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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.11.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-11-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19041119015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904111901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904111901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-11
- Tag1904-11-19
- Monat1904-11
- Jahr1904
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Sette 6. Nr. 589. 98. Jahrg.Leipziger Tageblatt. Sonnabend, 19. November 1904. arrangement und der dekorative Eindurck der einzelnen Räume so recht gelungen ist. Die Stadt Leipzig und vor allem der „Leipziger Gärtnerverein* baden den Ruhm, die schönste Garteubau-ÄuSstellung durchgesübrt zu haben, welche bisher im November, überhaupt in Deutschland slattgefunden hat. Nicht nur an Umfang, sondern auch an Vielseitigkeit und an vortrefflichen Leistungen überflügelt diese JubilüuinS- ÄuSstellung alle bisherigen ähnlichen Veranstaltungen. Um in unserer Jugend Liebe zur Blumenpslege zu wecken, bat die Leitung der IubilaumS-Garteubau-Ausstellung den Volksschulen die Vergünstigung angeboteu, daß sämtliche Schüler zu dem ermäßigten Preise von 10 die Ausstellung besuchen können. Die« ist bereits gestern geschehen und wird heute fortgesetzt, und eS ist nur zu wünschen, daß die Saat, welche hierbei in unsere Kinder hiueingelegt wird, einen fruchtbaren Boven staden möge. -r- Für Gastwirte. Im nächsten Jahre sollen verschiedene Bahnhofswirtschaften sächsischer StaatSdahntzlatio. nen auf 6 Jahre anderweit verpachtet werden und zwar: Oberneukirch ab 1. März, Klinqenberg, Colmnitz, Niedernezi» kirch, Reichenbach O.-L Miltrtz-R. und Oberlichtenau ab 1. April, SruSdo-rf ab 1. Mai, Sebnitz, Frohburg, Naunhof und Erlau ab 1. Julr. Die allgemeinen Bedingungen liegen auf den sächsischen Bahnhöfen aus. Pachtangebote über die Wirt schaften in Olberneukirch, Niederneukirch, Reichenbach O.-L. und RuSdorf sind an die Kgl. Eisenbahnbetriebsdirektion Dresden.Neustadl, über die in Klingenberg-C. und Sebnitz an die Kgl. Eisenbahn-Betriebsdirektion Dresden-Altstadt, über die in Miltitz-R. und Naunhof an die Kgl. Eisenbahndirekrion Leipzig II, Wer die in Oberlichtenau und Erlau an die Kgl. klscnbahndirektion Chemnitz und über die in Frohburg an die Kgl. Eisenbahndirektion Leipzig I bis zum 30. November ein» zusenden. Die Bewerber bleiben bis Ende Januar n. I. an ihre Gebote gebunden. Wer bis dahin keinen Bescheid er hält, kann seine Bewerbung als abgelehnt betrachten. -t. Der nächste Delegierten»«»« SeS Landesverbandes evan gelischer Arbeitervereine im Königreiche Sachsen wird am 2. April 1905 in Riesa gehalten werden. * Der Selbstmörder, der sich in der Nacht zum Mittwoch hier in einer Droschke vor einem Hause der Bayrischen Straße erschoß, war der Buchhalter Friedrich Robert Ebersbach, am 26. November 1868 in Plauen geboren. Früber war er Seminarist, später Gesangs- und Klavier lehrer, dann Geschäftsführer in einem hiesigen Kohlengeschäft und schließlich Buchhalter bei einer Firma in Plauen i. V. Seine Militärzeit hat er vom Jahre 1888 ab in Leipzig ab gedient. Seine Familie, bestehend aus Frau und mehreren Kindern, bezieht in Leipzig Armenunterstützung. Als E. im Jahre 1902 vom Stadtrat in Plauen angehalten wurde, für seine Familie zu sorgen, verließ er, ohne sich bei der Polizei abzumelden, seine Vaterstadt und wandte sich nach Basel. Von da ging er nach Straßburg und im Oktober 1903 wieder nach Leipzig. * Unfälle. Am Johannisplatze fuhr ein Tischlerlehrling aus Anger-Crottendorf mit dem Zweirade in eine Aus grabung, kam zu