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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.11.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-11-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19041125016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904112501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904112501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-11
- Tag1904-11-25
- Monat1904-11
- Jahr1904
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Morgen - Ausgabe 88. Jahrgang. Nr. 880 Freitag den 25. November 1904. Ann«t«efchlutz für Anzeigen: Abend-Aulgabe: vormittag« IO Uhr. Morgeu-Lu-gabe: nachmittag« 4 Uhr. «evatttan «n» Grpeditiaa: IbS Fernsprecher 228 Johanuttgasi« 8. Haapt-AUiale Dresden: Martrusttatz« 84 (Fernsprecher Ami I Nr. L713>. Haupt-Filiale Berlin: CarlDnncker, Herzal.BayrHofbuchbaudlg^ Lützowsttatze 10 (Fernsprecher Amt VI Nr. 4MS). BezugS-PretS tv her Hauptexpeditton oder deren LnSgabe- strllen abgeholt: vierteljährliches.—, bet zweimaliger täglicher Zustellung in« Han« e S.7V. Durch die Post bezogen für Deutsch- land u. Oesterreich vierteljährlich e 4UX), für die übrigen Länder laut Zeitung-Preisliste. Anzeigen find stet» an die Expedition zu richten. Ertra-Veilagen (nur mit der Morgen- Ausgabe) nach besonderer Beretubaruug. Die Er»e»ttiun ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von 0. Pelz in Leipzig (Inh. l>r. R. L W. Sli-khardt). Anzeige«-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redaktion«strich («gespalten) 7b nach den Familiennach- richtrn <6gespaUen) SO — Tabellarischer und Ztffernsatz werden entsprechend höher be rechnet. — Gebühren für Nachweisungen und Osserteuannahme 2b aMerTagtblaN Anzeiger. Amtsölalt des Königliche« Land- «nd des Königlichen Nmisgerichtes Leipzig, des Rates und des Nolizeiamtes -er Ltadt Leipzig. Diese Nummer tüftel aus allen Bahnhöfen und III I bei den Zettungs-Berkäufern I Var Wchtigrle vom läge. * Der Geschäftsführer des Leipzig»Connewitzer Konsumvereins in Liquidation, der frühere Stadtverord nete Bock, wurde in Haft genommen. (S. Leipz. Angel.) * In der gestrigen Stadtverordnetensitzung zu Dresden lehnte es Oberbürgermeister Beutler ab, die Inter pellation Ahlhelm-Dr. Heinze zu beantworten. (Siehe Letzte Dep.) * Der BundeSrat genehmigte gestern die Gesetz entwürfe über die Friedenspräsenzstärke des Heeres und Aenderungen der Wehrpflicht. * Der italienisch-schweizerische SchiedgerichtS- vertrag ist gestern unterzeichnet worden (S. Ausland). * Die Schnellzüge von München über den Brenner verkehren infolge deS großen Schneefalls nur noch bis Innsbruck (<S. A. a. W). gibernia. Die Hrbernia-Angelegencheit ist nicht nur für den Nationalökonomen interessant, sie ist auch ein Beitrag zur Psychologie unseres politischen Lebens. Sie isttypisch dafür, wie im heutigen Deutschland Staats aktionen entstehen und verlaufen. Deshalb ist es lehr- reich, sie wie ein Paradigma zu betrachten, sie in allen ihren Stadien „abzuwandeln", wie der grammatische Kunstausdruck lautet. Ueber die Entstehung laufen zwei im Detail ver schiedene, aber im Wesen gleichartige Versionen um, die überaus charakteristisch sind. Beide behaupten, ein hoch mögender Mann habe sich beim Kaiser über das Kohlen, syndikat beschwert und auf diese Beschwerde hin sei eine jener Anregungen ergangen, an denen die neueste deutsche Geschichte so reich ist. Dieser Darstellung ist nirgends widersprochen worden, und doch wäre es wichtig gewesen, ihr zu widersprechen. Wir müssen daher an nehmen, daß ein Widerspruch nicht möglich war und daß die Darstellung zutreffend ist. Und danach wäre zu konstatieren: nicht etwa ist in dem kreisenden Haupt des Handelsministers Möller aus der Vorurteils- losen Betrachtung der