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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 11.04.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-04-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192804119
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19280411
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19280411
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1928
- Monat1928-04
- Tag1928-04-11
- Monat1928-04
- Jahr1928
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 11.04.1928
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I« W«I Ott MltMkMklllMl«. 1G,4 Million«« Versichert«. — Di» Vorteil», ans die Laude-ardettA-mter. WK. Nach den Meldunaen der zur Veitrag«ein»i»hnna vervstickteten rrich*a,s»tzlichen Kreukeukafteu und Ersatz, »assen waren Ende Januar 1928 insgesamt 20,7 Millionen Personen gegen Krankheit versichert und zwar IS,4 Milli onen bei den reichsgefedlicken Krankenkassen, 1.2S bei de» Ersatzkosten. Von dem Gesamtmitgliederbrstand waren 18,1 Millionen vrrstcherunqspflicktia und 2,S Millionen ver- sicherunagberrchtigt. Diese 18,1 Millionen geaeu Krank, beit pflichtversicherten Personen bilden den Ausgangspunkt lür die Errechnung des gegen Arbeitslosigkeit versicherten PcrsonenkreiseS. Nach Abzug der von der BeitragSpMcht zur Arbeitslosenversicherung befreiten 2,1 Millionen Mit glieder und nach Hinzuzähluna der 0,4 Millionen nicht krankeuversicherunaspflichtigen Angestellten beträgt der ge samte gegen Arbeitslosigkeit versickerte Personenkreis End« Januar 1928 etwas über tft,4 Millionen Personen. Wenn man für di« am 1. Februar 1928 in die Reichsan- statt sür Arbeitsvermittlung und ArdettSlosenoerlicherung eingegliedrrten IS Landesarbeitsämter den Personenkrets der Arbeitslosenversicherung aus der Gesamtzahl der gegen Krankheit versicherten Personen ableitet, so steht an erster Stelle das LandeSarbeitsamt vrandenburg mit 2.3 Milli onen Versickerten. Es folgen das Landesarbettsamt Rhein land mit 2, Sachsen mit 1,9, Batzern ieinsckl. Pfalz) mit 1,0 und Westfalen mit 1,5 Versickerte». Auf das Landes» Arbeitsamt Südwestdeutschland entfallen 1,3, Mittel deutschland 1.2, die Nordniark 1 Million Versichert«. I« etwa 900 000 Versicherte werden von den LandeS- arbeitSämtern Niedersachse« und Heften betreut. In grobem Abstand folgen dann die rein landwirtschaftlichen Landesarbeitsämter Ostpreußen und Pommern mit je 1.3 Millionen Arbeitslosenversicherten. M MWrtMst Ml im MM Die deutsche Milchwirtschaft ist dem tatsächlichen Produk- tivn§werte nach der bedeutendste Einzclzwetg unserer gesam te» Volkswirtschaft und übertrifft mit ihrem Gesamtwert von 3,6 Milliarden Mark z. B. noch bedeutend den Jahres wert der Roheisen- und Kohlenindustrie zusammengcnom- mcn. Um so srendiaer ist es zu begrüben, datz die Milchwirt schaft aus der Leipziger Wanderausstellung <5.