Falle und zog sich verschiedene Verletzungen zu. — In der Riebeckstraße kam ein Handelsmann aus Schönefeld beim Abspringen von einem im Gange befindlichen Straßenbahnwagen zu Falle und erlitt im Gesicht derartige Verletzungen, daß er in ärztliche Behandlung ge nommen werden mußte. — Von schweren Krampf anfällen wurde gestern in der inneren Stadt ein 41 Jahre alter Arbeiter aus der Hauptstraße in Stötteritz befallen. — In einem Grundstücke an der Elisen- straße stürzte gestern ein 76 Jahre alter Arbeiter aus der Lützowstraße die Treppe herab und zog sich mehrfache Ver letzungen am Kopfe zu. — Unter den Anzeichen einer Blut vergiftung erkrankten ein 67 jähriger Schirrmeister aus der JuliuSstraße in L.-BolkmarSdorf, der sich beim Auspacken von Chaurpagnerflaschen im Zollgebäude an einem Stroh halme gerissen hatte, sowie ein 28 Jahre alter Kistenmacher vom Fleischerplatze, welcher sich während der Arbeit mit einem rostigen Nagel eine Rißwunde an der linken Hand beibrachte. Die vorbezeichneten Personen fanden Aufnahme im Stadtkrankevhause. Bereiue und Versammlungen. * Der vereis Ktrchenchvr in Stötteritz hielt jüngst sein dies- lährige-I. Winterverguügen ab. Das Konzert begann mit der wirkungsvoll zu Gehör gebrachten Motette „Herr, unser Gott" von Schnabel. Hieran schloß sich ein von Fräulein Paulherr gesprochener Prolog, daß der gesangliche Teil dieses Abends ganz besonders dem Volkslied« gewidmet sein sollte. Der Vortrag dieser Lieder, tsie teils von dem gemischten Chor unter Leitung des Herrn Lehrers B. Müllers, teils von Solisten gesungen wurden, be friedigte vollauf. Den Schluß des Konzertes bildete das tadellos gesungene schwäbische Tanzliedchen „Rosenstock, Holderblüh" von Reyer. Hieran reihte sich noch ein kurzes Theaterstück, in dem sich sämtlich« Spieler mit ihren Rollen recht gut abfanden. (Wdhlt.) -r. Der Lindrnau-Plagwitzer Gewerbeverein hielt in den „Drei Linden" seine zweite November-Sitzung ab. Nach einem fesselnden Bortrage des Herrn Lehrer Max Wagner (24. Be- zirkSsch.) über Kaiser Wilhelm-, Suez- und Panamakanal wurden die geschäftlichen Angelegenheiten durch den Vorsitzenden er ledigt. * Die Sachs, evang.-soziale Vereinigung — Ortsgruppe Leipzig veranstaltet Montag, den 21. November, in den „3 Mohren" Leipzig-Anger eine öffentliche religiöse Diskussion über „Die Volks tümlichkeit der evang. Kirche". Vortrag: Pastor Lic. Naumann. Eintritt frei. (Wdhlt.) P Lchutzverband für Handel und ttzewerbe für Mittel deutschland. In einer im „Lederhof" abgehaltenen gut besuchten Versammlung genannten Verbandes sprach Herr Mühlenbaumeister Theodor Fritsch über daS Thema: „Was dem Mittelstand not tut?" Redner führte etwa folgendes aus: Die Aufgabe des Mittelstandes sei es, sich nicht willenlos zu ergeben, sondern sich zu gemeinsamer Abwehr der ihm drohenden Gefahren zusammenzuschließen. Der Mittelstand, der zwei Feinde habe, die Sozialdemokratie und das Groß- kapital, bestehe nicht allein aus Handwerkern und Gewerbetreibenden, ibm gehörten auch Gelebrtenkreise, Beamte, Landwirte und geschulte Arbeiter an. Das Großkapital mache sich für den Mittelstand un angenehm bemerkbar durch Trusts und Vereinigungen ähnlicher Art, die zum Schaden der Gesamtheit ein privates Monopol ausübten und die Preise diktierten. Daneben wirkten die Warenhäuser und die Abzahlungsgeschäfte schädigend für den Mittelstand. Daß die Sozialdemokratie, um so schnell als möglich zuck« Ziele zu gelangen, die Vernichtung des Kleinbetriebes anstrebe, sei bekannt. Der Mittelstand müsse sich auf sich selbst besinnen und auch in politischer Vinsicht geschlossen vorgehen. Von den alten politischen Parteien habe er nichts zu erwarten. Es