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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.11.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-11-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19041107017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904110701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904110701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-11
- Tag1904-11-07
- Monat1904-11
- Jahr1904
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Vezug-.Prei» in da Hanptrrprdition »d«r dar» Anlgabe- stellen abgeholt: vierteljährlich >1S.—. bei zweimaliger ttlaltcher Znfteitnna I»4Hau» I« » 7V. Durch die «,sl be» «en für Deutsch- land u. Oesterreich viert,ljttdrlich 4.»O. für die übrigen Lüuder laut Zeltunq-preiSliste. Diese Nummer »«siel ck 4b 4N? auf alle» Bahnhüs« und lII MI bei den Zeitung-LeUIufa« -» V f * «edakttsn NN» VrpedM»»: 1-S Fernsprecher LLS IotzanntSgaff« 8. Filt«lrrprdtti»«en: «lfrrd Hahn, Buchhnndlg^ Untversititt»str.3 (Fernspr. Nr. 404«), L. Lasch«, Katharinen- ktraß« 14 iFansprecher Ne. MM! n. Köni-S« Platz 7 (N«rn>pr»ch«r Nr. 7Ü0SX Hanpt-Atltnl» r»e»pknr Marienstraßr 34 (Fernsprecher Amt! Nr. 1713), HanpteAtltale Verltnr LarlDuack«r, Herza>.Bayr.Hosbuchbandla, Lützowstraß« 10(F»rnspr«chrrAmtVl Nr.4603). Morgen-Ausgabe. MpMcrIaMM Anzeiger. Amtsvkalt des Königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Aales und des Volizeiamtes der Ltadt Leipzig. Nnzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 25 Neklam«« unter dem Redaktton-strich (4gespalten) 7b »ach den Familiennach- richten Ggespallenl ÜO H. Labellartscher und Zisfernsatz werden ent sprechend höher berechnet. Gebühren für Nachweisungen und Osserten- annahme 25 /H. Annahmeschluh für Anzeige»: Ab« ad-Au-gabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Au-gabe: nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stet» an di, Expedition zu richten. Extra-VeilastN (nur mit der Morgen- Au-gadr) nach besonderer Bereinbarung. Die Vrpedttion ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von V. Poll 'n Leipzig lJnh. vr. V., R. L W. Klinkdardt). Nr. 567. Montag den 7. November 1904. 88. Jahrgang. Var lvickligrkr vom läge. * Der Bochumer Verein für Bergbau undGuß- stahlfabrikation feierte sein 50jährige« Bestehen. (S. Letzte Dtp.) * In Wien fand gestern die Schlußsitzung der großen Kommission der Internationalen Ausstellung für Spiritu»v«rw«rtung statt. (T. Letzte Dep.) * Da« Begräbnis de« getöteten Maler« Peceey in Innsbruck verlief ohne Zwischenfall. (S. letzte Depeschen.) * In Rom wurde« gestern di« Wahlen zur Depu tiertenkammer vollzogen. (S. Letzte Dtp.) fl-ttthpklichle». Im Verlag« von Felix Ditrich (Leipzig) ist soeben eine Broschüre erschienen: „Die Flottenfrage unter den wirt- schaffSpylifjschen sifl- technischen Voraussetzungen der Gegenwart. Dprgestellt von Erich Neuhaus." Es ist eine in engem Rahmen allseitige, nichts wesentliches über- sehende, kenntnisreiche, klare und maßvolle Arbeit, auf dse wir pflichtgemäß Hinweisen möchten. Tenn der Aus- bau der Flotte ist die wichtigste Angelegenheit der deut schen Gegenwart, die Vorbedingung für Macht und Wohlfahrt in der Zukunft. Schon im Jahre 1867 wurde ein Flottengründungsplan entworfen, der die Entwick lung des eigenen Offenfivvermögens forderte und zu disssem Grundgedanken müssen tpir zurückkehren; ihn versritf auch der Verfasser der Broschüre, nicht vopt Standpunkte des „rabiaten Marineoffiziers", sondern als einsichtiger Patsiot, der