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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.09.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-09-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040916029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904091602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904091602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-09
- Tag1904-09-16
- Monat1904-09
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Anzeigen-Preis die 6gespaltene Penrzcile 25 Reklamen unter dem Redaktion-slrich (-gespalten- 7K nach den Familiennach» richten ittgespalten- KO ij. Tabellarischer nnd Assernlay entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ofsertennnnahme 2ä -H. Annahiueschluj; sür Antigen: Abend-AuSgabe: vormittag- lO llhr. Morgen-AuSgabe: nochniittags 4 Uhr. Vrtra-Veilagcn lgrjalztl, nur mit der Morgen.Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, m-t Postbesörderung .-t 70.—. Anzeigen sind stei- an die Expedition zu richten. Tie Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Potz in Leipzig (Inh. vr. B., R. L W. Klinkhardt). Nr. M Freitag den 16. September 1904. S8. Jahrgang. Var MÄtigrte vom rage. *Die Metalldrucker in Leipzig sind heute wegen Lohnstreitigkeiten in den Streik eingetreten. (S. Leipz. Angelegenh.) * Fürst Herbert Bismarck leidet an Leber schrumpfung. Die Nahrungsaufnahme war nach den „Hamb. Nachr." seit einigen Tagen nur gering. * Entgegen den Meldungen von einer früheren Ein berufung deS Reichstages wird jetzt noch offiziös erklärt, baß vor Mitte November der Reichstag nicht wieder zusammentreten wird. * In Halifax hat eine große Feuersbrunst viele Gebäude zerstört. Sechs Personen sind umgekommen. * Dem italienischen KönigSpaare ist gestern abend eia Thronfolger geboren worden. (S. Leitartikel.) gebart einer italienischen ldronkolgerr. Die dem Zarenpaare, so war auch dem italienischen KönigSpaare bisher ein direkter Erbe des Thrones versagt geblieben. Wohl waren beiden Elternfreuden beschieden: an ter Newa hatte man viermal, am Tiber zweimal die Geburt eines Töchterchens verzeichnen können. Der Herbst dieses wahres hat nun die Hoffnungen und Wünsche beider Böller erfüllt, auch im Ouirinal hat nunmehr ein Prinz das Licht ter Welt erblickt. In den Morgenstunden des heutigen TageS verbreitete der Telegraph folgende Meldung aus Rom: Die Königin ist gestern Abend 11 Uhr im Schlosse zu Racconigi glücklich von einem Prinzen entbunden, welchem der Name Humbert, Prinz von Piemont, gegeben wurde. Das Befinden der Königin und des neugeborenen Prinzen ist sehr gut. Die Künde wird nicht verfehlen, bei uns in Deutschland besonders freudige Anteilnahme zu erwecken. Ist es in diesem Falle auch keine deutsche Fürstentochter, die ihrem Volke den ersehnten Thronerben geschenkt hat, so ist es dafür die Ge mahlin eines mit Deutschland verbündeten Herrschers, der sich ebenso wie Königin Elena selbst bei uns auf wiederholten Besuchen am Kaiserhofe die wärmsten Sympathien des deutschen Volkes erworben bat. Von besonderem Interesse in politischer Hinsicht ist übrigens die Mitteilung, der neugeborene Prinz habe den Titel „Prinz von Piemont" erhalten. Lisch dem Haus gesetze vom l. Januar 1800 haben alle Kinder des Königs und des Kronprinzen Anspruch auf die Titulatur „Prinz bezw. Prinzessin von Savoyen, Kgl. Hoheit", cs wird ihnen aber daneben stets noch ein besonderer