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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.11.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-11-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19041117019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904111701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904111701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-11
- Tag1904-11-17
- Monat1904-11
- Jahr1904
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* Rcvision des Zolltartfs. Einflußreiche Amerikaner aus verschiedenen Staaten der Union drängen die Bundesregierung, im nächsten Frühjahr eine Extrasession des KvngresieS be- Huss einer Tarifrevifion sowie des Abschlusses eines Rezi» prozitälSvertrageS mit Kanada einzuderusen. Präsident Roosevelt ist nach dem „B. T." damit durchaus einverstanden, die Lerwirklichung des Planes ist daher wahrscheinlich. Leipziger Ungelegendeiten. * Letpjt«, 17. iktovember. * Verjährung. 8 194 Les Bürgerlichen Gesetzbuches lautet: «Das Recht, von einem anderen ein Lun oder ein Unterlasten zu verlangen (Anspruch) unterliegt der Ver jährung." Das hauptsächlichste „Tun", was hier in Be tracht tommt, rst dre Hergabe von Geld, das Zahlen. Also die Ansprüche aus Zahlung verjähren. Die Frist dasür ist aber verschisden lang. 8 195 des Bürgerlichen Gesetzbuches bestimmt hierüber: „Die regelmäßige Ver jährungsfrist beträgt 30 Jahre." Man darf aber nun nicht etwa denken, daß die Mehrzahl aller Außenstände in 30 Jahren verjährte. Tas Gesetz will die Leute zu crdentlicherWirtschafterziehen. Deshalb macht es von der Regel des 8 195 soviel Ausnahmen, daß schlietzlich ganz wenig Forderungen übrig bleiben, die in 30 Jahren ver jähren. Alle Ansprüche aus den Geschäften des täglichen Lebens verjähren in 2 Jahren. Diese Ansprüche sind alle in 8 196 des Bürgerlichen Gesetzbuches unter 17 Nummern aufgezählt: unter jeder Nummer sind eine ganze Anzahl von Ansprüchen zusammengefaßt. Hat z. B. ein Buchbinder für einen Privatmann ein Buch ein gebunden und dafür 1,50 zu fordern, so verjährt das in 2 Jahren. Die Verjährung beginnt aber nicht schon, wenn er das Buch abgeliesert hat. Hat er es z. B. am з. Februar 1902 abgeliefert, so sind die 2 Jahre nicht vcm 3. Februar 1902 bis zum 3. Februar 1904 zu rechnen. Die 2 Jahre werden vielmehr vom Schlüsse des Jahres an gerechnet, in dem die Forderung entstanden ist. In unserem Falle also vom 1. Januar 1903: die Verjährung tritt also erst mit dem Ablauf des 31. Dezember 1904 ein. Denn dann erst sind die 2 Jahre voll. Was ist nun die Folge der Verjährung? Zunächst ist festzustellen, daß man auch eine verjährte Forderung einklagen kann. Der Verklagte kann die Verjährung freilich emwenden und dann ists aus. Dann wird man abgewiesen. Ein an ständiger Mensch freilich beruft sich nicht auf die Ver jährung, wenn er genau weiß, daß er Len Betrag noch schuldig ist. Wie schützt man sich aber gegen die Ver jährung? Mahnungen helfen dagegen nichts. Das muß man sich einprägen. Durch eine Mahnung wird die Verjährung nicht unterbrochen, sondern nur durch Zahlungsbefehl und Klage. Auch wenn der Schuldner um Stundung bittet oder etwas abschläglich zahlt oder etwa Zinsen bringt, wird die Verjährung unterbrochen. Nach der Unterbrechung fängt die zweijährige Frist vcn neuem an zu laufen. Eine ausgettagte Forderung steht auf jeden Fall dreißig Jahre. Hieraus sind folgende Lehren zu ziehen: 1) Am 31. Dezember 1904 verjähren die Außenstände von Handwerkern, Kaufleuten, Fabri kanten aus Geschäften, die sie im Jahre 1902 gemacht haben. Nur wenn die Lieferung an das Geschäft einet? anderen ging, beträgt hier die Verjährung 4 Jahre, so daß die Außenstände aus dem Jahre 1900 insoweit am 31. Dezember 1904 verjähren. Weiter verjähren Löhne, Zechschulden, Aerztehonorare, Privatstundengelder и. a. m. aus dem Jahre 1902. 