Wirtschaftsentwickelung die Erkenntnis einer legislativen Notwendigkeit heran gereist, sondern eine ganz singuläre Erfahrung eines Einzelnen, der sich verletzt oder geschädigt fühlte, gab den Impuls zu einem in feinen Folgen nicht leicht überseh- baren Vorgehen. Die Aktion war gewissermaßen »K iroto unternommen; sie entsprang nicht fach- lichen Erwägungen, sondern einem per sönlichen Motiv. Die Anregung von höchster Stelle darf nicht ignoriert werden, es muß etwas ge schehen, um äilisontivm zu prästieren. Wir glauben nicht zu übertreiben, wenn wir die Entstehungsgeschichte der Hibernia-Angelegenheit als typisch bezeichnen. Die Tatsache, daß den preußischen Staatsmännern der Gedanke der Syndikatsbekämpfung erst suggeriert wurde, wurde für den ganzen Verlauf der Aktion be stimmend. Sie bedingt ihn und erklärt ihn zugleich. Wäre der Plan aus fachlichen Erwägungen erwachsen, so würde sich denen, die ihn konzipierten, ein festes Ziel ge zeigt haben und wahrscheinlich hätten sie im Hinblick auf dies Ziel auch den Weg zu ihm gefunden. Aber ein solches Ziel war ja nicht vorhanden, es sollte nur „etwas geschehen", und nun entstand natürlich eine innere Un- sicherheit darüber, was geschehen sollte und wie es ge schehen sollte. Auch daS ist typisch: Staatsmänner, die einen ihnen von obenher nahegelegten Plan im Grunde ihres Herzen» mißbilligen, oder ihm doch mindestens sehr skeptisch gegenüberstehen, inszenieren eine Be ruhigungsaktion, die scheinbar den allerhöchst geäußerten Intentionen gerecht wird, tatsächlich aber alles beim Alten läßt. Nie und nimmer hat der Reichs kanzler oder Herr Möller an die Verstaatlichung des ge samten Kohlenbergbaues gedacht; es war die volle Wahrheit, wenn sie in Privatgesprächen und offiziösen Kundgebungen ihre Unschuld versicherten. Das hätten ihnen die Großindustriellen auch geglaubt, wenn man ihren Vertrauensmännern in der Stille deS ministeriellen Kabinetts die heikle Situation geschildert hätte; sie hätten vielleicht au» Gefälligkeit laut über die Verge waltigung durch die Regierung gestöhnt und beide Teile wären befriedigt gewesen: der eine hatte den unerläß- lichen „Erfolg" erzielt, der andere konnte unbehindert, ja, nun durch die Autorität der Regierung gedeckt, noch rücksichtsloser als bisher seine Zwecke verfolgen. Um so zu verfahren, war Herr Möller nicht Cyniker genug. Den geraden Weg zu gehen, war er nicht kühn genug. So wurde er au» Verlegenheit superklug und organisierte einen Gutmann - rittst ins Hiberniagebiet. Nun erst wurden die angeblich Bedrohten mißtrauisch und schlossen sich zu c'nciu Widerstand zusammen, an dem der Ansturm der Regierungstruppen scheiterte. Uwd auch hier wieder trug der Verlauf der Angelegenheit, die rasch zur „Affäre" wurde, einen typischen Charakter. Es zeigte sich wieder, wie wenig Begabung für praktische Exekutive unseren leitenden Stellen innewohnt, und wie dann in schwierigen Situationen der Versuch gemacht wird, durch Brüs ke r i e d e s T o n e s über die i nn e r e Sch wä che zu täuschen. Jetzt befinden wir uns nun im Stadium der authentischen Interpretation, d. h. der Landtag wird ersucht, zu Gunsten des Herrn Möller einen Ausgang aus der Sackgasse zu schaffen, in die sich die Regierung verrannt hat. Sehr wahrscheinlich ist eS, daß der Landtag sich dazu herbeilassen wird. Herr von Rheinbaben, der Spiritus roetor des Ministeriums, wird mit schöner Wärme für den gefährdeten und übrigens äußerst angenehmen Kollegen eintreten; die Konservativen werden in ihrem blinden Haß gegen jede -gewerbliche Initiative energische Maßregeln fordern; das Zentrum wird sich, weil es in populärer Sozialpolitik arbeitet, nicht für die Syndikate engagieren, und die preußischen Nationalliberalen werden glauben, Rück sichten nehmen zu