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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 11.09.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-09-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192809112
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19280911
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19280911
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1928
- Monat1928-09
- Tag1928-09-11
- Monat1928-09
- Jahr1928
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 11.09.1928
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Oertliches mid Tachsisches. Riesa. den 11. September 1928. ^..—'Wetternorbertaae'«»eben 12. September. Mktgetetkt von der Sächs. LandeStvetterwarte »u Dresden. Westlich^ W'j ^t^eil« beiter. Temperaturen wenia geändert. —* Daten f«ir den 12. September 1928. Sonnenaufganp 8,30 Uhr. Sonnenuntergang 18.22 Ubr. Vtondoufaana 2,bv Uhr. Mondunternanq 18,10 Ubr. 1819: Feldmarschall Lebrrecht v. Blücher, Fürst v. Wahl statt, in Krieblowitz geft. <peb. 1742): 1829: Der Maler Anselm Feuerbach in Speyer geb. (qest. 1880»; 1882: Der englische Staatsmann Herbert Henry Aus» quith in Morley geb. ; 192S: Der Lustspieldichter Gustav Kadelbur» in Berlin 9«st. taeb. 1851). —* Auszeichn unqsür Treue in der Arbeit. Für über 40jährige Tätigkeit bei der Mitteldeutschen Stahlwerke A.-B., Lauchbammrrmrrk Riesa, erbielt der Schmied Retnbold Ecknia. Rtesa-Gröba. Oststraß» 27, von der Handelskammer Dresden das silbern» Ehrenzeichen nebtt Beudurknnde und von der Direktion »ine Jubiläums» Plakette in Bronze und em ansehnliche« Geldgeschenk aus- aehändigt. — Für über 25jährige Tätigkeit bet der Mittel» deutschen Stahlwerke A.-G. Lauchhammerwerk Riesa, er» hielte» di« Nachstehenden von der Handelskammer Dresden da« bronzene Ehrenzeichen nebst Besitzurkund« und von der Direktion je »in» Jubiläumsplakette und ein ansehnlich,» Deldaeschrnk auSgrhändigt: Arbeiter Otto BSa, r, Riesa, Doppik« Strahe 23 Schlosser Oswald Äirkner, Riesa-Tröba, Krrchftr. 8d Arbeiter Moritz Barth, Räderau, Sandbrrgstrah« 32 „ vugust Ht»ls ch » r, Bobers»« Nr. 33 „ Max Johne, Glauditz C. 12 Kontorist Willy Händler, Riesa, Goethestraß» 44 Arbeit« Ernst Kitz mann, Fichtenberg 19 Walzer Louis Lehmann, Pausitz 14 k Arbeiter Kurt Mieth, Rtela-GrSba, Dammweg 3 , Gustav Nridrrt, Riesa-Weida, Wtndmühlenftrake 3 Dreher Max Nick la«, Riesa, Poppitz« Straße 15 Meister Richard Rühle, Bobrrsen 3« „ Peter Schmidt, Riesa-Bröba. Wrftftraß, 18 „ Miax Thiele, Riesa, Sckützinftrabe 14. —' Meisterprüfung. Bor der Prüfungskommis sion in Großenhain haben folgende Herren die Meister prüfung im Schuhmacher Handwerk mit Erfolg be standen: Curt Förster, Riesa, Kurt Müller in Streumen, Georg Risse in Zeithain-Dorf, Arthur Gosse in Pahrenz und Kurt Unge r in Zeithain-Lager. —* Bom A. S. B. Riesa ergebt in vorl. Lageblatt- »usgab« eine Einladung zu einem Kursus für erste Hilf« bei Unglückrfällen, worauf hiermit hiugewieseu sei. —vdz. Schon vom 7. Oktober ab nur noch zwei Eisenbahnklassen. Wie mitgeteilt wird, sind die Verhandlungen der Reichsbahn mit dem Reparations agenten über die Einführung des neuen Eisenbahntariss nunmehr zum endgültigen Abschluß gelangt. Das neue Zwetklassen-Lhstem gelangt bereits mit dem Inkrafttreten des Wintersahrplans am 7. Oktober zur Einführung. Von diesem Zeitpunlt ab wird es also bei der Reichsbahn im allgemeinen nur noch eine Polsterklasse mit der Bezetch- nung 2. Klasse und eine Holzklasse mit