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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 02.11.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-11-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192811027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19281102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19281102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1928
- Monat1928-11
- Tag1928-11-02
- Monat1928-11
- Jahr1928
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 02.11.1928
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SS7. S. veN«,e ;«» «leseer r«»»blatt. Freirep, S. »»penber 1VS8, «br»»S. 81. Jahr«. Politische Tagesübersicht. Die »elkspartetttch« P»rtet,»rft»»dstas«»s. Die Leut» Ich« Allgemeine Zeitung «eldetr Außer Lr. Stresemann sind auch ReichSwirtfchastsminister Dr. Curttu» und De. Scholz zur Tagung de» Parteivorstande» der Deutschen VolkSpartet in Heidelberg etngetrofsen. Der Reichsaußenminister Wird am Gonnabeud «ach Berlin zurückkehreu und am Montag seine AmtSgeschäftr wieder aufnehmen. «euansteilung »er «emetudeu t» Hultschtuer Lllndche«. Laut einer ReaierunaSverorbnuna wird im Hultschiuer Ländchen ein« Neuaufteilung der Gemeinden unter di« polt, tischen Sprengel vorgenommen. Kerner verlieren die Städte Friedet. Unaartsch»Hrabtscht, Jglau, Kremster und Znatm thr etgenes Statut und werden den politischen BezirkSver- waltuuge« in diesen Städten »»geteilt. Aus sudetendeutscher Seite wird diese Maßnahme ald neuerltcher Lfchechisterung». alt der Verwaltung bezeichnet. Much der deutlche» SriegergrUer In v rüffel durch de» beutlche» Gesandte«. Am Donnerstag vormittag begab sich der deutsche Gesandte In Brüssel, Horstmann, begleitet vom Gesandtschaftspersonal und zahlreichen Mitgliedern der deut, schen Kolonie, anläßlich des «llerheiligen.Feste» nach dem Brüsseler Friedhof zur Blumenspende an die deutschen g«. sallenen Krieger. Li« deutschen Kriegergräber waren g«. schmackvoll auSgeschmückt. Leider wurde di« stille Feier durch starken Regen gestört. Dt« dentsche Sprache in de« l»thri»gischeu Volksschule». Der lothringische Generalrat nahm mit allen gegen ein« Stimme — bet einer Stimmenthaltung — «inen Antrag deS Abg. von Saargemünd an, wonach in allen Volksschulen beS deutsch-sprechenden Gebietes vom ersten Schuljahr« an Deutsch gelehrt werden soll. Der Abstimmung ging eine lebhafte Aussprache voraus, in der der Antragsteller auf die Bor- und Nachteile des Zweisprachenunterrichts hinivteS und erklärte, er lasse sich bei seinem Antrag von politischen und pädagogischen Erwägungen und dem Wohle Frankreichs letten. Shurman über Deutschland» Friedensliebe. Botschafter Shurman erklärte in einer Rebe vor der Newyorker Han delskammer, Amerika erwidere aufrichtig die Gesühle, die Deutschland für die Bereinigten Staaten hege. Shurman fragte: »Wenn wir Amerikaner überschüssige» Kapital haben, wird e» nicht vorteilhaft sein, erstklassige Anlagen in Deutsch, land zu machen?" Im wetteren Verlauf seiner Ausführun gen pries Shurman die Schönheiten Deutschlands: Dresden, München, Lübeck, Köln, Danzig, Rothenburg, Hildesheim. E» sei schwierig, eine friedlichere Nation zu finden al» Deutschland, das hilslo» zwischen bewaffneten Nationen stehe, da es abgerüstet sei. Shurman betonte, baß der Will« zum Kriege Deutschland vollkommen fehle, daß Locarno «in- geleitet habe, den Völkerbund beigetreten fei und als erst« Nation dem Kelloggpakt zugestimmt habe. Das Zentrum zur Regierungsfrage. Wir ersahren so eben von gutunterrichteter parlamentarischer Seite, daß neuerdings in Zentrumskreisen die Auffassung vorherrscht, daß Zentrum