neben dem militärischen und poli tischen auch den technischen und wirtschaftlichen Gesichts punkt zur Geltung bringt. Im saturierten Deutschland der achtziger und neun ziger Jghre des vorigen Jahrhundert- war daS Reich zur See ohnmächtig; erst mit dem Regierungsantritt des jetzigen Kaisers bpgqnn die neue Aerq, hi« »nieder an dqs mutige Programm von 1867 anknüpste und mit dem Barr der Branhenburgflasse einen volsstänhigßsi Systemwechsel cinleitete. DaS rapide Anschwellen unserer überseeischen Beziehungen, die Besitzergreifung in Ostasien, die nicht er müdende Jnifiatipss des Kaisers führten gm 10. April 1898 zur Genehmigung eines Flottengesetzes, das die nationale Verteidigung zur See auf eine feste Grundlage stellte. Die deutsche Handelsflotte war zur zweitgrößten der Welt herangewachsen, der deutsche Außenhandel be trug in Einfuhr und Ausfuhr nahezu 12 Milliarden, von denen zwei Drittel über See gingen. Aus diesen Tatsachen .mußte die Konsequenz gezogen werden. Leider wurde sie nicht durchgreifend genug gezogen. Man verzettelte die Bauten auf einen Zeitraum, nach -essen Ablauf ein großer Teil des Materials bereits svieder völlsg veraltet sein muß, denn erst im Jahre 1920 können die letzten vope gesehenen Schiffe in Dienst gestellt werden. Aber man ahnte nicht, daH bereits die nächsten Jahre Tatsachen herquffühpen wurdssst, hie unS dazu zwingen, der Ent^ Wickelung unserer Seemacht die ernsteste Aufmerksamkeit zuzufvenden. Insbesondere das «sne Faktum muß hier hervorgehoben werden, daß der Antagonismus zwischen England und Deutschland sich immer mehr verschärft und daß heute der Präventivkrieg gegen uns iepseits des Kanals stuf qffen«M Parkte gepredigt wird. Wx fügen hinzu: vam englischen Standpunkte au» nicht mit Un recht; der Gedanke liegt nahe genug, den gefährlichen Ri valen niedergeschlagen, phe es zu spät sst. Angesichts dieser Konstellation, hie unsere oft genug bewiesen« Frieheps- liebe picht abzuändern vermag, bleibt nicht» übrig, al» unsere Flotte rasch und energisch zu verstärken. Denn svis stehen in -er Reihe der Großmächte an fünftes Sfefle, und die Hoffnung, das Manko an Schiffen öurch „strammere Haltpng" zu ersetzen, isi kindisch. ffß ist picht abzp' sehen, svesbalh Mix nicht IN der Lage sein sollten, daß- selbe zp feisten Miß Frankreich und Rußland, dis nicht reicher sind al- mir, und ein ebenso teures Üapdhger unterhasten. Ifnsers Flotte mph jeder einzelnen Machs außer England gewachsen sein, und wiß unsere Handls- flotte, sp muß auch NNsssre Kriegsflotte an zweiter Sseste stehen. Was die Methode de» Ausbaues anbetrifft, so empfiehlt Neuhaus dxn möglichst gleichmäßigen Aushau alter Schiffstypen upd sparns davor, nach Ars der „jkpflv 6goie" in Frankreich, alles auf ejpe Karte zu setzcp, fvse es -ort in der Bevorzugung des Unterseeboote» geschieht. Von diesem Standpunkte aus erscheint es freilich auch al» äußerst bedenklich, -aß Endfapd 29, Frankreich 74 flptsr: seeboote, PeuMcmh gher kein «jnzmes besitzt. Ssuf dqß Bquprogrqmm bei Vsrfqsssrs wpllsn wir nicht ssingshen; für un» handelt e» sich hier mir darum, die Erkenntnis der wahren Sachlage zu verbreiten, -ur Wortung, und unserer Kleinmut, unsere Unterlassungs ünden würden die Nachkommen zu büßen haben. Zum Schluß des Büchleins berichtet der Autor auch die Teckungsfrage. Er weist darauf hin, daß -ie Steuer- ielastung auf den Kopf der Bevölkerung in Frankreich 50 in England 47 in Deutschland aber nur 23 ietrage, und daß die Kopfausgabe für Landheer, Marine und Staatsschuld