2) Man muß wegen dieser Außenstände schleunigst gerichtlich vorgehen. Damit darf man nicht bis Weihnachten warten, wo man selbst im Ge schäft kolossal zu tun hat. Man fange gleich an und schreibe die Rechnungen aus, die man einklagen will. Ilm Weihnachten haben Gerichte und Anwälte wegen Les Ouartalswechsels so viel zu tun, Laß sie keine Garantie übernehmen können. Laß die Klage noch vor dem 1. Januar 1905 zugestellt wird, wenn man erst in zwölfter Stunde den Auftrag gibt. * Eine Tirektorstelle für die Hülfsschule für Schwach befähigte soll, wie wir schon kürzlich mittcilten, demnächst begründet werden. Als Zeitpunkt ist der 1. Januar 1905 in Aussicht genommen. Bisher wurde die Hülfs schule vom Direktor der III. Bürgerschule, Herrn Karl Richter, geleitet. Der Genannte, der seit über 45 Jahren im städtischen Schuldienste steht und nahezu 30 Jahre Direktor der bezeichneten Schule ist, wird mit Ende dieses Jahres in den wohlverdienten Ruhe st and treten. Da die Zahl der Klassen der Hülfsschule für Schwachbefähigte sich ständig vermehrt, andererseits aber dem neuen Direktor der III. Bürgerschule kaum Zeit bleiben wird, sich um die Verhältnisse der Hülfsschule in der nötigen eingehenden Weise zu kümmern, so hat Herr Direktor Richter die Trennung beider Aemter empfohlen. Große Kosten werden aus der Errichtung des neuen Direktorats insofern nicht erwachsen, als die dem bis herigen Leiter gewährte Funktionszulage von 600 in Wegfall kommt und der neue Direktor 12 Unterrickks- stunden wöchentlich selbst erteilen soll. Der Rat hat des halb die Stadtverordneten ersucht, der Errichtung der neuen Direktorstelle zuzustimmen. * Das Direktorium des Landwirtschaftlichen Kredit vereins im Königreiche Sachsen hat beschlossen, aus der bei ihm bestehenden Mehnert-Stiftung auch im laufenden Jahre Len Besitzern von mittleren und kleineren Landgütern, die Mitglieder des Vereins sind. Beihülfen zur Ausbildung ihrer Söhne und Töchter in der Landwirtschaft zu gewähren. * Haus- oder Privatschlachtungcn Mit der Viehzählung am 1. Dezember soll diesmal auch eine Ermittelunq des Umsanges der Hans- und Privatschlachtungen verbunden werden. Durch die Schlachtviehfleischbeschau wird von deren Organen der größte Teil der Schlachtungen, nämlich diejenigen, bei denen das Fleisch der geschlachteten Tiere nicht ausschließlich im Haushalt des Besitzers verwendet werden soll, statistisch erfaßt. Der andere Teil aber, die Haus- und Privatschlachtungen, bleibt noch unbekannt. Letzterer soll nun bei der bevorstehenden Viehzählung erfragt und gezählt werden. * Lohnbeschäftigung der Schulkinder. Auf Anordnung der Reichsbehörden fand am 15. November in den Volksschulen eine sehr detaillierte Erhebung über die Lohnbeschäftigung von Kindern im Haushalte, sowie in der Landwirtschaft und deren Nebenbetrieben statt. Dir Erhebung erstreckte sich auf die Beschäftigung (auch ge legentliche oder nur vorübergehende) von Kindern in der Zeit vom 15. November 1903 bis zum 14. November 1904, und zwar auf die Art, die Dauer der Beschäftigung und auf das Alter der be schäftigten Kinder. Die Beschäftigung in gewerblichen Betrieben, in Handels- und Verkehrsgewerben blieb außer Bettacht. " Zwei Selbstmorde. In der Nacht vom Dienstag zum Mittwoch