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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.11.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-11-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19041112028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904111202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904111202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-11
- Tag1904-11-12
- Monat1904-11
- Jahr1904
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1904. 5 lldr os Lasse 25 -<4, sehleuswerth, en, -Buffet i von LvdL, itL L8. 'M« laben- Plötzen. lule -ttr LoL K8t. und 1 Mk. »und. kb- tne-2tr. 2. in. alsisedale- Lnrten äie lt«v «vck. ufh.,Südstr. lg„ sonst ger. nttatton) ohlen! tl. erwartet postlagernd. Ein» mit X- innen. «, Gerber- »ngretz in BezugS-PreiS 1« der Hauptexpeditton oder deren Ausgabe stellen abgeholt: vierteljährlich 3.—, bei zweimaliger täglicher Zustellung in» Hau» 3.75. Durch die Post bezogen für Deutsch land u. Oesterreich vierteljährlich 4.50, sür die übrigen Länder laut ZeitunqSpreiSlisle. Diese Nummer kostet 4/1 M 2 auf allen Bahnhösrn und III I bet den Zeitung--Verkäufern 4. V f » -tedaktton und Expedition: 153 Fernsprecher 222 JohanniSgasse 8. Ktltalex-edtttonen: AlfrrdHahn, Buchhandlg., Universitätsstr. 3 (Frrnspr. Nr. 4046), L. Lüsche, Kathartnen- Üraße 14 (Fernsprecher Nr. 2935) u. KönigS- platz 7 (Fernsprecher Nr. 7505). Haupt-Filiale Dresden. Marienstraße 34 (Fernsprecher Amt l Nr. 1713). Haupt-Filiale Berlin: CarlDuncker, Herzgl.Bayr.tzofbuchbandlg., Lützowstraße 10(FernjprecherAmtV1 Nr.4603). Abend-Ausgabe. MpMer TagMM Anzeiger. Amtsblatt des Hiimglichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Aales und des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6gcspaltene Petitzeile 28 Reklamen unter dem Redaktionsslrich (4 gespalten) 75 nach den Familiennach- richten l6gesvalten) 50 Tabellarischer und Zissernjatz werde» ent sprechend höher berechnet. Gebühren für Nachweisungen und Osserten- annahme 25 Annahmeschlutz sür Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Extra-Beilagen (nur mit der Morgen- Ausgabe) nach besonderer Vereinbarung. Die Ex-edition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig (Znh. Or. V., R. L W. Kliukhardt). Nr. 578 Sonnabend den 12. November 1904. 98. Jahrgang. Var Mcbiigtle vsm läge. "In Dresden sollen in nächster Zeit zwei neue Theater erbaut werden. (S. Sachsen.) * Der Schiedsvertrag zwischen Kolumbien und Ecuador, wodurch Kaiser Wilhelm als Schiedsrichter angerufen wird, ist gestern in Bogota unterzeichnet worden. * In Rom hat der Kongreß der E i s e n b a h n e r sich mit einem neuen Generalstreiksplan befaßt: eventuell scll gemeinsame Aktion mit anderen Kategorien erfolgen. (S. Ausland.) * Nach Telegrammen aus Washington beabsichtigt Roosevelt, gegen die T ru st s aggressiv vorzugebcn. Auch eine Revision der Tarife solle sicher sein. (S. Politische Tagesschau.) * Nach dem „Temps" sollen die japanischen Gesandten, wie es bei Delcass« geschah, auch bei zwei Mächten, als die man Deutschland und Spanien vermutet, Vorstellungen wegen nicht strikter Beobachtung der Neutralität erheben. (S. russ.- jap. Krieg.) * Wie aus Mukden gemeldet wird, unternahmen die russischen T r u p p e n, die in gutem Zustande sind, erfolgreiche nächtliche Beschießungen des japa nischen Lagers. (S. russ.