Titel, wie z. B. Herzog der Abruzzen, Graf von Turin oder ähnl. gegeben. Wenn nun in diesem Falle der Titel „Prinz von Piemont" gewählt wurde, so bedeutet die« in gewisser Weise ein Nachgeben gegenüber dem Vatikan, dessen Bewohner sich mächtig darüber aufgeregt hatten, daß der Prinz den Titel „Prinz von Rom" erhalten sollte. Andererseits ist eS auch wieder ein Seitenhieb auf den Papst, denn die gewählte Bezeichnung ist entlehnt von dem Ahnherrn des Hauses Zavoyen, UmbertuS I. AlbimanuS, der 1071 die Grafschaft Piemont erbte, und sie soll jedenfalls darauf Hinweisen, daß man die Einheit Italiens unter dem Hause Savoyen als für alle Zeiten festgefügt ansieht, ohne Rücksicht auf den grollenden „Gefangenen im Vatikan". Dem Papste ist übrigens offiziell von der Geburt des italienischen Thronerben keine Mitteilung gemacht worden. Vielmehr teilte der Präfekt des Palastes die Niederkunfr der Königin nur den Höfen und Hofhaltungen der Königin- Mutter, der Prinzen und Prinzessinnen mit, ferner den Großwürdenträgern des Staates, den Chefs des diploma tischen Korps beim Quirinal und dem Bürgermeister von Rom. Der Ministerpräsident gab die Nachricht den Präfekten und übrigen Provinzialbehörden bekannt. Kairermanöver. Don unserem Spezialkorrcspondcnten für das Kaiser- Manöver wird uns geschrieben: * Grevesmühlen, 15. September. Nach dem gestrigen für Not unglücklichen Ge fechte hatte Rot in Linie Grevesmühlen—Wismar, bucht mit 17., 18., 41. Infanterie-Division und Kavallerie-Division auf dem linken Flügel biwakiert, während Blau in Linie Barne- kow—Friedrichshagen—Tiedrichsl-agen lag. Heute nior- gen nun übernahm der K a i s e r, der mittels Auto mobils um 5 Uhr von Schwerin aufgebrochen war, die Führung v o n R o t. Tic Absichten waren folgende: Blau will aus seiner Stellung heraus das 9. Armeekorps angreifen. Rot tritt dem Feinde in der Linie Hocken dorf—Manderow entgegen. Ein Landnngskorps der in den Wohlenberger Wick eingelaufeue» Schlachtflotte wird bei Gramkow nordöstlich Hohenkirchen bereitgestellt. Der Sonderzug brachte uns von Lübeck nach Greves mühlen. Vorbei an den Lagerplätzen des 9. Armeekorps, wo Stroh- und Kochholzhaufen Zeugnis von einer un gemütlichen Nacht ablegten, führte der Weg in — sagen wir — einen glücklichen Zufall. Es ist immer ein glück- licher Zufall, wenn man bei den gewaltigen Ausdeh nungen der Fronten eine Beobachtungsstellung gewinnt, von der aus man die Hauptmomente der Schlacht über- sehen kann. Tie sogen, „gute Nase" allein tut's nicht, wiewohl auch ihr ein Anrecht zukommt. Ich kam in das Bereich' oes Unten Flugeis oou Blau, wo die Garde- Kavallerie-Division und die 3. Garde-Infanterie-Division sich gegen das rote Armeekorps ansetztc. Auf der Ham burger Höhe östlich Grevesmühlen konnte ich zunächst be obachten, wie die Garde-Kävallerie-Tivision, streng an- geschmiegt an die Geländefalten, nach der überhöhenden Stellung südlich Barendorf zog. Der geschickte Anmarsch wurde aber von einer Offiziers-Patrouille am Santower See beobachtet und zwölf flinke Hufe trugen die Meldung hinüber zu Rot. Wie wenn es lauter „kluge Hänse" ge wesen wären, so griffen die Pferde aus, um die wichtige Nachricht zu bringen. Von der Hamburger Höhe aus sah nian das 7—8 Kilometer entfernte Gestade der Wohlen berger Wiek. „Das Meer erglänzte weit hinaus" und auf seinen schimmernden Wellen lag dicht am Gestade die Schlachtflotte mit dampfenden Schloten. Die Matrosen