ließ sich ein aus Plauen gebürtiger 36jäh- riger Buchhalter in einer Droschke vor ein Haus der Bayerischen Straße, in dem seine von ihm getrennt lebende Ehefrau wohnhaft ist, fahren und schoß sich vor dem Hause in der Droschke eine Kugel in den Kopf. Er wurde besinnungslos ins Krankenhaus gebracht, wo er alsbald verstarb. Das Motiv der Tat ist unbekannt. — In einem Gasthofe in Gohlis nahm vorgestern abend ein daselbst als Gast anwesender 26jähriger Korrespon dent in selbstmörderischer Absicht Gift zu sich. Er verstarb nach wenigen Minuten. Auch in diesem Falle läßt sich mit Sicherheit der Beweggrund zur Tat nicht feststellen. * Unfälle. An der Ecke der Liebig- und Nürn berger Straße wurde ein 18jähriger BuclKunder von einem beladenen zweirädrigen Handwagen umgerissen und erlitt eine Quetschung des linken Fußes. — In der Gerberstraße fiel ein Hausdiener aus Crottendorf die Kellertreppe hinab und erlitt einen Bruch des rechten Oberarms. — In der Nürnberger Straße fuhr ein Mectxmikerlehrling aus Altenburg mit dem Zweirade in ein Droschkengeschirr hinein, kam zu Falle und erlitt am Hinterkopfe derartige Verletzungen, daß er in ärzt- liche Behandlung genommen werden mußte. * Durch den Tod erlöst. Ter am Dienstag in der Kohlgartenstraße in Reudnitz beim Abbruche eines dortigen Grundstücks aus der 2. Etage in den Hof herabgefallene Vorarbeiter Albert Beyer ist seinen schweren Verletzungen (Schädelbruch) bald nach seiner Ausnahme im Krankenhause erlegen. Vereine und Versammlungen. j Die Bau- und Möbeltischler ließen sich itt einer am Dienstag im „Volkshaus" abgehaltenen Versammlung über bas Ergebnis der Einführung eines neuen Tarifs Bericht er statten. Daraus ist folgendes heroorzuheben: D«r zwischen den Organisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer vereinbarte Lohntarif ist ohne große Schstvierigkeiten hier zu Durchführung gekommen. Die zwischen der Gehülfewver- rrerung und den einzelnen Betriüisinhabern deswegen ge- vflogenen Verhandlungen find zum größten Teil zur Zufrie denheit beider Teile beendet worden. Die Schlichtungskom mission brauchte nur in einem Falle angerufen zu werden, in dem die Gehülfen sich weigerten, einen Spezialtarif anzuer kennen. Doch ist auch hier, wie bei den über die Einführung des Lokalzuschlags für Montagearbeiten entstandenen Diffe renzen eine Verständigung erzielr worden. Die Versammelten billigten das Verhalten ihrer Organisationsleitung während dieser Tarifbewegung, sie befürchteten aber, daß die am ersten April 1905 geplante Einführung von Lohnbüchern und die Er- Höhung des Tarifs um 2 Pfg. pro Stunde an diesem Termin auf Schwierigkeiten stoßen würde und beschlossen, im Hinblick auf die öftere Durchbrechung des Tarifs der in der Holz industrie beschäfrigten Maschmenarbeiter, hierzu noch in die- sem Jahre statistsiche Erhebungen anzustellen. Hieran schloß sich der Bericht über die Lohnbewegungen in der Holzindustrie Deutschlands. Im Jahre 1902 sollen darnach 108 Abwehr- und 16 Angriffsstreiks, für die 152 247 an Unrerstützung ausgegeben wurden, und von denen 44 Proz. für die Gehülfen verloren gingen, zu verzeichnen gewesen sein. Im Jahre 1903 waren es nur 96 Abwehr-, aber 111 Angrisfsstreiks, für die zusammen 339 046 agsgegeben wurden und von denen 38 Prozent für die Gehülfen ungünstig verliefen. Das Jahr 1904 soll infolge der günstigen Gcschästskonjunktur mit einer noch größeren Zahl Streiks und Aussperrungen, als sie die vorhergehenden Jahre aufwiesen. abschließen. Endlich wurde noch bekannt gegeben, daß die Leitung des Deutschen