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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 18.06.1930
- Erscheinungsdatum
- 1930-06-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-193006186
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19300618
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19300618
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1930
- Monat1930-06
- Tag1930-06-18
- Monat1930-06
- Jahr1930
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 18.06.1930
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Riesaer D Tageblatt 139 Mittwoch, 18. Jnni 1980, abends 83. Jahrs Postscheckkonto: Dresden 1530. Eirokasse: «es« Nr. SL Drahtanschrift Tageblatt Riesa. Fernruf Nr. 20. Postfach Nr. LS. La« Riesaer Tageblatt erscheint sehe« Lag abend« '/,S Uhr mit Bu«nahme der Sonn- und Festtage. VejNgSpretS, gegen Vorauszahlung, für einen Monat 2 Mark 25 Pfennig ohne Zustell, aebübr. Fist den Fall de» Eintreten« von Produktionroerteuerungen, Erhöhungen der Löhne und Materialienpreise behalten wir uns das Recht der Preiserhöhung und Nachforderung vor. Anzeigen sür die Nummer de» Ausgabetage» sind bi» S Ubr vormittag» aufzugeben und im vorau» zu bezahlen; eine Gewähr für da» Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird nicht übernommen. Grundprei» für di« 89 mw breite, 8 mm hohe Grundschrift.Zeil» (S Silben' 25 Bold-Pfennigr; die 89 mm breit« Reklamezeile 100 Gold-Pfennige: zeitraubender und tabellarische: Tat, 50°/, Aufschlag Feste Tarife. 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Da» Riesaer Tageblatt ist da» zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der AmtShauptmannschast Grotzenhain, de» Amtsgerichts und der Amtsanwaltschaft beim Amtsgericht Mesa, des Rates der Stadt Riesa, des Finanzamts Riesa und des Hauvtzollamt« Meisten behördlicherseits bestimmte Blatt. U WMiUMMlW IM «Siem. Vortgelerllt rrlcst—iVlrtli. Obwohl es bisher nach außen hin den Anschein hat, daß zwischen dem Programm der Reichsregierung und der Stellung der Parteien keine Brücke gefunden werden kann, haben doch schon am Montag abend die Kompromiß verhandlungen im Reichstage begonnen. Es gibt eine ganze Reihe von Parlamentariern, die der Auffassung sind, daß der Weg zum Kompromiß sich finden lassen wird, wenn die Regierung sich nicht auf die Einzelheiten ihres Programmes versteift. Das Kompromiß, das man gegenwärtig sucht, liegt etwa in der Richtung, daß das Notopfer auf 2 Prozent des Einkommens begrenzt wird und daß man es nur den Beamten auferlegt. Zum Aus gleich dafür denkt man an eine nochmalige Erhöhung der Biersteuer und der Tabaksteuer wofür sich bekanntlich die preußische Regierung einsetzt. Hier ergibt sich aller dings die Schwierigkeit, daß die Bayerische Volkspartet bisher kategorisch abgelehnt hat, über eine Erhöhung der Blersteuer auch nur zu verhandeln. Vielleicht wird ein Ausweg in der Richtung gesucht, daß man nach den Vor schlägen des Präsidenten des Städtetages, Dr. Mulert, auf die Gcmeindebiersteuererhöhung zurückgreift. Was die Reform der Arbeitslosenversicherung anbe trifft, so ist es nicht ausgeschlossen, daß man schließlich doch noch zu den Reformvorschlägen der Reichsanstalt zurückkehrt, die bekanntlich nicht so weit gehen wie die des Reichskabinetts. Das große staats- und wirtschaftspolitische