-10. Juni) nicht allein in der zum „HauS der Milch" eingerichteten Halle 6 des Mcssegeländes eine ihrer Bedeutung entsprechende Unterkunft gesunden hat, sondern auch in dem Umfange ihrer Beschickung alle sriiheren Ausstellungen übertrifft. Beim Eintritt in das „Haus der Milch" von der Straße des 18. Ok tober aus gelangt man zunächst in die Milch- und Butter abteilung. Tic Buttcrausstcllung ist in lehrreicher Weise durch die Butterprobcn ergänzt worden, die in der Gruppe Tanerwarcn die dreimonatige Prüsnngsrcise rund nm Afrika mitgcmacht haben. Die große Mitte der Ausstellungs halle wird von zahlreichen milchwirtschaftlichen Maschinen eingenommen, während der andere Flügel der Halle dem «äse vorbehalten ist. Bon besonderer Bedeutung ist, daß die ans der Ausstellung crmvlkcnc Milch in diesem Hause vor den Augen der Besucher tiefgekühlt und trinkfcrtig hergestellt wirb, «m in ber benachbarten Molkereikosthalle auSgeschenkt LLL WELLEN. Die Grupp« Milch weift «tt rund wo Probe« eine An» Meldungsziffer auf, die bisher unerreicht tst. Davon entfällt etwa die HMfte ber Probe« auf Klaffe II: ba-rrerhttzte Milch, die in einer GrhttzungSdauer von 30 Minuten «ine Erhitzung von «5 Grad C nicht überschreiten darf. Klaff« l: Rohmilch tst mit rund 90 Proben ebenfalls in. erwünschter Weise vertreten. Klaffe Hl: In TranSportgefäßen dauer- erhitzte Milch und Klaffe IV: Hocherhitzte Milch schließe« sich <m. Auch die Vntterabteil««, bedeutet mit ihren über 1200 Anmeldungen «ine Rekordausstellung. Ueber 700 Nummern entfallen auf ungesalzene, 500 Nummern auf gesalzene Butter. Schleswig-Holstein, wo „Markenbutter" und „Milch- kontrSll« bereits gut durchgebildet find, steht weitaus an der Spitze, Hannover und Provinz Sachsen mit Thüringen schlie ße« sich an, in gewissem Abstand folge» Bayern, Württem berg und Westfale«. Die KäseanSftellnng zählt mit über 800 Proben zu den bestbeschicktesten Ausstellungen. Davon gehören in Klaffe 1—8 über 200 Hartkäse- und in Klaff« 9—25 rund SOO Weich- käse-Proben. Führend sind, und zwar in erster Linie mit Weichkäse, Bayern und Württemberg: aber auch Oft- und Westpreußen, Schlesien, Mecklenburg und Schleswig-Holstein sind gut vertreten. Jedenfalls dürfte die Beurteilung, die hier in allen Tei le« in besonders strenger Weis« burchgeführt wird, sür die Förderung der deutschen Milchwirtschaft von hoher Bedeu tung sein und auch die Bestrebungen auf dem Gebiet« des Milchabsatzes und der Milchbehanblung nachhaltig unter- stützen. NStMn und «NlbtMIWn. tsd. Leipzig. Aus vielen Gründe« ergab sich die Notwendigkeit, weite Luftreifen auch nach Eintritt -er Dunkelheit oder bei schlechter Sicht nicht zu unterbrechen. Nm aber auch unter diesen Bedingungen -en Flug des Fahrzeuges zu sichern und für ständige Orientierung zu sorgen, sind Maßnahmen von der Erdoberfläche aus not wendig. Das beste, allerdings heute noch spärlich ange wendete Mittel zur Signalgebung an die nächste Luftfahrt ist ein weitmaschiges Netz von Leuchtfeuern. Bei der plan mäßigen Befeuerung eines Landes für den Luftverkehr sind die einzelnen Feuer fe nach ihrer Bestimmung verschieden konstruiert. So macht zum Beispiel die über gröberen Städten lagernde Dunstschicht und der Widerschein der Straßenbeleuchtung zur einwandfreien Kennzeichnung der Landungsplätze in der Nähe solcher Städte äußerst licht starke Ansteuernngsfcuer erforderlich. Bei den Bersuchen zur Schaffung von Luftfahrtfeuer« hat sich immer wieder gezeigt, datz die Hauptintensttät des Lichtes nach dem Horizont zu gerichtet rin muß, wie das auch bei Leuchtfeuern auf der Dee der Fall ist. Während jedoch die Secufer