müßte gefordert werden, eine Einschränkung der Geiverbefreiheit, Einführung des Befähigungs nachweises für alle diejenigen, die sich neu etablieren wollten ferner einer staffelförmig wachsenden Umsatzsteuer, sowie einer Erbschafts steuer. Von letzterer sei der Grundbesitz auszuschließen. Erwünscht sei weiter eine Aenderung des Bodenrechtes mit Beseitigung des Bodenwuchers. — Der Vortrag fand sehr beifällige Ausnahme. — Ferner berichtete Herr Heinker über das Ergebnis der Stadtveroxdnetenwahlen, das für den Schutzverband ein ungünstiges nicht zu nennen ist, da es wenigstens gelang, in der 2. Abteilung Herrn Nitzsche als Reseroemann aufzustellen, während Herr Meyrose in der 1. Abteilung als Reiervemann aus gestellt war. Herr Heinker glaubte, daß bei energischerer Agitation für das Bürgerwahlkomitee der Sieg in der ersten Abteilung hätte errungen werden können. In der 3. Abteilung haben die Wahl vorbereitungen im letzten Augenblick zu Differenzen geführt, deren Vermeidung zweckmäßig gewesen wäre. (Wdhlt.) * Sin Lokalverein der Stellenvermittler, Gefindever- mieter nnd Agenten von Leipzig und Umgegend ist am 11. d. M. hier gegründet worden. (Wdhlt.) Kunstkalender für Leipzig. Theater. Leipziger Stadt-Theater. Im Neuen Theater geht heute Flotows Oper „Martha" in Szene, worin Frl. Seyboid vom Augsburger Stadttheater als zweite Gastrolle auf Engagement die Lady Harriet singt. Morgen gelangt „Die Walküre" zur Auf führung, Anfang '/.7 Uhr. Tie Brünnhilde singt als Gast die Königl. Kammersängerin Frau Marie Wittich vom Hoftheater in Dresden. Im Alten Theater erscheint heute die amüsante Operette „Frühlingsluft". Morgen nachmittag 3 Uhr wird bei ermäßigten Preisen (keine Bereinsvorstellung) Anzen grubers Volksstück „Der Pfarrer von Kirchfeld" gegeben und abends 7 Uhr Beyerleins Drama „Zapfenstreich". Vereinigte Leipziger Schauspielhäuser. Im Schauspielhaus geht heute Sonnabend rm 12. Miltwoch-Abonnement neuemstudiert Schillers „Don Carlos" in Szene. Frl. Paula Mancke spielt die Eboli, Frl. Wachinger die Königin, Herr Mühlhofer den Posa und Herr Mehnert den Alba. Die anderen Rollen sind wie früher besetzt. Schüler und Schülerinnen der hiesigen Lehranstalten zahlen halbe Eintrittspreise. Am Totensonntag geht nachmittags als Vor stellung für den Gewerkverein H.-D. L.-West „Der Kampf ums Rosenrote" in Szene, wozu kein Billetverkaus stattfindet. Sonn tag abend wird Hebbels gewaltiges Schauspiel „Maria Magda lena" mit der Kgl. Sächs. Hofschauspielerin Clara Salbach als Gast in der Rolle der Clara gegegeben. — Im Theater am Thomasring wird heute das Schauspiel „Soldaten" gegeben. Am Totensonntag wird nachmittags 3'', Uhr bei halben Preisen Grillparzers „Ahnfrau" gegeben und abends gelangt einmalig „TraumuluS" zor Aufführung. Montag und Dienstag gastiert Frau Estonora Düse mit ihrem Ensemble. Die Direktion bittet um rechtzeitige Abholung der Billets. Borträge. Hebbel-Abend von Paul Wiecke. Ueber einen Hebbel-Abend Paul Wieckes schrieb die Wiener „Neue Freie Presse": Ein Abend voll edlen Glanzes, voll der unendlichen Schön heit Friedrich Hebbels. Mancher möchte Hebbel den Lyriker, diesen Großen, der noch lange nicht tief genug in die Massen ein gedrungen ist, gerne für sich allein haben, ihn einsam feiern, ganz in der Stille für sich nur lesen, seine schlichten und feinen Natur- lieber, seine farbigen, innigen Kindheitsgedichte, seine tiefernsten starken Gedankenpoeme. Und mancher mag kaum daran denken, daß es Künstler gibt, die Hebbel, den Lyriker Hebbel sprechen können, vor einem großen Publikum in einem großen Saale. Denn Lvrik ist überhaupt schwer zu sprechen, und Schauspieler vermögen es am seltensten. Eine