Dannbauer im „B. LA." scheint das Ausbrechen der Herero ostwärts jetzt tatsächlich verhindert zu sein, da Major v. Estorfs von Okokonbuso direkt durch die Durststrecke nordwärts mar schierte und ohne Kampf in Osondu und Karupuka anlangte. Major von ter Hevde besetzte Okosonvulo. Major von Glase napp ist im Borrücken aus Otamise. Die KomvaHnie Winkler fand den ganzen Osten und Norden des Bezirks Gobabis bis zum Eiseb bei einem großen Patrouillenritt vom Feinde völlig frei. Als dabei Oberleutnant v. Winkler Staubwolken bemerkte, ritt erbraus zu und sah sich ter auf Okoiwndusu vormarschierenden Abteilung Hey d e gegenüber, welcher er sodann zngeteilt wurde. ver ru55irch.jayanir<de Krieg. Nachrichten ar^s -cm russischen Hauptquartier. Tie „Russische Tclegraphen-Agentur" meldet aus Ligujgug vom 28. Juni: General K uropatki u erließ einen Befehl an die Armee, die gefallenen oder gefangenen Japaner mit Ach tung zn behandeln, wie sic einen: tapferen Gegner zu kommt, den gefallenen Soldaten die militärischen Ehren zn erweisen und für die Verwundeten so zu sorgen, wie wenn es sich nm Russen handele. Dieser Befehl sollte als Antwort dienen aus die ausgezeichneteBe Hand» lung, die die verwundeten Russen in ja panischen Hospitälern gesunden haben. Leider treifen in jüngster Zeit Berichte über rohe Be- Handlungen, Torturen und Verstümmelungen ein, denen verwundete Rusten ausgesetzt sind. Das „Armeeblatt" teilt mit: Am 21. Juni seien bei Saimedsi die ver stümmelten Leichen zweier Tirailleurs anfgesunden wor den. Tas Blatt führt dann mehrere ähnliche Tat sachen an, nach denen selbst Offiziere unter der Behand lung zn leiden hätten und fügt hinzu, der Armeevcrtretcr glaubte, daß die erwähnten Torturen von Chinesen, nicht von Japanern vorgenominen wurden, nun aber stellte sich heraus, daß die japanischen Soldaten von den Vorgesetzten nicht daran gebindert vvdp» nnd sich in keiner Weste vou 'den alten barbariichcn Völkerschasten Asiens unter scheiden. Der Oberbefehlshaber verlieh dem Unteroffizier Wol- koff das Georgs kreuz, weil es ihm, da er der chinesischen Sprache mächtig ist gelang, als Chinese ver kleidet nach Lanjntchen in das Lager der Japaner zn dringen und ausznknndschaften. Er erstattete dann seinem Besi'blsiiaber Bericht. Er gelangte in einen von Japanern besetzten Ort und stieß auf eine japanische, 13 Mann starke Patrouille, die über die Stellungen der russischen Streitkräfte Erkundigungen einzog. Man schöpfte alsdann Verdacht. Wolkcstf wurde einem Verhör unterworfen: er erschoß dann mit seinem Revolver mehrere Manu nud entkam auf einem japanischen Pferde. Es bat sich heransgcstellt, daß die japanischen G esck) ütze eine tür > ere Tragweite haben, als die russischen. Die Japaner bedienen sich noch immer solcher Granaten, die bei ihrer Erplosion giftige G a s e ansströmen, die durch internationales Ueberein- kommen verboten sind. Nnssiscke Verstärkungen Das erste Armeekorps geht demnächst nach den: Kriegsschauplatz ab, darunter auch das Wiborgsche Regiment, dessen Ebes Kaiser Wilhelm ist. Das zehnte Armeekorps ist bald vollständig an seinem Bestim» Feuilleton. H Die Entgleisten. Roman von Caroline Deutsch. Nachdruck verbalen. „Es wundert mich", sprach Bethlen, „daß meinem Vater verborgen bleiben konnte, was