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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.06.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-06-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040630020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904063002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904063002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-06
- Tag1904-06-30
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Amtsblatt des Aönigttchm Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Aales und -es Volizeiarntes der Ltadt Leipzig. «ettame» Mlttr dem Rrdaktionsstrtch tägrspatt«) 7S »ach den Ffmiliemmch. richte» (6 gespalten) SV Tabellarischer >md Zifteriyatz entsprechend höher. — Gebühr« für Na lnoetsungen und Offerteulmnahm« 25 Uxtra-Vetlngen tgetalB, »ur mit der Morgen-Ausgabe, an»« Postdchürderung 60.— mit Postbefürderuag 70.—. «»»»tzmefchdch ttnr Angetan, »bend-AuSgab« varmtttogs 10 Uhr, Morgen-Ausgab«: nachmttügs 4 Uhr. Lu zeigen find stets an die Expedition z» richt«. Die Erpedttiou ist wochenwgS uuuuterbroch« geöffnet von früh 8 bi» abend« 7 Uhr. Druck nud «erlag von E. Valz 1» Leipzig (Inh. vr. B„R. ch W. Liinkhardt). Nr. 329. Var wicdtigrle vsm Lage. " König Eduard trat heute, früh kur,) nach 6N Uhr die Rückfahrt an Bord der Jacht „Victoria and Albert" an. die von einem Torpedobootszerstörer be gleitet war. Die übrigen S isfe des englischen Ge schwaders waren nachts in den Kanal eingelaufen. * Der d eutsche Journalisten- und S chrift- stellertag wurde gestern in Graz eröffnet. (S. Aus aller Welt.) ' Die Tibetaner haben, wie aus Gyangtsc ge meldet wird, um einen Waffen st ill st and während -er Unterhandlungen gebeten. Hilf <lem Wege rum Iskiegrrchauplatre. Don unserem eigenen Kriegsberichter- statter . der übrigens zur Zeit inSoeul angekommen sein dürfte, wird uns geschrieben: Aokohama, Mitte Mai 1904. Als ich am 16. Februar des Jahres von Dresden aus südwärts reiste, trat ich meine dritte Ausreise nach Ost- asien an. Ursprünglich war es meine Absicht nicht, wiederum den Weg über Suez zu wählen. Das Billett, das mich auf der transsibirischen Bahn nach dem fernen Osten entführen sollte, war in Moskau bereits telegra- phisch bestellt. Meine Vorbereitungen für die Ausreise datierten schon vom November des vergangenen Jahres her, und ich glaube einer der wenigen in Deutschland ge- wesen zu sein, die bereits seit Monaten den Kneg vor aussagten und zur Entsendung von Kriegskorresponden ten rieten. Wer will es aber den deutschen Zeitungen verdenke »Amn sie ans den Prediger in der Wüste nicht hörten, da doch-sie offiziös? deutsche Presse noch bis zum Augenblick der Kriegserklärung fest und steif behauptete, es sei an Krieg gar nicht zu denken? Es ist also jeden- falls nicht meine Schuld, daß ich schließlich doch noch den Anschluß verpaßte, daß die transsibirische Bahn, mit der ich noch vor Torschluß durchzuschlüpfen gedachte, für den privaten Passagierverkehr sich schloß, und daß ich wider meinen Willen gezwungen wurde, den Weg über den Süden zu wählen. Unter den Folgen dieser Tatsachen leide ich heute noch. Denn bis zum heutigen Tage hatte ich meinen Ehrgeiz darin gesucht, mit meiner Bericht erstattung nicht eher zu beginnen, als bis ich auf dem Kriegsschauplätze selbst angelangt wäre. Die Vertretung der Interessen der deutschen Presse durch die deutsche Gesandtschaft und die passive Opposition der japanischen Behörden gegen die Kriegs- berichterstattung überhaupt, der gegenüber die Behänd- lung der Presse Rußland noch goldig sein dürfte, hat mich bisher noch iffcht in die Lage versetzt, zur Front gehen zu können, obgleich ich längst im Besitz der offiziellen Er- DonnerStag den 30. Juni 1904. 