Reformprogramm, das in den Entschließungen mehrerer Parteien gefordert worden ist, dürfte beim Zustandekom men eines solchen Kompromisses lediglich in Gestalt einer Resolution auftauchen, die dem Reichstag bei der Haus- haltsbeiatung vorgelegt wird. Natürlich ist im Augenblick noch nicht abzusehen, ob diese Kompromißbemühungen zu einem Ergebnis führen werden. Die Möglichkeit neuer Verbindungen ist an jedem Tage gegeben. Aber das Bestreben weiter parlamentarischer Kreise geht dahin, jetzt eine einigermaßen erträgliche Lösung zu finden und die Entscheidung der grundsätzlichen Fragen bis in den Herbst zu vertagen. Diese Ausfassung wird durch die Erwägung gestärkt, daß der Hochsommer sür Neuwahlen eine über aus ungeeignete Zeit ist. Für die Regierung wird die Belastungsprobe aber immer noch groß genug bleiben, da namentlich die Stellungnahme der Flügelparteien, ohne die es keine Mehrheit im Reichstag gibt, einst weilen noch völlig ungeklärt ist. N »WM. vdz. Berlin, 17. Juni, 12 Uhr. Die zweite Beratung des SMM w ReWlMMIiiMkrllm wird fortgesetzt. Abg. Freiherr v. Karborff lDVp.f beschäftigt sich mit dem Problem der Ueberfüllrmg der Uni versitäten. Es sei jetzt so weit, daß im Jahre 1934 mit 324 000 stellenlosen Akademikern zu rechnen sei. Darin liege die Gefahr, baß ein akademisches Proletariat entsteht, baS die Reihen der radikalen Gruppen rechts und links verstär ken würde. Angesichts dieser Gefahr muß geprüft werden, ob man nicht durch eine Verschärfung der Abgangsprttfnng oder durch die Einführung einer besonderen Aufnahmeprüfung den Zugang zu den Universitäten erschweren sollte. Im Konflikt mit Thüringen billige« wir dnrchans das Vorgehen des Ministers Dr. Wirth. Ich habe schon früher bedauert, daß ich in der thüringischen Regierung auch meine Partei freunde in national-sozialistischer Gesellschaft sehe. (Unruhe bei den Nat.-Soz.) Leider sind solche politischen Zwangs ehen eine Folge der Parlamentsspielerei in den Einzel staaten. (Abg. Frick (Nat.-Soz.): „Lösen Sie doch den Land tag auf!") Nationalsozialisten gehören nach ihrer ganzen politischen Einstellung nicht an leitende Beamtenposten. (Abg. Stöhr (Nat.-Soz.) erhält wegen ««parlamentarischer Zurufe zwei Ordnungsrufe.) Keine Reichsgewalt kann es sich gefallen lassen, daß in der Weise mit ihr Schindluder ge trieben wird, wie es in Thüringen geschehen ist. Der Frick» sche Erlaß über die Schnlgebete war eine Blasphemie. iGroße Unruhe bet den Nat.-Soz. — Abg. Stöhr lNat.-Soz.) wird vom Präsidenten ans dem Saale gewiesen, als er ruft: „Das ist zum Kotzen!") Die Nationalsozialisten sollten die Gebete beherzigen: „Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider Deinen Nächsten!" „Du sollst den Feiertag heiligen!" Dieses Gebot wird verletzt, wenn jeder Sonntag zu Haken kreuz-Demonstrationen mißbraucht wirb. Der bedauerliche Konflikt mit Thüringen beweist die Notwendigkeit einer Beschleunigung der Reichsreform, die Schluß macht mit der Selbständigkeit der Einzelstaaten. Bis marck war gar kein Föderalist. Er hat aber immer gegen den preußischen Partikularismus gekämpft, leider ohne Er- folg. Wir dürfen uns nicht länger als Preußen, Thüringer, Bayern fühlen, sondern als Deutsche. — Der Redner wendet sich dann gegen die gestrigen Ausführungen des Abg. Dr. Spahn, ersucht aber gleichfalls um Aufhebung deS Stahl- helmverbotS