-jap. Krieg.) Zeltzame AaNenbriiNerrctzalt. München, 11. November. Tic „Kriegsbriefe aus den Jahren 1870/71" des Generals v. Kretschmann, die schon wiederholt Anlaß zu Protesten und Erklärungen gegeben haben wegen ihrer einseitigen ungerechten und wenig geschmack vollen Beurteilung anderer Waffenkontingente als die preußischen, beschäftigen sich auch mit dem Verhalten der bayerischen Offiziere und Soldaten in jenem großen K. lammen auch wir Bayern im Urteil des preußischen Generals nicht gut weg, aber im Generalleutnant z. D. Ritter v. Landmann, dem früheren Gouverneur der Festung Ingolstadt, dessen Inaktivierung seinerzeit großes Aufsehen erregte, ist der bayerischen Armee ein beredter Verteidiger erstanden, Ser die verschiedenen Ausfälle des Generals all nbmirckiim führt. Im neuen Heft der Monatsschrift „Hochland" be weist General Landmann an der Hand des Großen Gcne- ralskabwerles, Laß die Angaben Kretschmanns über die bayerische Armee total unrichtig sind. So behauptet Kretschmann: Wie wenig Verlaß aus die Baye r n i st . beweist, daß sie aus Gien vor ein paar Mobilgarden das Feld räumten." Dem gegenüber stellt General Landmann in der genannten Zeitschrift test: Nach den „Operationen der zweircn Armee an der Loire von Freiherrn von der Goltz" war die Situation folgende: Die zur Sicherung von Orleans gegen die französische Armee unter Bourbaki nach Gien vorgeschobene ?lbteilung von 6 Kompagnien Jnf.-Leibregr- ments und 3 Eskadrons 3. Chcv.-Regts. unter Oberst Zrhrn. v. Leonrod ging am 15. Dezember 1870 nach einem Gefechre, das die Nähe überlegener feindlicher Kräfte (drei bis vier Bataillone) festgestellt hatte, auf Quzoucr s. Loire zurück, weil dort günstigere Verhältnisse für die Verteidigung bestanden und geringere Gefahr war, vom Haupttcil des Armeekorps abge- schnüren zu werden. Es handelte sich also um eine wohl erwogene taktische Maßregel, die durch die gegebene Lage vollständig begründet war. Im Generalstabswerk wird die geringe Verteidigungsfähigkeit von Gien bestätigt. Ferner stellen das Generalstabswerk und Lehautcourt, Campagne de la Loire fest, daß die feindlichen Truppen zu einem 10 000 bis 12 000 Mann starken Korps unter General de Poinre de Ge- vigny gehörten. Es ist somit eine ganz unwahre Be tz a u p t u n g, daß die Bayern in Gien „vor ein paar Mobil garden" das Feld räumten. Wenn auch Kretschmann diesen Sachverhalt vielleicht nicht wissen konnte, so bekundet cs jeden falls einen Mangel jeglichen Gefühls für dcursche Waffen, brüderschaft, daß er eile die Bayern in ihrer Gesamtheit lo herabsetzende Aeußcrung in die Heimat gelangen lassen konnte, wo sie von Mund zu Mund gehen mußte." Ganz ähnlich steht cs mit den anderen Behauptungen Kretschmanns. So ist durch amtlichen Ausweis die direkt beleidigende Bemerkung, „die bayerischen Offiziere gehen innerer Krankheiten wegen nach Hause", zu widerlegen. Tas erste bayerische Armeekorps hatte im 70er K riege ladig- lich 94 kranke Offiziere, während auf das dritte preußische Armeekorps 210 kranke Offiziere entfielen. Also auch hier wird geradezu leichtfertig das Ansehen des baye rischen Offizierskorps lierabgesetzt. und zwar ohne jede Be rechtigung. Kretschmann führt dann gewissermaßen als Beweis für die Untüchtigkeit der bayerischen Truppen an, daß Lie Soldaten des 1. Armeekorps äußerlich in einem sehr schlechten Zustand gewesen seien. Darauf erwidert Gene ral Landmann: „Er Übersicht oder weiß überhaupt gar nicht, daß damals dieses Korps beträchtlich mehr Schlachten und Gefechte bestanden hatte als Vis preußische 1kl Armeekorps, bei d' n er sich befand. Tas; bei andauernder Berührung ni^ dem Feinde und ungünstiger Jahreszeit das äußere Ansehen jeder Truppe Schaden leidet, muß er nach den Tagen von Lc Mans auch beim eigenen Korps zugestchcn, indem er schreibt: „Man erkennt kaum noch die Uniform, denn wir sind sehr abgerissen. In Mobilgarden-Habit steigt der Grenadier vom Leib-Regiment umher. Ein anderer hat sich ein Hammelfell als Baschlik arrangiert." Tiefe wenigen