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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.11.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-11-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19041124021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904112402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904112402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-11
- Tag1904-11-24
- Monat1904-11
- Jahr1904
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Bezugs-Preis k d« Ha«ptexp«dittoa over v«en Ausgabe- slellen abgeholt: vierteljährlich 3.—, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins Hau» 3.75. Durch hie Post bezogen für Deutsch land u. Oesterreich virrteliährlich 4.50, für die übrigen Länder laut ZeitungSpreiSliste. . Diese Nummer »«stet aus allen Bahnhöfen und III I bei den ZeitungS-Berkäufern I * Nedattto« und Gr»e»ttt«>u 153 Fernsprecher 222 Johannisgafse 8. Hau-t»Atlt«le Dresden: Marirnstratze 84 (Fernsprecher Amt I Nr. 1713). Haupt-Filiale Berlin: CarlDuncker, Herzgl.Bayr.Hofbuchbandlg* Lllyownrak» 10 (Fernsprecher Amt VI Nr. 46031 Abend-Ausgabe. leiMer TtiMaü Anzeiger. Amtsblatt des HSnigliäje« Land- und des Königliche« Amtsgerichtes Leipzig, des Rates und des Nolizeiamtcs der Ltadt Leipzig. Nr. 599. Donnerstag den 24. November 1904. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem RrdaktionSstrich (4 gespalten) 75 nach den Familiennach- richlen '6grspaltenl 50 -H. — Tabellarischer und Zisferusav iverdeu entsprechend höher be rechnet. — Gebühren für Nachweisungen und Osfertenannahine 25 -H. Annahmeschlutz für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Sxtra-Vetlagen lnur mit der Morgen- Ausgabe) nach besonderer Vereinbarung. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig (Inh. vr. V., R. L W. Klinkhardt). 98. Jahrgang. Var Aichiigrte vom Lage. * Zwischen der Allgemeinen Deutschen Credit- Anstalt zu Leipzig und der DiSconro-Gesellschast in Berlin, sowie der Oberlausitzer Bank in Zittau ist eine Interessengemeinschaft in Vorbereitung. (S. volkSw. Teil.) * Erneut tritt das Gerücht von einer Zusammenkunft Kaiser Wilhelms mit König Viktor Emanuel auf, die Anfang nächsten Jahres stattfuiden soll. * Die Kanalkommission wird die zweite Lesung deS Rhein-Hannover-KqrialS am 28. November beginnen, und die KommusionSberatungen sollen dann neben den Plenar sitzungen stailftnden. Für Montag wird auch die erste Lesung der „Hibernia"-Vorlage erwartet. * Die MebrheitSparteien des österreichischen Reichsrats betreiben eine Aktion gegen den Mißbrauch der Redefreiheit. (S. Ausland.) * Der italienische Schayminister Luzzatti wird die Ver waltung des Finanzministeriums abgeben. (S. Ausland.) * Nach Meldungen aus Port Said ist ein japanischer Kreuzer vor Aden gesehen worden. (S. russ.-jap. Krieg.) * Die Japaner beschlagnahmten gestern den eng lischen Dampfe? „Tungchow", welcher von Shanghai mit 30 000 Büchsen Konservenfleisch für die Russen an Bord abgegangen war; Beschlagnahme der „Inverneß" mit Liefe rungen nach Korea durch die Russen wird befürchtet. (S. russ.