landungsabteilung war an Land gesetzt worden und bei Hohenkirchen bereitgestellt. Nicht ohne beträchtliche Mühe gelang es, der Garde-Kavallerie-Division bis zum linken Flügel von Blau (3. Garde-Infanterie-Division) zu fol- gen: bekanntlich sind Pferde rasckier als Menschen. Aber eine Gruppe von Menschen, die Berichterstatter, sind rascher als Pferde, und so gelang es mir und einem eng lischen Offizier, der Berichte für die „Times" lieferte, durch rücksichtsloses Querfeldein nach Barendorf zu kom- men, wo eben die 3. Garde-Infanterie-Division sich zum Angriff gliederte. Ich habe — wie gesagt, ein glücklicher Zufall! — selten auf einem Gesichtsfeld von 1 Kilometer so viel des Interessanten zusaunuengesehe». Die Reitende Abteilung der Gardc-Feldartillerie mit den neuesten Schutzschild-Geschützen besetzte eine Höhe westlich Iamel und lugte dem von Hoikendorf vorstoßenden Gegner (17. Division) schußbereit entgegen. Tie Garde-Maschinen gewehr-Abteilungen Nr. 1 und 2 verlängerte links an schließend die Linie der Artillerie. In der Mulde da hinter war die Garde-Kavallerie-Division massiert, Auf klärungen gegen Norden vorgeschoben. Ungefähr dort, wo die Sone zu sehen gewesen märe, wenn der Himmel unbedeckt dem Kampfe zugcschaut hätte, stand der Fessel- Nachrichtenballon, neben ihr» der Drachen der Tele- graphen-Abteilung. Ja, etwas, was ich im ganzen Der- laufe der Kaifermanöver nicht zu Gesicht bekommen l-atte, das Radfahrer-Tetachement, 2 Offiziere und 25 Räder, hielt hinter uns auf der Wismarer Chaussee. Kaum zeig ten sich die ersten Spitzen von Rot bei Höckerdorf, da er- öffnete die Garde-Feldartillerie ihr Feuer auf die In fanterie —es klang wie der Baß zum schrillen Triller der Maschinengewehre. Zwölf Maschinengewehre, die in ihren« feldgrünen Anstrich und bedient von Mannschaften in feldgrüner Uniform von dem Kartoffelfeld sich kaum erkennbar abhoben, mit ihrer Sckmßleistung von an nähernd 150 200 Schuß in der Minute mußten neben dem Artilleriefeuer in den« Feinde Lücken reißen, die er nicht wieder hätte stopfen können, auch wenn die Attacke der ganzen Garde-Kavallerie-Division nicht ihm den Rest von Odem noch genommen hätte. Die Attacke war aber als Momententichluß des Führers sehr angebracht und wurde tadellos geritten, wiewohl die bekannten „Knicks" (Buschumsriedungen der Felder) sich in die erste Galopp strecke hineinschoben. Uebrigens — ein zu Vergleichen herausforderndes Bild, diese weiße, blaue, stahlhelnnge glitzernde Maste und die anspruchslos im Feldgrau der Uniform unentdeckbare Maschinengewehrtruppe. Schmuck aber gefährlich verräterisch einerseits, bescheiden aber in« Schutz gegen Sicht geborgen anderseits. Wenn einmal n u r der Gesichtspunkt der Kriegsmäßigkeit für die Reiterwafse spreck>en wird,dann werden wir nur noch fcld- grau uniformierte Regimenter haben, «nag auch mancher junge Neitersmaun den bunten Flitter ungern schwinden sehen. Während hier innerhalb meines Gesichtsfeldes der Angriff der Garde aus Rot unbedingt von Erfolg war, wurde die 1. und 2. Garde-Infanterie-Division ini Zen- triiw und auf dem rechten Flügel znrückgewiesen, so dan schließlich auch der Teilsieg ans dem blauen linken Flügel allein nicht Bestand haben konnte. Rot gelang cs, dem Vordringen von Blau auf der ganzen Linie Halt zu ge bieten Auf dem rechten Flügel, dem die rote Matrosen- landnngsabteilnng gegeuüberstand, wirkte das Geschütz feuer der Schlachtflotte. die ihren