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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.12.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-12-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19041202018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904120201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904120201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-12
- Tag1904-12-02
- Monat1904-12
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BezugS-PretS 1» der Han-trxpeditto» oder bereu AusgaL»- slellr» abq.holt: vierteljährlich 3.—, bei zweimaliger täglicher Z»st«tt»»g in» Hau» 3.7b. Durch die Post bezog« für Deutsch, land u. Oesterreich vierteljährlich 4L0, für die übrig« Länder laut ZeituugSpreiSliste. Diese Rümmer kostet /I tN L auf allen Bahnhöfen und III 1 bet dru ZeitungK-Berkäufern I* NeVoMo« und Er-edttton: 1LS Fernsprecher W2 Johanuisgasi« 8. Houht-Ailtale Dresden: Marienstraße 34 (Fernsprecher Amt I Nr. 1713). Haupt-Filiale Berlin. LarlD «acker, Herzal-BayrHofbuchbandlgv rützowstraße 10 Eerusprecher Amt VI Nr. 4603): Nr. 613. Morgen-Ausgabe. AGMr.TagMM Anzeiger. Ämtsvlatt öes Königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Nates und des Volizeiamtes der Ltadt Leipzig. Freitag den 2. Dezember 1904. Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 28 Reklamen unter dem Redaktion»slrich (4gespalten) 7Ü nach den Familiennach- richten <6gespalten) bO — Tabellarischer und Ziffernfav werden entsprechend hoher be- rechnet. — Gebühren für Nachweisungen und Ofsertenannahme 25 Annahmeschlutz für Anzeigen: Abeud-Ausgabe: vormittag» 10 Uhr. Morgea-AuSgabe: uachmUtag» 4 Uhr. Anzeige» find stet» an die Expedition zu richten. Extra-Veilagea (nur mit der Morgen. Ausgabe) nach besonderer Vereinbarung. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Paiz in Leipzig (Inh. Or. V., R. L W. Sliukhardt). 98. Jahrgang. Var Aichtigrte vsm Lage. * Ja der Sächsischen Zweiten Kammer erklärte gestern Geh.-Rat Opitz, die Konservativen würden für eine Erhöhung der Zivilliste nicht zu haben sein. Dabei merke wohl, daß die Regierungsvorlage eine Herab setzung der Zivilliste vorschlägt. (S. Parlamentsbericht.) * Im preußischen Abgeordnetenbause entfesselte gestern die Interpellation Cassel über den Berliner Schulstreit eine sehr lebhafte Debatte. (S. Parlaments bericht.) * Die Hochzeit des Großherzog« von Hessen und seiner Braut, der Prinzessin von Solms-HohensolmS-Lich findet erst im Januar oder Februar nächsten Jahres statt. * Ueber die Fahrt des englischen Turbinendampfers „Karolina", der für Rußland nachLibau abgeliefert worden ist, liegt ein amtliches Zeugnis des Präsidenten Löwe vom kaiserlichen Kanalamt in Kiel vor. (S. russ.-jap. Krieg). * Auf Befehl deS Sultans ist in den Dardanellen ein französischer Handelsdampfer angehalten worden, der Explosivstoffe, die angeblich nach Batum bestimmt waren, au»laden muß. (S. ruff.-jap. Krieg.) * Im belgischen und im französischen Kongo sind große Negeraufstände auSgebrochen; 2 Europäer und 14 eingeborene Soldaten wurden niedergemetzelt. (S. letzte Dep.) Der tzianlre starlamenlarirmur. Herr Mar Nordau hat das Wort vom „kranken Parlamentarismus" in der „Neuen Freien Presse" ausgesprochen. Dort steht eine Betrachtung, die er so überschrieb. Nicht als hätte er das Diktum zuerst gewagt. Denn diese Eigen heit, künftige Erkenntnisse verauszuholen, ist dem Wesen des Autors der „Entartung" fremd, man weiß vielmehr von ihm, daß er seinen Nachrichterruhm sich erwarb, in- dem er mit der drohenden Miene eines Großinquisitors die Wahrheiten von gestern säuselte