-jap. Kriegs vtk Ztaairvertrag rwizchen Saver« «na yertrneich. (Von unserem l-Korrefpoicketzten.) München, 24. November. Im Ztaatsministerium des k. Hauses und des Aeuhern wurde durch den österreichisch.ungarischen Gesandten Gra fen Zichh und den LtaatSministcr Freiherrn v. Podewils der Staatsvertrag über die neuen baheri sch- österreichischen Eisenbahnverbindungen vorbehaltlich der beiderseitigen Allerhöchsten Ratifikation abgeschlossen. Ter Staatsvertrag behandelt die Herstellung der Lokalbahnen von Waldkirchen nach Wallern, von Pfron ten über VilS nach Reuttc und von Berchtesgaden nach St. Georgen-Trachenloch. Außerdem sind darrn vorbehaltlich späterer besonderer Vereinbarung über die Einzelheiten auch die Grundzüge für die künftige Erbauung der Linien Garmisch-Partenkirchen-Mittcnwald-Scharr-.itz.Inntal und Garmisch-Partenkirchen-Lermoos-Reuttc niedergelegt. Tiefer Staatsvertrag, dessen Abschluß Ihnen sicher schon telegraphisch gemeldet wurde,ist ohneUehertreibung die ve r k e h r s p o l i t i s ch wichtigste Tat, die das n e u e b a y e r i s ch c V e r k e h r s m i n i st e r i u m dnrchgesctzt hat. Die in diesen! Vertrag erwähnten Ver- kchrsverbindungen sind nicht nur als Touristen- bahnen, sondern auch als Mittel zur wirtschaft lichen Erschließung der in Frage kommenden Gegend längst in der Presse und in Versammlungen diesseits und jenseits der weiß-blauen Grcnzpfähle als eine nicht länger zu verschiebende Notwendigkeit bezeich net worden. Vor allem ist es die Linie Garmisch-Partenkirchen über Mittenwald nach Ziel resp. Innsbruck, die von allen beteiligten Interessenten herbeigesehnt wurde. Freilich dachte man ursprünglich an eine direktere Verbin dung mit München, nämlich über Kochel, Wal- chensee, Mittenwald nach Innsbruck, wodurch eine weitaus kürzere Linie mit dem Süden hergestellt würde, als das jetzt über Kufstein der Fall ist. So meinten nämlich Optimisten und weitausschauendr Verkehrspolitiker, aber in diesen Wein ist schon von vorn- herein seitens der beiden Ministerien soviel Wasser ge schüttet worden, daß alle hierauf bezüglichen Pläne wenig Aussicht auf Erfüllung hatten. Um eine großeinter- nationale Linie aus dieser Bahn zu machen, auf der die bedeutenden Schnellzüge nach dem Süden ver kehren, müßte die Strecke als Vollbahn hergestellt wer den. Diese Hoffnungen aber hat sowohl das bayerische Verkehrsministerium, das fürchtet, dadurch der Linie München—Rosenheim—Kufstein unliebsame Konkurrenz zu machen, als auch -die österreichische Regierung mit rauher Hand zerstört, indem beide erklärten, es könnten hier lediglich Touristenbahnen in Frage kommen. Aber so wie heute die Verhältnisse liegen, muß man schon mit diesem Erfolg zufrieden sein. In Wien hat man sich lange genug gegen diese Anschlüsse Tirols an Bayern gesträubt, es spielten eben auch hier gewisse Kirchturminteressen mit herein. Alle Anfragen beim bayerischen Ministerium bezüglich der im Staatsvertrag genannten Linien wurden stets damit beantwortet., daß Oesterreich sich gänzlich abgeneigt zeige. Nun scheinen die angeblichen Schwierigkeiten, die wohl hauptsächlich in einem nicht berechtigten Vorurteil gegen neue bayerische Anschlußbahnen bestanden, behoben zu sein, so daß endlich Linien zu stände kommen, die nicht nur für Bayern, son dern für den internationalen Fremdenverkehr von Wich tigkeit sind. Freilich von der Feststellung dieser bedeutsamen Linien a u f d e m P a p i c r Lis zu ihrer Verwirk- lichungin der Praxis ist noch ein weiter Schritt, aber man muß annehmen, daß dieser Vertrag nicht abgeschlossen wurde ut aliguick ksciet, um endlich einmal die Stim men, die sich immer wieder zu Gunsten dieser Verkehrs- Verbindungen erhoben, zum Schweigen zu bringen. Es ist vielmehr zu hoffen, daß die im Staatsvertrag genann ten Linien recht bald in Angriff genommen werden, selbst mit Rücksicht darauf, daß in Oesterreich die Parole gilt: „Nur langsam voran!" Und mit Abschluß des Vertrages sind wir wenigstens wieder um ein Stück „voran" gekommen, und in abseh barer Zeit werden, wenn es die Presse und das Publikum an dem geeigneten Nachdruck für berechtigte Wünsche Feuilleton. Die heilige Caeeilie. 