ihr gesamtes Licht nur nach dem Horizont richten, muß bei Lcuchtfcnern für den Luftverkehr ein Teil -cs Lichtes auch nach oben gelenkt werden. Versuche zur Feststellung des günstigsten Ergebnisses haben erwiesen, datz die Lichtstärke nach oben hin erheblich schwächer werden kann und datz zur Vermeidung einer Blendung drs Piloten durch das Sicht -aS Feuer nicht un mittelbar über -em Flugplätze wirken darf. Di« Erfahrung hat außerdem gezeigt, daß die Sichtweite einer Lichterschei- nung «tt ber Größe b«S leuchtende« Bildes wächst, weil dgbej ber von den Randstrablen gebildete Augenwinkel eine erhebliche Rolle spielt. Da dt« Schaffung grober leuchtender Flächen mit Schwierigkeiten verknüpft ist, konstruiert Ptrttsch «in sogenanntes „BteUampeufeuer", bet dem da» leuchtende Bild dabnrch vergröbert wird, baß ein« größer« Anzahl einzelner Lampe» über eine entsprechende Fläche vertotlt und zur Form eine» Segelftumpfe» zusammenge stellt ist. Die Sichtweite eine» solchen Feuers beträgt bet klarem Wetter rund SV Kilometer. Bei einem »wetten gut bewährten AnsteueruugSfeuer fällt «in Lichtstrahl von oben auf einen schräggestellten Spiegel, der durch besonder« Formgebung den Strahl nach oben und nach der Horizontalen hin ablenkt. Durch Drehung de» Spiegel» blitzt das Feuer dann nach allen Setten. Dt« FlughSfen Köln und Leipzig sind mit der artigen „Drehspieaelfeuern" ausgerüstet. Die Befeuerung der eigentlichen Linie von Hafen zu Hafen erfolgt durch ltchtschwächere Feuer, bet deren Konstrukts»« vor allen Dingen auf größtmöglichste Lichtstärke bei sparsamstem Brennstoffverbrauch geachtet wurde. Diese Feuer stehen durchschnittlich 20 Kilometer voneinander entfernt, so baß da» Flugzeug einer leuchtende» Kette folgt, an deren Ende das lichtstarke Ansteuerungsfeuer des Zieles steht. Auch die eigentliche LandungSfläche muß bet Nachtflügen be leuchtet werden, denn neben dem Vorteil, daß ein stark be leuchtete» Feld den Flieger schon weithin seinen Landungs ort erkennen läßt, gibt ihm diese Beleuchtung die Möglich kett, unmittelbar vor der Landung das sogenannte „Roll feld" zu übersehe«. Eine derartige Beleuchtung besteht meist au» «—8 Lampen, die kreisförmig aufgestellt sind und deren Schein schräg nach unten gerichtet ist, um jede Blen dung zu vermeiden. Durch das Ueherschneiden der Licht fächer der einzelnen Laterne« wird das Rollfeld von alle« Seiten gleichmäßig erhellt, so baß praktisch eine „schatten lose" Beleuchtung entsteht. Es ist wichtig, daß dem lan denden Flugzeug die Windrichtung über der Landungs fläche angezeigt wird. Zu diesem Zwecke werden um eine Achse drehbare Windrichtungsanzeiger in Form eines Flugzeuges ausgestellt, di« sich automatisch, entsprechend ber Windrichtung, einstellen. Die Windrichtungsflugzeuge werden nachts beleuchtet. Wichtig ist fernerhin die Kennt lichmachung von hohen Hindernissen, wie Gittermasten, Schornsteinen usw. unterwegs und in der Nähe von Lan dungsplätzen. Man benützt dazu in letzter Zeit „Leucht kegel", die, mit der Spitz« nach unten hängend, von einem am Fuß des Hindernisses aufgestellten kleinen Scheinwerfer angestrahlt werden. Der große Vorteil dieser Kennzeich nung liegt zum Beispiel bet Hochspannungsleitungen darin, datz bet einem Auswechseln