Eisenhagel aus den geivaltigen Rohren herübersandte, intoressanterwcise nach Verständigung durch Funkenspruch, indem sie Ziel und Entfernung den durch die Fnnkcntelegraphic gegebenen Angaben entnahm. Eine reichliche Stunde währte die K r i t i k des ober sten Kriegsherrn, worauf die den fremdherrlichen Offi- zieren verliehenen Ordensdekorationen verteilt wurden. Tic Truppen machten es sich indes bei den zusammen gesetzten Gewehren so begueni, wie dies auf Sturz- und Stoppelacker möglich ist, bis schließlich der Ballon „Ab- rücken" signalisierte und die Hornisten das Signal ichmctternd weitergaben. Fröhlichen Mutes inarschier- ten die Mannschaften, denen man von den Strapazen der Gefechte und von der spärlichen Ruhe während dreier Biwakuächte nicht das geringste anmerkte, zu ihren Ab kochstellen, wo sie sich das selbslbereitcte frugale Mahl mit Behagen einverleibten. Ilm 5 Uhr begann dann der A b - t r a n s o o r t. Sämtliche Stäbe, die Infanterie- und Verkehrstruppen, sowie die Einzelkommandos vom Train, zusammen 51 000 Mann mit 3—4000 Pferden und 400 Fahrzeugen, wurden in 39 Zügen in ihre Gar- nisonen befördert. Um 12^2 Uhr fuhr der letzte Zug ab. Die Eiscnbahnvenvaltung hat bei dieser Gelegenheit geradezu Erstaunliches geleistet, denn diese kolossalen Transporte waren aus lauter eingeleisigen Strecken zu befördern. Im Lause der Nacht trafen die Fußtruppeu sämtlich wieder in ihren Garnisonen ein, ivährend Ar tillerie und Kavallerie noch mehrtägige Märsche vor sich haben. Der UntttanO Sek Herero. Da» Gefecht vsn Okateitei. Kurz vor den entscheidenden Schlägen am Waterberg, am 2. August, stieß bekanntlich eine starke Hererobande von den Leuten des bei Omnweronmue postierten Kapitän» Michael aus Omaruru mit der Spitze de« von Südosten berau- marschierenden zweiten FcldregimentS (Deimling) zusammen. Nach erbittertem Gefecht, das dem Feinde mehr als fünfzig Tote kostete, wurden die Herero auf Omuweroumue zurück geworfen. Die soeben eingetroffene „Deutsch-Südwestafrika nische Ztg." gibt folgende Schilderung des Kampfes: Am 1. August war eine Patrouille unter den Leutnants von Damm nnd von Trotha nach Omuweroumue hineingentten, hatte eine Werft überfallen, zwanzig Herero getötet -und 44 Rinder erbeutet. Dies veranlaßte die Kaisern, ihrerseits einen Vorstoß zu machen, um zu versuchen, ihre Rinder zu bekommen Etwa IKO Herero, wovon ungefähr die Hälfte beritten, griff am 2. August früh einen Zug der zweiten Feldtompagnie unter Leut nant Damm bei Okateitei an. Die Annäherung der Herero wurde dadurch verraten, daß sie auf eine vorgeschickte Witbooi- Patrouille stießen, von denen zwei erschossen, einer schwer der- wundet wurde. So hatte der Zug des Leutnants Tamm, bei dem sich auch Oberleutnant von Trotha und eine Sektion der Signal- Abteilung unter Leutnant Plehwe befand, Zeit, sich zu ent- wickeln, wobei ihm freilich eine Umfassung durch die an Zahl bedeutend überlegenen Herero drohte. Scheinbar hatten diese keine Ahnung davon, daß sich nur 2'/» Kilometer, an einer anderen Wasserstelle, der Rest der zweiten Feldkompaanie unter Hauptmann Manger befand. Dieser setzte, als er das Gcwehneuer hörte, seine Kompagnie so an, daß ein Zug unter Leutnant von Ameln die Herero in ihrer rechten Flanke fassen sollte, während die übrigen ihnen in den Rücken zu fallen hatten. Leutnant von Ameln stieß zuerst ans eine Trupp Herero, die iin Begriff waren, Hand pferde wegzutreiben. Als der