der Bezeichnung 3. Klasse geben. Die Reichsbahn rechnet auf eine große Verstärkung des D-Zug-Bcrkehrs, wofür Wagenmaterial bereitsteht. Die beschleunigten Personcnzüge fallen fort, etwa 30 Prozent davon werden zu zuschlagpflichtigen Eil zügen, 70 Prozent sollen als zuschlagfreie Personenzüge mlt verminderter Ttationenzahl und größer« Fahrge schwindigkeit beibehalten werden. I» den D-Zügen werden für den Jnlandsverkehr die Abteile 1. Klasse für Fahr gäste 2. Klasse fretgegeben, ohne daß an ihrer Ausstat tung etwa« geändert wird. An den Tepäcktartfen wird nichts geändert. Auch die Expreßgut-Tartfe werden nicht erhöht. Für die Gütertarife bleibt es bet einer Erhöhung UM 11 Prozent, wovon jedoch die Massenartikel der Ernäh rung, wie Getreide, Hülsenfrttchte, Mühlenerzcugntsse, frische Feld- und Gartensrüchte, Gemüse und Kartoffeln ausgenommen werden. In der Ferienzeit und zu den Feiertagen sollen weiterhin verbilligte Sonderzüge ge fahren werden, und zwar in der Polsterklasse zu 5,8 Pfg. und in der Holzklasse zu 3,7 Pfg. für da« Kilometer mit Ker Fahrpreisermäßigung von 33V, Prozent. Auch die ermäßigten Wochenendkarten werden nach wie vor ausge- geben. Mit den Vorbereitungen zur Umstellung der 4. Klasse wird sogleich begonnen werden. Die Wagen 4. Klasse erkalten zunächst die äußere Kennzeichnung al» Abteile 3. Klasse und sollen dann durch allmähliche bau liche Veränderung der jetzigen 3. Klasse angegltchen wer den, wobei für den Nahverkehr zu den Märkten u>w. Wagen für Reisende mit Traglasten beibehalten werden. — Anläßlich der Verminderung der WagenNassen treten mit Wirkung vom 7. Oktober 1928 auch die von dem Herrn Reichsverkehrsminister genehmigten Tarisänderungen in Kraft. Die Einheitssätze der Einzelkarten betragen einschl. BcförderungSsteuer je Kilometer in der 1. Klasse 11,2 Reichspsennige, in der 2. Klasse 5,8 Reich-Pfennige, in der 3. Klasse 3,7 Reichs psennige mit einem Spannungsverhältnis von 1 zu 1,5 »u 3. —* Bund Entschiedener Schulreformer. Am 8. September tagte hier der Vorstand des Bezirkes Nordsachsen im Bunde Entschiedener Schulreform«. Dem einleitenden Referat von BundeSfreund Hänig, Stuoicn- rat in Rochlitz, über die höhere Schule in Sachsen und der Bund Entschiedener Schulreformer folgte eine längere, klärende Aussprache. ES wurde erneut die Notwendigkeit erkannt, daß das gesamte höhere Schulwesen nicht nur organisatorisch neu zu gestalten ist, sondern daß auch Lehrplan und Lehrstoff zu sichten sind Nur die elastische Einheitsschule mit Kernunterricht und wahlfreien Fächern weist den Weg aus dem Schu.chaos. Bundessreund Schmidt, Lehrer in Riesa, sprach über Internat und Konfession". Seine Ausführungen stützten sich auf einen Briefwechsel mit dem Ministerium für Volksbildung. Die ser Brieswechsel ist in der Neuen Erziehung, dem Organ der Entschiedenen Schulreform«, veröffentlicht. Die Be zirkstagung wurde für den 18. November in Wurzen ange- setzt. In der damit verbundenen öffentlichen Tagung wer den Bundessreund Professor Oestreich über die deutschen Schultämpfe und der Bund und Bundessreund Vtehweg, Schulrat in Löbau, über die Aufgaben des Bundes in Sachsen sprechen. Das vom Bunde geforderte, in Braun schweig bereits durchgesührte „Pädagogische Wochenende", das den Schüler vom Sonnabend zum Montag schulaus- aabensrei läßt, wird auch für Sachsen gefordert. Nach Erledigung interner Bundesangelcgenhciten wurde die Sitzung beendet. —* Tagung des Gartenbauverbands für Sachsen. Innerhalb der Festlichkeiten