01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.10.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-10-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19041020015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904102001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904102001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-10
- Tag1904-10-20
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Morgen-Ausgabe Jahrgang. Sir. 538. nWgcrIagMM Anzeiger. Amtsblatt -es ASnrgttche« Land- »nd des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Rates »nd des Rolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Donnerstag den 20. Oktober 1904. Var wichtigste vsm rage. * Die Leiche König Georgs wurde gestern abend beigeseht. (S. unten.) * Der Kaiser ist unmittelbar nach der Bei setzungsfeier um 9 Uhr 15 Min. in seinem Hofzuge wieder von Dresden abgereist. * Reichskanzler GrafBiilow empfing gestern den bayerischen Ministerpräsidenten Frhrn. v. Podewils. * Die Neichstagsersatzwahl in Jerichow ist aus den 6. Dezember festgesetzt worden. * Am Mittwoch werden im preußischen Abge ¬ ordnetenhause die Interpellationen wegen der Mirbach. Angelegen!) eit, sowie wegen der Wahlumtriebe an der Saar zur Beratung kommen. * Der deutsche Gesandte in Peking, Freiherr Mumm v. Schwarzenstein, und der Gouver neur von Kiautschau, Kapt. z. S. Truppe!, wur den am Dienstag vom Kaiser und der Kaiserin- Witwe von China enrpfangen. (S. Letzte Nachr.) * Die K o s s u t h p a r t e i hat die Wiederaufnahme der Ob st r u k t i o n im ungarischen Abgeordnetenhause beschlossen. (S. Ausland.) * Das Programm des Ministeriums Gio- litti wird von einem großen Teile der Presse günstig besprochen; die entschiedene Verwahrung gegen eine Herabsetzung der Heeres- und Marine ausgaben wird bemerkt. (S. Ausland.) * Rach einer Depesche der „Morningpost" aus Shang hai verlautet, daß der russische Kreuzer „ Bajan " im Hafen von Port Arthur zum Sinken gebracht wurde. (S. russ.-jap. Krieg.) * Das Zentralcomit6 der deutschen Rotenkreuz- Vereine wird in Irkutsk ein deutsches Hospi - tal errichten und Japan ein gleiches Angebot machen. (S. russ.-jap. Krieg.) Vie veisetrung lies Königs. -2- Dresden, 19. Oktober. Es ist ein sonnenklarer Herbstnachmittag. In den Hauptverkehrsstraßen der Stadt, die vom Hauptbahnhof bis zum Schloß führen, wogt eine nach vielen Tausen den zählende Menschenmenge auf und ab. Hofequipagen fahren in schnellem Tempo ab und zu, sie holen die fürst lichen Trauergäste und die Abgesandten fremder Souve räne vom Bahnhofe ab. Um 5 Uhr traf der Großherzog von Weimar ein, V26 Uhr holte der König in einer Gala kutsche den Erzherzog Franz Ferdinand von Oester- reich ab. Vsr der Hofkirche. Der Abend ist heraufgezogen, die Stunde der Bei setzung ist gekommen. In der näheren Unvgebung der katholischen Hofkirche stehen viele Tausende, welche die Blicke auf die hohen Kirchenfenster gerichtet haben, aus denen ein gedämpftes Licht hervorbricht. Im Schlosse herrscht ein reges Leben und Treiben. Di« fürstlich«» Lrauergäft«. Mit dem deutschen Kaiser sind viele Bundesfllrsten herbeigeeilt. Andere, sowie die ausländischen Souve räne haben sich durch nahe Anverwandte ihres Hauses oder durch hohe Würdenträger vertreten lassen. Gegen 8 Uhr traf der deutsche Kaiser, geleitet vom König Friedrich August, im Schlosse ein, um dem ver ewigten Fürsten und Feldherrn die letzte Ehre zu er weisen. Die katholische Gofkircbe hatte sich inzwischen gefüllt. Von V28 Uhr an wurden den zur Beisetzungsfeierlichkeit erschienenen Beamten, Offizieren und Deputationen ihre Plätze im Schiff der Kirche angewiesen. Vor dem Hoch altäre war zwischen leuchtenden Kandelabern der mit Purpur ausgeschlagene Sarg, umgeben von Ehrenwachen unter einem schwarz behangenen Baldachin aufgebahrt. Auch die Kirche war schwarz ausqeschlagen. In den Bänken zu beiden Seiten des Mittelganges hatte das hiesige diplomatische Korps Platz genommen, die hier eingetroffenen außerordentlichen Gesandten, Mitglieder des Bundesrates, der Stellvertreter des Reichskanzlers, die sächsischen Minister, die Direktorien und zahlreiche Mitglieder der beiden sächsischen Ständekammern, die