98. Jahrgang. laubnis bin, den Operationen der japanischen A.mee zu folgen, eine Erlaubnis, deren Erlangung ebenfalls schon eine kleine Herkules - Arbeit war. Heute aber hat mein Ehrgeiz im Widerstreit mit der Pflicht, doch einmal ein Lebenszeichen von mir zu geben, eine absolute Niederlage erlitten, und somit bitte ich denn meine verehrten Leser von vornherein um geneigte Nachsicht, wenn ich mich in die Notwendigkeit versetzt sehe, sie heute noch mit einigen Allgemeinplätzen über die schöne Reise nach Japan zu langweilen. Mögen sie sich damit trösten, daß es mir selbst nicht weniger lang- weilig ist, darüber zu berichten, wie ihnen, meinen Bericht zu lesen. Außerdem gebe ich hiermit mein heiliges Ver sprechen, daß selbst mir bald meine schon längst asiatisch auSgeweitete Geduld reißen soll, und dann wird es etwas interessanter werden —' hoffentlich! Die Enttäuschungen vor meiner Abreise wurden da- durch etwas ausgeglichen, daß der Generaldirektor der Hamburg-Amerika-Linie, Herr Ballin, die Güte hatte, mir die Benutzung des nächsten nach Ostasien fälligen Dampfers der Linie, „Artemisia", freizustellen, und mich überdies als Gall der Linie behandelte, eine Generosität, die natürlich nicht meiner Person, sondern der deutschen Presse galt, und für die an dieser Stelle herzlichster Dank ausgesprochen sei! Das Entgegenkommen des Herrn Generaldirektor Ballin war mir insofern von ganz be sonderem Werte, als der nächstfällige deutsche Postdampfer für mich nicht mehr erreichbar war. Die „Artemisia", nebenbei bemerkt ein schöner großer Frachtdampfer von nahezu 8000 Tonnen und 14 Meilen Geschwindigkeit, konnte ich noch antreffen, wenn ich den nächstfälligen Dampfer des Ocsterreichischen Lloyd in Triest wählte, diesen bis Alexandrien benutzte, und von Alexandrien aus nach Port Said reiste, um dort die „Artemisia", die direkt von Rotterdam kam, zu erwarten. Die Reise auf der ..Cleopatra" vom' Oest"rreich??chen Lloyd wurd/ inso fern über Erwarten zu einem angenehmen Ereignis, als ich an Bord eine große Anzahl deutscher Landsleute an traf, vor allen Dingen Berliner, die sich nach Aegypten eingeschifft hatten, um dort den Unbilden eines deutschen Februar und März aus dem Wege zu gehen. Die Dampfer des Ocsterreichischen Lloyd sind recht bequem und komfortabel eingerichtet. Indessen ist die Verpfle gung mehr denn mangelhaft. Bis Alexandrien mußten wir zu dem Kaffee, gegen den der Berliner Wirtinnen kaffee noch feinster Mokka ist, ausgctrocknete Brödchen kauen, die bei der Abreise aus Triest einmal frisch ge wesen waren, und die Milch, die man bekam, war ver mutlich vom Proviantmeister nur deshalb ausgegeben worden, damit die Fahrgäste sich gleich am Morgen den Appetit so verdarben, daß sie auch den Tag über nicht allzuviel mehr aßen. Der Mangel einer Konkurr^nzlinie macht sich hier recht ärgerlich bemerkbar. Eine wahre Wohltat war