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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.11.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-11-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19041103019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904110301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904110301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-11
- Tag1904-11-03
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Hnnpl-Nltnle verttnr LarlDnn cker, Herzgl-BayrHofbuchbandla, Lüdowstrabe lOÄeruivrecherAmtVI Nr.460Ld Morgen - Ausgabe. schMl-rTaMatt Anzeiger. Amtsblatt des HSniglichen Land- «nd des Königliche« Amtsgerichles Leipzig, des Aales «nd des Aalizeiamles -er Lladl Leipzig. Anzeigen-PreiS die 6gcspaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem RedaMon-strich sügespaltrn) 7L nach den Famitienuach- richtru (6 gespalten! KO Dabellarischrr und ttisfrrnsay entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ossertenannahme LS Annahmeschlutz für Anzeign,: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Ezftrn-Vetlagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung ^ll 60.—, mit Postbefvrderung 70.—. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von G. Paiz in Leipzig Qnd. vr. B.. R. L W. Klinkhordt). Nr. 56«. Donnerstag dm 3. November 1904. S8. Jahrgang. Var wichtigste vsm läge. » Bon Geestemünde kommt die offenbar aus dem Berliner Auswärtigen Amte stammende Mitteilung, es seien nunmehr wegen der Beschießung des deutschen Dampfers „Sonntag" in Petersburg auf diplomatischem Wege dieForderungen geltend gemacht, nachdem Art und Umfang des Schadens festgestellt worden sind. * Die neueste Version über die Lösung der lippischen Frage geht dahin, daß Reichsgerichtsmitglieder ohne Vorsitz eines Herrschers zu einem Schiedsgericht zu sammentreten sollen. (S. Dtsch. Reich.) * Der Papst hat den italienischen Katholiken die Teilnahme an den Parlamentswahlen unter Vorbehalt gestattet; die Bildung einer klerikalen Partei soll vermieden werden. (S. Ausland.) * Die kretische Opposition hat beschlossen, auf der vollen Vereinigung Kretas mit Griechenland zu bestehen. (S. Ausland.) * In London hat gestern nachmittag bei Balfour ein dritter KabinetSrat stattgefunden, vor dessen Beginn der französische Botschafter im Auswärtigen Amte war. (S. rufs.-engl. Konflikt.) * Die chinesische Regierung hat nach Reuter der Mannschaft deS russischen Torpedojägers „Reschitelny" im letzten Augenblicke die Erlaubnis entzogen, sich an Bord deS deu t sch en Flußkanonenboots „Vorwärts" nach Schanghai zu begeben. (S. russ.-jap. Krieg.) ?ollNr»e geschälte. Für den Zweck dieser Zeilen ist die Frage wichtig, cb die „splenckick Isolation" ein Leitsatz unserer Politik sein darf, und wir glauben, die Frage muß im Hinblick auf die geographische Lage Deutschlands ohne weiteres verneint werden. Ein insulares Land bedarf der Bünd nisse naturgemäß weit weniger, als ein Land, das an drei Großstaaten grenzt und jederzeit auf einen Krieg mit mehreren Fronten gefaßt sein muß. Gewiß ist es der erste Grundsatz einer weisen Politik, aus die eigene Kraft, nicht auf die fremde zu vertrauen, aber es wird immer geboten sein, diese eigene Kraft zu stärken, ihr einen Rückl)alt zu geben durch Bündnisse. Konkret stellt sich die Frage demnach so, ob wir ein Bündnis nut Ruß land schließen wollen und können, denn unsere Be- Ziehungen zu Oesterreich und Italien sind ja in diesem Sinne geregelt und Frankreich ist noch nicht so Vorurteils- frei, wie sein verhätscheltes Kind, die große Sarah. Nehmen wir es einmal als ein kslt »ooompU, sc tritt sofort zu Tage, wie sehr sich die Lage zu unseren Gunsten verändern würde. Die Gefahr eines Zweifronten krieges wäre ausgeschaltet und wir brauchten unser Land- Heer nur Frankreich gegenüber auf dem Niveau der