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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 09.03.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-03-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192803098
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19280309
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19280309
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1928
- Monat1928-03
- Tag1928-03-09
- Monat1928-03
- Jahr1928
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 09.03.1928
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Gerichtssaal. Sin politischer Beleidignnsspro-eß! In der Nummer L8 vom 29. September vorigen JabrcS erschien im Volks- üaat unter der Ncberschrift »Ter bestrafte Ehrabschneider meldet sivi" ein Aussatz, der zunächst eine der Volkssiaat- Nedattion zugegangene Berichtigung des Schriftleiters der Dresdner Volkszeitung, Max Sachs, enthielt. Im Anschluß Neran waren längere Ausführungen angeknüpft worden, di« sich auf einen vorangcgangencn PrivatbeleidigungS Prozeß des Sandtagsabgcordneten und Hauptschristleiters der Sächsischen Staatszeitung. Bethkc, gegen Schriftleiter Lachs bezogen. Letzterer war wegen formaler Beleidigung zu täl« Reichsmark Geldstrafe verurteilt worden. In dem vorerwähnten Artikel wurde Schriftleiter Sachs u. a. mit oorgeworfen, das; er sich geflissentlich den Doktortitel zuge legt habe, und daß er krampfhaft versuche, di« Oeffentlichkcit ;n täuschen. Wegen dieser Schreibweise hatte nunmehr Schriftleiter Sachs gegen den verantwortlichen Kollegen drS »rolkSstaateS, Schriftleiter Richard Müller. Privatklage er- Tochter de» Kaiser» von Japan, Hisa, an einer Zunge«, entzündung gestorben. «erlnfte der merikanisch«« Red«»««. Meldung«, «n» »uadelasara besagen, daß vier Rebellenführer und U ihrer siuhänger in verschiedenen Gebiete« de» Staate» JalGeo zetötet worden sind. Die Erweitern», de» Stimmrechts fiir Frauen i« Kug» iaud. Den Blättern zufolge hat das Kabinett gester« den Gesetzentwurf, wonach da» Krauensttmmrecht berett» mit »em 2t. Lebensjahr beginnen soll, endgültig gebilligt. Abb» Lemire gestorbe«. Der durch seine Tätigkeit während des Kampfes um die Gesetz« über die Trennung von Staat und Kirche bekannte französische Abgrordnet« AbbS Lemire, der in der Kammer da» Departement Nord vertrat, ist im Alter von 7l> Jahre» in Hazebrouck gestorben. Er gehört« der Fraktion Loucheur der radikalen Linken an. Nene ««Sschreituuge» in Lemberg. In Lemberg kam cd auch gestern trotz der zahlreichen Berhaftunaeu nsieber zu Kundgebungen der extrem-nationalistischen Ruhestörer. ,l ii-gesamt wurden bisher bei de» Ausschreitungen fünf Gaststätten demoliert und einige hundert Scheiben von jüdischen GeschäftSlokalcn cingefchlagen. Der Stadtbaupt- mann nmndte sich an die Rektoren der Hochschulen mit der Bitte, die Studenten vor weiteren Kundgebungen znrürkzu- halten. Wie das Pilsndskiblatt „GloS Prawkm" erfährt, ist eS möglich, daß im Fall« der Wiederholung der Straßen, knndgebunge« der Belagerungszustand über die Stadt ver- hängt iverden wird. Die Deutschuatlonale, gegen eine Erklär«»» he» Whge, ordneten Mittelmann. Di« Deutschnatiouale Pressestelle teilt mit: „Laut Presseberichten hat der volksparteiliche Ab geordnete Mittelmann in seiner Rede zum Etat