'Ls - Roman von Marie Bernhard. ' Nachdruck verboten. Ta also war sic, — da kam sie ihm entgegen, — vorerst, uoch ohne ihn zu sehen, .... das tat nichts! DaS Schicksal selbst führte sie ihm zu ein Narr, der diese Gunst nicht auszuniihen verstand! Und der junge Kapellmeister tat, was ihm immer bei seinen raschen und starken Gefühlsaufwallungen geschah: er handelte völlig spontan und impulsiv! An Mutter und Schwestern dachte er nicht, er hatte sie überhaupt vergessen. Was gingen ihn andere Leute an, wenn Annemarie Lombardi da war? Sie und er, . . .,. alles Uebrige hatte keine Existenzberechtigung in seinen Augen. Ein paar hastige Schritte, — und mit abge zogenem Hut stand er neben ihr. Die innere Erregung ließ sein einnehmendes Gesicht sehr zum Vorteil erscheinen. Lächelnd, strahlend, eine heiße Bitte in den Augen, — so neigte er sich zu dem Mädchen nieder und nannte in halblautem, vibrierendem Ton ihren Namen. Mit einem jähen Ruck war sie stehen geblieben; das Schirmchcn ist ihrer Rechten sank langsam herab, und die flammende rote Abendsonne küßte ihr Haar sind Gesicht und Hände. „Kommen Sie dort hinüber, — ich bitte — ich bitte Sie? Tort ist niemästd und ich muß — muß Sie endlich sprechen!" Daß dies kommen würde, hatte sich Annemarie sagen müssen; sic war neugierig gewesen, wie Oswald sich be nehmen, wein er seine Galanterien zuwcnden werde. In ihres Herzens Tiefen hatte sie nicht daran gezweifelt, daß er ihr, nach wie vor, huldigen würde. Ihre Eigenliebe hätte einen Zweifel nicht geduldet! „Seit wann sind Sie hier?" fragte sie, während sie unwillkürlich der von ihm eingeschlagenen Richtung folgte. „Gestern abend bin ich gekommen, — früher, als ich beabsichtigte" — er sagte es in überstürzender Hast, als etwas ganz Nebensächliches, — die Aufregung nahm ihni fast die Sprache. Gott, — dies Mädchen! Dies einzige, süße Gesicht! Daß er cs so lange hatte entbehren können! Daß die Sehnsucht, das Verlangen nach dem Mädchen ihn nicht umgebracht hatte! AuSgelösckst war die jüngste Vergangenheit in ihm! Ganz N. mit seinen Leiden und Freuden, seinen Enttäuschungen und Verdrießlichkeiten lag gleich einem wesenlosen Schemen hinter ihm. Seine Gegenwart, seine Zukunft, das fühlte er deutlich, hieß Annemarie Lombardi! Eine schmale Allee, neben der ein breiter, von Pferde hufen zerwühlter Reitweg hinlief, nahm sie auf. „Dort ist niemand!" hatte Oswald aufs Geratewohl gesagt, und sein in der Familie sprichwörtlich gewordenes Glück blieb ihm treu: es war in der Tat niemand dort. Für die Kinder, die ustter der Aussicht ihrer Bonnen hier gespielt hatten, war es schon reichlich spät, und die Liebespärchcn, die den Tiergarten durchstreiften, mieden diese Seiten allee für gewöhnlich, weil nur eine einzige kurze Bank darin stand, die fast immer besetzt war. Zu dieser Bank führte Oswald Mentzel das junge Mädchen, drückte es sanft auf den Sitz nieder und zog die kleine Hand wiederholt an seine Lippen. Durch den dünnen Sommerhandschuh fühlte