werde bet der neuen Kabinettsbildung tn Preußen nur dann mittun, wenn ihm die Möglichkeit ge boten werde, bestimmend auf die Regierung einzuwirken, und wenn vorher die Koalitionsfrage im Reich geregelt sei. Außerdem wird darauf hingewiefen, in Zentrumskreisen sei zur Zeit starke Stimmung dafür vorhanden, den Einspruch der Sozialdemokratie gegen den Panzerkreuzerbau zu unter- stützen. Ans der ZentrumSsraktion deS Reichstag-. Wie baS „B. T." hört, wird die Zentrumsfraktion di« Abstimmung über den sozialdemokratischen Antrag aus Einstellung beS Panzerkreuzerbaus freigeben. Wetter will das „B. T." auS gut unterrichteten parlamentarischen Kreisen erfahren haben, daß sich im Zentrum sehr lebhafte Widerstände gegen die Absicht des Reichsfinanzministeriums geltend machen, die Erbschaftssteuer weiter auszubauen und die dadurch gewon nenen Mittel zur Deckung deS Fehlbeträge» im nächstjähri gen Etat heranzuziehen. Maßnahmen gegen die Kommunisten in Pole«. Presse meldungen zufolge hat die politische Polizei Warschau» die geheime Nachricht erhalten, daß die Kommunisten den 11. No- vember, den Jahrestag der zehnjährigen Unabhängigkeit Polens, zu kommunistischen Kundgebungen ausnützen wol len, um blutige Unruhen hervorznrusen. Die Polizei hat deshalb tn den letzten Tagen bei den Kommunisten umfang, reiche Haussuchungen vorgenommen. 46 Personen sind ver- haftet worden. „ . Die rumänische Abordnung nach Berlin abgereift. Wie die Zeitungen melden, reiste gestern der rumänische Gesandte in Berlin Comnen und Lapedatu nach Berlin ab. Sie sind mit Vollmachten ausgestattet, um ein Abkommen mit Deutschland über die Regelung aller tnsolge deS Kriege» entstandenen finanziellen Streitfragen zu unterzeichnen. Die rumänische Abordnung wird einige redaktionelle Aen- derungen verlangen, die den Inhalt de- Abkommens nicht beeinflussen. Wie man versichert, wirb daS Abkommen tn den ersten Tagen der nächsten Woche unterzeichnet werden. Nach der Unterzeichnung wirb Gesandter Tomnen nach Ra- pallo fahren, um dort an den direkten Verhandlungen zwi- schen Rumänien und Ungarn über bi« Optantenfrage teil- ^"Verbot von Reise« «ach Sowjetr»ßla«d für frauzsstsch« Beamte. Ministerpräsident Poinears hat auf eine Frage au- parlamentarischen Kreisen erklärt, daß französischen Veam- ten, die sich nach Sowjetrußland begeben möchten, um da dortige BerwaltungSsystem ,« studieren, hierfür kein Ur- laub gewährt und daß ihnen auch jede- Visum verweigert werden würde, selbst wenn di« Antragsteller während ihrer UrlauvSzeit die Reise unternehmen würben. Ak MeWNMM I» stÜLMMM in WM W All VlWlM». * Berlin. (Tel.) I«, der am Donnerstag t« RetchSpräsidentenpalatS stattgSfundenen Ze»ge»verneh»««g de- ReichSpräsidente« ». Hindenburg, im Zusammenhang mit dem Prozeß «m de« Papstfriedeu, hat, wie eine 8er- ltner Korrespondenz meldet, der Reichspräsident mit «sie« Entschiedenheit betont, »aß weder er, «och General L«den» borff» »er Reichskanzler Michaelis »der der damalig« Staatssekretär im Answärtige« Amt, »Uhl««««, ihre Maßnahme wegen de» päpstliche» Kriede»sa«gebotS d»rch konfessionelle Beweggründe hält«» bestimme» lalle«. Da» Angebot Les Papste» sei vielmehr «nogültta t« der Kron- ratSsitzuna vom 11. September 1SL7 unter Vorsitz de» Kat- ser» im Schloß Bellevue eingehend erörtert worden. Der Verlauf der KronratSfitzung sei vielmehr tn dem Buch von Michaeli» „Für Staat und Volk" zutreffend wiebergegeben worden, indem der Verfasser betont. Laß auf sein« Einwir- kung hin der Kaiser, der noch tags zuvor wieber von der Notwendigkeit des Besitze» der slanderischen Küste ge sprochen hatte, zu dem Entschluß -er Berzichtserklärung