es, als auf dem kleinen ita lienischen Dampfer „Bosforo" der Rubattino-Linie, der mich von Alexandrien nach Port Said brachte, das Diner aufgetragen wurde. An dem Abend habe ich mich wieder einmal seit längerer Zeit satt gegessen. In Port Said hatte ich einige Tage Aufenthalt, hinreichend, um die ge- sindclreiche Lagunenstadt von vorn bis hinten, von rechts nach links, und soweit das möglich war, auch in den Diagonalen zu durchstreifen, bei welcher Gelegenheit ich übrioens die Prinzessin Chimay und Rigo aufstöberte, die seit einigen Wochen in Port Said wohnten, weil der Khedive ihnen den Aufenthalt in Kairo untersagt hatte. Einige ägyptische Prinzen und Hofleute hatten sich bei früheren Besuchen der Prinzessin in dieses Ideal weib- licher Schönheit allzu sterblich verliebt, einer sogar so sterblich, daß er all sein Geld an sie und sich selbst dann an einen Nagel hängte. Als die Prinzessin in Port Said ankam, trug sie rotes Haar. Offenbar wirkte aber der schwarze Erdteil so auf dieses ein, daß es alsbald schwarz wurde. Wie die otu-ouigns sorruckLlouss von Port Said behauptete, sollte das häusliche Budget gegenwärtig nicht sonderlich hoch sein, was indessen Rigo nicht hinderte, täglich des Morgens im Savoy-Hotel an der Bar in Ge sellschaft einiger lärmender eommis vo^sxeurs seinen Morgentrunk zu nehmen. Wesentlich interessanter als dieses Demimondepärchen war es mir allerdings zu sehen, wie das vor einigen Jahren in Port Said errichtete deutsche Kohlendepot sich eingeführt hat. Dieses Institut wurde seinerzeit gemeinsani von einigen deutschen Kohlen werken und Schiffahrtsgesellschaften ins Leben gerufen Die englische und die französische Presse verfehlte damals nicht, die allgemeine Aufmerksamkeit auf diese Gründung hinzulenken, die angeblich in erster Linie politischen Zwecken dienen sollte. Allmählich hat man sich aber doch daran gewöhnt, in ihr nichts anderes zu suchen als das. was sie ist, nämlich eine rein kommerziellen Zwecken dienende Unternehmung, die als solche einen wichtigen Platz im Handel von Port Said' einnimmt und durch f .-^atlrästigea Leiter, Herrn Eoyurdt, auch nocn eitrige Erweiterungen erfahren bat, die dem deutschen Geschäft zu gute kommen: so ist namentlich die Lagerung und Spe dition von Gütern neu ausgenommen worden, die Port Said als Umschlaghafen benutzen müssen. Hier hörte man auch zuerst wieder etwas von Krieg und Kriegsgeschrci. Ein russisches Torpedoboot hatte im Roten Meer verschiedene englische .Handelsschiffe ange halten und auf Kriegskontrcbande untersucht — natürlich resultatlos. Denn diejenigen Schiffe, die in der Tat Kriegskontrebande führten, hätten in ihren Papieren ge wiß nicht stehen, daß diese für einen der japanischen Häfen bestimmt war. Einige Tage später erlebten wir denn auch das Schauspiel, das ganze russische Geschwader an den Fenstern unseres Hotels auf dem Wege nach dem Mittel meer vorbeiziehen zu sehen. Ebenso kehrten zwei russi sche Handelsschiffe, die längere Zeit in Dschibuti gelegen hatten, durch den Kanal nach Odessa zurück. Uebrigens schwuren in Port Said ebenso wie in den späteren Häfen, außer den Engländern, alle auf die russi schen Waffen. Die Reise an Bord der „Artemisia" bot wenig Ab wechselung. Die Freude, die mir durch das Vermeiden des kümmerlichen Felsynnestes Aden bereitet