Annemarie das Brennen seines Mundes. „Gedurstet hab' ich und geschmachtet nach diesem Augenblick, — nach diesem WiedersehenI" murmelte er dicht an ihrem Ohr. „Nein, nein, — nicht aufstchen wollen, — nicht fortgchen, — mich anhören I Sie haben alle meine Briefe bekommen, Annemarie, — ja?" Tas junge Mädchen nickte. Zu reden vermochte cs nicht, wäre auch unmöglich zu Worte gekommen. auch fernerhin nicht fehlen läßt, eine Reihe der herrlich, sten Täler und Gegenden des bayerischen Gebirges, die bisher noch nicht in d e m Umfange besucht worden sind, wie sie es verdienen, dem größeren Fremdenverkehr er- schlossen. Das kommt nicht nur den Touristen, sondern auch jenen Gegenden zu gute. Aus diesem Grund ver dient dieser Staatsvertrag zwischen Bayern und Oester reich auch im übrigen Deutschland, aus dem ja im Sommer so viele Touristen zu uns kommen, die ent- sprechende Beachtung und Würdigung. ver RuMand in Ziistveriaknka. Gouverneur von Lin-equist. In der eigentlichen Verwaltung des südwestafrikani schen Schutzgebietes wird bis zum Eintreffen des neuen Gouverneurs v. Lindeguist eine Art von Interregnum eintreten. General v. Trotha wird nach der „K. Ztg." bis auf weiteres auch verantwortlicher Inhaber der Zivil- gewalt sein, wenn auch die Führung der Geschäfte tat sächlich dem früheren Vertreter des Gouverneurs, Land- gerichtsrat Teklenburg, obliegen wird. T t uppentransporte. Bei den am Montag auf Dampfer „Professor Woermann" von Hamburg abgegangenen Trupen befinden sich etwa 30 Kriegshunde. Zur Verpflegung des Transports während der Seereise hat der Dampfer eine stattliche Anzahl von Schlachtvieh mitbekommen, das in Stallungen auf dem Vorderdeck untergebracht ist. In der Ladung des Schiffes befinden sich etwa 500 Kisten Liebesgaben, die den in Südwestafrika für Deutschlands Ehre kämpfenden Truppen das Weihnachtsfest verschönen helfen sollen. Die Kaiserin hat 8 Kisten Liebesgaben, be stehend in Portemonnaies, Zigarrentaschen und Pfeifen, für die Truppen gespendet. Die Pfeifen tragen das Monogramm der Kaiserin und die Kaiserkrone. Als De legierte der Kolonne des Roten Kremes begeben sich an Bord des '.Professor Woermann" Major a. D. Frhr. Treusch v. Buttlar-Brandenfels und vier Mann der Ber- liner Kolonne mit dem Transport nach Deutsch-Slldwest- afrika. Dampfer „Eduard Woermann", der mit 1200 Mann Truppen an Bord am 12. d. Mts. von Hamburg abging und nach Verlust von zwei Schraubenflügeln in Las Pal- mas eintraf, hat seine Reparatur noch nicht beendet, son- dern liegt noch dort. Der Schiffbruch der „Gertrud Woer- man n" erfolgte Sonnabend nacht um 12 Uhr 7^ See meilen nördlich von Swakopmund auf Klivpen 600 Meter vom Ufer. Die See war ruhig. Das Wasser drang so fort in den Heiz- und Maschinenraum ein. Der Unfall wurde durch einen Offizier, der sich in einer Barkasse nach Swakopmund auf den Weg machte, erst Sonntag früh 9 Uhr gemeldet, da der Offizier durch den Nebel lange aufgehaltcn wurde. Sofort eilten der Kreuzer „Vineta" und die Dampfer „Irma Woermann" und „Heimfeld" mit zwei Schleppern, Lcickitern und Lan- dungsflößen zur Hülfe. Die Bergung der Mannschaften begann um 10^ Uhr; zu dieser Zeit waren von der „Gertrud Woermann" schon 110 Mann mit Booten ans Land gesetzt und marschierten nun nach Swakopmund weiter. Die übrige Mannschaft wurde auf die „Vin ta" und „Heimfeld" aebracht. D'e Zivilpassagiere und die Post trafen Sonntag nachmittag in