der Scheinwerferlampe der Gittermast nicht bestiegen zu werden braucht. Vom Flugzeug aus läßt sich gegen die Dunkelheit oder den Nebel, die mächtigsten Feinde ber Luftschiffahrt, wenig oder nichts tun: eS ist daher zu begrüßen, daß die heute verfügbaren Lichtquellen, durch Linsensysteme verstärkt, diese Sicherungsmöglichkeiten gerade jetzt eröffnen, wo sie dringend gebraucht werden. Es tst das Verdienst der Julius-Pintsch-Akticngesellschaft, die Konstruktion ber vor erwähnten Lichtzeichen für den Flugverkehr auf Grund ihrer Erfahrungen auf dem Seebeleuchtungsgebiet vervoll kommnet zu haben. ' <An» der Wirtschaft»- «nd Export-Zeitung.) Rahmen der neuen Haarfrisur ganz verändert erschien und sie fremd anmutete. Wie die Schauspielerin ihr Leid, ihre Qual und ihre Kämpfe schilderte, das war der Mutter ins.innerste Herz ge drungen. Sie hatte erkannt, daß sie schuldiger war als ihr Kind. Wäre Jutta bei der Unerfahrenheit ihrer großen Jugend damals zugrunde gegangen, so Hütten Vorwürfe nicht sie, sondern die Mutter treffen müssen, welche ihrer Tochter weder eine treue Beraterin, noch Helferin in der Not gewesen war, sich im Gegenteil kühl und herzlos von der Unverstandenen abgewandt hatte. Frau Marie glaubte den Jammer, der ihr Herz zerriß, nicht ertragen zu können. Sehnsüchtig zog es sie zu Jutta hin. Und doch wagte sie es nicht, Margot die Wahrheit zu sagen. Von ihr konnte sie nicht verlangen, daß ihr >-erz sich im Umsehen der Schwester zuwandt«; denn Margot hatte bisher immer nur gehört, daß in abfälliger Weise von Jutta gesprochen wurde. Die Verachtung gegen die ältere Schwester war ihr gleichsam in Fleisch und Blut übergegangen. Und doch drängte es sie, Jutta aufzusuchen und sich mit ihr zu versöhnen. O Gott, sie besaß ein Enkelkind, und hörte erst da- Hon, nun es mit dem Tode rang! Wieviel reine, köstliche Freuden hatte sie sich da ent» geben lassen! Das Kind war herangeblüht, ohne etwas von den Großeltern zu wissen. Und sie, die Großmutter, welcke kleine Kinder so sehr liebte, hatte nicht dt« ersten »schritte des Enkelchens behütet, ihr niemals zum Weih» nachtsfest aufgebaut, kein Püppchen geschenkt, keine Freude bereift t. Oh, wie ihr dies alle» wehtat, und wie sie sich in Sorge um das kranke Kind verzehrte, an dessen Kranken bett sie, die Großmutter, hingehörte. Aber den Platz >atte sie sich verscherzt. Auch wenn sie sich erboten hätte, da» Kind gesund zu pflegen, Jutta würde ihr das kleine Leben doch nickt ««vertraut haben. So rang und kämpfte es in Fra« Marie, und heim lich mußt« sie ihren Kummer mit sich hernmschleppeu; denn sie wagte es nicht, sich jemandem anzuvertrauen. Und neben all der Qual regt« sich auch der Stolz in ihr. Am liebsten hätte sie es aller Welt verkündet, daß es ihre Tochter war, welche so ausgezeichnet worden war, welch« die Herzen der Zuhörer so tief zu rühren und zu packen vermochte. Aber sie hatte sich selbst die Hände gebunden durch ihr kteinliches, unmvtterliche» Verhalten. Nun hatte sie keinen Teil an dem Leben ihrer Tochter, weder an deren Sorgen, noch an ihrem Ruhm. — Margot war sehr erstaunt, daß die sonst so nach giebige und auf di« Wünsch« ihre» Töchterchens stet» be reitwillig eingehende Mama heute darauf bestand, wieder da» Theater