und für alle wider spenstigen Sucher des Neuen, für die ragendsten Geister, die Ibsen, Nietzsche, Tolstoi, die Zwangsjacke forderte. Was der Prediger der Vernunft in feinen Schimpf büchern gegen Unantastbare gefehlt liat, ist schon heute zur Hälfte vergessen, eine Sammlung toter Buchstaben. Uno auch Herrn Nordaus zweites Gefährt, die zionistische Be wegung, wankt nicht mehr von der Stelle, seitdem der Redakteur und hochgestimmte Agitator Tr. Herzl starb, der bei Europas Monarchen für ein neues Judäa bat und auf dem Baseler Kongreß wie ein Fürst geehrt wurde. Herr Nordau begnügt sich demnach mit verstreuten „An sichten", den Titel nachahmend, welchen Lemaitre für seine „opinion»" wählte, und er klagt über die Pariser, die Wiener Parlamentsskandale, über .Herrn SyvetonS „Klitsch-klatsch", über das nicht verwirklichte „Pifffpaff" der im Reichsrat angebotenen Revolverschüsse. Herr Nordau sieht darin keinen Zufall. Er ist überzeugt, daß der Parlamentarismus darniedcrliegt, überzeugt von der Verrohung der Sitten. Hierauf jedoch streckt er unter der Kutte den rationalistischen Pferdefuß hervor, der durch die „Entartung" sein Wahrzeichen wurde. Er hängt nämlich allen Ernstes Herrn Syveton sowohl als auch die undefinierbaren Bielohlaweks der Wiener Ge- meinderatsgesittung dem „Kultus der Persönlichkeit" an die Rockschöße, der ihm schon 'damals ein Scheue! und Greuel war. Diese „angriffslüsterne Rechthaberei", diese „erniedrigte Persönlichkeitsprotzerei" ist nach Herrn Nor dau die Wehemutter der antiparlamentarischen Ausge burten, der Brüllerei und der Obstruktion. Nun ist es unmöglich, den Verfasser der „Entartung" als einen Philosophen zu befehden: den wütenden Seiten sprung auf den Individualismus, dessen ethischen Reich tum er nie verstanden hat, wird man nicht beachten. Ein zig gegenüber dem Soziologen und Historiker ist eine Ver wahrung am Platze, weil sogar in diesem Falle seine dog" matische Unbedingtheit leicht verführt, gewordene staat liche Lebcnsäußerungen zu ewigen Gesetzen zu erheben und die Einsicht in die Mannigfaltigkeit der politischen Biologie zn trüben. Es sclwint gar nicht einmal sicher, ob nicht, außer dem Urteil über die Vorgänge, die Darstel lung der Vorgänge selbst, einseitig, willkürlich, oder sagen wir falsch, ist. Herr Nordau gibt einen längeren Exkurs. Wir erfahren, daß der Parlamentarismus ge- schichtlich aus der Fähigkeit der nordischen Völker, der Fähigkeit freiwilliger Unterordnung unter Gesamtaus gaben, hervorgegangen sei. Er leihe einer Minderheit die Gelegenheit, unter dem Schutz eines Gottesfriedens ihrs Meinung auszndrllcken und zu verteidigen, aber er leihe ihr kein Werkzeug, ihren Willen gegen den der Mehrheit durchzusetzen. Niemand wird leugnen, daß im organi schen Staatsrecht gerade der germanischen Welt diese Tendenzen hervorgebracht worden sind, zumal in der britischen Volksvertretung, welche jener Heinrich, der sich von Ludwig IX. durch einen Schiedsspruch entbinden ließ, „Ido wuck karULment", daS „tolle Parlament", genannt hat. Aber auch wo der deutsche Reichstag als Zentrum unseres nationalen Seins anerkannt wird, wo sein Bestehen mit Genugtuung erfüllt, darf der Satz nicht bestritten werden, daß unter den parlamentarischen Ver sammlungen der fünf Kontinente überflüssige, schädliche und lächerliche vorhanden sind, die den betroffenen Rassen nicht minder schadeten, wie anderwärts die schlimmste Autokratie geschadet hat. Denn Rasse und Klima sind unerbittliche Faktoren: einem braven System zu liebe mag wohl ein metaphysisches Kinderlesebuch sie unter drücken, aber sie wirken nur um so mächtiger. Ter