de» Reichs- verkchrSministeriums unter anderem gesagt: „Leider hat das BrrkehrSminisicrium, da mit dem Amt leider nicht auch das erforderliche Wissen übertragen wird, heute nicht nrehr die Achtung in der Oesfentlichkeit, wie unter dem Minister Kröhne". Diese Behauptung enthält einen Angriff auf die Person des gcgemvärtigcn Reichsverkehrsministers Dr. h. e. Koch, der so ungeheuerlich ist, daß wir uns eine endgültig« Stellungnahme bis nach Prüfung des stenographischen Be richtes Vorbehalten müssen. Sollte der hier zitierte Bericht dl« Aeußcrnng Dr. Mittelmanns richtig wiederqeben, dann lvird sich Herr Mittelmann den Borwurf gefallen lasse« müssen, daß ihm die nötige parlamentarische Form fehle, tm ernst genommen zu werden." hoben, »le am Donnerstag vor de« «mt»geri»t Dr«»de« zur Verhandlung kam. Der Angeklagte erklärt«, er habe de« fraglichen ArMel nicht «schrieb«, dies« f«t vielmehr ohne seine Kenntnis t« Satz und somit »nm Abbruck ge. langt, »r würde selbitzr« auch nicht veröfteMlicht habe«, wenn er das Manuskript zuvor gesehen hätte. Er geb« zu, daß dieser Aussatz Unrichtigkeiten und an» formale Beleb digungen enthalte. B«rgl«ich»vorschläge de» Borsttzrnbr« scheiterte« an »ine, für Arbeiter Wohlfahrt», wecke gefor derten Geldbuße ufw. Schriftleiter Müler mürbe baraushi» »«« »ftentlicher Preßbeleibttzung »-»Schriftleiter» Sach» von »er Dresdner BolkSzeitung z» W» Weich»««! Geld strafe »ernrteilt. an deren Stell« im Falle der Uneinbring lichkeit eine zehniägig« Gefängnisstrafe al» Ersah zu trete« haben würde, er hat auch di« entstandenen Kosten zu trage« und die dem Privatkläger erwachsenen notwendigen Aus lagen zn erstatten. Dem Privatkläger wurde die Publika tionsbefugnil» im Dresdner Anzeiger, der Dresdner Volks zeitung und im Bolrsstaat ,»gesprochen. In der Urteils begründung führte Amtsgerichtsrat Dr. Otto u. a. au», der Aufsatz enthalte v«rschi«dene formale Beleidigungen, und zrvci in der Verhandlung näher erörterte Punkte seien beide unwahr. Strafmildernd kam in Betracht, daß der Ange klagte nicht der Verfasser des Artikels gewesen ist. straf schärfend waren aber die nnzn»eif«lhaft schweren Beleidi gungen, die in de« ost recht scharfen R«dewendungen ent- halten sind, zu »«achten. lK—g.) Mmt-MB. vdz. Berkin. In der DonnerStag-Sitzung de» Barmal-ProzesieS plaidiert«' R-A. Dhemal al» zweiter Verteidiger für den ««geklagten Lauge-Heger»«»«. Er warf der Staatsanwaltschaft vor, daß sie auch nicht im entferntesten daran gedacht habe, anch nur ein einziges «t- lastcudeS Moment für Lange-Hegermann zn würdigen. Di« wirtschaftliche Tätigkeit des Ang«klagten sei durchaus nicht» Ungewöhnliches, da sich ein grober Teil der Reichstagsabge ordneten in der Wirtschaft betätige. Die Anforderung deS Postkredit» sei nicht auf Lange-Hegermann, sondern auf den verstorbenen R«ichspostminist«r Höste zurückzuführen. Die Staatsanwaltschaft habe künstlich belastende Indizien gegen Lange-Hegermann znsammengetragen. Der Verteidiger betonte, daß nach seiner Meinung die Anklage zerflossen sei nnd sich kein Indizium gegen den Angeklagten aufrecht erhalten ließe. Heute seien bereits «rotze parlamentarische Bemühungen am Werke, Lange- Hegermann dein Parlament »« erhalten. Man sei von parlamentarischer Seit« und von weiten Schichten de» Volke» an Lange-Hegermann mit