Ausnahme bildet Paul Wiecke, den wir am heutigen Hebbel-Abend des Ansorge- VereineS im Bösendorfer-Saale als Sprecher Hrbbelscher Lyrik kennen lernten. Als Interpret der dramatischen Dichtungen Hebbels ist Hofschauspieler Wiecke aus Dresden längst schon bekannt. Wie er des Dichters subtiles „Svmmerbild" heraussagte, oder das ewige „Requiem", das lebenssatte „Du hast kein Herz", oder die stille „Weihe der Nacht" oder das flammende Gedicht „An die Juna- linge": daS war ein Glanzstück dichterisch-malerischer Sprechkunst. Wiecke hatte großen Erfolg. Vergnügungen. Kristall-Palast-Theater. Auch der neue Spielplan erstellt sich einer recht lebhaften Aufnahme und stellt sich aus nur erst klassigen Spezialitäten, welche ziemlich alle Fächer des BariStös vertreten, zusammen. Kristall-Palast. Ter für Sonntag, den 20. d. M., im blauen Saale angekündigte Vortrag des Grafen Ernst zu Reventlow findet eingetreteuer Umstände halber an einem anderen noch zu be stimmenden Tage statt. -ins ller UnigegrnO. * Böhlih-Ehrenberg, 18. November. Als Ver trauensmänner für die Land- und forstwirt schaftliche Berufsgenossenschaft für- das Königreich Sachsen wurden vom hiesigen Gemeinderate für die Wahlperiode vom 1. Januar 1905 bis 31. De zember 1908 die Herren Gutsbesitzer und Gemeinde ältester Oskar Pflaume, als Vertrauensmann, und Gutsbesitzer Hermann F r a n k e, als Stellvertreter, ge- wählt. — Der hiesige Schulvorstand hat als fünften ständigen Lehrer Herrn Lehrer Richter in Limbach gewählt. Der Gemeinderat hat denselben bestätigt. — Im hiesigen Gemeindeamte soll eine Polizeiwache eingerichtet werden. Nur Zacdren. * Dresden, 18. November. -e- Die Absetzung der Frage, ob das Stadtverord netenwahlrecht noch vor den jetzigen Ergänzungswahlen geändert werden soll, von der Tagesordnung der gestrigen Sitzung ist auf folgende Vorgänge zurückzu führen: Um ein geschlossenes Vorgehen aller von staats- erhaltenden Grundsätzen geleiteten Parteien und Ver- einigungen gegenüber dem Anlauf der Sozialdemokratie zu erzielen, war von den Kreisen der jetzigen Mehrheit im Kollegium besonderes Gewicht auf ein Zusammen gehen mit den Nationallibcralen gelegt worden. Diese hatten hierfür ihre Zusage gegeben unter der Bedingung, daß eine Aenderung des Stadtverordnetenwahlrechts im Prinzip noch vor den jetzigen Wahlen vom Kollegium beschlossen würde. Daß diese Aenderung noch vor den jetzigen Wahlen Gesetz und somit anwendbar werden sollte, hat niemand verlangt. Die Mehrheit der vorbereitenden beratenden Ausschüsse hatte nun die obi^L Frage verneint, und es stand zu erwarten, daß sich auch die Majorität des Plenums in diesem Sinne aussprechen würde. Gestern morgen ist weiter von der großen Gruppe der nationalen Vereinigungen an die Führerschaft der Notionalliberalen das Ersuchen gerichtet worden, ihre Bedingungen für ihr Zusammengehen (Festlegung vor den jetzigen Ergänzungswahlen) fallen zu lassen. Hierüber war bis gestern abend eine Einigung nicht zu erzielen, und so kam man in einer vertraulichen Be sprechung vor der Sitzung zu dem Beschluß, die Beratung des Gegenstandes im Kollegium abzusehen, ebenso aber auch die Wahl der unbesoldeten Stadträte, da hierbei den Nationalliberalen Konzessionen gemacht werden sollten. Dem Vernehmen nach haben die Nationalliberalen eine Entschließung noch im Lause des heutigen Tages zu- gesagt. * Ordenswesen. Der König bat genehmigt, daß der Hofmarschall des Prinzen Johann Georg, von Mangold t- Reiboldt, den ibm vom Deutschen Kaiser verliehenen Kronenorden II. Klaffe mit dem Stern annehme und trage. -6- Die Sächsisch-Böhmische TampsschisfahrtS-kSescllschaft erhält den Personen- und Frachtenverkehr auf der