im Westen. Die Uniformverbote seien zu be grüßen, die Durchführung des Wassenverbots müsse noch energischer erfolgen als bisher. Für die Wahlreform sei nur entscheidend die Frage, ob man den Proporz beibehalten will oder nicht. Bleibt der Proporz bestehen, dann bleibt im wesentlichen alles beim alten. Wir als kleinere Partei halten am Proporz sest. Wir hoffen, daß uns eine Rcichstagsauflösung erspart wird, Sie wäre z» vergleicheu mit einem Selbstmord aus Angst vor dem Tode, denn der aus den Neuwahlen hervorgehende Reichstag würde auch nicht arbeitsfähiger sein als der jetzige. Meine Freunde lehnen das Notopfer ab, sind aber bereit, an allen anderen Lösungen positiv mitznarbciten, und sie wer den hier wie immer das Vaterland über die Parteien stellen. «Beifall b. b. DBp.) Abg. Drewitz (WP.) führt aus, die Antipathie weiter Volkskreisc gegen den neuen Staat richte sich nicht gegen die republikanische Staatssorm, sondern sie sei aus das Gesühl zurückzuführen, daß die Verfassung nur für bestimmte Kreise in Deutschland in Anwendung gebracht wird. Die Wirtschaftspaktes sei immer bestrebt gewesen, an der Gesetzgebung positiv mitzu- arbcitenr diese Mitarbeit sei ihr aber von den alten Parteien immer erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht worben. Wir bedauern, daß man jetzt vom „Notopfer" und „ReichS- hilfe" spricht, statt das Kind beim rechten Namen zu nennen. Es ist doch so. daß wir seit 1927 Ausgaben beschloßen haben, die wir heute nicht mehr aufrecht erhalten können. Dazu gehört auch die Beamtenbesoldungsreform. Die Ankurbe lung der Wirtschaft bars nicht mit Lohnabbau beginnen, son dern mit einem Abbau der Gestehungskosten. Wenn das Wahlaltcr auf 24 Jahre herausgesetzt wird, dann wird erstens die Zahl der Mandate auf ein vernünf tiges Maß vermindert und zweitens kann sich dann der Nationalsozialist Dr. Frick seine Wähler mit der Laterne suchen. Zur Reichsreform werden wir ganz von selbst kom- men unter dem Druck der wirtschaftlichen Not. Ich traure dem alten System nicht nach, aber das Gute aus diesem System wollen wir in den neuen Staat übernehmen, die Förderung der Selbständigkeit und Selbstverantwortlichkeit des Staatsbürgers. Wir müssen die Ausgaben senken. Da zu gehört auch eine Aendernug des Besoldungsgesetzes. Wir müssen vorgehen gegen die Doppelverdiener, gegen die hohen Pensionen, gegen die übermäßig hohen Gehälter und gegen den Unfug der Ministerialzulagen. Wir verlangen auch eine Herabsctznna der Aufwandsentschädigungen für die Abgeordneten. Wir bekennen uns zur Republik, aber nicht zur sozialistischen, sondern zur bürgerlichen! (Beifall bei der Wirtschaftspakten) Abg. D. Mumm fChristl.-Nat.) bedauert die Zuspitzung des Konflikts mit Thüringen. Der Schulgebet-Erlaß ist zwar nach Anhörung, aber nicht im Einvernehmen mit der Kirchenvertretung herausgegangen. Einige der empfohlenen Gebete sind mit dem Geist der christlichen Religion nicht vereinbar. Das Schulgesetz be darf sorgfältiger Vorbereitung, aber es darf nicht aus finanziellen Gründen verzögert werden. Der bedenkliche Geburtenrückgang sollte dazu führen, daß den kinderreichen Familien größere steuerliche Erleichterungen gewährt wer den. Die Uebersteigerung des Berechtigungswesens muß aufhören. Hinsichtlich deS Stahlhelm-BerbotS kommen wir hoffent lich bald aus dem Wege ruhiger Verhandlung zu einer be friedigenden Lösung. Wir wünschen die beschleunigte Vor legung des ReichsthcatergesctzeS. Beim Rundfunk wende ich mich dagegen, daß Weltanschauungen zum Wort kommen, di« ich bekämpfe, aber ich bedauere die Seichtheit, die «ndeut- sche Art eines so großen Prozentsatzes der Darbietungen. Wir wollen nicht die Wiederherstellung einer Staatskirche, sondern eine klare Unterscheidung zwischen den Ausgaben des Staates und der religiösen Gemeinde. Abg. Leicht fBaqr. 