der Bitte ßerangetretcn, zur neuen ReichStagSwahl ein Mandat zn übernehmen, da man seine Kraft als lauter anerkannt habe und ihn in der Zentrumspartei nicht entbehren könne. Der Verteidiger verlangte die Rehabilitierung sein«» Mandanten. Nächste Sitzung Freitag. Ailmfchail. Capitol: „Casanova". Casanova, König der Ab«nteur«r, Beschützer der Hilflosen, Abgott der Frauen. Casanova, der zu den unsterblichen Gestalten einer längst gestorbenen Zeit zählt, lebt noch einmal sein berauschtes und berauschendes Dasein in de» Bildern dieses Films. Frauen sind sein Schicksal. Um ihretwillen stürzt,er «« «» «"«"'»rett?» und Gefahre», und oa» Lächeln eine» Mädcheumunde» reißt thu tu rollhett« und Abenteuer. - Su «rnedig wtll th« der Wucherer Menueet «ine» uuetuaelüsteu Wechsel» wegen pfänd« lass«. Casanova gibt für RK Wechsel etn mit ge- heimntsvollen Zeichen beschriebene» Zauberbuch in Zah lung. da» d«u bestimmt ist. der Dumtnhett ein Schnippchen zu schlagen. Der abergläubische Wucherer verklagt Casanova beim Rat »er Zehn, «egen Teufel-beschwörung soll »er Fraueuheld verhaftet werde«. — Bon einem Fest, das Casa nova seiner Geliebten, der schönsten Tänzerin Venedigs gibt, eilt er, von den Häschern verfolgt, zu seinem Rendez vous mit Lady Stanhope, der Krau de» engltscheu Ge sandten, mit der er die letzten Stunden vor seiner Flucht verbringt. Beim Abschied gibt bi« Lady ihm eine« Neger, pagen mit, der von da am Casanova die treuesten Dienste leistet. Ungehindert kommt er über die Grenze. In einem Gasthof erkennt er jedoch in dem Begleiter des Herzog» von Bayreuth ein verkleidete» Mädchen, das sich ihm zu er kenne» gibt und ihn bittet, es von dem gewalttätigen Her- zog, den e» seit zwei Jahren ständig begleit«» muß, zu be- freien. Casanova, der keiner weinende« und bittenden Frau, besonder» wenn sie schön ist, widerstehe« kann, ver- sucht, mit ihr zu fliehen; doch die Verfolger erreichen ihn und «utretßen ihm das Mädchen. — Mancherlei tolle Unter nehmen folgen; neu« Kämpfe und neu« lockende Abenteuer de» Herzen»... U^r^Lichtspiele: „Der falsche Prinz". Ei«« Zeitkomödie 1« sieben Akten. In großen Lettern berichte« die Zeitungen von der Verhaftung de» Hochstapler» Harry Domela, „oeS falschen Prinzen". Wenige Wochen später beginne« die Verhandlungen vor der« Gerichtshof« in Köln. — Bor unsere« Angen rollt da» Schicksal einer typischen Nach- kriegsiugend ab. — Schon als kleiner Jung«, vaterlos, lebt Harr« mit seiner Mutter «nd einer Magd in bescheidensten Verhältnissen in BauSke im Baltischen. Auch diese» kleine Dorf verschlingt die Welle des Krieges. I« de« Trümmern der Ortschaft finden Sanitätsmannschaften den leicht ver letzten Knaben. Go kommt Harry unter di« Soldaten. AIS im Jahre 11)19 die baltische Landeswehr entsteht, meldet sich der nun F-ünfzehnjährig« als Freiwilliger. LandSknechtS- leben. Jäh beendet 1921, da die Auflösung der Freikorps befohlen wird. — Drei, die in, den Jahren der Balttkunl- Äämpfe gute Kameraden waren, nehmen Abschied vonein ander. der junge Baron Korfs, der zu feinem väterlicher» Gut nach Kurland will, der Arbeiter Fritz Stein, den seine Mutter in einem steinen Bauerndorf erwartet und Harry Domela, der Eltern- und Heimatlos«, der nicht weiß, wohin er seine Schritte lenken soll. — Wochenlang müht er sich, eine Stellung -» finden, doch die Arbeitsnachweise sind überfüllt..... Da» Schicksal nimmt nun seinen Lauf. Nach mancherlei abenteuerlichen Erlebnissen wird Harry durch eines Hoteldirektor» Gnaden zum Prinzen, eine Erhöhung, die Harry sich halb bewußt, halb unbewußt gefallen läßt. — Wie ei« Lauffeuer geht es durch die steine Stadt: Der Prinz ist da! Empfänge, Galavorstellungen, Jagdeinlabungen, Festdiners lösen einander ab. Alle Versuche, seinem Schick sal z« entgehen, scheitern an der Aufmerksamkeit deS nimmermüden Hoteldirektors. Im letzten Augenblick ent- springt er durch ein Fenster flüchtend den ehrenvollen Hul digungen..... Wie eine Bombe schlägt die Nachricht in di« Festversammlnng: Er ist kein Prinz! — Schon steht er im Werbebüro der Fremdenlegion, als man ihn verhaftet, um ihn wegen seiner Hochstapelei zur Rechenschaft zu ziehen. — Das ist die Geschichte Harry DomelaS. — Mußte er auch nach dem Gesetze verurteilt werden, so ist -och manches zu verstehen und zn verzeihen. Schritt zurück, bleich vor Erregung und böbend vor ver haltenem Zorn. Da stürzte die alte Hansen herein. »Um Gottes willen, was geht denn hier vor? stlaa» Hennig, was tun Sie?" KlaaS ließ den Stuhl sinken. Er keuchte vor Wut, seine Angen waren blutunterlaufen und die Adern aus seiner Stirn dick angeschwollen. »Siehst du den Mann da, Hansensche?" würgte er hervor »Da» will mein Sohn sein — aber ei« her gelaufener Lümmel ist er! Ein Schuft ist er, ein Bube, der seinen alten Vater zum Verbrecher mache« und in» Zuchthaus bringen will! Ta» ist er — aber ich fürchte mich nickt vor ihm, wenn er auch Kapitän geworden rst nnd ich nur ein alter Schiffer bin, der e» nicht weiter al» bi» zum Matrosen gebracht hat. Aber hier sind wir nicht auf Deck, mein Junget — Hier sind wir in «eine» Hansel Hier bin lch der Kapitän und hab« zu befehle«! — Und wem» du nicht machst, daß du au» meinem Hause hinau»- kommst, so laß ich dich durch den Landjäger raus schmeißen .. »Klaas Hennig, ich bitt' Sie um Gotte» Wille« .. ." ? »Lassen Sie nur, Frau Hansen," sagte Jürgen mit »ebender Stimme und tief gedemüttgt durch die Roheit seine» Vater». »Mein Vater weist mir die Tür de» Hanse«, m dem meine Mutter gestorben ist — ich will nicht mit ihm rechte» — er ist immer «och mein Vater — «h gehe «nd verlasse diese» Hau»! Aber da» eine sage ich dir, Vater, ich kehre nicht eher zurück, bi» ich die Wahrheit ergründet habe, und dann wirst du mir da» Unrecht abbitten, da» »n mir heute angetan hast!" »Den Deuwel werde ich tun! Marsch fort mit dir «nd komme mir nicht mehr vor die Augenl Halt da — diq Flasche läßt dir hier! Sie ist von meinem Gelde gekauft und gehört mir. Oder soll ich dich al» Dieb der Polizei anzeigeu?" s^)te er höhnisch Hinz«. Jürgen stellte schtveigend die Flasche auf de« Tisch «nd verließ da» Zimmer. Sein Vater lackte laut ans «nd griff «ach der Flasche. »So, Hansensche," sagte er und schenkte va» Gla» «feder voll, welche» die Frau auf dem Tisch hatte stehen lasse«, »nun sind wir de« verrückten Burschen lo» «nd können uns «inen vergnügten Abend mache«." »Ach, Slaa» Hennig, wa» habe« Sie da getan?" jam merte die Alte. »Ter Herr Kapitän ist «in so lieber Herr. Alle tm Dorfe mögen ihn so gut leiden und sind stolz ans ihn. Und mit so vornehmen Leute» hat er verkehrt uno di« Anita ist auch eine