Zitate mögen genügen, um den Wert zu ermessen, den die Kritik dieses Generals an allen nicht preußischen Truppen besitzt. Wie Hessen und Mecklen burg, so mußte jetzt auch Bayern daran glauben. Jeden falls aber sind diese. Kricgsbriefe mit ihren großenteils unrichtigen Angaben nicht dazu geeignet, das Gefühl treuer Waffenbrüderschaft in Tcutsctsiand zu erhöhen. Und in diesem Sinne ist es bedauerlich, daß diese Briefe überhaupt zur Veröffentlichung kamen. Vielleicht würde es General Kretschmann selbst am meisten bedauecrn. ver Zuttlanä in zvamriattilrs. Grschiehnng verräterischer Farmer. Nack einer halbamtlichen Mitteilung bestätigt eS sich, daß zwei Söbne (Bastards) des englischen, in Koes auf deutsckem Gebiete an der SUdostgrenze des Schutzgebietes ansässigen Farmers Freyer wegen hochverräterischer Berbluvung mit dem Bandensührer Morenga standrecht lich verurteilt und dann erschossen worden sind. Der alte Freyer steht in demselben Verdachte wie sein Söhne. Aber gegen ihn, als Europäer, ist die Angelegenheit dem Gerickte in Keetmannshoop zur Verhandlung überwiesen Worden. Freyer gilt als der Typus eines durch sortwährendeu nahen Verkehr mit den Eingeborenen Verlästerten und nur durch seine weiße Farbe noch als Europäer kenntlichen Menschen. Auch der Trunksucht ist er stark ergeben. Würde er im Verlause des Verfahrens aus dem Schutzgebiete ver wiesen, so hätte dieses sicher nichts an ihm verloren. Auen Gefecht am Waterberg. Die Tätigkeit der Abteilung Hrhde bei den Gefechten am Waterberge wird im „Militär-Wochen blatt" eingehend geschildert. Die Abteilung/>atte den Befehl, Hamakari anzugreifen, gelangte aber in dem überaus schwierigen Gelände zu weit nach Osten. Seit 40 Stunden unterwegs, mußte sie, um gefechts fähig zu bleiben, um ?/« l 2 vormittags Halt machen, damit abgekocht und getränkt werden konnte. Aber schon 5Min. vor 1 Ubr mittags traf der funkentelegraphische Befehl zum Vorgehen auf Hamakari ein und es wurde um o»2 wieder aufgebrocken. Von '^3 ab entwickelte sich ein heißer Kampf mit den Hereros. Zunächst wurde die aus 16 Mann verstärkte Spitze von vielen Hunderten Hereros angegriffen und geriet in Gefahr, ab- gescknitten zu werden. Im Kanipfe Mann gegen Mann, auf 3 bis 4 Schritt schießend und mit dem Kolben drein schlagend, erwehrten sich die Reiter des Feindes und erreichten das Karree der 5. und 7. Feidkompagnie. Hierbei zeichnete sich der Gefreite Beide, früher im 5. Pionierbataillon, be sonders ans. Er erhielt in dem Bestreben, seinem verwundeten Wachtmeister zu Helsen, selbst einen schweren Schuß durch beide Wangen, trotzdem wich er nicht »her zurück, als bis ihn die Herero mit Kirrys ms Gesicht schlugen und er voll ständig gesecktsunfähig geworden war. Zn dieser Zeit un gefähr erhielt' auch Leutnant Graf v. Arnim einen Scknß durch be-de Oberschenkel, als er einem verwundeten Manne beistebeu 'wollte, kämpfte aber weiter, bis er später einen tödlichen Schuß durch die Brust bekam. Als die 5. und 7. Feldkompagnie vorgetrabt waren, hatte die A r t i l l e r i e nur im Schritte folgen können, da die Gespanne aufs äußerste erschöpft waren. So entstand ein Zwischenraum zwischen der Artillerie (Kommandant Major Osterbans) und der ihr zur Deckung bienenden 6. Feldkompagnie und zwischen den beiden anderen Kompagnien. Des dichten Busch werks wegen sollte Major Osterhans rückwärts eine bessere Stellung einnehmen, um erfolgreich eingreifen zu können. Wegen der heftigen Angriffe war das auf dem schmalen Pfade nicht möglich. Auch gelang eS nicht, die Geschütze im heftigsten Feuer des Feindes zur Front zu bringen. Außer anderen wurde der Gefreiter Schröter, früher im 12. Hnsarenregiment, zur Herstellung der Ver bindung