8p.) kittet -en Minister, sich nicht durch Parlamentsreden zu einem überstürzten Tempo in der Frage der Reichsreform drängen zu lassen. In der Frage des Konflikts mit Thü ringen können wir uns dem Abg. von Karborff anschließen. In das christliche Gebet darf eine politische Partei nicht hineinreden. In das Gebet darf man auch nicht di« Ver urteilung ganzer Volksgruppen einflechten. Abg. Dr. Külz (Dem): Der Minister hatte die Pflicht, die Polizeiznschüsic an Thüringen z« sperre«. Ein Nationalsozialist kann unmög lich alS leitender Polizeiveamter wirken. Vom Standpunkt eines deutschen Ehrenmannes und Beamten ist es unmög lich, daß ber'elbe Mann, der sich als Todfeind des Staates bekennt, gleichzeitig als Schützer der Ordnung dieses Staa tes auftritt. Die ReichSrcsorm muß endlich energisch in Angriff genommen werden. Wir müssen znm dezentralisier te« Einheitsstaat komme«. Aus dem Gebiete der Justiz führt die fehlende Reichseinheit dazu, daß ein Menschen leben in den verschiedenen Reichsgebieten ganz verschieden gewertet wird. Wäre Jakubowski zufällig statt in Mecklen burg-Strelitz in Mecklenburg-Schwerin verurteilt worden, so würde die Todesstrafe an ihm nicht vollstreckt worden sein. Wir wollen auch eine Wahlreiorm mit dem Ziel, daß die Persönlichkeit im verkleinerten Wahlkreis sich ihr Man dat erkämpfen muß. Hätten wir ein solches System, so würde mancher Abgeordnete jetzt nicht im Reichstag sitzen. Der Verein für das Deutschtum im Auslande ist absolut überparteilich. Wer in seinen Reihen versuchen würde, eine Front gegen bestimmte Volksgruppen zu bilden, würde rück sichtslos entiernr werden. Hinter dem Wort „Kulturbolsche wismus" steckt kein faßbarer Begriff. Wir verlangen Toleranz und Achtung vor jeder ^Veltanschauung. Darum wenden wir uns auch gegen den Schulgebei-Erlaß. Abg. Dr. Frick (Nat.-so;.): Der Streit Thüringen—Reich ist von den beiden letzten Innenministern zur Groteske gemacht worden. Wenn wir die Sperrung der Polizeizuschüsse mit derselben Methode erwidern wollten, dann könnten wir die thüringischen Finanzämter anweiien, keine Gelder mehr an das Reich abzusühren. lLachen links.) SeveringS Schreiben wegen der Bereinigung „Adler «ad Falken" wurde vom thürin gischen Geiamikabiuctt als ein unzuverlässiger Eingrßi in die LandeSzusländigkeit betrachtet und behandelt. tHört! Hört!) Als dann Dr. Wirth Innenminister wurde, über zeugte er sich, daß in Thüringen alles in bester Ordnuna sei. tGelächter und Widerspruch.) Beim ersten Busbruch des Konflikts war in der Thüringer Polizei noch nicht das ge ringste geändert. (Hört! Hört! bei den Nat.