Holz- arbeiterverbandes, veranlaßt durch das geschlossene Vorgehen der Arbeitgeberorganisation bei Lohnkämpfen beabsichtige, in Zukunft bei Streiks eine andere Taktik einzuschlagen. Kunstkalender für Leipzig. Theater. Leipziger Ttadttheater. Im Neuen Theater ge langen heute „D ie lustigen Weiber von Windsor" zur Aufführung mit Frl. Setchold vom Stadtrheater in Augs burg in der Rolle der Frau Fluth als Gast auf Engagement. Morgen wird Wolffs beliebtes Schauspiel „Preziosa" mit Webers herlicher Musik gegeben. Im Alten Theater er scheint heute das Ausstattungsstück „Die Reise um die Erde in 80 Tagen" und morgen Strauß' Operette „D i e Fledermaus". Zu dem einmaligen Gastspiel der Zwtl- lingsschwestern Frls. Gabriel le und Emilie Christ- man, Kaiser!. Hofopernsängerinnen aus Petersburg, in „Mignon" das Dienstag, den 6. Dezember (im Neuen Theater )im Abonnement und bei Opcrnpreisen slaltfinder, können Bestellungen bereits jetzt aufgegebcn werden. Tie Mignon wird Frl. Emilie, die Philine Frl. Gabrielle Christ- man singen. Vereinigte Leipziger Schauspielhäuser. Im Schauspiel haus geht heute, Donnerstag, als volkstümliche^Vorstellung bei halben Preisen Gorkis „Nachtasyl" in Scene, während Freilag die mit so großem Beifall aufgenommene Komödie „Traumulus'^ wiederholt wird. — chm Theater am Tho- masring erscheint Donnerstag und Freitag „Der neue Stiftsarzt" auf dem Spielplan. Das Gastspiel der Frau Eleonora Düse mußte wegen Erkrankung der Künstlerin aus Montag und Dienstag, den 20. und 21. d. M„ verscho ben werden. Konzerte. Der Franz Liszt-Liederabend des Herrn Emil Pinks unter Mitwirkung des Herrn Alfred Reisenauer findet heute abend 8 Uhr im Saale des Städtischen Kaufhauses statt. Eintritts karten sind bei C. A. Klemm, Fr. Jost und an der Abendkasse zu haben. Der Max Reger-Abend, veranstaltet von Fräulein Clara Birgfeld, findet unter persönlicher Mitwirkung des Herrn Max Neger heute abend pünktlich 7^ Uhr im Kammermusik, saal des Zentralthcaters statt. Eintrittskarten sind bei C. A. Klemm, Fr. Jost, Kastellan Meisel und an der Abendkasse zu haben. Vergnügungen. Im Kristall Palast-Theater treten heute Donnerstag sämtliche neuengagicrte Spezialitäten zum ersten Male auf. Sanssouci. Der heutige Familienabend veripricht ganz be sonders interefsant und amüsant zu werden. Die renommierten Seidel-Bennewitz-Sänger werden ein vorzügliches Elite-Pro gramm aussühren und werden namentlich die Herren Seidel als moderne Alpenkönigin, Herr Paul Becker als Pepita Dolons und Herr Bennewitz in dem beliebten Original-Gelamlipiel „Der grobe Wirt" brillieren. Auch der pbänomenale Tenorist Herr Vollr-ttk wird einige Novitäten zum Besten geben. Daß außerdem die Sänger mit ihren Quartetts und Sextetts zur Zeit als unerreicht dastehen, ist längst bekannt. An diese gewiß reichhaltige humoristiiche Soiree schließt sich der Gesellschaftsball an und erhalten die Damen des ersten Tanzes extra noch herrliche Blumenjpenden. — Dieser Famittenabenv dürste nach all diesen Arrangements als sehr besuchs wert gelten. In der „Idylle" konzertieren von jetzt ab die „American Joy Leaf Band" (vorm. Mexiko), Dir. A. Arndt. Dieser bcst- renommierten Künstlerschar, welche besonders gediegene und beliebte Novitäten auf ihrem Programm hat, geht ein sehr guter Ruf voraus. Diese beliebten und entreefreien Konzerte usw. finden täglich von 5—PI Uhr statt. Sonntags Früh- suppen von jl—1 Uhr. l», . " In den vollständig renovierten Räumen der 1. Etage von Aills Tunnel findet heute abend das diesjährige Martins-Fest, essen statt, zu dem alle