Zug Ameln, vom Pferde feuernd, im Galopp zwischen die Herero hineinritt, flüchteten diese in der Richtung aui die Wasserstelle, die Hnndpferde im Stiche lassend. Leutnant von Ameln versolgte sie und stieß dabei auf den rechten Flügel der feuernden Herero. Er ritt wieder im Galopp an. worauf sie kehrt machten und zurückliesen, nunmehr durch Feuer der von den Pferden gesprungenen Reiter verfolgt. Drei Kilometer, weiter wurden die Herero wiederum durch den Zug Ameln ein geholt. Gleichzeitig waren auch die anderen Züge der Kompagnie unter den Leutnants v. Hammerstein und Klinger auf einzelne Trupps der Herero gestoßen, welche im Zurückgehen auf Omuweroumue begriffen waren. Eine Herero - Abteilung, in offenem Gelände überrascht, wurde völlig ausgerieben. Ein anderer berittener Hrrerotrupp verlor acht Mann in einviertrlstnndigem Fenergefecht. Tie Wiedergewinnung Les Viehs war den Herero nicht gelungen und sie zogen sich in eiliger Flucht nach Omuweroumue zurück. Die Lntfchä-igung»k»»nl>nisfi»n. Die Entschäd igililgskommissi on zu Windhuk ist in voller Tätigkeit. Zweimal wöchentlich werden Beschluß sitzungen abgehalten, in denen die reichlich eingelaufenen An meldungen geprüft und nach Erledigung etwa noch erforder licher Erhebungen festgestellt werden. Gemäß der Verfügung des Reichskanzlers können bis zur Höhe von einer Million Vorschüsse gegeben werden. Da der Gesamtschaden auf etwa sieben Millionen geschätzt ist, so werden die Vorschüsse in Höbe von einem Siebentel der fe st gestellten Schadenssum m e n bewilligt. Die Anmeldungen sind durchgängig auf Gewährung von Beihilfen gerichtet. Nur ein Darlehnsantrag ist eingelaufen. Verbot vsn Mitteilungen über Lruppen» bewegungen. Auf Grund des Schutzgebietsgesetzes sowie der Verfügung des Reichskanzlers betr. die seemannsamtlichen und konsula rischen Befugnisse und daS Verordnungsrecht der Behörden Feuilleton. i4i „Durchgerungeu." Roman vonJosephineSiebe. Nachdruck verboten. Vera drückte auf die Klinke, das Zimmer war ver- 'chlossen, „vielleicht kommen wir von dem meinen aus hinein", sagte sie ruhig. Die drei gingen in das Zimmer der Aerztin, ein Kleiderschrank stand vor der Verbin dungstür, den die Mädchen mit vereinten Kräften etwas abrückten, und wirklich steckte der Schlüssel im Schloß; Vera öffnete die Tür und trat in das Zimmer, ans dem ein eigentümlich schwerer und süßlicher Geruch drang. Angstvoll klammerte sich Grete Schulte an Elisabeth und zitternd harrten beide, bis Veras Stimme erklang: „Fräulein Schulte, wecken Sie rasch Frau Hermann, nnd Elisabeth, wenn Sic Mut und Vernunft haben, kommen Sie zu mir!" Aber ehe Elisabeth diesem Rufe folgen konnte, war Grete ihr voran in das Zimmer geeilt und sah nun voll Entsetzen Olsuwiew auf dem Teppich liegen, daS Gesicht im Krampf verzerrt, die Hände geballt, er war anscheinend von seinem Divan hcrabgefallen; jammernd warf sich das Mädchen neben ihm hin, fassungslos in ihrem Schmerz. Elisabeth lief mit wankenden Knien, die Damen des Hauses zu wecken, und wenige Minuten später war die ganze Pension munter. Bleich, verstört und weinend liefen alle durcheinander, nur Vera Strogonow blieb nrhig, und Elisabeth beniühte sich mit Aufbietung all ihrer Energie, der Aerztin tapfer zur Seite zu stehen. Es war keine Hoffnung, das sah Vera bald, und der Arzt, den man auf ihren Wunsch noch herbeigeholt, be statigte cs ihr, Wassily Iwanowitsch hatte Chloroform genommen und vergebens