zu besuchen. möchte lieber am Abend herumbummeln," trotzte sie, „Groawalds haben versprochen, sich uns anzujchließen, und ich freue mich so sehr daraus. Sei doch keine Spiel» oerderberin, Mamachen! Wir amüsieren uns in einem hübschen Weinrestaurant entschieden besser, al» i« Theater!? „So spricht di« zukünftige Gattin eine» Theater direktors? Laß nur ja nicht Harold solche tattlosen Be merkungen hören, er könnte es sehr übel auffassen l" ^Ateiaetwetzeni Lu haft ja gehört, daß er gar nicht daran den», sich ttn Theater um mich zu bekümmern. Nun muß er sich damit abfinden, daß auch ich mein Ver halten ändere." „Du, du! ich warne dich!" ries Frau Marie. „Harold ist nicht der Mann, sich von Kinderlaunen beherrschen zu lassen! Sei verständig und gehe liebevoll auf seine Wünsche ein l Er hat dir in diesen Tage« manche» zu- gute gehalten und große Langmut bewiesen. Aber wenn du den BogeN zu straff spannst, so bricht er, das sage ich dir im voraus! Er erwartet dich bestimmt im Theater und würde sich verletzt jühlen, wenn wir uns anderwärts amüsierten l" „Ach habe aber auch keine Lust, mich tyrannisieren zu lassen, Mama l Erwünscht, daß ich in der Loge sitzen will sich aber nicht herablassen, mich zu beachten." „Sei nicht kindisch, Margot! Harold handelt nach festen Grundsätzen. Als Direktor muß er seinen Schau spielern mit gutem Beispiel vorangehen, sonst erlauben sie sich vielleicht Freiheiten, welche den guten Ruf des Theater» schädigen." In entschiedenem To«, der keinen Widerspruch zo- ließ, setzte die Dame hinzu: „Und nun mach' mich nicht unnötigerweise dose, Margot wir gehen ins Theater, und damit gut!" Margot wußte, daß sie sich zu fügen hatte, weqn die Mama, was selten vorkam, so bestimmt ihren Willen geltend machte. Aber nur widerwillig bequemte sie sich zum Gehorsam. Schmollend zog sie sich in ein« Ecke zurück und begann zu grübeln. Es war doch eigentlich nicht» geschehen, und doch «ar Harold verändert, und sie selbst war es auch. E« stand etwa» zwischen ihnen. Er war lieb und zärtlich, und doch verriet alles» was er zu ihr sagte, «ine groß« Zerstreutheit. Das reizte Margot. Und anstatt ihn wie bisher mit ihrer schüchternen, rührenden Lieb« zu umhegen, wurde sie nervös und stieß ihn ad. Es war ihr noch immer nicht möglich, so ganz frei und ungezwungen mit ihm zu verkehren, wie mit anderen jungen Männern. Sein geistige, Uebergewicht war zu groß. Aber gerade da» Bewußtsein, daß er ihr in allem überlegen sei, machte sie rabiat. Sie empfand, daß sein Herz ihr nicht mehr so nahe war, wie bisher, und «ine sinnverwirrende Angst, daß sie ihn wieder verlieren könne, hatte sie erfaßt. Sie liebt« ihn heiß und aadetend, aber sie wußte nicht, wie sie sich sein« ungeteilt« Neigung zurückerobern sollte, und was sie unternahm, war verkehrt, war ge eignet Waldenstein zu verstimmen und irre an ihr zu machen. Sie trotzte, wollte sich ihm gegenüber rar machen, ihm jede Liebkosung verweigern. Anstatt mit feinem Takt di« kleine Verstimmung -wischen ihnen zu ignorieren und sich durch erhöht« Zärt lichkeit in sein Herz noch tiefer hineinzuschmeicheln, be nahm sie sich unverständig. Sie hatte au» Herrn Gronwald» Bibliothek einige Klassiker sich geben lassen und mehrmals versucht, dar», zu lesen. Aber