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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 03.11.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-11-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192811039
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19281103
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19281103
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1928
- Monat1928-11
- Tag1928-11-03
- Monat1928-11
- Jahr1928
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 03.11.1928
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Vermischtes. ZrSUk-r: kmgen, die Täter festzustellen, die am Donnerstag abend auf der Berlin-^mburger Chaussee zwei Automobile überfallen hatten ES handelt sich um in Nauen ansässige Arbeiter. Nach der Festnahme behaupteten sie, in ange- heitertem ZMande gehandelt zu haben. Raubabsichten be streiten sie. Da kein Fluchtverdacht besteht, wurden die Fest genommenen wieder entlassen. Anzeige gegen sie ist er stattet worden. Gchrecken » kampf mtt einem Tobsüchtige«. — Er glaubte Heidger zu sein. Wie die Nachtausgabe aus Fasset meldet kam der 19 jährige Kaufmann Fett am Freitag früh stark betrunken nach Hause, stürmte mit.einem Revolver tn der Hand tn die ScAafzimmer seiner Pflege- Ater« und droht« ihnen, sie zu erschießen. Dem Pflege- dater gelang es, dem Tobenden den Revolver aus der band zu schlagen und mit seiner Frau zu flüchten. Fett bewaffnete sich darauf mit einem langen Dolchmesser und durchlief das ganze Haus. Die Bewohner flüchteten nur Notdürftig bekleidet auf die Straße. Inzwischen hatte Fett de« Revolver wiedergefunden und bedrohte nun alle Stratzenpassanten. Das Ueberfallkommando mußte mit Scheinwerfern anrücken. Erst nach langer Zeit gelang es, an das Bersteck des Tobsüchtigen heranzukommen» Fett batte die Kücheneinrichtung zertrümmert und darMS eine Barrikade errichtet. Fortgesetzt feuerte er auf bon denen vier Verletzungen davontrugen. Es gelang schließlich, an den Tobsüchtigen heranzukommen und ihn nr fesseln. Auf der Wache gab er an, durch übermäßigen Alkoholgenuß und durch Erzählungen von den Bluttaten der Gebrüder Heidger in die Wahnvorstellung versetzt wor den zu sein, selbst Johann Heidger zu sein. Doppelter Selbstmordversuch in einer Berliner Baukiersfamilie. Gestern vormittag spielte sich eine Tragödie in der Regentenstratze 13 in der Wohnung der Bankierswitwe Rothschild ab, über die „Tempo" berichtet: Frau Rothschild, eine 74 jährige Dame, die Mutter des durch seine verschiedenen Affären bttann- jeu Moser-Rothschild-Deveiga, hat sich gemernsam mit chrem Sohne durch Beronal zu vergiften versucht. Beide wurden nach dem Eltsabeth-Krankcnhause gebracht. Ihr Zustand ist ernst, aber nicht hoffnungslos. Der Grund zu dieser Tat ist darin zu suchen, daß in der Wohnung eine Pfändung vorgenommen wurde, die die alte Frau u»d deren Sohn in große Erregung setzten. Der Schuß aus den Vorgesetzten. Aus Dil- ltugeu Witt» gemeldet: Gestern mittag gab im hiesigen Rathaus der Polizeiwachtmeister Götten auf seinen Vorge setzten, den Polizeioberinspektor Nossen, einen Revolver schuß ab, der diesen in den Leib traf und lebensgefährlich verletzte. Man nimmt an, daß beide im Rathause erne Auseinandersetzung