von der Front geschickt; durch einen Schuß zu Boden geworfen, batte er Geistesgegenwart genug, sich tot zustellen, wurde daher nicht mit Kirrys geschlagen, sondern nur bis aufs Hemd ausgeplündert und in einen Busch ge worfen. Er schloß sich später der Truppe wieder an und nahm seinen Platz in der Schützenlinie wieder ein. Das von der 5. und 7. Feldkompagnie gebildete Karr« war andauernd das Ziel sehr heftiger Nahangriffe der Hereros, die teilweise in Schutztruppenuniform, mit modernsten Gewehren schießend, durch Zurufe und Peitschenhiebe der Führer angefeuert, zum Teil von den Baumen herab schießend, unter wüstem Geschrei anstürmten. Sechs mal gelangten die Hereros bis auf wenige Schritte an das Karree heran. Doch alle Angriffe scheiterten an dem ruhigen und wohlgezielten Schützenfeuer und an der zähen Widerstandskraft der kleinen deutschen Schar. Schließlich schlugen noch einige zu kurz gegangene Geschosse der deutschen Artillerie — glücklicherweise ohne Schaden zu tun — in das Karree ein. Major v. d. Heyde benachrichtigte die Artillerie sogleich. Das Karree selbst ging 50 Schritt zurück, um auch in der neuen Stellung noch vielfach angegriffen zu werden. Daß bei Ein bruch der Dunkelheit das Feuer des Karrees eingestellt wurde, obwohl die Herero noch immer hastig weiterfeuerten, ist ein schöner Beweis dafür, mit welcher Ruhe das Feuer geleitet wurde und wie fest die Truppe trotz ihrer gefährlichen Lage in der Hand der Führer war. Erst nach dem Erlöschen des feindlichen Feuers traten die Kompagnien mit den Verwun deten bei ausgepflanztem Seitengewehr den Rückmarsch zum Lager an. Drei Offiziere und 20 Mann waren tot und verwundet, die 5. Feldkompagnie hatte 19 Prozent ihrer Gefechtsstärke eingebüßt. Die Fürsorge sür die Verwundeten. Daß nunmehr für die Unterbringung der Kranken und Verwundeten unserer Feldtruppen in ausgiebigster Weise ge sorgt ist, mag die folgende Uebersicht der Verteilung der Lazarette ergeben, die wir der „D.-S.-W.-Afr. Ztg." entnehmen: Von neun Feldlazaretten sind zurzeit fünf etabliert. Tas Feld lazarett Nr. 1, das bereits im Mai in Otjosondu errichtet wurde unter dem Chefarzt Stabsarzt Dr. Franz, liegt augenblicklich wohl im Mittelpunkt der Vorwärtsbewegung der Truppen. In Water berg, wohin nach den Gefechten vom 11. und 12. August sämtliche bei der Truppe vorhandenen Kranken und Verwundeten gebracht wurden und dort zunächst in einem vom Stabsarzt Dr. Wiemann eingerichteten Lazarett Unterkunft fanden, sind die Feldlazarette 2 und 4 errichtet, in Otjimbinde das Feldlazarett Nr. 7 unter Stabs arzt Schlender. Das Feldlazarett Nr. 8 unter dem Chefarzt Stabsarzt Dr. Dansauer, das sich während der ganzen Dauer des Vor marsches unmittelbar bet den Truppen befand und während der Gefechte dicht hinter der Schützenlinie den Verbandplatz errichtet hatte, konnte nach dem Gefecht sofort den Verwundeten die erste Unterkunft gewähren. Es verblieb zunächst auch noch bei weiterem Vormarsche der vorgehenden Truppe und etablierte sich sodann definitiv nach Eintreffen einer großen Zahl von Kranken und Ver wundeten in Okosongoho. Das Feldlazarett 9 unter dem Chefarzt Oberarzt Zöllner be findet sich jetzt auf dem Marsche nach Epukiro, um sich daselbst einzurichten. Wie ein Vergleich auf der Karte ergibt, bilden die sämtlichen Feldlazarette jetzt einen großen Halbkreis, der sich dicht an die Stellungen unserer Truppen anschließt. Es ist daher überall die Möglichkeit vorhanden, der Lazarettpflege bedürftige Kranke sofort dieser zuzusühren. Da außer den jetzt bereits errichteten Lazaretten zwei vollkommen verwendungsbereite Feldlazarette vorhanden sind, von denen eins, Feldlazarett 5, in Karibik, das andere, Feld lazarett 6, in Okahandja steht, so ist auch dafür gesorgt, daß bei weiterem Vorrücken der Truppen Lazarette an die Gefechtslinie herangezogen werden können. Außer den Feldlazaretten bestehen noch die großen Etappen lazarette in Gobabis, Windhuk, Okahandja, Karibik und Swakop- Feuilleton. Die heilige Caecilie. 