Swakopmund ein, die Pferde wurden Sonntag und Montag sämtlich mit Flößen gelandet. Mit welchem Dampfer der ursprüng lich für die „Gertrud Woermann" bestimmte Heimtrans - Port die Reise nach Deutschland machen wird, ist noch nicht bestimmt ver russisch-Iapaniscbe wieg. Die Grenzen -er rnfsisehen Araft. „Ohne vollständigen Sieg keine Friede" ist augenblicklich die Parole der russischen Regierung, wie das nickt nur aus der Empfindlichkeit hervorgebt, mit der sie die leiseste Anspielung auf eine Intervention zurückgewiesen bat, sondern auch aus den gewaltigen Anstrengungen, die sie macht, um eine Armee in die M anschurei zu Wersen, die den Feind trotz seiner Tapferkeit und Kriegskunst schließlich erdrücken muß. „Kein Friede, so lange die japanische Armee noch existiert, so lange sich rin einziger Japaner auf dem asiatischen Festlande befindet!" ruft, wie der „N. Fr. Pr." aus Petersburg geschrieben wird, die palriotilche Presse, und die neuen Mobilmachungen scheinen zu bestätigen, daß die Regierung von dieser Entschlossenbeit wirklich durchdringen ist. Den 570 000 Mann und 1500 Geschützen, die nach dem Eintreffen des 16. Armeekorps Kuropatkin zur Verfügung stehen werden, sollen binnen einiger Zeit noch etwa 90 Bataillone und 300 Geschütze binzugesügt werben, und rubig spricht man cS bereits aus, daß auch diele gewaltige Truppenmasse wahrscheinlich nicht genügen werde, baß man sich nicht wundern könne, wenn bald darauf noch 100 000 bis 150 000 Mann nachgeschoben würden. Da noch Hunderttausende von frischen und kampf bereiten Truppen im europäischen Rußland sieben und viele Hunderte von Millionen Rubel durch auswärtige Anleihen und die Emission neuer Krevitbilletle aufgebracht werben können, so scheint der ungemessenen Vermehruug der Streitkräfte im fernen Osten nichts im Wege zu stehen. Nur der Zarische Wille und die Sicherheit vor Komplikationen mit anderen auswärtigen Mächten sckeinen erforderlich, um trotz allen Mißgeschicks schließlich doch zu triumphieren und jenen vollständigen Sieg zu erringen, den der russucke Nationafftolz verlangt. Und dennoch ahnt man in den leitenden Kreisen des Beamtenstaates, daß diesem stolzen Streben Grenzen gesetzt sind, daß ein Moment eintreten kann, wo es geboten ist, die Forderungen deS NationalgesühlS zu mäßigen und weniger auf die Vollständigkeit des Sieges, als auf die möglichst baldige Erzielung des Friedens auszugeben, der die ungestörte Kraftentfaltung im Kampfe gegen die aus- sässigen Elemente im eigenen Reiche ermöglicht. Die Krankbeitserscheinungen mehren sich, und die alten Haus mittel drohen zu versagen. Da» österreichische Aommissienranitglied. Nach einer Wiener Depesche dürste der Kaiser zum Schiedsrichter für den Zwischenfall in Hüll den Präsi denten des Verwaltungsgerichtshofs, jrüherenJustiz minister Grafen Friedrich Schönborn, ernennen, der Ver treter Oesterreichs im Haager Schiedsgericht ist. Man neigt zu der Ansicht, daß die Entsendung eines hervor- ragenden Juristen sich mehr empfehle, als die eines hohe» Marineoffiziers. Lin englischer Dampfer »5er zwei beschlagnahmt. Bestürzt meldet der „Daily Ehronicle" von gestern aus Shanghai, daß der englische Dampfer „Tungchow", mit 30000 Dosen Büchsenfleisch, von Shanghai nach Port Arthur unterwegs, am 23. November von den Japanern ab gefangen worden ist. Das Unternehmen ist von der „Und — und — haben es über sich gewonnen, all' l meine Bitten