gehabt haben. Jedenfalls hat Götten seinen Vorgesetzten am Ausgang des Rathauses erwartet, um auf ihn zu schießen. Der Täter ist verhaftet. Einsturzeines Neubaues in Paris. An der Avenue des Cbamps Elvsees ist gestern abend ein im Bau befindliches Eckhaus eingestürzt. Meldungen, daß Menschen leben zu Schaden gekommen sind, liegen nicht vor. Mord und Selbstmord. Der im Stadtteil Mengeds wohnende, 21 Jahre alte Bergmann Theodor Wallach tötete gestern vormittag die 32 jährige Ehefrau Auna Mraczny in deren Wohnung durch einen Revolver schuß A» die Schläfe. Dam» versuchte « Wst M erschießen, waS ihm nicht gelang, da der Revolver eine Ladehem mung hatte. Hierauf nahm er da» Rasiermesser de» Wbe- m«me» der SrauMraczuy und schnitt sich de» -al» b» auf den Halswirbel durch. Die LStschberg-L1«i« er«eut unter brochen. Nachdem die Lötschbero-Linie zwischen Salden und Bria am Donnerstag abend wieder freiaelest war, ist neuerdtnaS et« Stetnschlag eingetreten, weshalb der Ver kehr vorläufig unterbrochen ist. Der einspurig« Eisenbahnverkehr auf der Gotthard-Linie wieder ausgenommen. Nach Mitteilung von amtlicher Seite tst der einspurige Eisenbahnverkehr auf der Gotthard-Linie, die durch einen Wildbach bei Arbedo überschwemmt wurde, wieder ausge nommen worden. Striaen des Wasserspiegel» der ober- Italien t s ch -schweizerischenSeen. Der Deespiegel des Lago Maggiore ist immer noch im Steigen begriffen. Der niedriger gelegene Stadtteil von Locarno am Kai steht unter Wasser. Für den Verkehr wurden Notsteige errichtet. Seit 1907 ist kern« derartige Ueberschwemmung mehr in Locarno vorgekommen. — In Lugano stehen der Kai und die Keller zahlreicher Häuser am See vollständig unter Wasser. Auch die Untergeschosse des Postgebäudes wurden teilweise überschwemmt, wodurch die Telephon einrichtungen in den Kellern beschädigt wurden. Gestern vormittag war die Temperatur merklich gefallen. Man hofft, daß mit diesem WittcrungSumschlag der Regen ein Ende nimmt. Burg Katz am Rhein versteigert. Die »werte Versteigerung der Burg Katz hat jetzt stattgefunden. Bei der ersten Versteigerung war ein Höchstgebot von 150000 Mk. abgegeben, aber der Zuschlag nicht erteilt worden. Bei dem zweiten Ausgebot am Montag wurde ein Höchstgebot von 190000 Mark von einein Herrn Jungeblodt auS Stuttgart abgegeben, der die Kosten des Verfahren- im Betrag« von 19000 Mark sofort hinterlegte. Zuschlagfrist ist bis 5. No vember. Man glaubt allgemein, daß der Zuschlag erteilt werden wird. Der Sohn bestiehlt den Baten. Ein Wohl- fahrtSvorsteher in der Ackerstraße zu Berlin, et« sehr ange sehener Mann, hielt zur Auszahlung für den 1. No vember in seinem Schreibtisch 4288 Mark bereit. Sein 17- jähriger Sobn, ein mißratener Junge, der von der Auf bewahrung Kenntnis hatte, rief am Vormittag, al» der Vater nicht zu Hause war, unter falschem Namen mit ver stellter Stimme bei der Mutter an, ihr Sohn sei verun glückt und liege auf der nächsten Rettungsstelle. Tatsächlich aber stand er mit einigen ferner Freunde, in deren schlechte Gesellschaft er geraten war, im Flur deS gegenüberliegen den Hauses. Ms die Mutter nach der Rettungsstelle geeilt war, ging der Sohn mit seinen Freunden rn die Wohnung, brach den Schreibtisch auf und stahl den ganzen Betrag. Bis