müssen. Und auch der Ausgang wird dann typisch sein: alle Mißgriffe werden mit dem Mantel der Liebe bedeckt werden und Herr Möller erhält ein Vertrauensvotum. Fragen wir, was die Regierung erreicht hat, so müssen wir sagen: Sie hat einer Privatbank auf Kosten der Hibernia - Aktionäre zu einem er- heblichen Gewinn verhülfen; sie Hot eine ungeheuer liche Kurstreiberei veranlaßt, die der Staat be kanntlich streng verurteilt; sie hat die — freilich leicht versöhnliche — Hochfinanz gegen sich verstimmt, mäch- tige Großindustrielle vor den Kopf gestoßen, eine Niederlage mit ihrem Ueberrumpelungsplan erlitten, kostspielige Prozesse eingeleitet, die Bewegung der wirt schaftlichen Konzentration, der sie entgegentreten wollte, gefördert und den Landtag vor eine immerhin diffizile Situation gestellt. Uhr Verfahren ist vom politischen, ethischen und wirtschaftlichen Standpunkte gleich un begreiflich. Fragen wir nun, was die Regierung nicht erreicht hat, so müssen wir sagen: Sie hat — auch wenn ihre Vorlage angenommen werden sollte — keinen Einfluß auf das Kohlcnsyndikat gewonnen, denn das Syndikat repräsentiert über 73 Millionen Tonnen Kohlen, die Hibernia aber nur 5,4 Millionen. Der Besitzer der Hibernia stellt mithin nur eine sehr geringe Minderheit dar. Die Minderheit dieser Minderheit wird also zur Ohnmacht verdammt fein. Tie Begründung der Vorlage war überflüssig; vier Worte wären genügend gewesen: llt »liqntst kieri vistentur. O. Der fluktanci in ZiiSwettakrika. Verlustliste. Nach amtlicher Meldung sind an Typhus ge storben: Assistenzarzt Walter Meyer, geboren am 10. Jan. 1877, früher Grenadierregiment Nr. 12, am 17. November in Okawitumbikan; Reiter Josef Hagen, geboren am 15. Februar 1883, früher königl. bayerisches erstes Chevauleger-Regiment, am 21. No vember in Windhuk; Gefreiter Albert Schmidt, ge boren am 18. November 1881, früher Garde-Grenadier- regiment Nr. 5, am 29. September in Otjimbinde. Da» Schicksal der Herero. Im Hererolande hat seit etwa zwei Monaten der Kleinkrieg gegen die einzelnen Herero-Banden begonnen und muß natürlich fortgesetzt werden, wenn überhaupt wieder Ruhe im Schutzgebiet einkehren soll. Die „Köln. Htg." warnt aber vor einem völligen Aufreiben der Herero, indem sie schreibt: Wir dürfen voraussetzen, daß keine Bande, die sich zu ergeben bereit wäre, unnötig aufgerieben wird. Gegenwärtig hat an manchen Stellen in Erwartung des Regens die neue Instandsetzung der Farmen be- gönnen. Da, wo man, wie in der Umgebung vcn Okahandja, wahrscheinlich auch in der jetzt stark be setzten Gegend von Groottontem, die Arbeiten wieder einleiten will, fehlt es an Arbeitern. Die wenig zahlreichen Bergdamara oder Klippkaffern, die in Betracht kommen, finden ein Auskommen als Treiber oder Diener bei der Truppe und ziehen dieses Wanderleben gewiß der seßhaften Arbeit vor. Deshalb wäre sehr zu wünschen, daß man den Farmern die nötige Zahl von Herero, Männern und Frauen, als Strafarbeiter überweisen könnte, daß die Herero da- her nicht chne Not niedergeschossen werden, das nehmen wir sicher an. Es war schon vor AuSbruch de» Aufstandes im Bezirk Outjo mit ZwangS- ansiedelung der Eingeborenen begonnen worden, und dies« Maßregel, die sich zu bewähren schien, wurde vor einigen Wochen auch für den Bezirk Swakop- mund angenommen, wo man noch im Dezember nichts davon wissen wollte. Gegenwärtig muß sie mit der Verkündigung verbunden werden, daß Todes strafe auf den Besitz von Feuer- Waffen und Patronen gesetzt ist. Daneben wäre die Auslieferung der Häuptlinge und der jenigen gcringern Leute, die als Mörder erkannt sind, zu verlangen, damit sie kriegsgerichtlich abgeurteilt werden. Das Programm muß zunächst lauten: Ab rechnung mit den Hauptschuldigen, Ablieferung aller Waffen, Gnade für die