Uebcrlegcnheit zu erhalten. Dadurch würde es uns er möglicht, den unerläßlichen Ausbau unserer Flotte zu beschleunigen. Früher oder später kann immerhin der Antagonismus zwischen England und Deutschland, der auf handelspolitischem Gebiete sich unablässig und in rapidem Fortschritt verschärft, zu einer Abrechnung drängen. Freilich kann niemand apodiktisch behaupten, daß dies geschehen und wann dies geschehen wird. Die Tendenz der Entwickelung aber ist unverkennbar und so erscheint es ratsam, von unseren Vettern jenseits des Kanals den Satz: „Resckiness is all!" zu entlehnen. Nun behaupten freilich viele, Rußland stehe vcr der „Katastrophe": Diese Auffassung ist hier schon wiederholt als irrig gekennzeichnet worden. Nichts ist gefährlicher, als Katastrophen zu prophezeien, denn nur allzuleicht straft der Gang der Dinge den Propheten Lügen. Der Bourgeois-Staat sollte schon vor Jahr und Tag zu- sammenbrcchen; der „kranke Mann" ist immer ncch nicht verblichen und Oesterreich steht schon seit einem Menschen- alter „am Rande des Abgrundes". Also wird vermut lich auch Rußland noch ein gutes Weilchen im Rate der Völker ein gewichtiges Wort mitreden. Niederlagen, Putsche, Attentate werden nicht ausbleiben, aber sie werden den Bestand des Staates nicht erschüttern, und nicht einmal eine Revolution wird über das Zarenreich hereinbrechen. Denn der Muschik lebt noch immer ganz im Banne des Popen und des Polizisten und die un geheuren Entfernungen verhindern jede Einheitlichkeit der revolutionären Bewegung. Die Intelligenz ist un zufrieden, gewiß. Sie ist unzufrieden, aber noch auf Jahrzehnte hinaus ohnmächtig. Der Deutsche sympathisiert nicht mit dem russischen Regime, aber dieses Jmponderabile ist nicht entscheidend, denn die Masse einer Nation sympathisiert überhaupt nicht mit einem anderen Volk. Sie ist stets nationalistisch. Das Kuriositätsinteresse, das unsere Volksmassen an den amüsanten, schlitzäugigen, gelben Kerlen nehmen, hat ebenfalls mit echter Sympathie nichts zu tun. Die führenden Klassen aber werden ja wohl wissen, daß Politik nicht nüchtern genug behandelt werden kann. Entscheidend ist, daß ein Widerstreit der Interessen nicht vorhanden ist, daß Rußland und Deutschland sich wirt schaftspolitisch viel zu bieten vermögen, und daß alte Traditionen, die sich trotz mancher Schwankungen in den entscheidenden Augenblicken immer zum Heil der Nationen bewährt haben, die Herrscherhäuser verbinden. Außerdem eint uns das Interesse der gemeinsamen Ab wehr. Denn wenn wir ein Kolonisationsvolk werden wollen — daß wir es werden müssen, beweist der rapide Zuwachs unserer Bevölkerung —, so haben wir in Eng land unseren Gegner zu sehen. Es muß auf diese Kon stellation hingewiesen werden, da wir wahrscheinlich wieder im Begriff sind, eine günstige Konjunktur zu ver säumen, indem wir uns wieder loyal, neutral und un eigennützig zwischen zwei Stühle setzen. O'est la I6palit6, qui NOUS tue. Diesen Satz können wir auf unsere auswärtige Politik anwenden. Allerdings, mit der Uebersendung einer Blechmünze allein ist es nicht getan, aber wir können, ohne mobil zu machen, Rußland im Laufe des Feldzuges wertvolle Dienste leisten. Man braucht nur auf die Dardanellen frage hinzudeuten, die früher oder später akut werden muß. An Gelegenheit zu Gegendiensten wird es nicht fehlen. Sie sind uns zum Beispiel, wenn wir wirklich in Kleinasien festen Fuß fassen wollen, unentbehrlich. Wir sollten den Begriff der „Moralischen Eroberungen" wenigstens auf internationalem Gebiete einsargen und ohne große Worte politische Geschäfte machen. Der Augenblick ist, wie es scheint, günstig. ver ruttirck-englircke stonkliltt. —u. London, 1. November. Ter gestrige, ziemlich langwierige Kabinettsrat hat die Öffentlichkeit nicht mehr so erregt wie der erste, während dessen Dauer die Massen durch die Straßen wog- ten. Aber die