zum Freitag abend war eS noch nicht gelungen, den Dieb ausfindig zu machen. Ein witziger Zechpreller. Bo« Zechpreller« kennt man lustige Geschichten. Eine neue, wahre Anek dote darf in den recht stattlichen Band eingereiht werden. Behagliche Ruhe in dem idhllisch gelegenen Gasthaus „Zur Römerschanze", in einem kleinen Vorort von München, am Isartal. Es sind nur wenige Gäste im gemütlichen Raum, und die schmucke, junge Kellnerin räumt, eine Melodie summend, von den Tischen ab. Wie doch em ein ziger Augenblick alles umgestalten kann! An der Schwelle steht plötzlich ein junger Mensch mit zersaustem Haar uckb «wem Gesicht, da» Schrecke« einsUßt. Dann stürzt « sich zu dem „Kätchen", beschwört den Himmel und fleht /ie cm: „Schnell, ganz schnell ein «la» viert V* vor die Hrtastiwphe et«tritt^ „Dabei fuchtelte er mit de« Hände« fortwährend im Gesicht de» Mädchen« herum. Diese», von einer ungewissen Angst gepackt, eilt nach dem vier. Mit zitternden Hande« reicht sie da» schäumend« Getränk dem Manne, der e» tn hastigen Zügen trinkt. Kaum daß er e» «»»getrunken, erschreckt er da» zitternde Mädchen mit dem Angstruf: „Schnell, noch schneller, ein Gla» Bier, die Katastrophe mutz gleich da feint" Nach dem »wetten Gla» scheint er beruhigt zu sein, er setzt sich snll auf die Bank und sieht vor sich hin. Nach fünf zehn Minuten scheint die Katastrophe doch wieder zu nahen. Er spürt sie herankommen wie «in Gewitter. So stürzt er sich wieder auf die Kellnerin, bettelt mit heiserer Stimme, angstgefoltert: „Ein Vier, ein Bier, gleich »nutz etwa» Furchtbare» geschehen! E» könnte sich schon ereignet naben." Da» ist der Kellnerin nun doch zu viel. Sie läßt e» darauf ankommen. ,,Wa» denn, mein Herr", fragt sie, „könnte so Furchtbare» geschehen?" Da sinkt der Mann auf dem Stuhl zusammen: „Die Katastrophe ist da, er hat keinen Pfennig, um da» Bier zu bezahlen. Die Welt mag nun untergeben. Er hat sein Bier!" s DerMord an der Witwe v. Santen in Zop- vot aufgeklärt. Nach eingehenden Nachforschungen tst «»jetzt der Polizei gelungen, den Mörder der vor einer Woche getöteten Witwe von Santen tn Zoppot au»- findig zu machen. Es handelt sich «m einen 17 jährige« Schlosserlehrltng namens Bäcker, der die Tat in volle« Umfange eingeffanden hat. Tödlicher Unfall beim Baumfällen. vet« Baumfällen im Bunzlauer Stadtforst wurde gestern nach mittag der Waldarbeiter Tavvert von einem stürzenden Baum erschlagen, und der Arbeiter Beyer aus Nieder- schönfeld so schwer verletzt, datz ec in da» Krauteuhau» übergeführt werde« mutzte. GeschSstltcheS. GauSwirtschaftNcher «ortraa. Am Montag, den 5. Nov, nachmittags 4 Ubr und abends 8 Uhr findet im Saal« des Restaurant Glbterraff». Riesa, Hauptftr. »in Vortrag statt über da» Thema .Sin Weg zu sparsam« HauSbaltführuna", der dem Bedürfnis der Hausfrau nach Aufklärung entgegrnkommt. Di« Vortragende, Frau vr. EtaackS, Leipzig, ist seit Jahren bemübt, di« Stellung der Hausfrau zu heben und immer neue Wege zu einer behag lichen Wirtschaftsführung zu »eigen. Koch-, Brat-, Grill- und vackoersuche werden vorgenommenr ganz neu« Weg« zur Bereitung von Fisch, Fleisch und Gemüse werden gezeiat und noch sonstig« Küchengebeimnisse verraten. Gin guter Besuch de« Vortrag«» wäre ein erfreuliche» Zeichen