wurde, erlitt eine Einbuße dadurch, daß wir auch da- liebliche Ceylon links liegen ließen und erst bei Puls Penang wieder Anker warfen. In einer Tour von Port Said nach Penang! Eine tüchtige Strecke! Aber mir war die lange, ununter brochene Fahrt trotz des allmählich an die Reihe kommen den Salzfleisches doch nicht unwillkommen, weil ich die Ruhe des großen Frachters und die durch keine äußeren Ereignisse gestörte Arbeitsmuße ausnutzen wollte, um die wissenschaftlichen Ergebnisse meiner letzten Reise in Ma rokko aufzuarbeiten. Der Nordostpassat, der uns auf der ganzen Strecke Kühlung brachte, verscheuchte die über- flüssigen Grade der Tropenhitze, die wir erst in Penang wieder zu fühlen bekamen. Hier war gerade ein Reuter- Telegramm eingetroffen, demzufolge Port Arthur von den Japanern von der Landseite genommen sein sollte. Aus Freude darüber veranstalteten die Engländer der Kolonie ein Festessen, bei dem es hoch herging. Als sie indessen am andern Morgen mit einem Katzenjammer auf wachten, wär gerade eine zweite Depesche eingetroffen, die meldete, der japanische Sieg sei gar nicht wahr. Dadurch soll der Katzenjammer nicht besser geworden sein. Hongkong war der erste Hafen, der schon wieder etwas mehr für den Krieg interessiert war. Der Schiffsverkehr zwischen hier und Japan erfuhr durch ihn insofern eine Erweiterung, als erstens einmal Japan sehr bedeutende Mengen von Proviant, sonderlich Reis, aufgekauft hat, und als zweitens dieser Reis mit beschleunigter Fahrt und zu erhöhten Frachten verschifft wurde. Kriege find ja stets Anlaß zu großen Spekulationen gewesen, und in Japan sollen namentlich auch die Herren Armee lieferanten sehr heftig die Hand mit im Spiele gehabt Huben, um e» o»liu Kriege gu trelven. Eingeweihte Per sönlichkeiten gaben mir interessante Schilderungen von Einzelheiten. Danach sollen eine Reihe von großen Liefe ranten allmählich die ganze öffentliche Meinung auf gestachelt haben, die Presse gewonnen, die Parlamentarier gewonnen, und das zumeist auf eine Art und Weise, bei der diese selbst es kaum merkten, wie sie eingewickelt wur- den, bis schließlich der Krieg da war. Einigen Speku lanten hat die Kriegssteuer einen recht unwillkommenen Streich gespielt. Große Ladungen waren unterwegs, auf die die Kriegsstcuer noch nicht einkalkuliert war. Dennoch gelang es einer Reihe von Empfängern, dem Staate ein Schnippchen zu schlagen. Sie telegraphierten nach Hongkong, man solle die Ladungen mit Volldampf nach einem Hafen auf Formosa bringen, wo man noch vor dem Termin eintreffen müsse, an dem die Kriegssteuer einsetzte. Man solle die Waren dort löschen, könne sie aber sofort wieder einladen und nach .Japan bringen. Für die Mehr kosten kämen sic auf. So geschah es auch. Die Waren kamen nun nicht mehr von Hongkong oder sonst woher aus dem Auslande, bezahlten vielmehr in Formosa noch Feuilleton. Die Entgleisten. Roman von Caroline Deutsch. ,, Nachdruck verbalen. Der geistliche Herr war ebenfalls schon im Besitze der Nachricht. Andreas war, bevor er das Priesterseminar bezog, lange Jahre sein Schüler gewesen, hatte stets im Briefwechsel mit dem Lehrer gestanden, und so hatte er ihm von der Versetzung auch umgehend Mitteilung ge macht, und fast zu gleicher Zeit war Petrov auch vom Domkapitel Nachricht geworden. Man begrüßte sich und