sich in Frankreich auf 41 <F, in Eng land auf 33 <^, in Deutschland auf I8V2 bemessen. Er schlägt eine Erbschaftssteuer vor und weist darauf hin, -qß die Ergiebigkeit dieser Einnahmequellen notorisch sei. Indessen verhehlt er sich die Schwierigkeiten solcher Regelung nicht. Er meint aber mit Recht, wo ein Wille ei, finde sich auch ein Weg, und er schließt mit den ein- irrpcksvollen Worten: „Wir können kein neues „Zuspät" auf den Blättern unserer Geschichte mehr vertragen; eS wäre vielleicht das letzt«, das endgültige." 6. vrr -kukrtaiui in Ziiswertastika. Von vor Formierung de» 4. Bataillon» 2. Feldregiment» meldet Pie „Köln Ztg." noch, daß die Offiziere am 1. bez. 3. d. M. au« dem Heere ausschieden. DaS Bataillon wiro gegenwärtig auf dem Truppenübungsplatz Munster in der Stärke von 3 berittenen Kompagnien ruiammengestellt, be kleidet und ausgerüstet. Nach den Ueberweisungen sind im ganren bei der Schutztruppe für Südwestafrika angestellt l Major, 3 Hauptleute, 5 Oberleutnants, lt Leutnants, zusammen 20 Offiziere, außerdem 2 Sanitätsoffiziere. Die Ausreise dieses Bataillons ist für den 22. d. M. ,n Aussicht genommen. Für die Kompagnien ist eine Stärke von 170 Gewehren vorgesehen. Der turrirch-engsirche sionlliirt. stellt die folgend« russische Depesche nach, die au« Peters burg der „H. B." zugebt, und die, ohne den respektlosen Zweifel beseitigen »u können, die nachstehenden Details aus breitet: „Am 2l. Oktob/r abends 8 Ubr erhielt das Ge schwader durch drahtlose Telegraphie die Benachrichtigung, daß da« Transportschiff „Kamtschatka" wegen Beschä digung der Maschinen 30 Meilen hinter seiner Abteilung zuriickblieb (Kreuzer „Dimitri' DonSkoi" und „Aurora") und daß ihm auf den Fersen einige Torpedo boote folgten. General Enquist befahl sofort, die Fahr geschwindigkeit ,u verringern und auf „Kamtschatka" zu warten, aber weiter zu gehen, um sich nicht etwa den Tor pedos preiSzugeben, die jedenfalls drahtlose Tele gramme ausstngen, da bei den Torpedos unbedingt Ja paner versuchen würden, die Position der rus sischen Schiffe zu erfahren. Als Enquist mit „Kamtschatka" telegraphierte, erhielt dep Ap parat folgende Anfrage: „Wo befindet sich da« Geschwader? Erklärt eure Länge und Ausdehnung! Wo ist Suwarow?" Die Fragen waren deutlich in russischer Sprache abgefaßt und als Absender die „Kamtschatka" bezeichnet. Enquist, überzeugt von einer Mystifikation, erbat den Namen eine-Offiziers der „Kamtschatka". Darauf erfolgte Schwei gen. Das Gespräch wurde darauf mit der „Kamtschatka" lortgesetzt, doch mit chiffrierten Zeichen, so daß die Japaner die Telegramme nicht verstanden. Die „Kamtschatka" wurde von iknen nicht angegriffen : sie wollten wahrscheinlich an ein so kleines Schiff keine Munition verschwenden. Sie be schleunigten aber den Gang ihrer Fahrt, um uns einzu holen. Wir berechneten sogar die Zeit, wann sie unS umgehen konnten, falls sie lb Knoten Geschwindigkeit machten. Plötzlich um Uhr erblickten wir vor uns zwei lange dunkle, stark dampfende Schlote, darauf erblickten wir rin« grüne Rakete, dst gelegentlich benutzt wird, wenn sich Schiffe in Not befinden. Nach einer Sekunde beleuchteten un» die Strahlen einer elektrischen Laterne, ein Signal, das unS nur aushaltrn sollte. Wir aber erblickten sofort daS verdächtige Signal und gaben Feuer. Sobald sie be merkten, daß wir sie entdeckten, begaben sie sich seitwärts, gerieten aber unter daS Feuer de« „Alexander III", „Borodino" und „Orrl". Bald darauf entdeckten wip die Fischerboote. Diese hielten