zum 50 jährigen Jubiläum der Zwickauer Gartenbaugesellschast sand am Montag in Zwickau die Sommertagung des Gartenbau verbandes für Sachsen statt. Zahlreiche Behördenver treter und Ehrengäste wohnten der Tagung bei. Direktor Dr. Alt von der Sächsischen Landeswetterwarte in Dresden hielt einen fesselnden Vortrag über „Methode und Leistung der wissenschaftlichen Wettervorhersage" und Direktor Dän- Hardt-Dresden von der Kammer für Gartenbau beschäf- ttgte sich in längeren Ausführungen mtt verusSfragen Besonders interessant war »u hören, daß fm Jahre 192) an 44 sächsische Gärtner 600000 Mark Darlehen gegeben werden mutzten und daß die Verschuldung des Handwerk rapid vor sich gebe, ohne daß greifbare Hoffnungen auf Besserung vorhanden fcten. Besonder« empfohlen wurde dt« Einführung des Motorenbetrieb». Ueber Absatzbelebung wurden wertvolle Winke gegeben. Mit der Mahnung, trotz wirtschaftlich« Nöte den Gartenbau und damit Heimat- liebe und Dienst am Vaterland zu pflegen, schloß die Tagung, nachdem noch einstimmig beschlossen worden war, an Hofrat Dr Bvuchö-Dresden, der sich um den sächsischen Gartenbau hohe Verdienste erworben hat, ein Huldi- gungstelearainm abzusenden. —* Verlängerung der Ausbranch»srtst für Briefumschläge mit unzulässigen Aus. brücken. Das ReichSpostmtnisterium macht bekannt, baß Briefumschläge, Streifbänder Mr Drucksachen), Taschen lfür Warenproben), «breßzettel usw. mit unzulässigen Auf. drucken noch bl» znm 31. Dezember 1929 aufge- braucht werden können. Bei der Herstellung neuer Brief. Umschläge ist zu beachten, daß die Absenderbezetchnungen, Reklamen usw. auf bas linke Drittel der Vorderseite der Briefumschläge, Streifbänder usw. und auf die Rückseite der Umschläge usw. junter Freilassung eine» mindesten» SX Zentimeter breiten Raume» am oberen Rande) be. schränkt bleiben. -* Bitte eine» vielbeschäftigten Fern- sprechteilnehmers, Ei» vielbeschäftigter Fernsprech teilnehmer hat gebeten, die Oesfentltchkeit auf die Haupt regel 7 in den Vorbemerkungen zum amtlichen Fernsprech- buch aufmerksam zu machen. Sie lautet: Unaufgefordert Namen nennen, wenn man angerufen wirb. Amt und Num mer nennen, wenn verschiedene Personen ober Seschäft«- stellen den Fernsprecher benutzen oder wenn man die Nen- nung des Namen- vermeiden will. Nicht mit „Halloh" mel den, weil hierdurch nur Zett versäumt wirb. —* Kein 8-Udr-Ladenschluß in Dresden. Wie aus Dresden gemeldet wird, teilte der Rat den Stadt verordneten mit, daß feine Bemühungen um Herbeiführung einer Vrrelnbarung zwischen Arbeitaebern und Arbeit nehmern üb« Einführung de« 8-Ubr-Ladenschluffr» ver geblich gewesen feien und daß er de«halb davon abgesehen habe, sich einer Eingabe der Stadtverordneten an die Reich»- reaierung aus Sinsührng de« 6Ubr-Ladenschluffe» an» zuschließen. —* Billige Wochenendfahrt. Die Reichsbahn- Betriebsdirektion Leipzig 11 empfiehlt im Anzeigenteil vorliegender Tageblattausgabe eine billige Wochenendfahrt nach Berlin, aus die hiermit hingewiesen sei. —* Keine Aufhebung des Mieterschutzes. Gegenüber Pressemeldungen wird amtlich festgestellt, daß die Reichsregierung die Aushebung des Mieterschutzes nicht beabsichtige o Lutherverein. Der Lutherverein zur Erhaltung der deutschen evangelischen Schulen im Aus lande, dessen Gründer, der frühere österreichische Geist liche SynesiuS Fischer, jetzt in Eger lebt, besitzt im Säch sischen Landesverband seine stärkste Stütze. Wie dessen vor einiger Zeit erschienener Jahresbericht über das 23. VereinSjahr