böhmischen Elbstrecke nur noch bis Mittwoch, den 23. November, aufrecht. Vom 24. November an werden die Fahrten nur noch zwischen Dresden-Schandau-Schmilka und DreSden-Mühlberg ausgeführt. * * Buchholz, 18. November. An Stelle des Pastors Dr. Herrmann, welcher sich der Privatlehrtätigkeit ge widmet l>a1, ist unter drei Bewerbern Hülfsgeistlicher Wenzel aus Döhls^bei Dresden zum Diakonus hiesiger Stadt gewählt worden. r. Kötzschcnbroda, 17. November. Von der verstorbenen Juristenwitwe Ernestine Wilhelmine Ohnesorge ist unserer Nachbargemeinde Naundorf ein Vermächtnis von 10 000 Mark »»gefallen, dessen Zinsen zur Bestreitung laufender Ausgaben der Armenkasse Verwendung finden sollen. w. Zehren, 17. November. Am Sonntage feierte hier Herr Pastor Zschucke sein 25jähriges Ortsjubiläum. Kreiperg, 17. November. Die Königliche Bergschule zu Freiberg hat soeben ihren Bericht auf das 128. Lehr jahr 1903/04 veröffentlicht. Im Beginn dieses Lehrjahres Anfang Oktober 1903 zählte dieselbe 56 wirkliche Schüler und 10 Hospitanten, im ganzen 66 Schüler; in daS neue Schuljahr ist die Schule mit 62 wirklichen Schülern und 7 Hospitanten, im ganzen 69 Schülern eingetreten. -8. Freiberg, 18. November. DaS hiesige Psarrer- Söhne-Heim wird zu Ostern 1905 ein eignes Hau« beziehen. Das Sommerhalbjahr kann auf Grund der bisher erfolgten Anmeldungen mit 18 Zöglingen eröffnet werden. Trotz des vorhandenen Platzes soll diese Zahl nicht wesentlich überschritten werden. * Chemnitz, 18. November. Schuldirektor Gatzsch von der 3. Bezirksschule wurde gestern abend 6 Uhr in seiner Wohnung von einem Schlaganfall getroffen und starb auf der Stelle. Er war seit 1869 in Chemnitz tätig und übernahm 1902 nach der Pensionierung des Herrn Clemens das Direktorat der 3. Bezirksschule für Knaben. Herrn Clemens, der am 2. November d. I. verstarb, ist also fein Nachfolger schnell in den Tod nach- gefolgt. -dm- Chemnitz, 18. November. Die hiesigen Sckuh- machergehilfen sind in eine Lohnbewegung getreten, die aber infolge des indifferenten Verhaltens der Gehilfen im Sande zu verlaufe» scheint. Trotzdem will man an der Einführung des neuen Tarifs vom 1. April 1905 an fest halten. r. Waldenburg, 18. November. Auf einem Felde im be nachbarten HinteruhlmannSdorf wurden vergraben gefunden: je eine silberne Herren- und Dameutaschenuhr, ein Granathalsband mit Stein, eine goldene Broche mit Stein, eine silberne Broche und drei goldene Medaillons. Die Er mittelungen über die Herkunft dieser Gegenstände sind im Gange. * Zwickau, 18. November. Das allgemeine Gespräch bildet hier gegenwärtig die Diebstahlsgeschichte einer angesehenen Sekretärsehefrau, die aus einem hiesigen großen Warenhaus für ungefähr 600 „E Waren der ver schiedensten Art nach und nach gestohlen hat, bis die Sache jetzt aufgedeckt wurde. Die gestohlenen Gegenstände, zu deren Transport die Polizei einen Wagen nehmen mußte, waren für die Frau zumeist völlig wertlos. * Zwickau, 18. November. Die Gruppe Zwickau des Alldeutschen Verbandes bat 945 40 für die deutschen Krieger in Südwestafrika aufgebracht. — Dem Verband evangelischer Arbeiter-und Volksvereine in der Kreishauptmannschaft Zwickau gehören jetzt 16 Vereine mit 1700 Mitgliedern an. — Eine Ortsgruppe Zwickau des deutschen Schuhwarenhändler-Verbandes ist bier gegründet worden. Zweck des Verbandes ist, Vorgehen gegen die Warenhäuser, Fabrikniederlagen, gegen unlauteren Wett bewerb usw. —Die hiesige Theaterdirektion veranstaltet auch in Hof und Reichenbach Theateraufführungen, die in beiden Orten gute Aufnahme finden. * Obcrstützengrün, 18. November. Die diamantene Hochzeit feierte gestern das Ehepaar Stellmachermeister Bretschneider