Freunde, Bekannte und Gönner des Hauses freundlichst eingeladen sind. Ter Beginn der Tafel ist auf 149 Uhr festgesetzt. Kus aer UmgegenO. * Thekla, 17. November. Tie Wählerlisten zur dies jährigen Gemeinderatswahl liegen gegenwärtig im Gemeindeamt«! zur Einsicht aus. Die Wahlen selbst finden für die drei Klassen der Ansässigen und Guts besitzer Sonnabend, den 3. Tezeniber, für die Klassen der Unansässigen am darauffolgenden Sonntage statt. Hur Sachsen. * Dresden, 16. November. * Zur Abänderung des Stadtverordneten-Wahlrechts. Das Amtsblatt des Rates veröffentlicht heute die voin Seniorenkonvent des Dresdner Rates bereits am 16. No vember 1899 gebilligten Vorschläge zur Abänderung des Stadtverordnetenwahlrechts, denen eine Einteilung derWähler nach Berufsgruppen und Steuer- leist ung zu Grunde liegt. Das Blatt schreibt dazu: ..Ob das Stadtverordnetenkollegium schon in nächster Zeit zu diesem Entwürfe sachlich Stellung nehmen wird, soll nächsten Donnerstag entschieden werden. Der Rat seinerseits wird sich zunächst erst dann erneut mit der Angelegenheit beschäftigen, wenn das Stadtver ordnetenkollegium Beschluß gefaßt haben wird." * 8. Pirna, 15. November. Die Frage der Errich - tung eines Gewerbegerichts hierselbst steht er- neut zur Diskussion. Don der Gewerbekammer zu Dresden wurde jetzt in Bezuy auf diese Angelegenheit eine befürwortende Stellung eingenommen. I. Eibenstock, 15. November. Der am 21. September dieses Jahres in Reichenhall verstorbene Herr Gerichts- referendar Max Ernst Jung aus Zwickau hat der hie sigen Stadtgemeinde 5000 zur Verwendung bei dem Neu- oder Umbau des städtischen Krankenhauses ver macht. Mr Zacbrenr Umgebung. Zeitz, 16. November. Eine allgemeine Ge flügel-Ausstellung, veranstaltet vom Verein Columbia-Zeitz, findet vom 7. bis 9. Januar 1905 im „Preußischen Hof" statt. Als Preise stehen zur Ver fügung drei Staats- und drei Verbandsmedaillen, sowie eine Anzahl Ehrenpreise. * Erfurt, 16. November. Mit den Wahlen der beiden ersten Abteilungen, die gestern und heute stattfanden, sind die hiesigen Stadtverordnetenwahlen be- endet. Es wurdew sämtliche von den bürger - lich en Parteien aufgestellten Kandidaten ge» wählt. In der dritten Abteilung siegten die Ordnungs parteien, die bei den früheren Wahlen erst in der Stich wahl gegen die Sozialdemokraten gewählt wurden, be reits im ersten Wahlgang. ' Rudolstadt, 16. November. Der dieser Tage hier abgehaltene Bazar für die innere Ausschmückung der Lutherkirche hat nach der jetzt erfolgten Abrechnung einen Ertrag von 3341.26 ergeben. Arnstadt, 16. November. Zum lebenslänglichen Mitgliede des Landtags von Schwarzburg- Scnöershausen wurde vom Fürsten für die Oberherr schaft Justizrat Hallersleben hier ernannt; für die Unterherrschaft soll Kommissionsrat Schatz-Greußen in Aussicht genommen sein. Bernburg, 16. November. Aus den Herzog!. Salz werken Staßfurt und Leopoldshall ist bekanntlich die Gründung eines fiskalischen Konsum Vereins beabsichtigt, wogegen der Kaufmännische Verein zu Staßfurt Einspruch bei dem anhaltischen Staatsminister von Dallwitz in Dessau erhob. Die von dem Kauf männischen Verein gewählte Deputation trug dem Minister in einer Audienz die Bedenken gegen das Unter nehmen vor, worauf der Minister erklärte, daß es auch nicht sein Wunsch sei, daß ein Konsumverein auf den Herzog!. Salzwerken ins Leben gerufen würde. Im übrigen sagte der Minister wohlwollende Prüfung dec Angelegenheit zu. Schwanebeck, 16. November. Trotz einstimmiger Wiederwahl des Herrn Bürgermeisters From- knecht zum Oberhaupt unserer