auf Belgien gebracht worden sei. Den Bedenken der Obersten Heeresleitung sei damit Rechnung getragen worden, daß da» Krtedemsangebot Le» Papste« mit dem Ablauf des Jahre« 1917 limitiert worden sei. Ritter v. Lama hatte weiter die Behauptung ausgestellt, daß der Reichskanzler Mtchaa«» «ach der Kronratssitzuna sich durch die Oberste Geheimrat Lr. Wasch, früher Professor der Mathematik an der Universität Gießen, vollendet am 8 Novem ber da« 8S. Lebensjahr. Der Senior der deutschen Mathematiker ist besonders durch seme Arbeiten auf dem Gebete der Ar o« matik bekannt geworden. Heeresleitung habe ' timmen lassen, entgegen dem Kron- ratsbeschluß einen g atten Verzicht aus Belgien nicht aus zusprechen, um so die Bemühungen des Papste» zu ver eiteln. Hierzu hat Reichspräsident v. Hindenburg auf Vor halt des Vertreter» der Beklagten, de» Rechtsanwalts Dr. Luetgebrune, sich dahin geäußert, daß seit der Kron- ratSsitzung vom 11. 0. in -er Frage der FriedenSbebingun- gen irgend welche Differenzen zwifcheü der RetchSregterung und der Obersten Heeresleitung nicht mehr bestanden hät ten. Die Oberste Heeresleitung habe sich vielmehr dem Kronratsbeschluß gefügt. Staatssekretär v. Kühlmann habe vor dem Untersuchungsausschuß de» Reichstages mit Recht darauf hingewiesen, daß der Briefwechsel zwischen dem Reichspräsidenten und dem Reichskanzler Michaeli» im September 1917 nur privater Natur gewesen sei und nur den Fall im Auge gehabt habe, daß die Situation sich ändere, falls ein Frieden bi» Ende 1S17 nicht zustande ge kommen sein sollte. SIM SilmmiMe Ii WKkki. sl Warschau. sPolntsche Delegraphenagentur.) In Lemberg wurde gestern mittag vo« ukrainischen Ehauvi- «ist«« in der ukrainischen Kirch« eine Totenmesse für die Opfer der polnisch-ukrainischen Kämpf« vom Jahre 1418 abgedalten. Währ««» »es Gottesdienste» hielte» zwei uwmuifch« llldgeerdnet« a»sreiz«»de Rede«, in denen sie dt« Gemeind« zu feindlichen Handlungen «egen die polni schen Behörden aufforderten. Dt« Kirche»besuch«» verließen darauf unter feindlichen Kundgebungen gegen Polen die Kirche und griffe» die Pelizet mit Re»»l»«rfchSff«» an, wo bei »«et Polizeibeamte verwundet wurden. Der Kom mandeur der Polizei sandte darauf eine berittene Poltzct- adtetluna zu Hilfe, die gleichfalls von den Manifestanten angegriffen wurde. Schließlich aber konnte die Menge zer streut «erden. Am Nachmittag bildeten zahlreiche polnische Studenten einen Zug, an dem sich auch Einwohner der Stadt beteiligten. Um der Entrüstung der Lemberger Be völkerung über die Herausforderung seitens der ukraini sche« Chauvinisten Ausdruck zu verleihen. Der Zug, der durch dt« von Ukrainern bewohnten Straßen marschierte, wurde von den Balkon« am Gebäude der ukrainischen Ge sellschaft „ProSntzta" au» mit Revolverschüssen empfangen. Einig« pol Nische Studenten wurden dabei verletzt. Wäh rend dieser Vorfälle zerstörte der Pöbel einige »krainische Geschälte und Läde». Zusammen wurden bei den Zusam menstößen 15 Personen verletzt. Genen 11 Uhr abends war die Ordnung wieder hergestellt. Eine Untersuchung ist «ingeleitet worben. Die Polttifierung deS Rundfunks. qu. Berlin. Gelegentlich der Fün>jahrs»ier deS deut schen Rundfunks bat der Staatskommissar für das Rund- funkweseii, Staatssekretär Dr. Bredow, u. a. daraus diu» gewiesen, daß r» durchaus wünschenswert wäre, wenn die dentsche» MuudlunkgefeNfchafte» in Zukunft auch die Behandlung volittlchrr Frage» »»knebwr» wurde Augru- blicklick stünden d esem Wunsch leider noch eine ganze Rr be behördlicher Bestimmungen rntgeaen, di« aber le ner Aus fällung nach durchaus Wegfällen tonnten, wenn Sicherbe ten dakiir geboten würden, daß