Verführten in dem Sinne, daß sie als Zwangsarbeiter auf die Farmen verteilt werden, wo die Behörden für eine gute Behandlung der Leute zu sorgen haben, aber keine Reservate in größerm Umfang, wie die Engländer sie im Sulu lande schaffen mußten, weil sie dort keinen weitern Krieg mehr führen wollten. Die Folge dieser Politik war, daß die Sulu sich allmählich wieder bewaffneten, und wir können erleben, daß sie die weißen Farmer, die gewissermaßen als Militärgrenzler um sie herum angesiedelt worden sind, über den Haufen werfen. Uns ist die Sache in Südwest leichter gemacht: Wir haben nicht mit einer solch starken Masse von Ein- geborenen zu rechnen, wie die Engländer bei den Sulu, deshalb muß erreicht werden, daß die Hcrerc sich bedingungslos unterwerfen, um dann nach unserm Ermessen für die deutsche Wirtschaft nußbar gemacht zu werden. Wenn dies nicht bald gelingt, bleibt zur Lösung der Arbeiterfrage ein anderer Weg offen: die Ovambo, die brauchbarsten Eingeborenen, müssen weiter als Arbeiter gewonnen werden, was sich durch den mutigen Zug des Vertreters der Damaragesell- schaft in Outjo, Herrn Haag nach deren Lande auch jetzt inmitten der Kriegswirren als möglich erwiesen hat, indem Herr Haag eine ganze Schar dieser Leure als Arbeiter für die Otawibahn und die Gruben an geworben und mitgebracht hat. H-n-rrk wltbor -er Anstifter -e» Hereroaufstande». Im „Berl. L.-Anz." veröffentlicht der Korrespondent Hauptmann a. D. Tannhaner Mitteilungen, aus denen ersichtlich ist, daß Hendrik Witboi die Herero zum Auf stände aufgereizt hat, obwohk er selbst seine Teutfchenliebe in jeder Weise zu bekunden suchte. Ter Korrespondent schreibt u. a.: Auf dem Vor marsch der Abteilung Glasenapp waren unseren Reitern ein paar Herero in die Hände gefallen, die über die Ur- fachen des Aufstandes befragt, alle möglichen Gründe an führten und dabei auch mit einfließen ließen, ihre Groß leute feien von Hendrik gegen die Deutschen aufgehetzt worden. Diese Herero-Aussage klang recht unwahr- scheinlich. Selbst alte Afrikaner, die dem Witboihäupt- lina sonst jede Niedertracht zutrauen, warfen ein, zu der artigem riskanten Doppelspiel sei der alte Fuchs doch zu schlau. Ebensowenig glaubte man der Erzählung eines längere Zeit bei Samuel in Gefangenschaft gewesene,, Buren, namens Swart. Diesen hatten die Herero meh- rere Wochen mit herumgescbleppt, bis es ihm endlich ge lang, nach Gababis zu entfliehen. Er gab dort an, er selbst habe im feindlichen Lager einen Brief Gen- drik Witbois gesehen, in welchem dieser die Herero direkt zum Auf stände auffor- d e r t e. Dieser Bur war verschiedenen deutschen An siedlern als glaubwürdig bekannt: trotzdem blieb auch seine Aussage unbeachtet, und der alte geriebene Hendrik führte uns nach wie vor weiter am Narrenseil. ver rurrirch-Iapanircbr Krieg. Lin Trauerspiel aus See. Einen erschütternden Bericht über den Untergang des Torpedobootes „Straschny" veröffentlicht das Blatt „Rußkoje Slowo" nach den Angaben des Stewards Mezenow, der in entsetzlichem Zustande gerettet wurde. Mezenow hatte 22 Wunden durch die japanischen Ge schosse erlitten. Die Zehen des einen Fußes waren weg- gerissen, eine Schulter und eine Hüfte waren schwer zer- rissen, die Brust an zwei Stellen durchbohrt. Er erzählt nach der Uebersetzung der „Voss. Ztg." folgendermaßen: „Es war nachts, nach einer Ausfahrt auf See hinaus, als wir nach Port Arthur zurückkehrten. Die Dunkelheit hatte sich ein wenig gelichtet, und in der Nähe der Inseln konnte man drei Torpedoboote er kennen. Wir glaubten zuerst, es wären unsere eigenen. Aus ihren Geschützen blitzte es auf, und drei Meter von unserem „Straschny" entfernt schlugen die ersten japa nischen Granaten ins Wasser. Wir erwiderten das Feuer, während wir unsere Fahrt