Stadt wurde die Wahl von der König!. Regierung nicht bestätigt. Gründe hierfür sind bisher nicht bekannt geworden. Hur allec Mit. — Der Unglückssall in der General-Pape-Straße in Berlin, bei welchem zwei Personen verletzt wurden, hat leider ernstere Folgen gehabt, als es zuerst schien. Der Gefreite der Reserve Ernst Mathuak, der jetzt im Garnisonlazarett darniederliegt, hat, wie sich nachträglich herausstellte, eine schwere Gehirn erschütterung erlitten. Sein Zustand ist sehr be denklich, und es erscheint fraglich, ob M. wieder völlig hergestellt wird. Der Soldat war bereits als Frei williger in China gewesen und trat nach seiner Rück- kehr in den Zivilstand über. Er hatte sich jetzt als Freiwilliger für Südwestafrika gemeldet. — Der Kürschnermeister Ferkau, der einen Schädel bruch davongetragen hat, befindet sich bei voller Be sinnung und dürfte wieder gesund werden. — Hinrichtung. Ter Maler Ernst Reimann, der wegen Ermordung des Rentiers Rahlke am 18. Juni Feuilleton. Etwas über Aerztehonorare. „Auf gegen Doyen!" scheint gegenwärtig der Kriegs ruf einer großen Anzahl medizinischer Pontifices in Frankreich und Amerika zu fein. Man schimpft in allen Tonarten auf Dr. Doyen, weil der bekannte Chirurg von dem „vielfachen" Millionär Crocker für ärztliche Be mühungen 100 000 Francs verlangt und erhalten hat. Herr Crocker möchte jetzt allerdings sein Geld wieder haben, weil seine Gattin, für die er die 100 000 Fr. ge opfert hat, nicht gesund geworden, sondern tr»b oder viel- leicht infolge der ärztlichen Behandlung gestorben ist. Diese Handlungsweise des Herrn Crocker mag nach ame rikanischen Begriffen sehr smart fein, aber schön und gerecht ist sie nicht, und die Aerzte besonders sollten sich, schon im Interesse ihres Standes, hüten, die Doyen-Hetze mitzumachen. 100 000 Fr. sind gewiß ein ganz anstän diges Honorar, aber die amerikanischen Büchsenfleisch und Petroleum-Könige haben ihren Aerzten auch schon etwas mehr gezahlt. Einige Honorar-Beispiele, die wir der „Gazette Msdicale", einer der angesehendsten Pariser Fachzeitschriften entnehmen, geben darüber interessanten Aufschluß. In einem vor ungefähr zehn Jahren ver öffentlichten Artikel erzählte Dr. Shrady, daß die von den amerikanischen Millionären gezahlten Jahreshono rare gewöhnlich 250 000 bis 400 000 Mark betragen. Ein Arzt erhielt 350 000 Mark, nachdem er die Tochter eines Millionärs zwei Monate lang behandelt hatte: ein anderer machte mit seinem Patienten eine Jachtfahrt, die etwa sechs Monate dauerte, und bekam dafür 240 000 Mark. Ein nach San Franzisko berufener Arzt aus Philadelphia bekam für seine Konsultation 100 000 Mark. Ter im Jahre 1893 verstorbene Jay Gould zahlte seinem Arzte 300 000 Mark jährlich: dazu kam einmal ein Extra- Honorar von 400 000 Mark, weil der Arzt die schwer erkrankte Tochter des Millionärs gesund gemacht hatte. Herr Whitnev zahlte für ärztliche Behandlung, die nur eine Woche gedauert hatte, 500 000 Mark. Dr. Brow ning von Philadelphia hatte den Senator Magee 21 Monate lang behandelt, und verlangte dafür die Kleinig keit von 760 000 Mark. Auch Könige und Fürsten zahlten ihren Aerzten unter Umständen recht ansehnliche Hono rare. Als der König von Rom geboren wurde — es war eine sehr schwere Geburt'— erhielt der Leibarzt Dubois von Napoleon 100 000 Francs und den Grafentitel. Als Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit kann die Entbindung der Kaiserin von Rußland angeführt werden: sie brachte, La das Kind männlichen Geschlechts war, den Leibärzten Dr. Ott und Dr. Hirsch je 120 000 