hohen Staatsbeamten und Offiziere, sowie die fremden Offiziersdeputationen der Regimenter König Georgs. Unter den Abordnungen, die aus allen Teilen des Landes sich zu der ernsten Feier eingefunden litten, bemerkte man auch die Vertreter des R a t e s und derStadt- verordneten vonLeipzig mit dem Oberbürger, meister Dr. Tröndlin, sowie Vertreter des Lehrkörpers und der Studierenden der Leipziger Universi tät. Lraiter-Lcreinonien. Das melodische Geläute der Glocken der Hofkirche kündete den Beginn der Feier an. Unter Vorantritt des Kgl. Kommissars für die Beisetzungsfeierlichkeiten, des Oberhofmarfchalls Grafen Vitzthum v. Eckstädt, betrat an LerSeite desKaisersKönigFriedrichAugust mit feinen beiden Brüdern, den Prinzen Johann Georg und Max (der über seinem Priesterkleide das grüne Band des Ordens der Rautenkrone trug) und seinem Neffen, Erzherzog Karl Franz Josef v 0 n O e st e r r e i ch , das Gotteshaus. Es folgten die zur Beisetzung erschienenen fremden Fürstlich keiten: die Großherzöge v 0n Sa chsen - W e i - mar, von Mecklenburg. Sch Werin und von Mecklenburg. Strelitz, der Erzherzog Franz Ferdinand von Oesterreich, der Prinz Albrecht von Preußen, Regent des Herzogtums Braunschweig, der Prinz der Niederlande, der Prinz Ludwig von Bayern und der Prinz Albert vonBelgien, der Herzog von Anhalt, der Erbgroßherzog vonBaden und der Fürst von Hohenzollern, der Fürst zu WaldeckundPyrmont.derHerzogAlbrecht von Württemberg, der Herzog Adolf Friedrich zu Mecklenburg.Schwerin, der Erbprinz von Sacksen-Meiningen, der Prinz Ernst von Sachsen-Altenburg, der Prinz Wilhelm von Sachsen-Weimar-Eise nach, der ErbprinzvonSchaumburg-Lippe, derPrinzChristianzuSchleswig-Holstein, derPrinzLeopold vonSchwarzburg-Son- -ershausen, derPrinzSizzo von Schwarz- burg-Rudolstadt und der Regent der Herzog tümer Sachsen-Koburg und Gotha, Erbprinz zu Hohenlohe. Die Königin. Witwe nahm mit den drei Prin- zcn, der Prinzessin Mathilde, der Frau Erz herzogin Maria Josefa von Oesterreich und den übrigen fürstlichen Damen in den Oratorien über dem Hochaltar Platz. Als die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften vor dem Katafalk unter der Kanzel ihre Plätze eingenommen hatten, nahte in feierlicher Prozession die Geistlichkeit. In langem Zuge, brennende Kerzen in den Händen tragend, schritten unter Vorantritt von Ministranten an- nähernd fünfzig Priester, aus einem Seitengange kommend, den Hauptgang, in den« Grenadiere mit auf- gepflanztem Seitengewehr Posten standen, enr- lang, auf den Sarkophag zu. Dort blieben die drei funktionierenden Geistlichen stehen, während die übrigen vor dem .Hauptaltar, hinter dem Katafalk, Aufstellung nahmen. Dom Cbor herab erklang indessen in ernsten, schönen Tönen das „dllsersre". Vor dem Sarko phag intonierte dann der Celebrant das „Vs pro- knnckis" und die Gebete tnmulnm". Darauf hielt der Hofprediger Kummer, der in zwischen die Kanzel bestiegen hatte, die Lrausrpredrgt, in der er u. a. sagte: Wiederum will sich die Gruft der Wettiner öffnen, um einen der Ihrigen in sich aufzunehmen. Es ist das greise Haupt des edlen Stammes, das der Tod auf die Bahre gebettet. So bald hat König Georg seinem unvergeßlichen Bruder nach folgen müssen. Noch nicht drei Jahre hat er den Thron seiner Väter innogehabt, und schon ist er vor den Thron des Aller höchsten gerufen worden. Gott hat bereits über ihn ge sprochen . . . Wenn ich das Bild dcS verblichenen Fürsten mit seinen Taten und Handlungen mir ins Gedächtnis zurückrufc und vergegenwärtige, so will eS mir scheinen, als ob ich ihn jetzt zu unserer Beruhigung das Wort sprechen hörte, daß St. Paulus an Timotheus geschrieben: „Ich weiß, wem ich ge glaubt habe und bin sicher, daß er Macht hat, mein Hinter legtes mir zu wahren bis auf jenen Tag." Tiefes Wort, da- wir aus seinem Munde zu vernehmen glauben, wollen wir als ein Licht vor die Bahre aufstellcn, daß es den Charakter und das Leben des Verewigten uns besser erkennen lasse. „Er har geglaubt und wußte, wem er geglaubt hat." Er hat geglaubt, denn er war eine wahre und große Seele. Wer die Wahrheit aufrichtig sucht, wird zugeben, daß unser Dasein nicht mit unserer Tätigkeit, sondern mit der