Nachrichten aus Gibraltar und die Artikel der Zeitungen wirken zusammen, um neue Unruhe zu erzeugen. Die Modalitäten für die Bildung der i n t e r - nationalen Kommission werden leidenschast- lich durchgesprochen. So meint der „Standard", der in den letzten Tagen durch seine Heftigkeit auffällt: „Unsere früher gewonnenen Erfahrungen mit Körperschaften dieser Art sind nicht durchgängig günstig gewesen, und sehr sorgfältig werden die hervorragenden ausländischen Juristen auszuwählen sein, vor denen die Vertreter deS Zaren und des Königs für ihre bezüglichen Länder sprechen werden. Die Schwierigkeit bei all solchen Fällen ist ebenso national wie persönlich. Der ideale Gerichts hof wäre zweifellos einer, der nur aus den Untertanen oder Bürgern von Staaten zusammengesetzt wäre, die völlig außerhalb des Zirkels der Bündnisse und lieberem- kiinftc stünden, wodurch die großen Mächte miteinander verbunden sind, oder abseits gehalten werben. Aber dies involviert einen Rückgriff auf die kleineren Nationali täten: und obgleich eine große Zahl gelehrter Professoren und fähiger Advokaten darunter sind, möchte doch das Gefühl entstehen, daß es ihnen etrvas an Prestige fehlt." Der „Standard" wagt daraufhin trotzdem die General aussage: „Jedenfalls hoffen wir, daß sich die Möglichkeit Herausstellen wird, ein Tribunal zu lvählen, daß be treffs seiner Unparteilichkeit und Fähigkeit allgemeines Vertrauen gebieten wird." Ter „Standard" führt seinen Lesern recht eindringlich zu Gemüte, England hätte sich einer Lösung anheimgegeben, die vollkommen vom guten Willen der Russen abhänge, jetzt und etivas später. Ter Londoner Geschäftsmann wird darauf hingewiesen, daß in der russischen Regierung Friedens- und Kriegspartei sich stritten, und daß die Entscheidung auf der Wagschale hing. Wenn ungeachtet der persönlichen Intervention des Zaren die kriegerische Sektion wieder dieOberhand gewinnen sollte, dann müßten die Be- Ziehungen beider Staaten sehr gespannt werden, „um keinen stärkeren Ausdruck zu nehmen". — Der König hat sich vor und nach dem Kabinettsrat von Balfour und Lansdowne mündlichen Bericht verschafft. Auf seine Ver anlassung, denn er hat die Affäre von Hüll so aufmerk sam beachtet, daß seiner Popularität sehr genützt worden ist — hat Sir Frederick Treves das London-Spital be sucht und den verwundeten Fischer Henry Hogarth ge tröstet. Auch über den Erfolg der an diesem vorgenom menen Operation hat Eduard VII. Rapporte eingefor dert. Die Blätter verzeichnen das mit großer Genug tuung. — Rosebery hat in Kingston-on-Lhames ein neues Museum und eine neue Galerie eingeweiht und nachher beim Frühstück die verständige Bemerkung fallen lassen, daß seine Landsleute sich nicht genug in die Lage der anderen Partei, der Russen, versetzten. Er könne für die Gewalttat in der Nordsee keine Rechtfertigung finden, aber die Engländer vergäßen, daß die Be wegungen der Regierungen langsam wären; jede Regie- rung, die sich selbst achte, müsse auf der Stelle bei ihren Agenten anfragen und von ihm einen Bericht empfangen, bevor sie in der Lage sei, vollständige Satisfaktion zu geben. * Lin dritter Aabinettrrat. Nach einem Telegramm aus London fand gestern mittag abermals unter dem Vorsitz des Premierministers Balfour in dessen Amtswohnung ein Kabinettsrat statt. Vorher sprach der französische Botschaf ter im Auswärtigen Amte vor. ver NuManS in Ziidmrtattitt. Uebetttttt vsn Herer» ans britische» Gebiet. „Reuters Burrau" meldet au« Kapstadt: Auf Anfragen erklärt daS Kolonialamt die Nachricht, die Hereroführer seien nach Betschuanaland geflohen, für unrichtig. Alle Aufständischen, die ans britisches Gebiet gelangen, werden entwaffnet. Daß letzteres geschieht, durfte man wohl ohne weiteres als selbstverständlich annehmen. Im übrigen scheint es sich bei vorstehender Meldung um Silbenftecherei zu handeln, denn es ist von vorn