24,' Noman von Marie Bernhard. Nachdruck verboten. „Alles Glück auf deinen Weg, lieber Oswald! Nun, man darf es dir kaum wünschen, — du h a st es ja schon!" „Ganz recht, liebe Tante! Aber auch festzuhalten muß man sein Glück verstehen, — auch festzuhalten!" Siegesgewiß sein Ton, — siegesgewiß sein Blick, der unter halbgesenkten Lidern hervor das eine der drei Mädchen streifte, das da abseits stand! — „Lies nicht!" sagte sich Annemarie Lombardt eine halbe Stunde später, als sie auf der Straße stand; cs fing sacht an zu schneien, die weichen Flocken schwebten einzeln herab, — winzige gefiederte Sternchen, die nur langsam schmolzen. „Reiß' den Zettel in kleine Fetzen und wirf sie in den Schnee! Lies nicht!" Und während sie dies dachte, las sie schon die zwei Zeilen ohne Unter schrift, in absichtlicher Steilschrift: „Heute abend sechs Uhr Haus Wertheim, Leipziger- straße, zweites Portal links. Kommen dringend, unum- gänglich notwendig!" -So also! Das hatte sie davon! Zu einem Rendez-vous bestellt, wie eine verliebte Nähmamsell, — sie, Annemarie Lombardi, ihrer schönen, stolzen Mutter Tochter! — Mit verächtlich gekräuselten Lippen, mit flammenden Augen, den Kopf hoch, ging sie vorwärts durch den sacht treibenden Schnee. Es war ein Gesichtchen, so eigenartig, so fesselnd im Ausdruck, daß mehr als einer unter den Passanten stehen blieb und dem Mädchen nachblickte. 8Üas hatte die Kleine? Wenn man ihr helfen könnte! Aber trostbedürftig sah die nicht aus! Was zerzupfte sie denn im Gehen in so winzige Jlickchcn, — immer kleiner, — noch kleiner, — kaum mehr zu fassen? Und ging nun weiter, ohne rechts oder links zu sehen, eilfertig und stolz! - / Vierzehntes Kapitel. „Ich darf das Atelier nicht zeigen. Der Herr ist drinnen und malt!" „Jetzt? Um die Mittagsstunde?" „Ach, — der!" Lächelnd hob der dicke Hausmeister die' Schultern. „Was hat einer wie der wohl nötig, danach zu fragen? Steht ganz allein da, — kein Mensch, auf den er Rücksicht nehnien darf, — alle Taschen voll Geld, — der legt sich seine Mahlzeiten eben, wie es ihm paßt, speist heute d a und morgen dort, — heute um d i e Zeit, morgen um jene! Ja, — so treibt der es!" „TaS Atelier soll so schön und sehenswert sein!" „Ist es, meine Herrschaften, — ist es! Ich zeig' es oft, es kommen jetzt beinah' jeden Tag Herrschaften, die es sehen wollen, — und ich zeig' es auch gern! Ein Prachtraum — und eine noble Ausstattung! Und Stil ist da d'rin, — Stil!" Mit Kennermiene nickte der Haus- meister dem ältlichen Herrn und den beiden Damen zu,' die er nicht in das Allerheiligste hineinlassen konnte, — sehr zu seinem Leidwesen. Er verdiente ohnehin ein klotziges Stück Geld an diesem Atelier, — nun hatte er sich, ein findiger Jndustrieritter, der er war, noch den „Nebenverdienst" ausgesonnen, in des Malers Abwesen heit dessen Arbeitsstätte für Geld und gute Worte zu zeigen, — neugierige und beschäftigungslose Leute gab es genug, die sich gern dergleichen anschauten. Der Künstler hatte selbstredend keine Ahnung von dem „Nebenverdienst" seines Hausmeisters und durfte auch keine haben! Der dicke Cicerone begleitete die wißbe gierigen Herrschaften auf Schritt und Tritt und gab sorgsam acht, daß nichts angcrührt, kein Stück von der Stelle gerückt wurde. „Jeden Tag beinahe werden noch neue Sachen her gebracht oder er selbst schleppt allerlei herbei, was er bei Kunst- und Antiquitätenhändlern aufgestöbert