hier in aller Frische. Hur Zachrens Umgebung. sft Schkeuditz, 18. November. Im nahen GerbiSdorf stürzte vorgestern die 34 Jahre alte Ehefrau des Gutsbesitzers Heynert beim Aufstecken der Gardinen von einer Leiter herab und brach den linken Unterschenkel, so daß sie nach dem Leipziger Stadtkrankenhause gebracht werden mußte. Feuilleton. Theaterzettel. Erne Plauderei von K. Reichner. Nachdruck derbsten. „Die ganje Welt Ist ein Theater, Und jeder Mensch >ptelr seine Rolle drin." Theater gespielt hat man wohl schon, so lange Welt und Menschen existieren, wenn man unter diesem Aus- druck Sie Komödie des Lebens versteht, von der eigent lich alle Komödien abstammen. Für den unbeteiligten Zuschauer ist zur Erklärung der Dinge, die da kommen sollen, im Voraus eine Art von Ueberficht erforderlich, um, ohne viel zu verraten, die handelnden Personen vorzustellen. Solche „Theaterzettel" hat es gegeben, solange man Theater spielt. Nur die Form der Ankündigungen hat sich im Laufe der Jahre verändert, und bot so den toininenden Geschlechtern schwarz auf weiß eine Ueber- lieferung als wertvollen Beitrag zur Welt- und Kultur geschichte. Wenn man unter dem Namen Theaterzettel eine An zeige von Schaustellungen größeren Stils versteht, so dürften solche Schauspielzettel nachweisbar bis ins erste Jahrhundert unserer Zeitrechnung zurückreichen. Allerdings sahen dve damaligen Theaterzettel etwas kompakter aus als die heutigen, indem nicht das ver gängliche Papier, sondern dauerhafter Stein als Her- stellungsmatericil diente, und man sie praktifcherweise mit fästvarzer Farbe auf weiß getünchte Wände oder Mauern al fresco hinmalte; auch Pfeiler und Säulen dienten im klassischen Altertum zum Anschlägen von Pla katen als Ersatz der Zettel. Noch älter ist der lebendige Theaterzettel, der, von der Bühne herabgesprochen, den antiken Dichtungen als Prolog voran zu gehen pflegte, um den Inhalt des Stückes zu skizzieren. Dieses Ausplaudern der Handlung, um das Der- ständnis zu erleichtern, erhielt sich auch bei den geist- lichen Schauspielen und sogenannten Schulkomödien des Mfttelalters, die in deutschen Stiften und Klöstern zur Aufführung gelangten, doch kamen damals auch schon geschriebene „Blättgen" vor, wie der ursprüngliche Name des Theaterzettels in Deutschland lautete. Schwarz auf weiß erhalten geblieben ist ein solches „Blättgen" aus dem Jahre 1430; es besteht aus zwei Pergamentblättern mit dem Titel eines lateinischen, halb geistlichen, halb weltlichen Schauspiels, nebst dessen Per- sonenverzeichnis und ist in ähnlicher Weise ab'gefaßt, wie der heutige Theaterzettel. Kürzer und bündiger waren die ersten gedruckten Theaterzettel, die im 17. Jahrhundert unter dem Namen „Billet" erschienen und nach französischem Muster zu- gleich als Eintrittskarte galten; außer dem Titel des Stückes und allenfalls dem Autornamen gab dieses „Billet" nur die Preise der Plätze bekannt, während die Darsteller von der Bühne herab verkündet wurden. Dagegen zeigt ein Theaterzettel aus dem Jahre 1650 eine bemerkenswerte Neigung zur Reklame, des vielversprechenden Inhalts: „Zu wissen sei Jedermann, daß allhier ankamen eine gantz neue Compagnie Comödianten, so niemalen Zuvor hier zu Land gesehen, mit einem sehr lustigen Pickelhering (holländischen Hanswurst), welche täglich agieren werden schöne Comödien, Tragödien, Pastorel len und Historien, vermengt mit lieblichen und lustigen Jnterludien und zwar heut Montags werden sie agieren: „Das Friedwllnfchende und mit Fried befehligte Deutsch land." Ein sehr herrliche Malerei von dem berühmten Herrn Johann Reisten gesetzet, und Zum erstenmale in Hamburg dem Autor zu großen Ehren, und den Zu sehern