zeigt, zählt er etwas über 3000 Mitglieder. Sie verteilen sich auf 34 Ortsgruppen. Die bei weitem stärkste ist die Dresdner mit rund 1000 Mitgliedern. Der Landesverein Sachsen, den Oberlehrer i. R. Hantusch, Dresden, mit vorbildlicher Treue leitet, hat im Jahre 1927 über 7000 Mark für bedürftige evangelische «schulen! und ihre Lehrer in Oesterreich, der Tschechoslowakei, Dolen und Südtirol auswerfen können und dadurch viel «segen gestiftet und reiche Freude verursacht. —* Ein Urteil amerikanischer Beruf»- frauen über die deutschen Frauen der Nach kriegszeit. Aus Newyork wird berichtet: Eine Dele gation der Nationalen Vereinigung der Klubs der Frauen aus dem Geschäfts- und Berufsleben, die soeben von einer Studienreise durch Europa zurückgekehrt ist, hob die muster hafte Organisation der deutschen Frauenklubs hervor. Den deutschen Frauen wird Bewunderung gezollt, weil sie trotz der größten Entbehrungen während der Kriegszeit und WW LMMW. „Tie Macht der Finsternis" Drama :n d Akren von Graf Leo N. Tolstoi.— Viel wird über Leo Tolstoi anläßlich seines 100. Geburtstages zcschricben, überall wendet man sich diesem Dichter zu, und seine Gestalt tritt mit all ihren problematischen Zügen von neuem vor die Menschheit. Wie er mit unlösbarer Macht am Leben hing und den Tod fürchtete, wie er des Lebens Lust und bittre Schmerzen leidenschaftlich auskostete, aber auch, erbarmungsloser Richter seiner selbst, über das Ge ringste jedes einzelnen Tages seit früher Kindheit von sich Rechenschaft forderte,- wie er in höchster Demut und Eitel keit zugleich den glühenden Willen zum Märtyrer hatte, in sich den niedrigsten Sünder sah und sich darum quälte: wie ihm soziale Schäden plötzlich an einem Beispiel zum bren nenden Bewußtsein kamen und ihn aufpeitschten,- daß er um der sozialen Probleme willen mit Gattin und Kindern rang, und ihn seine Todesstunde doch endlich, sein Streben «füllend, in kümmerliche Einsamkeit, fern von allem Glanz, führte, bas werde» jetzt tausend Zungen neu berich ten. Doch auch die Bühnen lassen den Dichter zu einem neuen gewaltigen Leben erwachen, und wieviel eindring licher diese eigenen Worte des Künstlers, von der LcbenS- sülle des Schauspielers bis ins Innerste durchglühtl „Die Macht der Finsternis."' Drei dunkle, schwere Akte führen tiefer und tiefer in die erstickende Atmosphäre, in die Finsternis hinein. Triebe des Menschen, einst gute, heilige Triebe, erscheinen hier in ihren teuflischsten Extre- men, Menschen, nicht durchaus schlechte Menschen, werde» oon diesen Trieben innerlich zerfressen. Drei Akte hin durch sieht man die Menschen an einem verborgenen Gifte zugrunde gehen, und nur ein dumpfes, stumpfes Bewußt sein läßt sie das furchtbare Ende ahnen. Sie sind nicht Herren ihrer selbst, sie werden beherrscht von einer finstern Macht. Diese ist dauernd wirksam, wett, weit scheint der Weg, wenn jeder Akt denselben Kreis dieser Unglücks menschen darstellt, in ihrem Wesen unverändert, immer in der gleichen mörderischen Schwüle lebend; aber sicher, un entrinnbar versinken sie durch ihre Leidenschaften tiefer in» verderben, das dann im 4. Akte das grausamste Opfer for dert und den Menschen endlich erschreckende Klarheit schafft. Bon gigantischer Wirkung ist dieser 4. Akt, in dem die naive, doch hellhörige Anjutka dem alten Dimttrttsch ihre immer steigende Angst, die Folge alles dessen, was ihr neu gieriges und dabet feines Ohr vernommen, offenbart. Schritt für Schritt dringt sie mit Fragen vorwärts, Gewiß