beglückwünschte sich gegenseitig und besprach noch einmal die Angelegenheit, dann sagte ihm Frau von Torma: Marischka meine, man habe ihm die Freude zu verdanken, er habe sie heimlich damit über raschen wollen. „Da bin ich wahrlich ganz unschuldig daran!" be teuerte Petrov. „Eber ist's die Folge ihrer jüugsten schönen Schenkung an das Seminar, verehrte Frau! Die Herren wollten sich erkenntlich zeigen, wozu sie auch alle Ursache haben. Und vielleicht war's auch nebenbei so ein feiner Wink für die Zukunft. . . ." Er läck-clte behag- lich, nahm eine Prise und fügte dann nach einer Pause leiser und auch ernster hinzu: „Sie wissen, verehrte Freundin, daß ich in dieser Sache nichts tun konnte. . . ." Sie nickte ihm zu. Und als Marischka hinausging, um Erfrischungen zu holen, sagte sie: „Sie allein kennen die Gründe, die mich veranlaßten, Andreas vom Gause fern zu halten, so lange Graf Viktor hier wieder lebte." - „Ihre Furcht ging zu weit und Sie haben sich und Andreas unnütze Opfer auferlegt." „Andreas sieht seinem Vater so ähnlich.... Sie haben aber recht, Hochwürden, es lvar auch keine Furcht. . . Es wäre für mein Gefühl unerträglich gewesen, wenn diese zwei Menschen auf diesem Fleckchen Erde hier zu sammengekommen wären." — Marischka kam herein und unterbrach das Gespräch. Später beim Nachtmahl erzählte der alte Pfarrer von seinem Besuche bei Bethlen Lavadi. Er fand aufmerk same Zuhörerinnen, besonders an Marischka. Und das war nur natürlich. Die Anwesenheit eines Offiziers war ein Ereignis in dem kleinen Orte, und wie sie hörte, war er jung, schmuck und stattlich. Sie hatte ihn nur im Vorübergehen beim Leichenbegängnisse gesehen. Aber auch vor den Leuten hatte er sich nicht wieder gezeigt, und wenn man nicht durch den alten Janzsi von seiner An wesenheit wüßte, hätte man annehmen müssen, er sei wieder abgereist. „Was trieb er aber in seinem unwirtlichen Schlosse, so vereinsamt, so abgeschlossen von aller Welt?!" — Der Pfarrer berichtete von dem Eindruck, den cs auf ihn gemacht, den jungen, eleganten Mann in der ärm lichen, verwahrlosten Umgebung zu sehen, erfüllt von einem großen, ehrlichen Schmerze. „Und denken Sie, er hat die Absicht, hier zu bleiben!" schloß der geistliche Herr. „Er hat es mir wenigstens gesagt." „Ein Offizier, der gewöhnt ist, groß zu leben, kann auch ohne Zulage nicht auskommen", sagte die Guts herrin. „Meinen Sie denn, daß fein Vater in der Lage war, ihm in den letzten Jahren welche zu gewähren?" „Er hat ja verkauft und verpfändet, was sich nur ver äußern ließ, zuletzt das ganze Schloßmobiliar, und seine unglückliche Neigung hat nicht so viel gekostet. Ich weiß es übrigens ans einer Aeußerung des alten Dieners. „Unser junger Graf braucht immer Geld", sagte er mir einmal in einer verzweiflungsvollen Stunde, „und mein armer Herr gibt, so lange noch ein Zisgel auf dem Dache ist." „Was will er aber hier beginnen?" fragte der Pfarrer. „Die paar verwahrlosten Felder bewirtschaften, die ihm noch geblieben sind? Das wäre wahrlich ein hartes und vergebliches Bemühen!" „Kein vergebliches", meinte sie ruhig. „Mit Fleiß und gutem Willen ließe sich trotz allem noch etwas daraus machen." Charlottes graue Augen belebten sich, als sähe sic alle die Schwierigkeiten vor sich und auch die Mittel, sie zu bekämpfen. „Natürlich, einen