zu höchster Ergetzlichkeit auf dem Schawplatze (Schauplatze) praesentirt; sie hält in sich verblümter Weise den ganzen deutschen Krieg. Ist hier von keinem Comoedianten Zuvor gesehen. Nach der Conwedie soll praesentirt werden ein schön Ballet und lächerliches Possenspiel. Mittwochs den 21. Aprilis werden sie praesentiren eine sehr lustige Conwedie, genannt: „Die Liebes Süßigkeit verändert sich im Tode Bitterkeit." Als im Jahre 1665 englische Schauspieler ihren Thespiskarren durch Deutschland zogen, wurde der Zettel auf englische Manier zugestutzt, d. h. man verkürzte ihn, gab aber nicht die Personen der Komödie, sondern deren Inhalt an. Außerdem brachten die englischen Kcmö- dianten allerlei schmeichelhafte Bemerkungen auf dem Theaterzettel an, wie z. Ä.: „An die verehrungswürdigen Bewohner" oder „An die Frauenwelt", oder sie ver- stiegen sich gar zu galanten Anspielungen, wie 1665 bei einer Aufführung des Schauspiels: „Die aegyptische Olympia" in Wien, wo es heißt: „Denen österreichischen Halbgöttinnen und hold seligen Donaunymphen zu gnädigem Wohlwollen ge widmet." Ein späterer Theaterzettel, der aus dem Jahre 1730 und von deutschen Komödianten stammt, lautet: „Die schlaue Witwe oder die vier Nationen als Lieb haber — Spanier, Engländer, Italiener, Franzose. Nun, sc wollen wir doch heute allen Frauenzimmern viele Lehren geben, wie man bei Heirathen und Ehe stiftungen verfahren soll. Die Augen der Vernunft muß jedes Frauenzimmer aufthun, wenn es sich von mehr als einem Ambassadeur angegangen sieht. Wie fein weiß Rosaura vier Nebenbuhler zu Prokuren und ihre Ge- sinnunqen auszusorschen I Ihr Schönen, besucht uns alle, alle! aber nehmt nicht zu viel von der Bühne mit; sonst mag es für die schmachtenden Liebhaber im bürger lichen Leben traurig sein." Als am 13. Januar 1782 in Mannheim die Pre miere von Schillers „Räuber" stattfand, verriet schon zuvor der Zettel, um was es sich bei diesem Erstlings werk des jungen Dichters handelte, nur daß dieser selbst, nach dem Personalverzeichnis und den Eintrittspreisen, schwarz auf weiß das Wort ergriff. Uebrigens bestand zu jener Zeit ein solches „Blättgen" an der ersten Bühne Deutschlands aus einem recht groben Papierfetzen von zirka 30 Centimeter Höhe und 15 Centimeter Breite. Die Kunst, Zettel zu machen, hat sich bis auf unsere Zeit erhalten, wenigstens bei kleineren Bühnen und bei Wandertruppen, die durch möglichst sensationelle Neben titel den dramatischen Effekt zu erhöhen suchen. So ver- sah z. B. 1859 ein erfinderischer Direktor in Deutschland Mosenthals „Deborah" mit dem zugkräftigen Anhäng, sel: „oder Judenfluch und Christensegen", und eine kleine reisende Gesellschaft annoncierte das Halmsche Stück:,, Der Sohn der Wildnis" mit dem Zusatz: „Oder eine Liebe vor Christi Geburt". Besonders die Dramen Schillers wurden durch irgend ein bombastisches „oder" auf dem Theaterzettel noch populärer gemacht, wie z. B.: „Don Carlos" oder „Der Sohn, der seine Mutter liebt", ferner „Kabale und Liebe" oder „Ein Glas Limonade", Seitenstllck zu „Ein Glas Wasser". — Auch „Fiesko" hat sich durch Umtaufen viel gefallen lassen müssen, worin wohl 'der Theaterzettel einer österreichischen Künstlertruppe durch folgende Anpreisungen das äußerste leistete: „Die Verschwörung des Fiasko, Doggen von Genua und Venedig. Vaterländisches Helden-, großes, berühm tes Ritterschauspiel, mit ei'm wirklichen Brand zum be- schluß, in 5 Anzüge. — Personen: Fiasko, der Doggen. Eleonohre, seine Gemahlin. Doria, Fürst von Genua. Julie, dessen Sclstvester. Verrina, ein „Geschworener". Häuptling aus Genua. Hussah, ein Mohr. (Kleine Gabler.) „Geschworene", Masken, Mordbrenner, wäl- lische Banditen. — Am Schluß ein wirklicher Mordbrand von roten Feier." An dieses hochinteressante Inhaltsverzeichnis schloß sich die untertänigste Bitte um Gnade und Beistand der „Gähner und Kunstsreinde". AlS 1889 „Schüllers Räuber" im Fenice-Theater zu Fiume (Italien) gegeben wurden, suchte man mit Hülfe von Trauer- und Schaunebenmitteln das Inter esse folgendermaßen zu steigern. 