sich auch verdächtig, be saßen keine Lichter, keifte Signale, keine Flaggen und kamen hartnäckig dicht an unser« Schiffe heran. Die Gefahr bestand, daß auch Minen hätten geworfen werden können. Depnoch gab der Admiral sofort der» Befehl, das Schießen einzu- itellen. Da noch auf der Stelle zu bleiben und mit Poostn Hilfe zy leiste», wäre wohl sehr unsicher ge- wesep. Wir sahen slyen ftzig f> s lchep Torped 0 sinken. Mgn fragt unwillkürlich, fvaptM die engsifchen Fj'chtp plötz lich autz Hqll fast qn ha« pqmsche Ufer gegangen sind- Dä« Popkoyznfni» geschah auf dey, Lö. Brestemzpad, 5. Grap 42. Lgsige östlich von Grrenynch, alsp so Mrsten von der Doggerhanl sutfernt. Op bi» Fischep davon wußten, wird sich gttsfläpen. Wip sipp jedenfalls nicht schuld." Dl« Mel- düng trifft zeitlich mit per Nachricht zusachyien, dgß der Zad den Fpcgqtteulapitän Clqpo hsi sich rippfaqgen bat. v«e kii;ri>-.fqp-tzs,ch« ffsitg, PtzV ltztzt« Angriff «Mß p»«tz Arth««. D«S> Witzlin,«» »«» «»«rkß»s und »er Frontwechsel Ser Ehtnefen. Dep „Daily Erpreß" meldet, »vie di« „N, Fr. Pr." erfährt, au« Shgughai: Unter Pen Chinesen bat es einen tiefen I Eindruck gemacht, daß die Japaner Port Arthur nicht «Nk I Geburt^ggt de« Mikapp nehuzen sonnst». Da« Fehlschlage» I d«S Pl»n«S wird al« V«««iS der Schwäch« angesihen, und da« Beschäftigung mit diesen so ü-epqus wichtigen Fpststtzst anzuxpgen und -atz nationale Gewissen wachzurufsn. ISzp haben an -er folgenden Generation eine schwere Derant- japanische Prestige bat gelitten, denn die Japaner hatten offen zugegeben, daß fast übermenschliche Anstrengungen gemacht werden sollten, die Festung am 3. November zu nehmen. Schon nimmt die chinesische Presse einen be achtenswerten Frontwechsel vor. Die chinesischen Blätter spotten bereit« über die japanischen Ansprüche und fragten, ob die kriegerischen Eigenschaften der Japaner nicht sehr überschätzt werden. Das russische Preß bureau zu Shanghai schlägt, wie begreiflich, viel Kapi tal aus dem Mißerfolg, um den chinesischen Einfluß an der Küste und in Peking zu stärken. Neue Verproviantierung. Am 1. November gelang es, wie ein Telegramm gleich falls aus Shanghai behauptet, einem Dampfer mit Nahrungsmitteln, in Port Arthur rinzulausen. Deutsches lleich. * Leipzig, 6. November. * Nachlese zur Tparlottodcbatte. Zu den Verhand lungen de« preußischen Abgeordnetenhauses Uber die Seheri sche Sparlotterie tragen wir den entscheivenven Teil der Rede de« Ministers v. Hammerstein im Wortlaut nach dem jetzt vorliegenden amtlichen Bericht nach. Der Minister des Innern sagte: „. . . Ich meine, im politischen Leben täte man bester, sich auf die gegenwärtig vorliegenden Aufgaben zu beschränken, nicht aber prinzipiell für alle Zukunft Stellung zu nehmen zu Angelegen heiten, die vielleicht in der Zukunft sich noch anders gestalten können. Ich spreche daS hier ganz offen aus, füge aber ganz offen auch hinzu, daß dir königliche StaatSregirrung nicht daran denkt, in dem gegebenen Augenblick oder in naher Zukunft dies« ganze Angelegenheit wieder aufzunehmen. . . . Ich meine, bei einer so diffizilen Frage, wo es so außerordentlich schwer ist, da» Richtige zu finden, könnt« eine praktische Politik sich mit einer Erklärung begnügen, daß eine Wiederaufnahme der ganzen Idee, sei e« in der hier in Frage stehenden, sei e» in einer andern Form, seitens der königlichen StaatSregierung nicht erfolgen wird, ohne daß sie vorher der gründlichsten Kritik der öffentlichen Meinung ausgesetzt sein würde. Ich mstnc daß damit uuch