Erfolg würden erst die Jahre bringen, aber den einfachen Bedarf eines einzelnen Mannes würde es sehr bald decken." „Aber etwas Geld müßte doch vorhanden sein", warf Petrov ein. „Ohne dieses läßt sich doch nichts anfangen." „Wenn der junge Mann wirklich die Absicht hat, hier zu bleiben", sagte Frau von Torma nach einem Nach denken, „so würde ich ihm gern einen Teil seines Parkes abkaufen. Dieser ist groß und ausgedehnt und für ihn ohne viel Nutzen." „Es fehlt Ihnen wohl an Grund und Boden?" fragte der geistliche Herr lächelnd. „Grund und Boden kann ich immer verwerten. Vielleicht baue ich dort eine Zuckerfabrik." „ES fehlt Ihnen >vohl auch noch an Arbeit?" meinte der Pfarrer mit demselben läcl-elnden Ausdruck. „Marischka ist erwachsen, es findet sich bald ein Mann für sie, dann haben wir eine Hülfskraft mehr." Marischka, die bis jetzt still zugehört, wehrte nun heiter ab: aus ihren braunen Augen blitzte der Schalk. „Du liebe, kluge Mutter! Sag' mir doch, wo find' ich hier einen, in den ich mich verlieben könnte? Wie ich gehört habe, soll dies immer vorausgehen, überhaupt ein sehr wichtiger Punkt dabei sein... „Es gibt in der Gegend junge, annehmbare Männer genüg", versetzte die Pflegemutter, halb ernst, halb scherzend. „Wenn es aber nichts damit sein sollte, so ver schreiben wir einen von auswärts." „Wir haben hier in Tnrdova den Doktor und Apo- theker", warf der Pfarrer in munterer Laune ein. ..Wie wär's mit diesen?" Marischka verzog den Mund, die Grübchen in ihren Wangen vertieften sich. „Tut mir leid, hochwürdiger Herr! .... Trotz der besonderen Empfehlung! .... Ich wünsche den beiden Herren jedes erdenkliche Glück bei allen anderen Mädchen!" „Dn scheinst ja sehr wählerisch zu sein, Marischka!" meinte die Pflegemutter und klopfte ihr die Wange. „Na, wie muß denn der sein, den du lieb haben könntest? Beichte!" „Wie?" — Marischka lehnte sich zurück und faltete die Hände im Schoß. „Groß und stark muß er sein, daß ich zu ihm aufschau, und so klug wie stark, und so gut wie klug, dabei fröhlichen Herzens." „Also so eine Art Sonnengott", scherzte der Pfarrer. „Nein, nur ein lieber Mensch." Damit ging Marischka aus dem Zimmer, um für den hochwürdigen Herrn eigen händig eine Tasse Kaffee zu bereiten. Frau Charlotte und der Pfarrer setzten sich zu einer Partie Schach nieder. Sie liebten beide das Spiel und für die Gutsherrin war es nach der Tagesarbeit eine Er holung. Aber sic, der sonst stärkere Teil, war heute nicht ganz bei der Sache und erlitt bald auf allen Linien des Schlachtfeldes Niederlage auf Niederlage. „Sie mack-en es mir beut' gar leicht, darum kann keme Siegesfreudc in mir aufkommen", sagte der Pfarrer, aber sein rnndeS, strahlendes Gesicht widersprach seinen Worten. Sie legte ihm die Hand auf den Arni. „Wir haben etwas nickt bedacht, mein Freund .... ich hab' zu ver hindern gewußt, daß Andreas init dem alten Grafen zusammentraf.... wie wird es werden, wenn sein Sohn hier bleibt? Wenn Andreas Kummer daraus erwächst?" „Sie geben wirklich zu »veil und quälen sich unnützer weise", versetzte Petrov. .Was befürchten Sie eigentlich? Lassen Sic doch in Gottesnamen die beiden Menschen zu sammenkommen! Nur wcltlictx? Interessen rufen Kon flikte hervor. Der Priester Andreas steht weit ab von
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