fortsetzten. Al» wir Sikow passierten, kamen drei weitere Torpedoboote hinter einer Insel hervor. Dann erschienen zwei Kreuzer. Eine Granate traf unser Boot und tötete unseren Assistenzarzt Wassuicw." An Stelle de» Ge töteten hatte Mezenow den Verwundeten Beistand zu leisten. Diese, die den Tod klar vor Augen sahen, nahmen Abschied von einander mit den Worten: „V e r - zeih mir, wenn ich Dich jemals verletzt habe." Mezenow reichte ihnen Zigaretten, um ihre Gedanken abzulenken. Kaum hatten sie sie angezündet, als eine Granate in den Raum einschlug und alle vier tötete. Ein Granatsplitter traf auch Mezenow ins Bein. Ein Maschinist kam zu ihm: „Rette mich, Steward!" Ausströmender Dampf hatte ihn furchtbar verbrüht. „Ach, wenn ich nur gleich tot gewesen wäre, aber so bin ich am ganzen Leibe verbrüht," stöhnte der Maschinist. Mezenow goß kaltes Wasser über ihn aus. Da schlug eine zweite Granate ein, ritz dem Maschinisten den Kopf glatt ab und brachte Mezenow fünf Wunden, zwei in der Brust, zwei in der Schulter und eine in der Magengegend. Trotzdem konnte er sich noch aufrecht halten. Dann kroch er auf Deck. Dor der Luke fand er den Tor pedooffizier VajinSky liegen. „Sie sind verwundet? Ich auch", sagte Mezenow zu dem Offizier, aus dessen Brust das Blut mit der Gewalt eines Springbrunnens her- vorsckotz. Auf Deck trafen ihn von neuem Granatsplitter, rissen ihm die Zeben des linken Fuße» und Fleischteilc vom rechten Fuß ab. Der Kapitän war bereits tot. An seiner Stelle dirigierte Leutnant Malew dos Feuer. Ein Fetzen seiner abgerissenen Kopfhaut hing ihm über das Ohr hinab. Bei diesem Anblick vergaß Mezenow seinen eigenen Zustand. „Lallen Sie mich Sie verbinden", sagte er. „Nein, ich mutz kämpfen", erwiderte der Leutnant entschlossen. „Lebe wohl", fügte er hinzu, und küßte den Steward auf die Wange. DaS Feuer wird heftiger, ein Kreuzer kommt näher und näher. Ta wird ein Torpedo gegen ihn abgefeuert. Ter Kreuzer neigt sich stark übe: und wird von einem anderen Schiff wrggeschleppt. Dar zweite Torpedorohr öffnet seinen totbringcndcn Mund gegen ein japanisches Torpedoboot. Noch einen Augen blick, und es hätte seine Arbeit getan, aber eine javanische Granate bringt es im Rohr zur Explosion. Tic Tor peder bleiben schrecklich verstümmelt tot neben dem Roln liegen, der bedienende Feuerwerker wird in Stücke gc rissen und sein Kopf weit vom Rumpf entfernt auf Teck geschleudert Der Leutnant hebt den Kopf cutt, küßt ihn und sagt innig: „Lebe wohl. Kamerad!" „Er war groß in diesem Augenblick", sagt Mezenow. Die japa nischen Granaten wüteten weiter, alle Mann am Bug de« „Straickny" mutzten ihr Leben lassen. „Rettet Euch so gut Ihr könnt, Brüder!", waren die letzten Worte des Leutnants, dann fiel er. Mehrere Matrosen sprangen über Bord. Mezenow versuchte, einen Rettungsgürtel loszureitzcn. lmtte aber keine Kraft mehr in den -Händen Mit einem Stoßgebet sprang er ins Wasser, wo er sich an den Rettungsgürtel des Maaten Sokolow festklammerte Dock sofort ließ er ihn wieder los, da Sokolow nickt schwimmen konnte, und arbeitete sich zusammen mit einem Kameraden langsam aus dem Feuerbereich heraus Da, ein leiser Ruf: „Der „Ba ja n" kommt!" Er war es wirklich. Boote wurden herabgelassen, Rettungsgürtel und Taue den Ertrinkenden zugeworfen und mit einigen anderen Mezenow an Bord geholt. Ssacharou», -er Lrbauer von Valni, ist in P o r t Arthur gestorben; ein schweres Nerven fieber bat ihn dahingerafft. Ssacharow war ursprüng lich Militäringenieur und die Erbauung der Hafenan- lagen von Wladiwostok war seine erste große Tat. Als die russische Regierung den Beschluß faßte, an der öden Küste des Talienivan-Busens eine neue Hafenstadt an zulegen, war es sofort allen klar, daß kein anderer als Siacharow mit der schwierigen