Rubel. Dr. Pajot bekam 100 000 Fr. für seine Be mühungen bei der Niederkunft der Tochter des ehema ligen Kaisers von Brasilien. Ter Geburtshelfer der Kaiserin Eugenie erhielt, als der kaiserliche Prinz das Licht der Welt erblickie, 50 000 Fr. ,,Für eine kaiserliche Geburt sehr wenig", schrieb Dr. Baratier im Jahre 1902 in der „Tribüne M^dicale", besonders wenn man in Er wägung zieht, daß der Geburtshelfer einer Frau von B.. für eine ähnliche Operation 200 000 Mark bekam. Morell Mackenzie soll für seine Behandlung des Kaisers Friedrich 260 000 Mark erhalten haben, und der be rühmte Moskauer Professor Zacharin bekam für zwei Tage, die er »m Krankenbette des Zaren Alexander III. verbrachte, 60 000 Mark; für einen einzigen Besuch, den er einem russischen Millionär machte, forderte er 28 000 Mark und dazu noch 8000 Mark für seinen Assistenten. Ter griechische Arzt Dr. Zographos bekam etwa 20 000 Mark, weil er dem fieberkranken Sultan Chinin ver schrieben hatte. Eduard VII. war als Prinz von Wales an Typhus erkrankt (1871): Sir William Gull, sein Leibarzt, erhielt als Honorar rund 200 000 Mark. Die Aerzte der Königin Viktoria waren weniger glücklich: die drei Herren, die sich an ihrem Sterbelager zu schaffen machten, erhielten zusammen „nur" 145 000 Mark. Als König Humbert ermordet wurde, rief man rasch zwei Aerzte herbei: sie konnten nur noch den Tod des Königs seststellen. bekamen aber trotzdem ie 40 000 Mark. Die amerikanischen Chirurgen, die den Präsidenten Mac Kinley operierten, überreichten, nachdem sie den Patienten glücklich ins Jenseits befördert hatten, eine Rechnung von 400 000 Mark, gaben sich dann aber mit 160 000 Mark (wenn wir nicht irren) zufrieden. Die Kosten der lebten Krankheit des Präsidenten Garfield betrugen 200 000 Mark. Dr. Popow, der vor einigen Jahren den Zaren behandelte, bekam 400 000 und die Zarin schenkte ihm außerdem noch ein schönes Haus in Petersburg. Dr. Lapponi verlangte und erhielt für eine Operation, die er an Leo XIII. vorgenommen hatte, 10 000 und 12 000 als Honorar nach der letzten Krankheit des Papstes. Bei derselben Gelegenheit bekam Professor Mazzoni 16 000 und Professor Rossini 8000 Mark. Petit operierte im Jahre 1734 den Prinzen von Asturien: die Operation gelang und der Arzt wurde vom Königspaare mit Geschenken überhäuft: er bekam zwei Millionen (!), außerdem 40 000 Frcs. Reisekosten, Uhren Juwelen, einen mit Diamanten geschmückten Spazierstock und anderes. Man kann aus diesen Beispielen ersehen, daß Herr Crocker dem Dr. Doyen durchaus nicht zuviel gezahlt hat, im Gegenteil: Dr. Doyen hat die Gattin des Millionärs für nichts, für rein nichts behandelt! Zum Schluß noch eine Anekdote: Dr. N6laton in Paris wurde eines Tages zu einem schwerreichen Fabrikbesitzer gerufen. Ter berühmte Chirurg erschieu mit feinem Besteck und fand einen Herrn, der sich einer, ganz vortrefflichen Gesundheit zu erfreuen schien: er staunt fragte der Arzt, ob es sich denn hier wirklich um eine Operation handle. Darauf zog der „Patient" ruhig den Schuh aus und hielt dem Arzte den Fuß hin mit den Worten: „Ich habe hier ein Hühnerauge, das mir große Schmerzen bereitet: da ich nur zu Ihnen Vertrauen habe, sollen Sie es mir herausschneiden." Nölaton verzog keine Miene: ohne ein Wort zu sagen, nahm er ein Messer aus seinem Besteck und entfernte das Hühnerauge. Dann ging er ruhig nach Hause und schickte einige Stunden später dem Millionär eine Rechnung folgenden Inhalts: „Für eine chirurgische Operation . . . 