Tätigkeit Gottes beginnt, und daß darum nicht wir, sondern Gott unsere Lebensaufgabe und unseren Lebenszweck zu be stimmen hat. Welch anderen Zweck aber konnte Gott, als er uns erschuf, im Auge haben, als sich selbst? Denn das voll kommenste Wesen kann nur um seiner selbst willen handeln, sonst hörte es auf. das vollkommenste Wesen zu sein. „So bin ich denn in erster Linie, 0 Gott, nicht mein, sondern dein." Diese Wahrheit hat der Verewigte erkannt, und bekannt und betätigt mit voller freier Entschließung seiner Person . . . Wie die Soldaten, wenn zum Appell geblasen wird, von allen Seiten dahin eilen, um sich dem Führer zu zeigen, so stellte sich auch der Verewigte tagtäglich zum Appell vor seinen Führer und Herrn, um mit ihm und in ihm und durch ihn dem Höchsten seine Huldigung darzubringen, und immer inniger sich mit dem Führer zu vereinigen und seiner Tugend und Kraft teilhaftig zu werden. Unvergeßlich wird cs mir blei- ben, wie er noch am 6. September dieses Jahres früh um die siebente Stunde schwer atmend und auf den Stock gestützt in die um einige Stufen höher gelegene Kapelle zu Rehefeld zum Besuche des Gottesdienstes mit den förmlich hingehauchten Worten eintrat: „Beinahe wäre ich nicht heraufgekommen". Er kam zum Appell mit dem Aufgebot der letzten Kraft, die er noch besaß. Ein treuer, tapferer Soldat! Daraus ist das Gottvertrauen zu erklären, das dem Verewigten in so hohem Maße eigen war, denn Treue wirbt Treue, wenn schon bei Menschen, um so mehr bei Gott. Wie hätte er auch sonst die schweren Prüfungen, mit welchen Gott ihn bedacht, mit solcher Ergebung und Geduld getragen. Dem Herrn schüttet« er sein Herz aus und hinterlegte bei ihm das schwere Opfer, das er zur Ehre Gottes darbrachte dadurch, daß er immer wieder von neuem dem unergründlichen heiligen Willen Gottes sich unterwarf. Dann erhob er sich neugekraftigt und frohgemut, und man konnte aus seinem Antlitz den Gedanken lesen, der sein In neres bewegte und stärkte, und dieser Gedanke war kein an derer, als: „Ich Weitz, wem ich geglaubt habe und bin sicher, daß er die Macht hat, mir alles wieder zurück zu geben, was ich bei ihm hinterlegt habe". Der edle König, dessen wir heute gedenken, war ein hoch herziger Dulder. Wohl haben auch die Siege, die er in treuer Bundesbrüder schaft wider den Erbfeind erfochten, sein Haupt mit dem Lor- beer geschmückt, aber verehrungswürdigcr macht ihn der Lor beer, den der Schmerz um sein Haupt gewunden kraft des göttlichen Dulders, mit dem er für Gottes Ehre gelitten und gestritten . . . So hat er uns verlassen und doch steht er noch vor uns als ein Muster des Glaubens, als ein Muster der Treue zu Gott und den Menschen, als ein Muster der Ge rechtigkeit, und von des Himmels Höhe ruft er den Seinen und uns allen zu: kroviäentine memorl Seid eingedenk der Vorsehung GottcSl Ja, Gott tröste und führe und schütze unseren allergnädigsten König, den Nachfolger des Verewigten auf dem Thron, das gesamte Königliche Haus und das ganze sächsische Volk, „kroviäentine memorll" sei unser aller Wahrspruch heute und allezeit, der edle König aber, der ihm seine besondere Prägung gegeben, er ruhe in Frieden! AmenI Dl« v«rf«nkung ör« Sarge». Nach der Predigt wurde das „ I- ibsra " gesungen. Dann trat eine tiefe, bange Stille ein. Vor den Augen der Lrauerversam mlung sank der KönigSsarg langsam in die Tiefe. In diesem Augenblick krachten die Gewehrsalven, die von den auf dem Schießplätze aufgestellten Bataillonen ab- gegeben wurden, und donnerten dumpf die Kanonen- schlisse von der Elbe her. Vom Chor wurde das mild und versöhnlich klingende Salve rejrioa" ge- sungen. Der Oberhofmarschall mit den funktionierenden Geistlichen und den Kanrmcrherren, welche daS Herz und die edlen inneren Teile des verstorbenen Königs trugen, begaben sich in die Königsgruft hinab, wo der Oberhofmarschall dem Schloßgeistlichen den Schlüssel zum Sarge übergab. Dann meldete er dem Könige, daß die sterblichen Ueberreste Weiland König Georgs zur letzten Ruhe gebettet seien. Während der Chor ein „Oostluckium" sang, verließen die Fürstlichkeiten und die übrigen Lvauerverfammlung die Kirche.
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