heit zu erlangen, in immer erhöhter Spannung, und zur gleichen Stunde zwingt die Macht der Finsternis den un glücklichen Nikita sein elendes Leben mtt einem KtnbeS- mord zu krönen. Hier sucht der einfältig« Dimttrttsch die veränastete Anjutka vergeblich zu beruhigen, da führt die satanische Matrjona den hilflos sich wehrenden Nikita sei nem grüßten Verbrechen in die Arme; hier fleht ein Kind nm den Tod, weil es noch rein in das Himmelreich ein gehen möchte, da gräbt ein Verzweifelter in der Finsternis et« Grab, um gerade et» Kind dem Himmel wteberzugeben, salbst atz« dadurch »en Weg zur Hülle zu gehen; «nb t» , dem Augenblicke, wo Anjutka in höchster Angst das Schreien I eines Wahnsinnigen zu vernehmen glaubt, tritt der Kindes mörder in das Dämmerlicht beS müden Raumes: „O, waS haben sic aus mir gemacht?! — Wie es wimmerte und die kleinen Knochen knackten." Das sind Szenen, von einem überragenden Meister gestaltet. Nikita kann die GewiflenS- qualen nicht tragen, er ist ja längst nicht so schlecht wie baS ihm aufgezwungcne Werk. Man hat ihn zu wett getrieben, und nun, wo er allein handelt, liefert er sich dem Richter aus, dem irdischen wie dem überirdischen, und fühlt sich erlöst. Für ihn selbst ist es die freiwillige Sühne seiner Schuld, für die Menschheit die Hoffnung, daß die Macht der Finsternis nicht ewig regiert. Die Aufführung unter Maximus RenSS Leitung trug dem schweren, dämonischen Charakter des Dramas in überzeugender Weise Rechnung. Das Zusammenspiel der einzelnen Gruppen, die Darstellung des 4. Aktes und da» Bekennen der Schuld vor dem Volke war zu höchster künst lerischer Vollendung gebracht worben. Daß alle Szenen auf de« einen engen Raum konzentriert waren, ist gewiß gerade als Symbol eine Stärke der Inszenierung gewesen. Anny Kynast gab die leidenschaftliche AnthSja mtt glühendem Eifer, hin und her geworfen zwischen Ehrlich keit und Verbrechen, und schließlich in besinnungslosem Taumel, vom Leben überwältigt. Matrjona — Martha Hofmann-Schadow — reichte ihr da« verderbliche Gift nicht nur in der Form des Pulvers, sondern weit ge fährlicher in ihren Lockungen und heimtückischen Plänen. Nikita als Hauptperson fand in Hans Meterhüfer einen Darsteller, der all die einzelnen Züge der Leiden schaft, erst die irdischer Genüsse, dann die de« Büßers, ein mal die lüsterne Liebe zu den Weiber», dann die ehrfürch tige Liebe zu seinem Vater, bis in die kleinsten Feinheiten wtedergab. Daß aber die Gesamtwirkung der Aufführung eine so vollkommene war, ist ebenso der mannigfaltigen Mestaltungsgabe der übrigen Künstler zu danken. Wen möchte man wagen besonders hervorzuhcbcn, wo doch kaum einer -em andern an Leistung etwas nachgab. SL Mittwoch, den 12. September, nachmittag», „Nathan der Weise", ein dramatisches Gedicht von Lessing. Dr. HanS Günther schreibt hierzu: „Ein Gutes haben Jubiläen doch: sie entreißen Ver gangenes dem vielfach unverdienten Schicksal be» Versin ken». Wenn das nun auch nicht für Lessing zu befürchten ist, so wird die 200. Wiederkehr seine» Geburtstage» (22. Ja«. 