6000 Frcs." Der Millionär Ware vor Schreck fast vom Stuhle gefallen, als ihm diese Rechnung überreicht wurde. Er versuchte zu „handeln", aber N<Katon erklärte ihm kurz und bündig, daß ein Chirurg kein Gühneraugen-Operateur sei, und daß, wenn auch die Operation nicht 6000 Frcs. wert fein sollte, doch mindestens die Lektion so viel wert sei. Er hatte alle Lacher auf seiner S^ite, und der Fabrik- besitzer mußte zahlen. Theater. Neue» Theater. Gastspiel Adalbert MattowSkvs als „Fieska" am 15. November. Wer den „Götz von Berlichingen" des Berliner Gastes und gestern seinen „Ficsko" gesehen — der wird von seiner Gabe, zu charakterisieren, die sich mit den Jahren weiter hinausgebildet hat, eine hohe Meinung haben müssen und der landläufigen Gegnerschaft, welche den Künstler eines pathetischen Kraftmeiertums anklagt, mit Ueberzeugung entgegentreten können. Matkowsky ge hört freilich! nicht zn den sogenannten denkenden, das heißt spintisierenden Künstlern, die sich immerfort neue Nücmcen in ihren Rollen ausklügeln, was er schaffte, ist aus einem Gusse und mit einem raschen Griff faßte er die Charaktere in ihrer Eigenart und hält sie fest; es ist falsch zu behaupten, daß seine Darstellung nur auf thea tralische Wirkungen ausgehe. Daß er ein ursprüngliches und hinreißendes Feuer hat, ist eine glänzende Mitgift, die für die großen Aufgaben der Tragödie unerläßlich, aber vielen feiner Mitftrebenden versagt ist; selten ver fällt seine Deklamation in den Gesangston des TheLtre franyais. Nur in einem Sinne der gestrigen Auffüh rung, in welcher aber die Dichtung selbst eine abenteuer- liche Unnatur zeigt, wo „Fiesko" feine in Gianettinos Mantel gehüllte Gattin tötet, wäre vielleicht ein solcher Tadel berechtigt gewesen. Dem ersten Schreck und dem Entsetzen über den unerhörten Vorgang gab zwgr Mat kowsky einen ergreifenden Ausdruck; doch die weiterhin sich daran knüpfenden Reden hatten etwas deklamato risches. Im übrigen war Matkowskys „Fiesko", den er bisher hier in Leipzig noch nicht gespielt hatte, eine präch tige Leistung — welch ein Gegensatz zwischen diesem ele ganten italienischen Kavalier, der seinen hochstrebenden Plan so glücklich unter der Maske des Lebemanns ver- birgt, der so erfinderisch in Lüsten und Ränken und dabei von dem Feuer eines großen Ehrgeizes und einer ge schichtlichen Sendung beseelt ist, und den biederen deut- schen Ritter mit seiner herzhaften Jovialität, feinem Kraftbewußtsein und Rechtsbcwußtsein. Matkowsky deckte beide Nollen gleichmäßig, ein Zeichen echter vielseitiger Künstlerschaft, die von der Schablone weit entfernt ist. Vortrefflich sprach Mat kowsky die Fabel, womit er feine Genueser auf das Er wachen des Löwen und feine sieghafte Macht und Herr lichkeit vorbereitet: ebenso überzeugend wie er seine geistige Uebermacht gegenüber den Freiheitsmännern, nachdem er die Maske abgeworfen, zur Geltung brachte. Und schwunghaft sprach er den großen Monolog, in wel chem der innere Konflikt zwischen dem Freiheitsgefühl des Bürgers von Genua und der Herrschsucht der verwege nen Usurpators zum Ausdruck kommt. Reicher Beifall lohnte dem in Leipzig stets willkommenen Gast. Die Auf- führung selbst haben wir schon früher besprochen. Die Besetzung zeigte geringe Abänderungen. Herr Zadeck als Andreas Doria hatte etwas Imposantes und Patri archalisches. Der Inszenierung muß man eine größere Lebendigkeit der Gesellschaftsszenen im ersten Akt nach- rühmen. In den Bürgerszenen bei „Fiesko" traten die Charakterköpfe scharf hervor; der zerfahrene letzte Akt klappte ohne Störung. Ruckolt vov Ooltsedall.
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