die Bedenken derjenigen Herren beseitigt wären, welche etwa der Meinung gewesen sein könnten, in einem gegebenen Augenblick würde die StaatSregierung sie mit einem k«ut scoompli überraschen .... Ich schließe, indem ich wiederhole: die königliche StaatSregierung denkt nicht daran, die Angelegenheit jetzt weiter zu verfolgen." Die hier im Druck hervor^ebobenen Stellen bat der Minister selbst im amtlichen Bericht unterstrichen. Vielleicht interessiert es noch, die Interpellation der Mirnstererklärung in der „Nordd. Allg. Ztg." nachzulesen; das Blatt schreibt: Die StaatSregierung denkt nach den klaren Worten des Frei herrn v. Hammerstein nicht daran, im gegenwärtigen Augenblick oder in nächster Zukunst diese ganze Angelegenheit wieder aufzu rollen. Außerdem betonte der Minister, daß, auch wenn eine Wiederaufnahme der ganzen Idee in irgend einer Form seitens der StaatSregierung erfolgen sollte, dies nicht geschehen werde, ohne vorder die öffentliche Meinung befragt zu haben. Auf Grund dieser Erklärungen bat der Minister das Haus, sich nicht heute schon durch bestimmte Beschlüsse zu binden und prinzipiell für alle Zukunft in dieser Angelegenheit festzulegen. Nach der „Allgem. Ztg." sei aus der Debatte noch ein Moment hervorgehoben, daS bisher nicht zur richtigen Geltung gekommen ist. In der Zeitung heißt es: Besonder« erfreulich war in den Ausführungen deS Ministers der Ausschluß, daß das preußische Staat-ministerium den Spar lotterieplan noch nicht in Beratung gezogen habe, daß vielmehr lediglich ein Entwurf der Herren v. Hammerstein und v. Rheinbaben vorlag, der durch den Rücktritt des Herrn Scherl gegenstandslos wurde. Da« Staat-ministerium mit dem Ministerpräsidenten Grafen Bülow oy der Spitze kann dazu beglückwünscht werden, daß da- Sparlotto vor der Hand erst auf den Ressort beeten jener zwei Minist«r gehegt worden ist! Den Schluß möge ein in der „Nat. Ztg." dem säch- fischen Sparkaisenwesen erteiltes Lob machen: Wenn in einem Lande auf 4,2 Millionen Einwohner 2,4 Mil- lionrn Sparkaffenbücher mit einem Gesamtguthaben von einer Milliarde Mark entfallen, so ist da- ein Bei'piel, daS zu reger Nach- eiferuyg anrrjzen sollt«. Die Gründe für den großen Borsprung Sachsen« vor Preußen nachzuprüfen, sind wir nicht in der Lage; be achtenswert erscheint, daß — nach der räumlichen Verteilung ge- rechnet — Sparkassen und Sparkaffcnfitialen reichlich doppelt so häufig anzutreffen sind als in Preußen (bei a'lerdingS erheblich dichterer Bevölkerung). Die Kosten der Spartasscnverwaltung im Verhältnis zup Summe der eingelegten Beträge sind in beiden Ländern «twa gleich groß. Es wär« im Hinblick auf die guten sächsischen Erfolge jedenfalls der Mühe wert, Pas dortige Spur- kasstnwrsrn einem genaueren Studium zu unterziehen. * Ueter die NuSfichtc» des Herrn Dr. Spahn als Ober- lsndeSserichtsprüsidenten la »pe schreibt die „Natlib. Corr.": „Wie verlautet, wird der bisherige Präsident deS OberlanveS- gerichtS zu Cassel, Herr EcciuS, in die juristüche Prüfungs kommission berufen und infolgedessen dort der erledigte Posten für Herrn Reichsgerichtsrat Spahn, M. d. R. und M. d. A., frei. Cassel wird man also künftighin als den Ort anzusebrn hgben, qn welcheiu alle Fäden der Regierung der ZenlrumSparte» zusammenlaufen." — An der von uns geschilderten Situation wird durch diese Notiz nichts geändert. * Verktq, 6. Novembrr. De^fch SWerskattifcher Schiedsgericht«vertrag. Di« „Nord- deusschr Allgemeine Zeitung" benutzt die Nachricht, daß Hby mif Speck v. Sterndurg und mit