1929) doch die überragende Bedeutung unsere» sächsischen Landsmannes als des kritischen Wegbereiter» der klassischen Periode deutschen dichterischen Schaffen» wieder in da» ver diente Licht rücken. Was will Lessing im „Nathan"? Als Kamenzer PfarrerSsohn frühzeitig von religiösen Gedanken erfüllt, rührt er hier an ein Weltproblem, dessen Lösung solange dem Interesse der Menschheit begegnen wirb, als Christi Wort von -em einen Hirten und der einen Herbe noch der Erfüllung harrt. ES ist das Problem der gegenseitigen Duldung unter den verschiedenen Konfessionen, dasselbe, da» un» heute wieder ober noch immer beschäftigt. Nicht der kirchliche Lehrveartsk bildet den Schwerpunkt der Reli gionen, sondern da» sittlich-werktätige Handeln, da» sie von ihren Gliedern fordern; nicht -er im Dogma wurzelnde Glaube, sondern die sittliche Kraft, die sich auf Lauterkeit der Gesinnung gründet und in Werken wahrer Nächstenliebe äußert, ist das Wesen -er Religion. Nach jahrelangen Streitigkeiten mit einseitig ortho doxen Pastoren stößt Lessing beim Lesen von Boccaccios „Dekamerone" auf jene Ringgeschtchte, die ihm den Anstoß zu seinem Nathanbrama gab und in dessen Mittelpunkt, geistvoll erweitert, erscheint. „Saladtn, der mächtige Be herrscher -eS Orients, legt einem reichen Juden, von welchem er Geld erpressen will, die Frage vor, welche von den drei Religionen er für die wahre halte, die jüdische, di« sarazenische oder die christliche. Der Jude weicht geschickt au» durch Hinweisung auf ein sinniges Gleichnis. In einer Familie sei eS Sitte gewesen, daß Erbschaft und Vor rang immer demjenigen Sohn zusalle, dem der Vater bet seinem Tode einen von Geschlecht zu Geschlecht fortgeerbten Ring übergebe; einst aber habe ein Vater seine drei Söhne mtt so durchaus gleicher Liebe geliebt, daß er von einem tüchtigen Meister noch zwei andere Ringe anfertige» ließ, von dem echten nicht unterscheidbar. Jetzt behaupte ein jeder Sohn, den echten Ring zu besitzen, und -och könne der Streit nimmer entschieden werden." In -en Hauptrollen: MaximuS RenS (Nathan), Lise lotte Runge (Recha), Martha Hofmann-Schadow (Daja), Hermann Erusius (Tempelherr). — Inszenierung, Spiel leitung und Bühnenbild: MaximuS RenS. Abend»: „Die blaue Stunde", Lustspiel von Josky. In den „Blättern der Sächsische« Lanüesbühne" schreibt hierzu O. Puschmann: „Wer Josky» launige» Vorwort z« seiner „Blauen Stunde" liest, merkt sofort, Laß der Autor ein echter Schalk ist, wenn er auch nicht wie einst Eulensptegel durch Städte und Dörfer wandert, um bäuerliche Toren und allzu treu- herzige Spießbürger zu necken und zu narren. Aber dafür ist er mtt sehenden Augen über da» Parkett de» vornehmen Großstadthause» geschritten und hat erkannt, daß sich auch hinter dem seidenen Stilkleid, dem teuersten Smoking und einer fein abgetönten Lebensart die alte Adam»- und EvaS- torhett verbirgt: Selbst da» Paradies erscheint einer Eva nicht vollkommen, weil e» verbotene Aepfel gibt, von denen man nicht naschen darf. Die Mothe von dem Paradiese und verbotener Näscherei ist alt und ewig neu, wie da» Leben täglich beweist; nur kommt es meist nicht zu der Tragik jener Urzeit; denn wir sind vielleicht gesitteter, vielleicht gewitzigter geworben. Meist bleibt e» beim harmlosen Spiel mtt -em Gedanken. Aber e» gibt Stunden, blaue Stunden, gefährliche Stunden, in denen verborgene Wünsche und harmlose Schwärmerei sich zu bedenklichen Träumen gestalten. Der feinsinnige Frauenkenner Schnitzler hat au» diesem Wissen heraus erschütternde Novellen über die Tragik der Frauenlicbe geschrieben, für die da» zufällige Gefühl eines Stundenüberschwanges entscheidend ist. Josky schuf mit Verwendung der seelischen Tatsache ein reizendes Lustspiel voll scharfsinniger, witziger Bemerkungen über Mann und Weib, über Ehe und Liebe." « Maxim«» RenS, Inszenierung und Spielleitung: Franziska RenS-Hilvert.
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