herein begreiflich, daß zuerst die Rädelsführer deS Aufstandes sich über die Grenze zu retten gesucht haben und daß also bei den übergetretencn Hereros auch Kapitäne befunden haben. Die Reuter-Meldung scheint aber den Nachdruck auf das (wahrscheinlich gar nicht telegraphierte) „die" im Sinne von „alle" zu legen. Mit Recht erbebt nun die „Natt-Ztg." die Forderung, daß das deutsche Volk eine bedeutungsvolle Frage an seine eigene Regierung richtet. Diese außerparlamen tarische Interpellation lautet' Gedenkt die Regierung möglichst bald geeignete Schritte zu tun, um von England die Auslieferung oder wenigstens dir Rückschiebung der schuldigen Herero-Kapitäne zu erlangen, ohne deren Unschäd lichmachung eine vollkommene Pazifizierung des deutschen Schutz gebiets und damit ein ungestörter Wiederaufbau in Südwestasrika für lange Zeit ausgeschlossen erscheint? ES wäre von großem Werte, wenn die Oeffentlichkeit auf diese Frage demnächst eine Antwort erhalten könnte. Verlustliste. Am Typhus sind gestorben in Waterberg Unteroffizier Ernst Pankratz, Signalabteilung, früher Ulanen-Rcgiment Nr. 4; Karl Gropp, früher im 2. sächsischen Husaren-Regiment Nr. 19, am 1. Oktober in Oxjimblnde; Reiter Johann Hoyer, Maschinenaewehrabteilung Nr. 2, früher Artillerie- Regiment Nr. 46, am 22. Oktober in Otjimbinde; Reiter Paul Mastowski, Stabswache, geboren am 13. März 1882, am 22. Oktober in Otjimbinde; Unter offizier Karl Langguts), geboren am 11. Dezember 1880, am 28. Oktober in Otjimbinde; Reiter Ewald Krusat, Maschinengewehrabteilung Nr. 2, früher Maschinengewehrabteilung Nr. 5, am 29. Oktober in Otjosondu; Reiter Lehmann, Kolonnenabteilung, früher Feldartillerie-Regrment Nr. 76, am 25. Oktober in Okahanüja. Auf Patrouille gefallen: Reiter Vinzent Pilarski, früher Infanterie - Regiment Nr. 38, am 23. Oktober bei Ncmtsas. ver rurriicb-iaprmircbe Krieg. DaS Bureau Reuter meldet aus Tschifu vom 2. No vember, die Mannschaft des russischen Torpedojägers „Reschi- kelny" habe sich nach Schanghai begeben. Dieser Depesche ist von dem Bureau die folgende Depesche vorangeschickt worden: Nachdem der Kapitän und die Mannschaft ves „Reschitelny" sich bereits an Bord deS deutschen Dampfers „Vorwärts" eingeschifft hatten, um mit der Erlaubnis der chinesischen Regierung sich nach Schanghai zu begeben, kehrten sie plötzlich an Land zurück, weil im letzten Augenblicke die chinesische Regierung die Erlaubnis zurückgezogen batte. — Es handelt sich um oaS Flußkanonenboot „Vorwärts"; die Tendenz, in der die Agentur Reuter ihre Nachricht lanziert hat, ist sehr deutlich, und amtliche Telegramme sind abzuwarten. Von spott Arthur. Der „Daily Expreß" meldet aus Tokio: Nach weiteren offiziellen noch nicht veröffentlichten KriegSdepeschen aus Dalny sind die Vorbereitungen für den endgültigen Sturm auf Port Arthur schon viel weiter vorbeschritten als bekannt ist. Die Zitadelle steht, ohne daß die Verteidigung es wisse, auf Katakomben. Ein großer Tunnel sei angelegt, der gabelförmig auslaufe und an besten Enden Minen gelegt seien. Diese Minen würden aber nicht eher zur Explosion gebracht werden, als bis die Verteidiger Gelegenheit erhalten haben, zu kapitulieren. Man glaube, daß General Stössel seine Mannschaft nicht unnütz opfern werde. In Tokio herrscht allgemein die zu versichtliche Erwartung, daß morgen die japanische Flagge über Port Arthur wehen werde. Deutscher steicb. * Leipzig, 2. November. * Die nationalliberale Partei und die Landtags wahlen. Die „Sächs. Natlib. Korresp.", dos Organ des Nationalliberalen Landesvcreins, schreibt: Tie sächsische nationalliberale Presse hat sich, wie wir heute feststcllen, einmütig zu der vom nationalliberalen Landesverein ein genommenen Haltung bekannt, nach der die Partei bei den Landtagswahlen selbständig vorgehen wird. Die Begründung, welche die „Sächs. Natlib. Korresp." kürzlich