derartige politi'cke Fraa-n nickt «inseitig behandelt würden, sondern durch Garantie einer auSgesprockenen Ueberoarttilickkeit das Obe aller deutschen Volksgenossen, ganz gleich, weicher Varie ricktuna diele an gehören, näher nebracht werden töuntrn. Wie w r hierzu von gut unterrichteter Regiernnas eite »rlghren, schweben diekerhalb zur Zeit wi cken den einzelnen RegirrungsressortS einerseits und den v" it ckev Parteien andrrerie tS Ver handlungen mit dem Ziele, den von Staatssekretär Tr. Bredow geäußerten Wunsch iu die Tat nmzusetzen. UMkklWMMW. Ministerpräsident Heldt kann am heutigen Lage auf «ine zehnjährige Minister tätigkeit zurückblicken. Er hat nicht weniger al« elf Kabinetten angehört. Es ist «in bunter Reigen, der gleich zeitig die mannigfachsten politischen Strömungen nach der Revolution offenbart, den diese elf Regierungen, denen Heldt angehört«, bildeten. Da 'war das KriegSkabinett Heinze, dem Heldt zunächst als Minister ohne Portefeuille anarbörte, obwohl ihm ein solche« »»gesichert, di« Durch, iührung jedoch durch die mittlerweile eintretendr Revolution verhindert worden war. Daraus folgten di« Kabinette Gradnaurr-Buck tda« zweite Kabinett der BolkSbeans- tragten», Gradnauer-Erpfert. Buck-Kühn, Buck-Lipinski, da«, selbe Kabinett nach der Wahl 1922. Zeioner-Liebmann, Fellisch-Lirbmann, Heldt-Reinhold, Heldj-Wtlhrlm und da« gegenwärtige Kabinett. Di« »Sächsische StaatSzeituna" grdenkt im Leitartikel des zehnjährigen MinitterjubiläumS de« Ministerpräsidenten Heldt und schreibt u. a.: .Es gibt in Deutschland nicht «inen seiner Kollegen, der gleich ihm dem kräfteverbranchrn- den jungen Parlamentarismus und den durch ibn bedingten politischen Wechselwirkungen ftandgebalten hat. Was den Ministerpräsidenten von jeher auSzeichnete, waren und sind sein« lang« parlamentarische Erfahrung, sein starker Arbeite, will« und «in« klar« und feste Zielstrebigkeit. Diese Eigen- schäften machten ihn auch bei den Parteien empfehlenswert, die sein« politische Auffassung nicht teilten. Biele«, sehr vieles, was heut« im politischen Leben Sachsen« als selbst- verständlich hingenommen wird, trägt den Stempel von Heldt« Persönlichkeit an der Stirn." Ak sWslhen NkMl. -(Dresden. Nach einem vom Sächsischen Finanz ministerium erteilten Urberbltck über den Stand der Staats- finanzen betrugen in den erste« sechs Monate« der lauien- den Rechnungsjahres die Einnahme« t« »rdentltche« Etat LVS4TSVVV Mark bei einem Jahresooraafchlag von 883 09V 000 Mark. Die Anssade« 1« ordentliche« Etat belaufen sich a»f LV4SS1VOV Mark bei einem Vor anschlag für das ganz« Jahr von 428808000 Mark. Es verbleibt somit «ine Mehrausgabe von 11885 000 Mark. Der außerordentlich- Han-Halt bat «in Jahressoll von SS 792 000 Mark. Der Abschluß nach den erste« sechs Monaten zeigt dagegen S141Lvav Mark. Die Europäische U»io» fordert eine« Weltfriedenstag. X Dari«. Unter dem Vorsitz de« rbrmaliaen Ministers Bonnet hat heute vormittag «ine Sitzung der Europäischen Union ftattgesunden, einer Organisation, die den Zweck bat, dt« Verständigung unter den Völkern zu fördern. Im Ver lauf der Beratungen wurde beschloffen, von den Regierungen zu fordern, daß am KD. August eines irden gäbe«» et« Lveltfriede«staa stattstude« fast zur Erinnerung an di« Unterzeichnung de» Kelloggpakt» und um dem Willen der Nationen zur Aechtung des Krieges «inen sichtbaren Aus- druck zu geben. Konferenz der Tertllarbeiterfunttionäre. * Dresden. Am Montag nahmen in einer Konferenz in Dresden die Funktionär« de« Deutschen Textilarbeiter- verbande«, sowie Vertreter anderer Lrrtilarbriterorganisa- tionen zu der von den Arbeitgeberoervändr» der