Rooseveit konferiert habe, zu einer lyrischen Bnrqchtuug, die also lautet: Mit besonder" Befriedigung wird in Dtutschland die Kuudr ausgenommen werden, daß auf Anregung b«S Präsident«« Roosevelt Unterhandlungen wegen Abschlusses eine- Schied-gericht-ver- trageS zwischen den Bereinigten Staaten und Deutschland eingelritet seien. In dem Matze, wie man sich bei uns mit den in grotz- aitig aufsteiqender Entwicklung beariffenrn nordamelikanischrn Ver hältnissen sachlich und eingehend befaßt, wild die Ueberzrugung gefestigt, daß das Deutsche Reich und die große Republik jenseits des Ozeans ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, sich gegenseitig mit neuen Gedanken zu befruchten und einander zu ergänzen, und daß sie sich in der erfreulichen Lage befinden, nirgend- in der Welt mit gegensätzlichen politischen Interessen rechnen zu müssen. Wenn es hier und da in der Vergangenheit auf wirt schaftlichem Gebiete zu Auseinandersetzungen zwischen Deutsch land und der Union gekommen ist, »o hat die wirkliche Ge staltung der Dinge in den letzten Jabren gezeigt, daß beide Nationen im friedlichen Wettbewerb sehr wohl neben einander bestehen und ihre Wege ziehen können, ohne daß die eine der anderen Licht und Lust, deren sie zur weiteren Entfaltung ihrer Kräfte und zur fortschreitenden Hebung ihrer Wohlfahrt bedürfen, zu benehmen genötigt wären. Tie hoch erfreulichen Erfolge der deutschen Ausstellung in St. Louis ist ein beredter Beweis für dir ehrende Würdigung, die den deutschen Leistungen auf dem Felde der gewerblichen Arbeit, de- künstlerischen Schaffens und der kulturellen Bestrebungen in den Ber einigten Staaten zu teil wird. Nicht minder weiß man in Deutschland die gewaltigen Fortschritte der Amerikaner in allen Richtungen ernster Tätigkeit hoch einznschätzen. Mit der bis in die ersten Tage der Union zurückrrichendrn politischen Ueberlieferung, sowie mit den auch in neuerer Zeit niemals verleugneten Absichten beider Regie rungen wird es in bestem Einklang sichen, wenn nunmehr durch Abschluß eines SchiedSaerichtsabkommens auch für die Zukunft eine feierliche Bürgschaft dafür geschaffen wird, daß etwaige Differenzen rm Geiste der Billigkeit und Versöhnlichkeit geschlichtet werden. Das Wort „Ueberzeugung" ist auch im Original gesperrt. Kein Verständiger wird an sich etwas dagegen einwenden, daß die „Nordd. Allg. Ztg." Frohgefühle hat. Die Not wendigkeit, nach den Begleitergebniffen des spanisch amerikanischen Krieges mit den Verewigten Staaten Freund schaft zu pflegen, ist während der Reise deS Prinzen Heinrich noch viel beredter angelündigt worden. Allein die „Nordd. Allg. Ztg." schlägt in dieser Tonart bereits regelmäßig an, sie scheint nicht mehr zu wissen, welchen Wert die Reserve eines so exponierten Organs hat. Schon beim englisch-russi schen Konflikt war eine ähnliche Uebertreibung des halbamt lichen Blattes ausgefallen. * Tnrchpeitschnn» Ser HanpelStzerträgel Die Berliner Bündlerzritung klagt über die „Nativnalzeitung", weil diese gemeint hatte, daß die neuen Handelsverträge dem Reichs tage voraussichtlich bald nach feinem Wiederzusammen tritte zugehen würden; da die Verträge am 1. Januar l906 in Kraft treten sollten, sei es möglich, daß dir be stehenden von dieser oder jener Seite am I. Januar 1905 gekündigt würden; deshalb sei e« geboten, womöglich noch vor diesem Termin die Entscheidung über die neuen Verträge herbeizusühren. Deshalb jammert Herrn Oertels Blatt: Tas beißt also: der Reichstag soll sich bis zum 1. Januar über Abtebnung