dafür, daß auch di« Hausfrau bestrebt ist, sich «b««fall» den Fort schritt »»nutz« zu machen. — . Wie fütttr« St« Ihre» Huud? Bekommt «r Brei. Wurst, Fleisch, Tischabfäll« oder gar Süßigkeiten? Falsch, falsch, ganz falsch! All« di«s« Sachen verursachen Störungen der lebenswichtige« Organ«. L«s«n Gi« d«n ganz neuen Spratt'» stlufklarunatz-Prospekt! Er sagt Ihnen: Da» ist falsch, da» ist richtig — warum «» falsch, warum «» richtig ist. Verlangen Sie den Aufklärungs-Prospekt kosten« lo» portofrei von d«r Spratt » A.-B., Berlin-Rummrlsburg sehr hohen Räume waren noch dürftig mit Möbeln auS- gejtauer, eS sah mehr sehr wohnlich der ihr aus. Woher das Geld Lazu nehmen . .. Die Scheidung war noch nicht vwl wettergekommeu, Lothar enihreil ihr die eigenen Sachen vor. Herl» schrieb, er have jede weitere Senoung verboten. Kaum die Klei dungsstücke hatte ste durch Hertas Gnade zurückerhalte« — lmd auch diese nur heimlich — wie Herta bemerkte. Aniangs hatte sie das empört, aber jetzt schien Ihr Mich das sehr gleichgültig. ES siel überhaupt alles all mählich von iHv ab, was an Erinnerungen auS dem ver stossenen Leben tn ihr war und die Gedarrten an dm Ver gangen l-eu verloren ihre Schwere. Auch die sie umgebende Einsamkeit erschien ihr nicht mehr so entsetzlich. Wie verlasse» war sie sich aber zu An- saug oorgelommeu. Der AmiSgenchtsrat und seine Ehe frau war längst abgerelst, bald «ach ihnen Bendemann. Er war zwar inzwischen noch einmal einige Lag« hier ge wesen, um ihr den Einzug tu das neue Heun zu erleichtern. Sie dachte schweren Herzens au Liese Begegnung. Er war ryr sehr verändert erschienen. Seine kühle, fast ge schäftsmäßige Art wußte ste nicht recht zu deute« — hätte ste aus diese Abhängigkeit durch seine Güte doch nicht «kn- gehen sollen? Manchmal kam iHv diese Frage, aber sie schwand immer wieder... Nein, sie glaubte an seine gute, vornehme Gesinnung, und «ine ganz leise Stimm« sagte iHv, daß er e» unendlich gut mit ihr meine. Sie hatte ja mich ihren Eberle, der zeitweise wenigsten» ost ihr war, wenn seine Arbeiten e» erlaubte«. DaS ganze frohe Sommerleben war verstummt. N«r «enige Naturschwärmer durchzog«, noch die Wett der verge. Und doch war «S jetzt fast schöner als in der war men Jahreszeit. Wie klar und frisch stand die Lust über den Talern und Höhen, wie köstlich schimmerte da» sich färbende Laub, und wie blauschwarz standen die Tannen «ihrer trotzigen Pracht! Wie herrlich mußte da» sei«, die» alle» wieder frohe«, dankbaren AugeS sehen zu könne«! . Noch war sie lange nicht so wett. Die Sorge nm da» tägliche Dasein begann sie sehr zu peinigen. Sie war fleißig in ihrem kleinen Haushalt. Arbeiten, die sie kaum gekannt, gingen iHv gut von der Hand «ch begannen ihr Freude zu machen. Bendemann schrieb ihr zuweilen. ES waren ernste, in- Haltreiche Briefe, und doch trugen sie einen unpersön lichen Charakter. Anfang» hatte sie da» nicht gemerkt, über allmählich begann e» sie zu wundern. Dann und wann sandte er wohl auch et« gute» Buch. Sie las eifrig und mit geschärften Sinnen — wie wenig wußte sie doch And wie lückenhaft war ihre Bildung! Ihr verflossenes Eheleben, da» auf ganz groben und gewöhnlichen Lebenslinien zusammen gestrichen war, hatte Ihre Urteilskraft auch darüber getrübt. Ein roher, ungebildeter Mann war Lothar wohl immer gewesen. Er lachte stet» über sogenannte gebildete Frauen «nd erklärte, ste seien für die Bedürfnisse des Manne» nur Unbequem. Seine eigene Lektüre hatte sie angewkdert. So la» ste lieber gar nicht und dämmerte so hin, wie ihr ganzer Mensch einer schweren Apathie erlegen war —bi» ihr ur- ttgensteS Wesen eines Tage» wieder tn alter Kraft erwachte, smgerührt, wie durch seine Zauberhand! Welche Kraft war G ad« «wes«. 