seine, paradoxe Franzose Remy de Gourmont hat einmal ge zeigt, wie seltsam zwischen >dcn parlamentarisch gebildeten Griechen und den barbarisch schweigenden Makedoniern, zwischen den redenden Germanen und Galliern und dem stunrm sie bezwingenden römischen Centurio das Kriegsglück entschieden hat. Nicht notwendig wird überall die parlamentarische Form die kulturkräftigste sein, und zweifellos zählt zu den unwürdigsten politischen Körperschaften jene Teputiertenkammer der dritten Re publik, die Kammer der Rhetoren, die aus der orleanisti- scheu Monarchie als Erbe übrig geblieben ist. Hören wir, was über dieses französische Schwätzerparlament de Gour- monts Spott zu sagen weiß: „Die Regierung der Redner ist die Regierung der Menschen, die nur identen, wenn sie sprechen. Die Rede ist Literatur und, wenn sie durch nach Maß denkende Menschen ausgeübt wird, niedere Litera tur. Sonderbare Welt, in der Richelieu, der nicht beredt ist, in den Kommissionen ein obskures Mandat bekleidet, während Trouillot sich spreizt und Worte macht. Bona parte mit der trockenen Tonart, der für jede Idee je ein Wort hat, wird nicht begriffen: der Saal leert sich. Der wahrhaftige Regierungsmann ist der, der sechs Stunden lang reden kann, um nichts zu sagen." Tas Paradox ist nicht nur nett, sondern es trifft auch ganz außerordent lich die Sache. Es ist nur eine Hypothese, daß der Paria- mentarismus von 1848 der „vollkommene" gewesen sei, daß nicht beim Ende des neunzehnten Jahrhunderts politisch-ökonomische Bedingungen sich herausgeftellt haben, welche die schöne Phrase und die Kategorie der genialischen Redner, der Mirabcau und Jaurds, die don nern und Kolophoniumblitze schwingen, zusammenknick ten. Herr de Gourmont plänkelt sehr mit Recht: „In einer Zeit, wo es so viele Journale gibt, so viele poli tische und soziale Publikationen, ist ein Abgeordneter, der zu Beginn einer Sitzung seine Meinung nicht fertig hat, überhaupt unfähig, etwas zu meinen. Die parlamen tarische Beredsamkeit ist überlebt oder rückschrittlich, ebenso wie die Beredsamkeit vor Gericht und an den Universitäten. Eine Universitätsvorlesung ist Albernheit, wenn sie nicht Laboratoriumsdienst oder experimentelle Demonstration ist." In der Tat haben auch wir in Deutschland nicht sehr routinierte, stolpernde Redner gehabt, die durch die Wucht ihres Gebahrens, vielleicht durch die Bannkraft ihres Auges hundert Satzdrechsler bändigten. Am 10. Februar 1885, zum Beispiel, sagte jemand, schwerfällig, kunstlos, die Worte suchend: „Ich kenne dieses Geschäft auch ziemlich genau aus eigener Erfahrung: ich verkaufe meinem Mühlenpächter das Holz zur Bereitung von Zellulose für 13 weniger 25 Pfg das Raummeter — es wird nach Raummeter ge handelt: Sie haben Fcstmeter genommen, dann kommt der Raummeter statt auf 13 auf etwa 10 in Sachsen." Dieser von akademischen Traditionen freie Redner hieß Fürst Otto von Bismarck. Wie sehr seitdem die Ver legung des deutschen Parlamentarismus aus dem Ple- num in die Arbeitsressorts, aus dem Politischen ins Volkswirtschaftliche zugenommen hat, lehren heute, da Graf Posadowsky der tüchtigste Minister ist, täglich die Debatten. Aber auch in der Vergangenheit hat der Parlamenta rismus Herrn Nordau kaum je den Gefallen getan, so doktrinär zu sein wie er. „Tbe mack I^arlinment", die Körperschaft der Freien und Wehrhaften in England, die er mit Fug rühmt, hat ihre Doktrin erst vor ein paar Jahrhunderten empfangen. Noch fpgt war der Rechtstitel seiner Unabhängigkeit die „jaalousy", der „Argwohn", nicht 'das konstitutionelle „Vertrauen", das erst die theo logische Schule des siebzehnten Jahrhunderts