und Beteuerungen unbeantwortet zu lassen? Ich hab' ja zuletzt nichts mehr haben wollen, um nichts mehr gefleht, als nur um Ihre Verzeihung! Die versagt man doch selbst einem argen Sünder nicht! Sind Sie so hart? Wirklich so unversöhnlich?" Er ließ ihre Hand nicht los, — schon wieder brannten seine Lippen darauf. „Ich bin Ihnen sehr böse gewesen!" stieß Annemarie hervor, — seine maßlose Aufregung begann ansteckend auf sie zu wirken. „Gewesen!" Er griff das Wort auf, betonte eS beinahe jauchzend. „So können Sie mich doch nicht ganz und gar hassen und verabscheuen!" Er glaubte es keinen Augenblick, der gewandte Fraucnjäger. Wo wäre das Weib zu finden, das einen Oswald Mentzel bassen und verabscheuen konnte? Jetzt aber — jetzt war ihm jedes Mittel recht, — meinethalben sich demütigen, sich schlecht machen, den Sklaven spielen, wenn ihr das so gefiel, nur sie erringen, — sie haben!! — Ein leises Lächeln huschte bei den starken Ausdrücken, die er gebrauchte, über ihr süßes Gesichtchen. „Hassen und verabscheuen? Das ist natürlich zu viel, — aber" — „Ich will gut machen, waS ich gesündigt, Annemarie! Schelten Sie mich, — strafen Sie mich, aber haben Sie Mitleid mit mir, — mit meiner Leidenschaft, die mich blind gemacht, mich auf einen falschen Weg getrieben hat! Ein Wort nur für jetzt, ein einziges: Ich verzeihe Ihnen!" „Kann Ihnen wirklich so viel daran gelegen sein?" „So viel? Alles, — alles! Es geht um mein ganzes LebcnSglück! Nicht wahr, Sic werden es tun, werden mir den Frieden wiedergcben, der von mir gewichen ist, seitdem ich Sie so — s o verlassen mußte?" Annemarie versuchte, aus tiefster Brust anfznatmen. — sie brachte cs nicht zu Stande. Wie es hier schwül war unter diesen Bäumen mit den tiefhängenden Zweigen! Wollte denn der niedersinkende Abend keine Kühlung bringen? Wie ein Feuerstrom ging es aus von dem Mann neben ihr, — gleich einer Flamme hüllte seine Leidenschaft sie ein. „Nun denn", begann sie mühsam, „wenn es Sic beruhigt: ich verzeihe" — „Halt, — nicht so! Nicht so! Annemarie, süße, — sprich es mir nach: ich verzeihe dir, Oswald! Ich ver zeihe dir, weil ich dich liebe, wie du mich liebst!" Seine Arme umfaßten ihre Gestalt, er zog sie fest an sich. „Nein!" stieß sie hervor. „Nein!" Sie versuchte, aufzuspringen, aber sie vermochte es nicht. Ihr waren die Füße wie gelähmt. „Wie — wie dürfen Sie wagen" — „Wagen, Annemarie? Wenn ich dir alles, was ich bin und habe, mich selbst, meinen Namen, meine Stellung, mein ganzes Hab' und Gut zu Füßen lege? Tu hast recht: ein Wagstück ist es immer, — ich weiß ja, was ich von dir fordere, wenn ich dich anflehe: sei mein eigen! Laß' dich rühren von meiner unaussprechlichen Liebe zu dir! Werde mein Weib, — mein über alles geliebtes, angcbctctcs Weib!" Nie wieder in späteren Jahren hat Annemarie, so angestrengt sie auch nachsann, sich zu erinnern vermocht, was sic in jenem Augenblick geantwortet und ob sie überhaupt etwas geantwortet! Tas letztere war das Wahrscheinliche, — daß sie nämlich geschwiegen, weil ihr ganzes Inneres im Taumel, im Aufruhr war, — daß sie geschwiegen, weil Oswald Mentzels heiße Küsse ihr die Lippen versiegelt! Daß sie diese Küsse duldete, daß sie sich nicht gegen eine solche Zärtlichkeit leidenschaftlich zur Wehr setzte, nahm er für Zustimmung, für Einverständnis. Natür lich! Welches junge Mädchen läßt sich ohne weiteres
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