oft. und weftsächsischrn Lertitinduftri« ausgriprochrnen Kündigung der Lobntarifvrrträg» Stell»»«. Es wurde iettgestellt, daß di« »„«»württaen Löhne in Ost und Westfachs,« »« den «tedriaste« in Deutschland gehören und daß fick deshalb rin« Erhöhung der Lohnsätze der sächsischen Lertilarbeiter nötig mach«. Man war der Auffassung, daß di« niedrige Lebenshaltung her Lerlilarbriter durch eine Aufbesserung »er Löhn« gehoben werden müsse. Ak!me iml »km Mr. Mütter und Töchter. In der Kinderzeit des Fahrrades wagten nur muüge Damen sich aus das Stahlroß. 'Nicht allein die Schwere der zu verrichtenden Arbeit erforderte Mur zur Tal, sondern auch der damals wogende Kamps gegen den Fortschritt und gegen die Emanzipation der Frau. Als der Boll- gummi um die Räder des Rades sich schlang, galt d:e Verfolgung der Radfahrer vielen als gotrwohlgc'äUigrS Werk, und als gar die Weiblichkeit diesem Teuirlsouig sich anzuvertrauen wagte, gerieten die Philister aus dem Häuschen. Es war ein Wagnis für eine Dame, sich öiseuk. lich auf dem Rade zu zeigen, aber die Damen ließen sich durch Spott und Hohn nicht von ihrem Lege zur Gleich berechtigung im Sport abbringen, und wenn auch nur zögernd, folgten doch viele Damen dem Beispiel der Pioniere auf dem Gebiete des Damemvorls. Die Kleidung der Radlerin mußte dezent sein, das forderte die allgemeine Anschauung von Zucht und Sirre, und dieser Richtung folgend, schuf die Industrie neue Fahrralnnodelle, die der Radlerin gestatteten, mir geringer Aendcrung ihrer Alltagskleidung dem Radeln^ zu huldi gen. Das Damenrad mit dem geschwungenen Scheircirodr trat in die Erscheinung, und nur der eingefleischte Philister konnte an dieser Bekleidung Aergernis nehmen Als die ersten Damenräder erschienen, war das Fa irrod ein teueres Geführt, und der hohe Preis brachte es mir sich, daß in erster Linie die Frauen gutsituierter Radler den Luxus des Radelns sich leisten konnten. Das Rad fahren war ein Sport der Frau, ein Sport der Äürter, und diese Erscheinung zeigte alte Radlerinnen in den illu- strieiten Zeitungen urrd in den Witzblättern als ältere Damen. Mit der Senkung der Preise wurde das Fahrrad auch den jüngeren Damen zugänglich gemacht. Ter Baler kaufte seiner Tochter ein Fahrrad, und man sah in den neunzig Jahren, als der Luftreifen seine Herrschaft be gann, Mütter und Töchter auf dem Damenrade in Stadt und Land. Mit der Entwicklung des Sports trennten sich die Wege von Mutter und Tochter. Die Mutter wollte die Dame bleiben und schwor dem konservativen Damenrade ewige Treue, aber kne Tochter fühlte sich zur Sporisdame geboren und wollte es den Radlern gleichtun. Mrt der Mode der kurzen Röcke und der kurze« Haare fiel das Vorurteil gegen die Benutzung eines Herrenrades durch eine Dame. Ter kurze Rock gestattete ein leichtes Besteigen des Herrenrades, und der Bubcnkopj enthob die Tochter der Sorge Ihrer Mutter um das Verrutschen der Frisur. Die Mütter sind den Töchtern auf dem Wege ocr kurzen Röcke und der kurzen Haare gefolgt, aber das Da menrad ist nach wie vor das Rad der Dame, das Rad der radelnden Mutter geblieben. Die Tochter bat sich dem Herrenrad verschrieben, weil es sportmäßiger ist und durch seine Konstruktion kein Hindernis für die radelnde Dame mehr bi.det. ES wäre ein Fehler, das Damenrad nach diesen Ausführungen stls das Fahrrad der alten Dame zu be trachten. Während das von der jungen Dame benutzte Herrenrad das Flotte und Sportmäßige herauskehren soll, zeigt das Damenrad Würde, und auf diese wollen die Mütter mit dem Bubenkoyf und den kurzen Röcken trotzdem und alledem nicht verzichten.
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