fremde Menschen wissen." „Das wäre nicht so unerklärlich", meinte der Pfarrer. „Der Graf war viele Jahre außer Landes, dann hatte ec eine Zeitlang in tiefster Abgeschlossenheit auf seinen Gütern in: Süden des Landes gewohnt. Als er vor drei Jahren nach Turdova kam, hatte keiner Mut, an die alte Geschichte zu rühren. Es wissen überhaupt nur zwei Menschen von dem Tode der Gräfin Lavadi", schloß der geistliche Herr, Frau von Torma und ich." Ten jungen Offizier erfüllte ein brennendes Ver langen, auch etwas über Baron Torma zu erfahren. Seine Mutter war so bald schon gestorben, wo war er aber geblieben? . . . was war mit ihm geschehen? . . . Es war ihm aber unmöglich, den Nanicn jenes Mannes auszusprechen. Einige Zeit später verabschiedete sich Petrov und nahm Bethlen das Versprechen ab, so bald wie möglich den Besuch im Pfarrhause zu erwidern. Der junge Mann gab das Versprechen gern, der geistliche Herr gefiel ihn:: er teilte ihm mit, daß er in Turdova zu bleiben ge denke, und bat ihn, die wohlwollende Gesinnung, die er in der Jugendzeit für seinen Vater empfunden, jetzt auf ihn, den Sohn, zu übertragen. VI. Schloß Torma lag am äußersten Ende von Turdova, auf einer sanft aufstcigcnden Anhöhe, die mit uralten Bäumen und Ziersträuchern besetzt war. Breit und massig schimmerte cs in seiner hellgctöntcn Farbe, den blitzenden Fensterreihen und den vielen Nebengebäuden durch die kahlen Bäume auf die Ortsstrahe herunter, die dicht dabei vorbeiliof. Auf der anderen Seite der Straße dehnte sich ein Westes Tal, das ein Fluß durchschnitt und dessen äußersten Saum auf einer Seite waldige Höhen krönten. Eine Dampfsägerei mit riesigen Schloten erhob sich darauf und das Tal selber glich einem gefällten Wald mit seinen lagernden Baumstämmen, seinen zahllosen Stapeln von Brettern, von Schindeln und Klaftern Holz. Ueber den Fluß führte eine gut gebaute Brücke, und auf dieser zog jetzt Schlitten an Schlitten mit Brennholz beladen zur nahen Station, und noch immer kamen neue heran, die gefüllt wurden. Unter den arbeitenden Männern bewegte sich eine einzelne, hochgcwachsenc Frau; sie trug ein langes, eng- anliegendes Pelzjackctt, eine kleine Pelzmütze lag auf den: lcichtergrauten Haar, und ihre klare, feste Stimme klang wie ein Kommandoruf bald da, bald dort. Seit Stunden hatte man heiß gearbeitet, nun war man fertig, der letzte Schlitten geschichtet. Die Dame, nachdem sie noch einige Befehle gegeben, wandte sich der Sägemühle zu, um auch da noch einige Anordnungen zu treffen. Da schlug von einer Richtung her ein wüstes Ge schrei an ihr Ohr. Da kam auch schon der Inspektor mit raschen Schritten auf sic zu. „Was gibt's denn?" fragte sie. „Der Mathes und Miska sind wieder aneinander ge raten und nicht zu trennen, gnädige Frau!" Mit raschen Schritten ging Frau von Torma der be zeichneten Stelle zu. Dicht vor der Brücke stieß und drängte sich der Menschenknäuel, und jetzt waren es nicht mehr zwei, die sich schlugen, sondern mehrere. „Was geht hier vor?" fragte ihre strenge Stimme. Die Umstehenden machten Fran von Torma ehrerbietig Platz und sie trat mitten unter die Streitenden. „Ich frage, was hier vorgeht?" wiederholte sie zornig. Die Ringenden hielten inne, die auf dem Boden lagen, erhoben sich, hier nnd da wurde ein Spenser, eine