zu dieser Stellungnahme gab, ist allgemein mit Genugtuung ausgenommen worden und steht im Ein- klang mit den Auslassungen vieler Blätter — wir nennen das „Leipziger Tageblatt", die „Dresdner Zeitung". „Allgem. Ztg. f. Chemnitz", „Neue Vogtl. Ztg.", „Nationalztg.", „Kölnische Ztg." —, die sich in diesen Tagen mehr oder minder eingehend mit der für die Land tagswahlen einzuschlagenden Taktik beschäftigten. Daß es sich hierbei nicht um parteipolitische Launen und Lieb- habereien handelt, die ernstesten Beweggründe vielmehr in den tatsächlichen Verhältnissen liegen, weist die „Allg. Ztg. f. Chemyitz" überzeugend nach, wobei sie der von konservativer Seite ganz einseitig bevorzugten agrarischen Jnteressenpolitik die geflissentliche Beiseiteschiebung der Industrie und ihrer Forderungen gegenüberhält. Diese Einseitigkeit der konservativen Politik macht auch die „Kölnische Ztg." zum Ausgang ihrer Betrach tungen: „Die sächsische Volkswirtschaft", schreibt sie zum Schluß, „kann sich nur im Kampfe gegen den NgrarkonservatiSmuS entwickeln. Diese Ucberzeugung ist heute in den Kreisen unserer Industriellen ganz allgemein vorherrschend. So ist eine starke narionalliberalc Partei in Sachsen geradezu eine Voraussetzung des Gemeinwohls. Zwischen ausgesprochenem Agrariertum und anmaßender Sozialdemokratie hat sie die Aufgabe, ein Sammelpunkt zu sein für alle, die den wirt« schriftlichen, politischen und geistigen Fort« schritt ohne den roten Radikalismus wollen. Verkennt der Nationalliberalismus auch heute sein«, wir mach- ten sagen geschichtliche Aufgabe in Sachsen, betrachtet er sich verzichtend auf das Vertrauen des Bürgertums, auch in Zu- kunft als Schleppenträger des Konservatismus, so ist sein Schicksal entschieden. Aber der seit einiger Zeil den sächsischen Nationallibcralismus durchfließende kräftige Lebenssrrom läßr ein solches Ende nicht befürchten." Uebersehen wir die uns vorliegenden Preßstimmen so ist kein Zweifel mehr über die Richtigkeit des einge schlagenen Weges. Es wird nur von der Umsicht und Rührigkeit der nationalliberalen Parteifreunde in den in Frage kommenden Wahlkreisen abhängen, ob dem Ent schluß auch Taten folgen werden. Zu früh kann mit der Vorarbeit nicht begonnen werden. Das ist die Mahnung, die zu beherzigen ist. * Intensivierung -er Lan-wirtschaft war von uns kürz lich als Hauptpunkt im künftigen Programm deS preußischen Ministerpräsidenten bezeichnet worden. Wohl mit Bezug hierauf bringt die „Brest. Ztg." einen Leitartikel, der ansführt, die Landwirtschaft dürfe sich freuen, daß endlich einmal in der Agrarpolitik Ernst gemacht werde mit zeitgemäßen praktischen Maßregeln, nicht mit höherem Zollickutz und anderen Liebesgaben. Freilich stehe die Intensivierung der Landwirtschaft zu der bisherigen reaktionären Agrarpolitik in einem unlösbaren Widerspruche, der hoffentlich auch als solcher im Landwirt- schaflsministerium empfunden werde. Das Blatt hält es noch immer mit den großen Landwirtschaftsschriftstellern vor lOO Jahren, die mit einer heute unerreichbaren Einstimmigkeit den Grundsatz vertraten, daß die Verwendung großer Kapital mengen in den Grund und Boden sich nicht vertrage mit Beschränkungen in der freien Verfügung über den Grundbesitz und fährt dann fort: Wenn man es glücklich dahin gebracht hat, daß der Landwirt kraft seiner vervollkommneten Einsicht den Entschluß faßt, seine Wirtschaft intensiver zu gestatten, so sollte man ihn in diesem Be ginnen nicht wieder hemmen, indem man die freie Verfügung über den Grund und Boden beseitigt, dem er fein Kapital und feinen Fleiß widmen soll. Das heißt nichts anderes, als ein Pserd vor und das andere hinter den Wagen spannen. Es handelt sich hier um eine Frage, an der die Gesamtheit im höchsten Grade interessiert ist, um die Ertragssteigerung des land- wirtschaftlichen Bodens. Nun ist es die ständige Klage der