8» la ülSültL in ibr L-Krn trat »mb nun langsam eine starke Hülle nach der anderen von ihr löste. .. Nur die FreiWt allein, die sie so heiß er sehnt hatte? Netn, sie gestand sich ehrlich, die Freiheit selbst war e» nicht unbedingt, ein großer reiner Einfluß stand über khr und gab ihr Kraft «nd Mut, Nur kfieseS schreckliche SinsamkettSgesikhs wvMe nicht weiche». Dann und wann ein Schwa- mit den Nachbarn genügte nicht. So den ganzen Tag de« Mund nicht mrf- zutun, war nicht» für ihre lebhafte Natur. Niemand M haben, den man frage« konnte ... Bi» z« Gregor Senn»- ler «ach Jlsank war ein gutes Stück. Nur einmal i« der Woche besuchte sie den alkn Treue« und dann kam sie alkmal fröhlich heim. Eine« Abend» klopfte eS a« ihre Tür, «nd vW sie selbst ging, um nachzuschauen, fand sie einen Herr« draußen stehen. Er mochte Mitte der Vierziger sein, »nd sagte ihr, er suche Quartier. Man habe ihn hierher gewiesen, vb ste ihn für acht oder vierzehn Lag« i« Pevsio« «Huw« wolle. l Ein freudiger Schreck dnttAuckte ste. Die» war der erste der ihr einen Verdienst brachte. Sie einigte« sich bald. Ihre Bedingungen mußten ihm gefalle«. Er nahm «in gute» Zimmer im obere« Stock «nd schien ei« «chnmch- loser Mensch zu sein. Herr Seebald gab am, an» Berttn »u sei«, er sei nervo» «nd brauche Ruhe «nd habe dke stille Jahreszeit gewählt, «« sich hiev tu der »mvergletchlichmr Natur z» erhole«. Zuerst ging An jeder still seine» Dege», dann ergab «» sich von selbst, daß sie die Mahlzeiten ntttetnawer teilten, wobei manche» besprochen wurde. Herr Seebald machte einen stillen, überlegten Eindruck, ^tne Bildung war zwar einfacher Art, aber sein Interesse an ihrer Person tat Jolanthe in ihrer einsame« Lage wohl. Er bot sich zu kleinen Diensten an, besorgte auch Ihre Postsachen «nd ließ sich von ihrem Leben erzähle«. Zuweilen schüttelte er den Kopf «nd machte etn ungläubige» Gesicht, wen« sie versicherte, eS ginge ihr gut, und ihr Dasein finge an, ihr wieder zu gefalle«. vtie fragte er nach ihrer Ehe — einen wie feinen Lall mußte der Mann haben! Eines Morgen» nahm sie dem Briefträger wieder ein- mal selbst dte Postsachen ab, darunter war auch ein Brief von Bendemann. Er schrieb, daß er sich wundere, aus seine letzt« «Ücherfendung keine Antwort erhalten zu haben und fragte, wie eS tbr ainae. Wie merkwürdig! Sie hatte ihm doch vor acht Tage» geschrieben, ihm auch voller Freude da» Vorhandensein de» ersten Gaste» gemeldet — und diesen Brief sollte er nicht bekommen haben? Offenbar war er verloren ge gangen. Sie wollte doch in Zukunft diese Briefe allein la den Kasten tragen! Beim Mittagsmahle erwähnte sie gegen ihren Vast diesen Vorfall. Sie sah e» nicht, daß e» plötzlich tn seinen grauen Augen aufblltzte, ste wunderte sich nur, wie eigen tümlich er sie, während ste darüber