für sie er fand. Kurzatmig, nicht larvgatmig ist die Geschickte der parlamentarischen Terminologie, und selbst beim Unter haus sind sonstige Spuren zu beobachten, Ivie zufällig aus Machtverhältnissen seine Autorität entsprang, Treitschke hat bei einer Gelegenheit über die parlamen tarischen Mehrheiten, die Herr Nordau in die Wolken er höhen möchte, bemerkt: „Ein Mehrheitsbeschluß hat nur da einen vernünftigen Sinn, wo es sich handelt um die Entfaltung einer realen Macht, eines Willens. Tie Mehrheit, weil für sie die Vermutung spricht, sie würde eventuell mit Gewalt ihre Meinung durckffetzen können, also die Mehrheit als physische Macht, hat zu entscheiden. Die Realität der Faust ist der Grund ihrer Herrschaft, trotz aller demokratischen Phrasen. Der Wille der Mehr heit ist der stärkere, folglich konstruiert man ihn als den rechtlichen Willen." Deshalb, weil das zutrifft, ist cs unziemlich, nach irgend einem Machtkonflikt in den Parlamenten in Herrn Nordaus Art sich über eine dem philosophischen Subjek- tivismus zu dankende politische Verrohung zu beschweren. Die Obstruktion ist nicht neuesten, sondern älteren Datums: sie ist nicht bloß in Ländern mit nationalistisch, antisemitischen Fraktionen ausgetreten, wie Herr Nordau wähnt, sondern in den fortschrittlichsten, dem Liberalis- mus geneigtesten. Dasselbe Unterhaus, in dem schon während der fünfziger Jahre Anträge durchgepcitscht, Anträge zur Ueberrumpelung der Widersacher nicht auf die Tagesordnung gesetzt wurden, hat im Jahre 1881 die typische Obstruktion gehabt, auf die alle folgenden sich berufen können. Damals „obstruierten" die Iren 41 Stunden lang, bis am 2. Februar der Sprecher diese un mäßige Sitzung mit Gewalt schloß und eine Abstimmung erzielte. Obstruktionen sind, ie nachdem, eine Heldentat, eine Dummheit oder eine Erbärmlichkeit: und es kommt im übrigen auch darauf an, wie man subjektiv den Fall betrachtet. Herrn Nordau wird jeder glauben, daß den polnischen Reichstag das obstruktionistische „Xie por nulum" zerstört hat: ober cs zerstörte ihn nur, weil der Staat der Slachtizen ein jämmerlicher, von Anfang an morscher Staat war. Tas obstruktionistische Komödian tentum der Kossuthianer werden wir nur als Farce ein schätzen, wir werden es hassen, wie die tschechische Obstruk- tion, weil sie im Namen kulturarmer Rassen den Kultur rang der Deutschen schmälert. Und wir werden die Ob struktion der Deutsch-Oesterrcicher gegen die Regierung des Grafen Badeni loben, weil ihre günstige nationale Nachwirkung bis jetzt nicht verschwunden ist. Wir werden die Elfstundenrede, die der Handelskammersekretär Dr. Lecher in der Nacht vom 28. zum 29. Oktober hielt, wegen ihrer inneren Bedeutung verteidigen, im Gegensatz etiva zu der Reichstagsobstruktion gegen den Zolltarif und zu der Nachtrede des Herrn Antrick. Wird jemals die österreichische Obstruktion so stark, 'daß ihr An prall das Gebäude der habsburgischen Politik lockert, dann ist nicht die „Entartung" der verrohten Gemüter die Ursache, sondern die geschichtliche Not, die, dem Togma zum Trotz, parlamentarische Republiken wie künstliche Monarchien zerreißen wird, vielleicht auch über das Prinzip des Parlamentarismus hinweg. ver r«§5i§ch.sapani5cbe Weg. Die russische Flotte. Die „Nowoje Wremja" bespricht die Schwierigkeiten, mit denen die Baltische Flotte auf der Reise zu kämpfen haben wird, und bemerkt, wie wir den „H. N." entnehmen: „Da Port Arthur dem Ersten Geschwader bis zum Ein treffen des Zweiten keinen sicheren Ankerplatz gewähren konnte, so mußte es offenbar einen anderen, sichereren Hafen — Wladi wostok — aufsuchen oder, falls