Agrarier, daß die Produktionskosten nicht gedeckt würden. Und darin haben sie anch vollkommen Recht, daß Meliorationen und intensiverer Anbau nur möglich sind, wenn die dadurch verursachten Kosten zum mindesten gedeckt werden. Damit nicht genug, es muß sich für de» Landwirt die Möglichkeit ergeben, die Grundrente zu steigern, weil ihm sonst jeder Ansporn zu erhöhten Aufwendungen von Kapitol und Arbeit fehlen würde. . . . Die herrschende Agrarpolitik sucht die Grundrente zu erhalten oder zu steigern, indem sie den Monopolcharakter des Grund und Bodens verschärft. Darauf kommt doch, kurz gesagt, die ganze Politik der Agrarzölle hinaus, daß die Konkurrenz von außen her zurückgehalten wird, um das ungünstige Verhältnis zwischen ein heimischer Produktton und Nachfrage zugunsten der ersteren aus zunützen. Daß auf diese Weise die Grundrente tatsächlich gesteigert wird, ist zweifellos. Gleichwohl verwerfen wir diesen Weg, weil die Landrente unserer Meinung nach nicht durch Belastung des Konsums, sondern durch wirtschaftlichen Fortschritt er reicht werden mutz. Wir sind doch von der Relativität der Dinge zu sehr durchdrungen, um diese verzwickte Frage mit Hülfe der aller einfachsten Formel lösen zu wollen. So ist auch die Ansicht des Blattes über die Wirkung der Getreidezölle unseres Erachtens viel zu einseitig, um glatt gebilligt werden zu können. Zum Schluß sagt das Breslauer Blatt sehr richtig, daß der Intensivierungsplan, soweit er bis jetzt zu erraten ist, nur alte liberale Forderungen wiederholt, so die der Er weiterung deS landwirtschaftlichen Bildungswesens und der Ausgestaltung des ländlichen Kreditwesens. Leider sei e« aber bis jetzt noch immer so gewesen, daß bei allen agrar politischen Aktionen das Wohl der Landwirtschaft zwar als Aushängeschild diente, die Entschließungen jedoch durch die Erwägung bestimmt wurden, was dem politischen Einfluß und den sozialen PrLtensionen gewisser Kreise am meisten fromme. * Die Lippische Krage. Die „Köln. Htsi " schreibt über den gegenwärtigen Stand der Lippischen ^rage, daß die An träge der streitenden Parteien gegenwärtig noch die zustän digen Ausschüsse des Bundesrats beschäftigen, wobei neben diesen Verhandlungen die persönlichen Bemühungen des Reichskanzlers bcrlaufen, welche darauf abziclcn, mit den Parteien zur Vereinfachung der späteren Verhandlungen eine Einigung herbeizuführen. Alle bisherigen Nachrichten, daß ein Schiedsgericht unter Vorsitz eines BundcSfnrslcn zufam- mentreten werde, sind gegenwärtig verfrüht. Wahrscheinlich kommt aber das Reichsgericht in irgend einer Form als Schiedsgericht in Frage. In welcher Weise, daS ergibt sich vielleicht aus folgender Detmolder Meldung: Die Lippische Thronfolgefrage Wird, wie jetzt bestimmt verlautet, ihre Erledigung im Reicks« ge richt finden, jedoch ohne daß — wie von anderer Seite gemeldet — ein deutscher Bundes fürst den Vorsitz deS Schiedsgerichts führt. * Berlin, 2. November. * Tie deutsch - österreichischen Hau-elS»ertra«-»ertzan-- liinae». Staatssekretär von PosadowSky bestätigte dem Wiener Korrespondenten der „Köln. Ztg.", baß seine Reise nach Wien als ein Zeichen großen Interesses und Entgegenkommens aufzufaffen sei. Er würde längsten- zwei Wochen in Wien bleiben, um die wichtigsten Fragen zur endlichen Entscheidung zu bringen. Nicht allein der Gerstenzoll müsse als feststehend gelten, sondern auch die Veterinärfrage. Unter keinen Umständen werbe irgend ein ZugeständniS gemacht werden, welches den kostbaren Viehbestand Deutsch lands der Gesabr irgend einer Schädigung aussetzen könnte, > zumal der Biebbestand in Deutschland in Anbetracht der der Futterverbältniste und des Klimas schwerer als in Oester reich beranzuziehen und zu erhalten sei. Heute mittag wurde I der Staatssekretär vom Kaiser empfangen, der jedenfalls WWW
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