vornehm« Dame geworden." »Ich hab' sie erst dazu gemacht Hansensche! Den« ich nicht gewese« wäre, dann säße sie jetzt noch hier und hätte vielleicht «ine« Fischer geheiratet und mußte mit auf des Flundernfang fahren. Ja, Fra« Hansen, ich hab' sie zn der vornehmen Dame gemacht — daSkönnt' ihr allen Leute« im Dorf erzähle«. Und «u» brate mir et« kräftige» Stück Fleisch und hol' noch 'ne Flasche Rum — hier ist Geld — «nd ich Will mir eine« vergnügten Abend machen. Der Teufel hole de« Junge« mtt seine« Dummheiten!" Er warf eine Hand voll Silberstücke auf den Tisch, daß di« klirrend ««herrollten. Während er sprach und prahllch hatte er mehrere Gläser Rum geleert «nd ein leichter Rausch ««nebelte bereit» seine Sinne. > Zork Hanleqlche." rief er, »und tut. wa» ich Euch Die Alte nahm ein Geldstück und schlich sich davon, erfüllt von Staunen und Schrecken über da» Gebühren Hennigs, das sie sich gar nicht erklären konnte. KlaaS aber setzte sich an de« Tisch, zündete sich eine Pfeife an, rauchte «und trank ein Gla» Rum nach dem andern und brummte dabei allerhand Drohungen und Prahlereien in seinen grauen, struppigen Bart hinein. Al» Fra« Hanse« eine Stunde später mit hem.Ssi« t« die Stube kam, lag Klaa» mit dem Kopfe ans oen Armen und schlief «nd schnarchte in völliger Trunkenheit. Die geleerte Flasche lag zerschmettert auf dem Fußboden, da neben die Pfeife, und die Tabaksasche war i» ganze» Zimmer umhergestäubt. Rur mtt Mühe weckte di« alte Fra« den Trunkene«, der aber von dem Essen nichts wissen wollte, sondern schimpfend und fluchend auf da» Bett zutaumelt^ auf de« er weiterschlief. Jürgen verlebt« einen furchtbaren Tag «nd eine schlaf lose Nacht. Er war tief beschäm^ seine« Vater in einem solchen Zustand moralischer Verkommenheit wiedergefun- den zu haben, und der Zorn kochte tn seinem Blute, »oen» er an die Beschimpfungen dachtch die ihm sei« Vater ent gegengeschleudert. Zuerst hatte er die Absicht gehabt, sofort aLzureiseu. MS er jedoch ruhiger geworden war, änderte er sei««« Plan. Er hielt eS für seine Pflicht noch einmal de« Versuch zu machen, sich seinem Vater zu näher« und sich mit ihm zu verständigen. Wenn dieser vernünftiger ge worden war und Jürgen ihm alles ruhig auseinander» setzte, dann mußte sein Vater doch einsehen, daß der Weg, den Jürgen einschlagen wollte, der richtige war. Vielleicht war er selbst zu heftig gegen den Vater gewesen, er hatte th« überrascht und erschreckt, dieser hatte ihn falsch ver standen und war in Wut geraten bet dem Gedanke«, daß er, sein Sohn, ihn zur Rechenschaft ziehen wollte. Er beschloß, eine Nacht darüber vergehe« zu lasse« und seine« Vater dann nochmals über alle» auszuklären. Sie waren dann gewiß beide ruhiger geworden — und eine Verständigung lag doch anch tm Interesse seines Vaters. Mit solchen Plänen und Gedanken verbrachte Jürgen die Nacht in dem Hotel, tn dem er abgestiegen war. Gegen Mittag des anderen TageS begab er sich zu dem Hause seine» Vater». Er fand e» unverschlossen, aber sein Vater war nirgend» zu finden. Nun begab er sich zu Frau Hansen, und diese erzählte ihm mtt vielen Dorten, daß KlaaS Hennig zuerst eine ganze Flasche Rum auS- getrunken, dann mehrere Stunden bi» tief in den Abend hinein geschlafen, darauf gegessen nnd wieder getrunken unv tm Haus« yerumrumort habe, endlich beim