die Japaner dieses energisch ver hinderten, mit Verzweiflung, bis zur letzten Kanone und dem letzten Geschoß, kämpfen, um wenigstens in seinem Untergange die japanische Flotte so zu schwächen, daß dem Zweiten Geschwader die Möglichkeit gesichert war, die Seeherrschaft zu erringen. Dieses ist aber nicht geschehen. Warum es nicht geschah, wollen wir jetzt nicht untersuchen, es ist Sache der Geschichte." Eines will die „Now. Wr." aber doch sagen: man hätte dem Geschwader kein einziges Geschütz nehmen müssen. Die Kiistenfestungen hätten die Aufgabe, die Flotte mit allem Notwendigen zu versorgen, nicht aber, die Flotte zum Zweck ihrer eigenen Verteidigung zu schwächen: „Wie schwer wird, wenn Port Arthur fällt, die Erkenntnis sein daß die Flotte umsonst aufgeopfert worden und die japanische Flotte unversehrt geblieben ist, sodaß sie die Möglichkeit hat, auch das Zweite Geschwader in einen Zustand der Ohnmacht zu versetzen, schon der bloße Gedanke ist entsetzlich. Was wird man mit dem Ersten Geschwader machen können, wenn man in Port Arthur zur Er kenntnis gelangt, daß eine weitere Verteidigung undenkbar sei? Die Reeden (d. h. die Bassin») von Port Arthur sind ja sehr flach, sodaß man die Schiffe hier nicht versenken kann. Sie durch Explosionen vollständig zu zerstören, ist durchaus nicht so leicht, wie man denkt. Den Boden eines Schiffes an irgend einer Stelle durch eine Explosion zu durchschlagen uiid hierdurch das Schiff zu ver senken, ist leicht, sehr schwer aber, ein gewaltiges Schiff völlig unbrauch bar zu machen. Dazu ist eine Masse Exvlosionsmaterial notwendig, zum Schluß der Belagerung wird aber dieses Material schwerlich im Ueberfluß vorhanden sein. Wenn man die Hoffnung verloren hat, die Festung zu halten, so muß man ja auch die Forts, die Docks und vielleicht noch viele» andere in die Lust sprengen. Und die Japaner rechnen darauf, das, eS ihnen beim Falle Port Arthurs gelingen werde, wenigstens einen Teil der Schiffe in reparatur fähigem Zustande in die Hände zu bekommen. Wäre eS in einem solchen Falle nicht das beste, wenn die Schiffe, die noch irgend etwa» tun können, im letzten Moment auSliefen und, wenn es ihnen nicht gelingt, die japanische Flotte wesentltch zu schädigen, lieber durch japanische Minen oder auf offenem Meere untergingrn wie der „Rurik"? Gott bewahre uns davor, die Hoff nung zu verlieren, daß sich Port Arthur bis zum Eintreffen des Zweiten Geschwaders halten werde, aber der M öglichs«jt de» Falles von Port Arthur darf man die Auge» nicht ver schließen und deshalb bei der Berechnung der Kräfte, die zur Ge winnung der Seeherrschaft notwendig sind, da« Geschwader von Port Arthur nicht berücksichtigen. Lin europäische» Geschwader. Nach einer Pariser Meldung deS „H. C." aus Peters burg wird ein neues russisches Geschwader im April iu Dienst gestellt werden. Es erhält die Bezeichnung „euro päisches Geschwader". Ver Beistand der französischen Mitglieds. Professor Leon Renault wird, wie ferner gemeldet wird, dem Admiral Fournier als Beirat für die Hullkominissiou zugewiesen. Amtlicher deutsches Seugulr über den geheimnisvollen Turbinendampser. Die „Kieler Neuesten Nachrichten" veröffentlichen daS folgende, ihnen vom Präsidenten Loewe de« Kaiser lichen Kanalamtes in Kiel zugegangene Schreiben: „Auf die gefl. Anfrage vom 25. November teile ich der Redaktion ergebenst mit, daß in der Nacht vom 8. zum 0. Oktober 1904 ein als Lustjacht klarierter, mit einem ordnungsmäßigen englischen Meßbrief versehener Turbinendampser unter englischerHandelsflagge den Kaiser Wilhelm-Kanal ostwärts passiert hat. Dieser Dampfer führte den