ob sie .Hamlet vornahm oder .Egmont', oder »Emilia Galotti, sie konnte sich nicht vertiefen; was sie la», waren für sie tote Wort«, der Stnn derselben ihr verfchlojsen. Wch wieher fühlte sie, haß sie vor einem Lerae Üand. den sie wohl ersteigen würde, wenn es mühelos hätte ge schehen können. Aber schon vor der Anstrengung, de« rechten Wtg zu suchen, scheute sie zurück. Mutlos blätterte sie bald in diesem, bald in jenem Werk, aber ihr oberflächlicher Sinn konnte sich weder für einen .Nathan begeistern, noch für eine ,Emilia' Teilnahme gewinnen. In einer ebenso geschmackvollen, wie hochmoderne» Toilette fuhr sie mit der Mama in» Theater; doch ihre Fröhlichkeit hatte sie eingebüßt, und was die Frau Steuer rat sür törichte Mädchenlaune hielt, da» grub und rumort» tief in Margot» Seel« und brachte sie langsam aus dem Gleis. - Heute wußte sie, daß Harold während der Theater stunden für sie nicht vorhanden war, und darum achtete sie von vornherein mehr auf die Vorgänge aus der Bühne. So bemerke sie an diesem Abend erst Juttas Schön heit, ihre herrliche Figur und ihr seine», innige», natür liches Spiel. Jetzt war de« Dorten, welche sie am Vormittag beim Lesen weder verstand«»«, noch in sich ausgenommen, «arme«, sprühende» Leben eingehaucht, und wie all«, welche selten in» Theater gehen, litt und fühlte si, mit dan Helden, und di« Dichtung wurde zu einem Stück Leden für sie. Wie doch Waldenstein die Schauspielerin so innig an- schaute, wie natürlich und hingebend sie sich bei ihm an schmiegte l War die Schauspielerin dort schuld, daß er sich von ihr innerlich zurückzog? Und konnte es denn ander» sein? Wie berückend schön sie tn ihrem Leid war, selbst Margot fühlte sich bewegt, und Tränen stürzten ihr au» den Augen. Doch nicht Teilnahme für Emilias Schicksal machte sie schluchzen, sondern die Eifersucht, di« in ihr -er schlich und demselben grausame Pein verursacht«. Oh, si« ivar brennend eifersüchtig aus die schöne Schau spielerin, welche so selbstverständlich die weißen Hände auf Harold, Schulter legte, deren Locken er mit einer so subtil zärtlichen Bewegung koste. Sie glaubte den Anblick nicht mehr ertragen zu können, und wagte doch nicht, sich zu entfernen, au» Furcht, Harold zu erzürne« und ihn sich noch mehr zu ent fremden. Hätte sie ans ihre Umgebung geachtet, so wäre ihr wohl da» Verhallen ihrer Mutter aufgefallen. Sie sah gewiß nicht viel vom Spiel, dazu war st« zu versunken. Lock ihre Blicke hingen wie verzaubert an den Zügen der Künstlerin, und in ihren Augen war so deutlich die schmerzlich« Sehnsucht zu lesen, welche sie nach ihrer alttsten Tochter hatte, daß Margot schon jetzt die Wahr heit erkannt hätte, wäre sie nicht gar zu sehr von ihren eigenen Empfindungen eingenommen gewesen. Harald, welcher den Avptani spielte, hatte nun doch «naufsällig mehrmal» zu Margot hinaufgesehen und be merk, daß sie weinte. Diese Wahrnehmung rührte und versöhnte ihn, und wenn auch nur verstohlen, so wid met« er ihr doch mehr Ausmerksamkeit, al» er beab sichtigt. Jutta bemerkte bald, datz ihn jemand im Zuschauer raum fesselte, und sie kpnnte e» sich nicht versagen, der Richtung, die sein« Hltcke nahmen, zu folgen, Fortsetzung folgte
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