anbrechen de« Morgen sortgegangen und seitdem nicht zurückge- kehrt sei. Jürgen wartete den ganze« Tag, aber sei« Vater kam nicht zurück. Schließlich, konnte sich der junge Mann der Ueberzeuguna nicht mehr verschließen, daß kein Vater wieder abgeretst sei. Wo ihn »»» suche«? Do ihn sinke«? LI. Kapitel. Ei« s«ge. Da» sollte Jürgen «u« begütne»? Ein längere» Verweilen "m Alt-Haide war nutzlos. Melleicht würde er seinen Vater in Hamburg wieder finden? Jürgen reiste am nächsten Tage dorthin, nachdem er die Schlüssel deS Hauses bei dem Ortsvorsteher nieder- gelegt die Pflege des Gartens jedoch Frau Hansen über- geben hatte. In Hamburg angelangt, war sei« erst r Weg nach dem Bankhaus, welches seinem Vater die Rente auSzuzahl« hatte. Vielleicht wußte man dort etwas Näheres. Aber der Kassierer, an den man Jürgen wies, erklärte, die Wohnung Klaas Hennigs sei ihm nicht bekannt. Bis vor einem Jahr habe er sich das Geld bald nach Berlin, bald »ach Lübeck, Kiel und anderen Orten schicken lassen; fett einem Jahre habe er die Rente persönlich erhoben, ohne jedoch seine Aoresse anzugeben. Anch auf dem Polizeimeldebureau wußte man nicht» von Klaas Hennig. Offenbar Hatto er in Hamburg ge lebt, ohne sich anzumelden. Ratlos stand Jürgen da. Er erkundigte sich anch nach dem Rechtsagenten Wtppermann, man bestätigte ihm die Mitteilung seines Vaters, daß jener Agent, nachdem er sich allerhand Gaunereien hatte zuschulden kommen lasse« und verhaftet werden sollte, nach Amerika entflohen sei. Nock sei eS nicht gelungen, feiner habhaft zn werden, doch werbe der Steckbrief gegen ihn in den gesetzlichen Friste« regelmäßig erneuert, nnd alle Konsalate in Amerika seien angewiesen, nach ihm zu forschen. Jürgen ließ den Mut noch immer nicht finken. Um sich einen guten Rat zu sichern, begab er sich zu dem Justizrat Wedekind, oer auch die Rechtsgeschäfte der Firma Johannsen u. Comp. besorgte. Ter Justizrat, ein weißhaariger, würdevoller Herr mtt glattrasiertem Gesicht und klugen, grauen Augen, empfing den junge« Kapitän, den er bereits persönlich kannte, sehr freundlich. »Gester« hat der Senator Johannsen erst «och von Ihne« mtt mtt gesprochen, lieber Kapitän," sagte der alte Herr. »Er har sich sehr wohlwollend über Sie geäußert und setzt große Hoffnung auf Sie. Wenn Sie diese erst« groß« Fahrt gemacht haben, solle« Ste das Kommando eines PassagierbampserS erhalten." »Ich bi« dem Herrn Senator sehr dankbar," ent gegnete Jürgen. »Vielleicht muß ich th« aber doch bitten^ mich von dieser Reife zu dispensieren." »Weshalb den«? Sind Sie krank?" »Das nicht, aber mich beschäftigt eine Angelegenheit^ di« ich gern vor meiner Abreise erledigt sehe« möchte, Und darum komme ich zu Ihnen, Herr Justizrat." »Ra, was gibt'» dem»? Schießen Sie ««mal lo»/ Jürgen erzählte thm die Geschichte Anitas, yne jo doch vorläufig de» Name» seine» Vaters und Stolt«» zu nennen. Der Jufltzrat schüttelte bedächtig Ken Kopf «nd fragte, »Darum »oll« Sie sich dem» mit eia« solch« de« lvickelten Geschichte befass«?" . L- ^>kte» Interesse fit, da» Schicksal de» Mädchen» und «ächte th« zu sei«« Recht derhels«> V vo« Ihn«, lieber Krem«. Ab« »ft diese» Interesse rein platonisch oder hat es ein« MttaMch« Beigeschmack?" frag« der oft« Her, Sortietzaag tolat.
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