Namen „Karoline" und hatte seinem Aeußern nach große Ähnlichkeit mit einem zu anderen als Kriegszwecken aptierten Torpedoboot, wie z. B. den Stationsjachten der Marine. Die „Karoline" chatte keine Armierung an Bord. Ueber die weiteren auf diesen Fall bezüglichen, durch die Presse verbreiteten Ausführungen ist hier nichts bekannt. Präsident Loewe." Lin Dampfer mit Explosivstoffen in den Dardanellen angehalten. Die „Frankfurter Zeitung" meldet aus Konstantinopel: Auf Befehl des Sultans wurde ein Dampfer der Marseiller Packetgesellschaft in den Dardanellen festgebalten, weil er Explosivstoffe an Bord führte. Der Kommandant erklärte, die Explosivstoffe seien nach Batum bestimmt. Der Sultan ließ der französischen Botschaft mitteilen, daß der Dampfer bis zur Ausladung der Explosivstoffe fest- gebalten werde, da deren Durchgang durch die Meerenge verboten sei. — Es ist ein reiner Zufall, daß bei dieser Kontravention England nicht im Spiele ist. tteber die Eroberung der 20S-Meter-Hügelr meldet bas japanische Hauptquartier vor Port Artbur: Die Belagerungsarmee begann die Beschießung des 203-Meter- Hügels am Morgen des 30. November. Sie machte bis 4 Uhr nachmittags mehrere Angriffe, die aber wegen des hartnäckigen Widerstandes deS Feindes fehlschlugen. Um 5 Uhr nachmittags rückten die japanischen Truppen gegen den südöstlichen Teil des Hügels vor und ge langten in heftigem Angriffe bis 30 Meter unterhalb des Gipfels. Um 7 Uhr, nachdem Verstärkungen eingetroffen waren, wurde sodann die Spitze des Hügels besetzt. Die gegen den nordöstlichen Abhang vorgebenden japanischen Truppen griffen ebenfalls an und um 8 Uhr fiel das Fort auf der Spitze des Hügels gänzlich in die Hände der Japaner. Die Ruffen ließen auf der östlichen Seite des Hügels Haufen von Leichen zurück. Kurländische Gesellschaften der Roten Kreuzer wollten, wie die „Voss. Ztg." aus Petersburg meldet, Medi kamente nach Port Arthur schaffen, jedoch hat die japa nische Regierung, obwohl die Sendung ausschließlich Humanitären Zwecken diente, die Genehmigung ver weigert, Schiffe mit Medikamenten durchzulafsen. Nach dem die russische Regierung davon erfahren hat, hat sie Anlaß genommen, allen Mächten von diesem Verfahren Japans Kenntnis zu geben. veulscves sieicv. Leipzig, 1. Dezember. * Ein Nachschlagewerk über reichsgerichtliche Ent- schcidungcn. Bei dem stets wachsenden Stoffe von Ent- fcheidungen wird es für die Mitglieder der Zivilsenate unseres Reichsgerichts immer schwieriger, sich eine aus reichende Kenntnis von der Rechtsprechung der einzelnen Senate zu verschaffen. Hierdurch wird die Einheit- lichkeit der Rechtsprechung mehr und mehr beeinträcksiigt. Zur Beseitigung dieses Mißstandes ist nun, wie im Etat der Reichsjustizverwaltnng mitgeteilt wird, die Herstellung eines umfassenden Nachschlagewerkes in Aussicht genommen. Das- selbe soll sich auf die Zeit vom 1. Januar 1900 ab (In- krafttrcten des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches) er strecken und alle Entscheidungen derZivil - scnatc berücksichtigen, mit Ausschluß derjenigen, welche Gcsetzesvorschristen betreffen, die an dein genannten Tage außer Geltung getreten und. Tie Arbeit soll von hinzu- ziehenden Hiilfskrästen ausgeführt werden, und cs ist zu diesen! Zwecke ein Betrag von 10 000 in den Etat eingestellt worden. Die Wciterführung des Werkes soll Anzeigen»i-, — Sonntagr-Nnnnner insbesondere größere Geschäftsempfehlungen bitten möglichst schon heute zu überreichen, damit auf wirkungsvollen ^atz und gute Plazierung größt mögliche Sorgfalt kann verwendet werden.
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