1. Akt: „Ein falscher Brief. Die Spinne und ihr Netz. 2. Akt: Die sächsische Schenke. Große Projekte. 3. Akt: Ein infames Projekt. Hyänenherz. Ein Lügner aus Liebe. 4. Akt: In den böhmischen Wäldern. Das Brüllen des Löwen. 5. Akt: Vaterliebe. Sohnesherz. Ein schrecklicher Racheschwur. Auf das Schloß! 6. Akt: Die Strafe des Vatermörders. Vollendete Rache. Die Gerechtigkeit Gottes." Auch originell ist die geniale Idee efties belgischen Theaterleiters, das Publikum stets vorher hinsichtlich der Moral des angekündigten Stückes durch deS Zettels Färbung auszuklären. Weiß bedeutete absolute Rein- lichkeit des Inhalts; dagegen war ein blauer Zettel nickst ganz ungefährlich; rot verriet einen drastischen Effekt; gelb warnte besonders das „schwächere Geschlecht" vor dem Besuch des Theaters. Leider aber sollen gerade diese Zettel die größte Anziehungskraft besessen haben, wäh rend die weißen, unschuldsvollen meist leere Bänke zur Folge hatten. Auch „nicht ohne" ist die glorreiche Erfindung eines spekulativen Zuckerbäckers in der französischen Stadt Boulogne-sur-Mer, der Thaterzettel aus ganz dünnem Kuchenteig mit Schokoladebuchstaben herstellte, um das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden, d. h. den theatralischen Genuß zu versüßen oder vielleicht zuweilen ein zweifelhaftes Stück genießbarer zu machen. Bei solcher Reichhaltigkeit in der Kunst der Zettel industrie ist es kein Wunder, wenn diese verschiedenartigen Schauspielzettel ein wertvolles Sammelobjekt bilden. Lugt doch überall ein Stücklein Zeitgeist durch! Die be deutendste Literatur aus diesem Gebiete besitzt wohl Lon- don in dem „Museum für alte Theaterzettel", in welchem sich alles vereinigt findet, was sich innerhalb der Jahre 1763 bis 1848 in England und Schottland auf den Brettern, die die Welt bedeuten, interessantes abgespielt hat. Im städtischen Museum zu Braunschweig befindet sich ein Theaterzettel auS dem Jahre 1734 mit der Ankündi gung einer am 27. Dezember damals in Dachwich bei Gotha aufgefllhrten Vorstellung: „Die Grafen von Hohengrolldesech oder ein Gemälde aus der vaterländi schen Vorzeit", mit dem hochinteressanten Zusatz: „N. V.l Zur Bekwemlichkeit des Buwlikumß ißt angeortnet, tas die Erste Reihe sich hinlegt, die zweude Reihe knieth, die dridte slltzt und vllrte steth, so könnens Alle sehn. — Daß Lachen is Derbothen, Weills ein Drauerspül ißt." Eine originelle historische Erinnerung bietet jener braunschweigische Theaterzettel, der einst die verblümte Antwort des letzten Herzogs von Braunschweig, Wilhelm, der 1884 unvermählt gestorben ist, ausdrücken mußte, als ihm eine Deputation seiner angesehensten Bürger eine Bittschrift seines Volkes — die den dringenden Wunsch enthielt, er möge sich vermählen — überreichte. Herzog Wilhelm empfing und entließ diese „Ehe- Kommission" in Gnaden, indem er baldigen Bescheid ver hieß. Und noch nicht eine Stunde später wurden an allen Straßenecken große Theaterzettel angeschlagen. Sie lauteten: „Herzogliches Hof-Theater. Auf Allerhöchsten Befehl. Heute abend: „Ich bleibe ledig!" Lustspiel von K. Töpfer." Das ist aber wohl das einzige Mal, daß der Theater zettel eine Rolle als geheimer Agent und als Interpret in der Komödie des Lebens zu spielen hatte.
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