sprach, ansah und dann schnell sagte: „Briefe gehen ost verloren. ES liegt Ihnen wohl viel daran, datz dieser Herr Bendemann Ihre Briefe bekommt?" „Gewiß," war dte ruhige Antwort. „Ich danke ihm sehr viel und fühle die Notwendigkeit, ihm von meinem Ersehen »u berichten." „Weshalb?" fragte Seebald plötzlich indiskret: ' Erstaunt sah Jolanthe ihn an. „Entschuldigen Sie," meinte Seebald und sah au» den« Fenster, „da» geht mich wohl nicht» an — aber eine junge, alletnstehmde Frau, die mit einem jungen Herrn korre spondiert, hat immer «inen intimen Grund dazu, und da» schoß mir durch den Kopf." Da» Blut stieg Jolanthe in» Gesicht. „DaS tst Wittlich meine Sache", sagte sie verstinzuch „aber Sie irren vollständig!" „So, so", bemerkte Seebald leichthin. Am Abend teilte er Ihr mit, datz er weiterreffe» wolle. I» einigen Wochen käme « wieder, fall» st« ihn auf- «ehmen wolle. Durch diese« Entschluß war die Sache vergessen. Jolanthe batte, wie sie sich sagte, ja tm ganzen nur An, nehmlichkeiten durch den stillen Gast gehabt, diese kleine Taktlosigkeit mußte man Wohl seiner ganzen Bildung PU gute rechnen. Sa trennten sie sich denn im besten Einveru ««hmen. Erft nachdem er fort war, sttt ihr ei», datz er eine merkwürdige Art gehabt hatte, sie auszufragen. Die plötzliche Stille um sie herum brachte ihr da» deutlich -um Bewußtsein. Sie vergaß e» ckder bald, deck« R»e Rifiende Danke veis Tochter «nd Jungfer wurden Ihre HauSgenossinnen. De» ganzen Winter wollte ste bleibe», hieß e». Jolanthe war glücklich, trotz der große» Arbeit und Unruhe, die diese unbequeme« Gäste machte». Sie brachte« Ihr aber GÄd, und die Sorgenlast begann leichter z« werden. Auch Ebett« wche für etnige Zett eingekehrt, er hatte stramm gearbeitet und wollte sich ein wenig bet der Schwester ausruhe«. Ost ging er ihr lachend zur Hand, Und sein Humor tat ihr wohl. Zuweilen saß er aber auch k« dumpfem Brüten da, dann wußte st«, die unselige Geschichte seine. Lieb« «ar »och nicht zu Ende. Eine» Tage» sagte err „Anthe, weißt du eigentlich, daß ich mich mit Lothar hab' schießen wollen — aber der noble Herr hatte dafür gedankt! Eine Kostenrechnung hat er mk geschickt für sein zerschlagene» Gesicht — ich hab' sie bezahlen müssen. Nun tut e» mir leid, daß ich ihn nicht «och ärger zusammen geschlagen hab'!" Entsetzt sah sie ihn an. „Ja, ja," fuhr er nickend fort, „and frei bist du noch lange nicht — er sind' immer «eue Schwierigkeiten. Reutter hat gegen dich zeugen sollen — beinah' hätt' er'» getan — aber tm letzten Moment — e» hat ihm doch wohl da» Gewissen geschlagen — er entzog sich der Sach', wußt» Plötzlich von gar nix — er s«t dir «» doch schuldig, schrieb er mk, der lausige Kerl!" In ihren Augen flammte e» ,,Wa» sollte er wohl gegen «ich sagen, Eberle? Tr kann doch nicht lügen." Eberle machte eine geringschätzige Bemerkuna. „Der", sagte er verächtlich. „Eberle, so schlecht ist er nicht." „Ich hass' ihn", stieß Eberhard heran». , Nun merkte Jolanthe, er dachte wieder an Herta, nnv ! oa schwieg ste. „Du solltest da» liebe Christfest bei de« AmtSrichter»- leuten ,»bringen", sagte Eberhard «ach einer Weile, ,/vie AmtSgertchtsrätin hat «r «ich geschrieben- ob da M wohl tun »Ludest."
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