Aufgabe betraut werden dürfe. Mit einem ganzen Heer von Ingenieuren und Arbeitern begann er das große Werk: 2000 russisch Meister und 80 000 chinesische Arbeiter standen unter seinem Befehl. Er sollte zum Stadthauptmann der neuen Stadt ernannt werden, aber der Ausbruch de? russi'ch japanischen Krieges verhinderte den Ausbau des HafenS Als Dalni von den Japanern besetzt wurde, zog sich Sllackarow nach Port Arthur zurück. Vsm mysteriösen Torpedoboot. Ein Irländer namens Sinnet erzählt, wie der „Voss. Ztg." aus Paris depeschiert wird, im „Mann', die russische Negierung habe ihn beauftragt, für sie einige Torpedoboote einzukaufcn, deren sic zur Vervollständigung des Ostseegeschwaöers bedürfe. „Ich handelte," sagt Sinnet, „als einfacher Privatmann, der Schiffe feil hat. Wie ich mir sie ver schaffte, das ging der russischen Regierung nichts au. Ich wußte, daß die Werfte Narrow in London einige fertig hatte, und daß japanische Agenten sogar wegen ihres Ankaufs unterhandelten. Ich stellte mich Narrow als Vertreter eines amerikanischen Milliardärs vor, der besonders schnellsegelnde Jachten erwerben wolle, aber sofort. Narrow antwortete: „An fertigen Schnell seglern habe ich nur Torpedoboote, die können Sie wohl nicht brauchen." — „Warum nicht? Wie viel Knoten machen sie?" — wenigstens dreißig." — „Top, ich kaufe sie." — „Bar?" — „Bar!" Rasch wurden die Torpedo rohre vorn und achter durch angebaute Kabinen mas kiert, ich hatte inzwischen neunzehn zuverlässige Freunde als Seeleute geheuert und meine Jacht hoch versickern lassen, schon uni gegebenenfalls dadurch zu beweisen, daß sie kein Kriegsschiff ist. Am 6. Oktober, mittags, gingen wir in See, nachdem ich den Kaufpreis, 25 000 Lstr.. erlegt hatte. 40 Minuten später setzte mir Sie T h e m s e p o l i z e i nach, die zu spät von der Geschickte Wind bekommen hatte, aber meine „Karoline", wie ick die Jacht genannt, war nicht einzubolen. Am 8. Oktober. 6 Uhr 45 Min. abends, nahmen wir in Cuxhaven Kobie ein. Am nächsten Morgen um 3 Uhr 30 Min. waren wir im Kieler Kanal. Der Lotse machte uns zu unserm Schiff Komplimente. Die beiden Wachleute die wir eingeschifft hatten, sagten nichts, machten aber eigentümliche Gesichter. Als wir uns der Ausfahrt näherten, eilten sie in ihre Schaluppe und stießen ab, ohne auch nur ihre Gebühr zu verlangen. Ter Lotte sagte: „Ja sehen Sie, die beiden wissen so gut wie Sie und ich, wie es sich mit Ihrer Jacht verhält, und bald wird mans auch dort wissen." Er wies nach der Küste. „Ich an Ihrer Stelle würde nicht säumen, mich zu drücken." Gleich darauf wurden uns tatsächlich Befehle signalisiert, denen ein Warnschuß folgte. Wir fuhren, was Zeug hielt. Bald waren wir in Li bau und ick übergab das Schiff, na sagen wir. unserm Amerikaner." Lin Bericht Gyaena». Nack einer Tokioer Depesche des „Standard" meldet Oyama, daß ein japanisches Detachement Montag mor gen das russische Lager von Weijnsok überrumpelte und den Platz besetzte. Bald darauf wurde die linke Flank: des Detachements von einer überlegenen Streitkraft b e - droht, aber nach Ankunft von Verstärkungen flüchteten die Russen und ließen eine Menge Tote zurück. Diele Gewehre und ansehnliche Mengen Munition fielen den Japanern in die Hände von Lsrt Arthur. Der Korrespondent des „Daily Tclegr." bei Lkus Armee drahtet am 22. November: Man erwartet, Port Arthur werde gestürmt werden, weil politische Gründe den schleunigen Fall der Zitadelle erhci'chen Beträchtliche Verstärkungen, meistens junge Soldaten treffen in Dalny ein, wo Hospitäler für zehntausend Mann errichtet werden. ver japanische Gesandte in Washington erklärte nach einer Meldung der „Tägl. Rundschau am Befragen, daß er nicht überrascht sein werde, wenn in
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