Mütze wieder zurecht geschoben. „Wir wollten den Mathes und den Miska auseinander bringen, großmächtige Frau", wagte endlich ein Arbeiter zu erklären. „Und da seid Ihr Euch selber dabei in die Haare ge fahren. Ihr seid mir schöne Friedensstifter! Jetzt aber an die Arbeit, sag' ich! Wenn das Holz nicht zur rechten Zeit auf der Station ist, damit es verladen wird, wird cs Euch von: Wochenlohn abgezogen. Ihr wißt, ich pflege mein Wort zu halten", sagte die Gutsherrin. Tie Männer gingen zu den Schlitten zurück, einer rascher, einer langsamer, der eine mit einem verlegenen, der andere nut freieren: Blick; aber sic gehorchten schweigend, ohne zu murren oder zu trotzen. Nur die beiden Urheber des Streites standen noch mitten auf dem Platze. „Was habt Ihr miteinander?" fragte Frau von Torma. Matbes Ivar der größere nnd stärkere Bursch; er hielt den Gegner an der Brust gepackt, schüttelte ihn heftig und hageldicht fielen die Schläge. „Er sagt, ich hätt' das Holz gestohlen", preßte er zwischen den Zähnen hervor, indem er einen Augenblick innehielt. „Erst laß ihn los, dann wollen wir darüber reden!' betakst Fran von Torma. Der Bursche gehorchte; bevor er es aber tat, gab er den: Freigewordenen einen Stoß, daß er eine Strecke weil flog. ,',Dies zuletzt für deine Lügengoschen!" rief er ihn: nach. „Hast du noch niemals Holz entwendet, Matbes?" fragte sic, nnd ihre grauen Augen ruhten mit einem festen Blick ans seinen: Gesicht. „Tas .... das kann ich nit sagen .... hie und da Kleinigkeiten . . . wie's die anderen, wie's die meisten tun", stotterte der Bursche. „Wer aber so etwas getan, hat nicht das Recht, gleich mit Schlägen bei der Hand zu sein, der muß sich schon eine Anspielung, einen Verdacht gefallen lassen." „Ich bin's aber diesmal nicht gewesen!" beharrte Mathes, „überhaupt schon lange nicht! Seit einen: Jahr, da der Vater verunglückt und die großmächtige Frau so überaus gut zu meiner Mutter und meinen kleinen Ge schwistern gewesen ist, hab' ich nicht die kleinste Sach' wieder angerührt." „Es ist gut, ich glanb's dir!" sagte die Gulshcrrin freundlicher. „Ta der Wächter erkrankt ist, übernimmst du vorläufig die Nachtwache am Holzlager. Jetzt sieh zu, daß der Platz wieder in Ordnung kommt! Du aber", wandte sie sich an Miska, der sich mühselig vom Boden er hoben hatte, „wenn du noch einmal Streit suchst, bist du entlassen! Raufbolde kann ich hier nicht gebrauchen. ' Als sic mit dem Inspektor wieder zur Mühle zurück ging, fragte sie ihn, was die Zwei denn immer mit- einander hätten. „DaS alte Lied", meinte dieser. „Sic bewerben sich beide nm die schöne Katinka, des Angebers Tochter. Mi-sta, der Wohlbabendere, wird von den Eltern, Malbes, der önibü-berc, von der Tochter bevorzugt. Da aber das Mädchen doch die Ausschlaggebende ist, möchte Miska den glücklichen Nebenbuhler mit den Gerieten jn Beziehung bringen, um ihn auf diese Weise unschädlich zu machen." Der dumme Kerl! Er weiß doch, daß ick: in den »nisten Fällen selber meine Angelegenheiten ordne. Und was den Mathes betrstst, so ist er anstelliger nnd zuver- lässiger als die anderen." Tas ist er", gab der Inspektor zn, „aber siebten tun sie alle! ^ie haben s ja gehört, gnädige Frau . . . Kleinigkeiten!"
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