oder Annahme der Handelsverträge schlüisig machen. Eine stärkere Zumutung läßt sich kaum denken; man könnte fast von einer Brüskierung der Volksvertretung sprechen. Der Reichstag tritt am 29 November zusammen. Länger als bis zum 21. oder 22. Dezember kann er vor Weihnachten nicht tagen. Es soll ihm also nach der Meinung der „Nationalztg." und ihrer eventuellen Hintermänner zugemutet werben, in etwa 3 Wochen oder noch nicht 20 Verhandluygstagen eine Ent scheidung von der denkbar größten Tragweite zu fällen. Es handelt s'ch >a, wie die genannte Zeitung sich ouszudrücken beliebt, nur um ein kleines Ja oder Nein; aber dieses „kleine Ja oder Nein" entscheidet über das Schicksal der deutschen Arbeit in den nächsten 12 Jabren. Wie man angesichts dieser offenkundigen Sachlage zu einer Beschleunigung raten kann, die mit vollem Recht alS Durch- peitschung zu bezeichnen sein würde, ist uns schlechibin unver ständlich. Wir sind überzeugt, daß sich unsere Freunde im Reichs tage zu solcher Durchpeitichung unter keinen Um ständen ver stehen werden. Der letzte Satz beweist, daß auf die parlamentarische Haltung der Fraktion eingewirkl werden soll. Nur fuhrt die „D. TageSztg.", die ja selbst den rein formellen Charakter der Reichstagsverbandlungen bis zur Abstimmung hin gesteht, ihre Sache ungeschickt; mit dem Argument einer „Brüs kierung der Volksvertretung" — übrigen« ist das hodles PatboS bei einer technischen Frage — sollte sie der konservativen Fraktion nicht kommen. * Nene ZentrumSstimmcn zur Ds-tenfrage. Nachdem die „Germania" erklärt hatte, daß beim Zentrum von Kompensationen in bezug auf da« verfassungsmäßige Reichstagswablrecht bei der Gewährung von RcichskagS- diäten nickt die Rede sein könne, schreibt der „Wests. Merk ", da« westfälische Zentrumsorgan: „Es ist doch nachgerade oft genug gesagt worden, daß das Zentrum das Reichstagswahlpecht nicht verkürzen lassen will, auch gegen Diäten nicht. An Lieser Ber- sicherung zu zweifeln, liegt nicht der mindeste Grund vor. Wenn Frbr. von Zedlitz wirtlich gesagt haben sollte, das Zentrum sei neuerdings zu „Kompensationen" geneigt, so ist uns absolut unverständlich, worauf er diese Behauptung stützt. DaS Zentrum hat sich niemals mit dieser Frage von Fraktionswegen be schäftigt. Auch liegt sonst kein Anzeigen dafür vor, das Herrn v. Zedlitz zu seiner Bebauptung berechtigen könnte. Wir wissen es nicht, aber wir nehmen an, daß er vielleicht einmal mit einem Zentrumsabgeordneten über die Mühe und Plage der Aufstellung neuer Wählerlisten für Nachwahlen während der Legislaturperiode gesprochen hat. Da mag ihm der Zentrum-abgeordnete recht gegeben haben, daß es bequemer wäre, wenn feste Wahllisten aufgestellt würden unv nicht jeder in die Liste neu ausgenommen zu werden brauche, der noch nicht sechs Monate am Ort« gewohnt hat. Eine solche Meinungsäußerung wäre doch noch kein Verbrechen und keine Quertreiberei gegen das Wahlrecht. Wenn aber Frhr. v. Zedlitz daraus geschloffen haben sollte, daß da« Zentrum nun hsese oder andere „Kompensationen" zu bewilligen grneigs sei, so irrt er eben. Eine Verkürzung d«S Wahlrecht« können wir übrigen« in der Auf stellung fester Listen nicht erblicken." Aber, so schließt der „Wests. Merk.": „Die Diätenfrage nmßvon jrgl,ch«m Schach«rgeschäft freigehalten werden. MU demsrlbep Rechte, wie man hier „Kompensationen" auf dem Gebiet» de» Wahlrecht» fordert, könnt» man sie auch »vee jedem beliebig en anderen Zugeständnisse forde--
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