hat. Lauter rare Sachen! Feine seltene Stücke! Wenn so die Herren kommen, die wirkliche Kenner sind, — die sind entzückt, — die schlagen einen Lärm! Einen Bronze-Kandelaber hat er vorgestern erstanden — großartig! Arbeit ersten Ranges!" Der Hausmeister küßte seinen Zeigefinger und schnalzte als künstlerischer Feinschmecker mit der Zunge, in Anerkennung des Kandelabers. „Wird ja auch in verschiedenen Zeitungen erwähnt, unser Atelier!" — Die Art, wie der Mann, halb wichtig, halb selbstverständlich, diesen Satz hinwarf und „unser Atelier" sagte, wirkte außerordentlich erfreulich! „Eben durch die Zeitungen haben auch wir davon gehört, — wir sind Fremde!" bemerkte die ältere der beiden Damen. „Der Herr ist ein Landsmann von uns, sein Name ist uns bekannt, daher hätten wir gern sein Atelier gesehen. Ist denn nur die Ausstattung schön und wertvoll oder sind es auch die Bilder? Ich meine: kann der Herr etwas?" „O, ganz gewiß! Das darf man wohl sagen!" Es lag Gönnerschaft und Kennerschaft zugleich in des Haus- Meisters Ton. „Man hat ja schon vielerlei in seinem Leben gesehen und mit Künstlern verkehrt, — mit recht bedeutenden Künstlern! — da bildet man sich ein Urteil, da bekommt man was weg! Dieser hier, .... sehr flotte Manier, — freie, leichte Pinselführung, große Treue beim Porträt und doch nicht zu ängstlich am Original haftend, — immer was eigenes dabei, — nicht zu ideal wirkend, — bewahre! — auch nicht ganz realistisch, . . . eben eine sehr gute Art, aufzufassen!" Diese Kritik hatte der Hausmeister vor einigen Tagen, da ein bedeutender Maler den jungen Kollegen besucht hatte, mit dem Ohr am Schlüsselloch, erlauscht, und er stand keinen Augenblick an, sie für seine eigene Weisheit quszugeben! Wenn man den Leuten imponieren kann, — warum nicht die Gelegenheit benutzen? „Welches ist denn sein neuestes Porträt?" ' „Ja" der Cicerone hob die Hände, kehrte deren Flächen nach außen, nahm eine geheimnisvolle und wich tige Miene an. „Das ist, so zu sagen, ein verbotenes Terrain! Soll noch nicht darüber gesprochen werden, — soll überhaupt nicht in den Kunsthandel kommen! Privat- fache! Ich habe es noch niemanden gezeigt, obschon es rasch vorgeschritten ist und sich schon sehen lasten könnte! — Da die Herrschaften hier fremd sind .... und wenn sic mir gütigst versprechen wollten, nichts zu verraten" — „Wir reisen übermorgen weiter, werden wahrschein lich nicht noch einmal wiederkommcn können!" fiel die jüngere Dame lebhaft ein. „O — o, bedaure! Nun denn, — es ist" — auf den Zehen kam der Dicke ganz nahe heran, formte die Hand zum Trichter, sah sich vorsichtig nach allen Seiten um, als sei er von Lauschern umringt, und sprach so leise, daß es kaum zu verstehen war — „es ist eine heilige Cäcilia!" Er trat zurück, um die Wirkung seiner Worte festzu stellen. „Ach!" machte pflichtschuldigst die jüngere Dame, — die ältere nickte befriedigt. „Eine heilige Cäcila also," wiederholte der Haus- meister, „aber — die Herrschaften wollen mich recht ver stehen! — es ist kein Idcalkopf, sondern entschieden ein Porträt! Es erscheint aber kein Modell bei uns, — eS ist eine sehr gewagte und bedeutende Leistung. Der Künstler" — beinahe hätte der Redner wieder „wir" ge sagt! — „der Künstler hat nur eine kleine Photographie zur Verfügung, im übrigen malt er offenbar nach dem Gedächtnis!" „Wie schwer das fein muß!" rief die jüngere Dame bewunderungsvoll. „Sehr schwer!" bestätigte der Kunstkenner ge- wichtig. „Es erfordert ein technisch reifes Können, ein ungewöhnlich gutes Gedächtnis und eine sichere Hand! (wieder wörtlicher Ausspruch des großen Malers!) Alles dies ist hier entschieden vorhanden!"
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