-Soz.) AlS dann aus Anordnung der Entente die Kommunalposizei in den gröberen Städten verstaatlicht werden mußte, habe ich bei der Auswahl der leitenden Beamten nicht nach dem Partei buch gefragt, sondern nach der dienstlichen Befähigung. Weil einer dieser Beamten Nationalsozialist geworden war, wollte man keine Ernennung nicht dulden und sperrte wie derum die Polizeizuschüsse. Es ist nickt wahr, daß die Nationalsozialisten mit Gewalt die Versüßung stürzen wol len. Das wäre nicht nur ein Verbrechen, sondern eine Dummheit. (Ruse links: „Und der Münchener Putsch?") Be- der nationalen Erhebung vom November 1921 lagen die Verhältnisse ganz anders. DaS war die Reaktion au» den Landesverrat von 1920. (Zwischenrufe links und rechts. — Die nationalsozialistischen Abgeordneten Dr. Goebbels und Dreher erhalten mehrere Ordnungsrufe, ebenso der sozial demokratische Abgeordnete Kuhnt. — Abg. Gras zu Revent- low (Nat.-Soz.) wird vom Vizepräsidenten Eßer zur Ord nung geruien, weil er denen Derhandlungssührung als parteiisch bezeichnet.) Ich habe auch die neuen leitenden Polizeibeamten ver pflichtet, ihr Amt unparteiisch zu verwalten. Es wider spricht allen Grundsätzen der Veriaßung, wenn man erklärt, daß ein Nationalsozialist nickt Minister werden könne. (Abg. Dr. Rosenfeld (Soz.) mackt einen Zuruf. — Abg. Dr. Goebbels (Nat.-Sozl ruft: „Was har der Jude da zu sagen?" — Vizepräsident Esser weist daraufhin be« Abg. Dr. Goeb bels aus dem Saale.) Die von mir empfohlene» Schnlgebete enthalten keinen Angriff gegen irgend eine Volksschicht. Ich habe in der Er läuterung gefügt, daß sie sich gegen die art- «nd volkösrcm- de« Elemente richten «nd daß zu diesen Elementen in erster Linie die Inden gehöre«. (Unruhe.) Es handelt sich nicht u:n Haßgebcte, sondern um Freiheitsgebete. (Lärm links.) Er steht fest, daß die Sozialdemokraten im Jahre 1918 Volks verrat «nd Landesverrat getrieben haben. (Große Unruhe bei de» Soz., minutenlanger anhaltender Lärm.) Der In nenminister sollte statt gegen diese Gebete lieber gegen die schamlose Abtreibnngspropaganda Vorgehen, die vom Wasser kopf Berlin ansgcht. Ich hab« die Verfassung deS Reiches und des Landes Thüringen beschwor«« «nd ich werde diesen Schwur auch halte«. Ich habe aber nicht geschworen, in Thüringen Ber liner Politik z« mache«. Ich führe die Politik in dem neuen Geist von Weimar, wie ich ihn verstehe, im Geiste des Wider standes gegen Verrat «nd Unterdrückung. (Beifallsklatschen bet den Nat.-Soz.) Reichstnnenminister Dr. Wirth: Der Abgeordnete Dr. Frick hat nicht erwähnt, daß der thüringische Staatsminifter Baum sich in sehr scharfer Form von dem Vorgehen von Dr. Frick distanziert hat. Vielleicht ist es in Thüringen so, daß der ein« Minister nicht liest, was der andere gesagt hat. (Heiterkeit.) Wenn in den von Dr. Frick empfohlenen Schnlgebete« Gottes Strafe sür Landes verrat und Bolksverrat erfleht wird, so werden die Schüler doch fragen, wie es damit steht. Der gewissenhafte Lehrer wird dann auf die verschiedenen Hochverratsfälle eingehen und vielleicht spricht er auch davon, daß der jetzige Minister Dr. Frick wegen eines Versuchs des Hochverrats zu einem Jahr und drei Monaten Festungshaft verurteilt worden ist. (Hört! Hört!) Solche Streitfrage« dürfen überhaupt nicht mit dem Gebet verquickt werden. Ein evangelischer Theologe erklärt in seinem Gutachten, wenn in Fricks Gebeten die Strafe Gottes für das Unrecht anderer ersieht wird, so sei bas nicht evangelisch, sondern zeige einen starken Anklang an die Lehren des alten Testa»
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