waren alle Bemühungen, das junge, hoffnungsvolle Leben zu retten; als der frühe Sommermorgcn erwachte, glitt derTod durch dasGemacb. Auf ihrem Bett, im spitzenbefetzten Nachtkleid, mit großen, angstvollen Augen, saß Grace Gordon und zitterte vor Entsetzen. Sie hörte draußen flüstern und hin- und herlaufen, und wie ein Kind murmelte sic immer vor sich hin: „Es war ja nur Flirt, ich habe cs )a nicht so gemeint, es war nur Flirt!" — Im Geiste sah sie das blasse, verstörte Antlitz des jungen Mannes vor sich, mit dem er heute nach ihrem herzlosen Lachen sie angesehen, und beinahe schreiend wiederholte sic: „Es war ja nur Flirt, es war nur Flirt!" Ihre Schwester Mary packte inzwischen so eilig sic konnte die Sachen zusammen, sie verlor kein Wort des Vorwurfs an Grace, aber sie hatte das Gefühl, als siebe alles um sie her in Flammen und sie müßte fliehen, so schnell sie konnte. — Elisabeth saß bis zum Hellen Morgen neben Grete Schulte, in unsäglichem Mitleid mit den« Mädchen, sic hatte nie geglaubt, daß dieses einer solchen Liebe fähig sein könnte, und nun sah sie, wie das dicke, plumpe Mädchen litt, sah, welch' ein licbcheißcs, warmes Herz sie besaß, sie litt um einen Mann, der in ihr kaum etwas anderes als einen Gegenstand des Spottes gesehen hatte, der nie einen Gedanken dafür gehabt, wie heiß ihn das junge Herz geliebt. Elisabeth in ihrem Glück fühlte die Schmerzen der Armen nach, sanft streichelte sie das ver weinte Gesicht, und sie dachte an jenen Gesellschastsabend, an dem Grete so stolz und glücklich gewesen, nnd sie selbst in ihrer Torheit vor den« Geliebten geflohen war. Vera kam nnd gab dem aufgeregten Mädchen ein Schlafmittel, das ihr Rnhe brachte, und sich fest an die Russin schmiegend, ging Elisabeth dann in ihr Zimmer zurück, in ihren schönen Augen lag noch das Entsetzen über das Erlebte, „wie kann man nur selbst sein Leben enden?" sagte sie schauernd. „Es gibt Stunden im menschlichen Leben, in denen man nicht Herr feiner Sinne ist, Kind", erwiderte d«c Aerztin, „es sind so gramvolle, dunkle, schwere Stnndeii. »>as in ihnen geschieht, darf niemand verdammen, ein starker Clxirakter entringt fick wohl den finsteren Mächten, aber die, die ihrer Leidenschaft Knecht sind, geben in ihnen zu Grunde. Ein gütiges Schicksal behüte Sie vor solchen trostlosen, dunklen Stunden." — Elisabeth brach in Tränen aus, „ich fürchte mich", rief sie. „Vor »rxrs, Kind, was ängstigt Sie?" „Ich weiß es nicht, vor irgend ctn'as Unbestimmtem, Schrecklichem!" „Ihre Nerven sind erregt. Kleine", sagte Dera freund lich, mütterlich über das blonde Haupt streichend, „ver suchen Sic zu schlafen, und denken Sie nicht so viel an den traurigen Fall, oder gehen Sie hinaus in die Sonne nnd frenen Sie sich Ihrer Jugend." — Tagelang überwand Elisabeth das Granen über die Schrecken dieser Nacht nicht, so nabe hatte sie noch nie den Tod erblickt, sic war furchtbar erschüttert, denn nun sah sie den Schmerz neben dem Glück des Lebens stehen, ihre Angen hatten einen Blick in die Tiefen des Leides getan. Und diele Unruhe im Hause, dieses Kommen, Geben und Flüstern, dicfe erschreckten Mienen nnd ver neinten Augen, die bastige Abreise der Amerikanerinnen nnd Grete Schultes Jammern, alles lastete schwer am ihr, und oft weinte sie in Wolfgangs Armen beiße Tränen. Ein Sctiattcn war auf ihr junges Glück gefallen, und dazu anälte sie noch der Gedanke an den naben Abschied, sie konnte es gar nicht fassen, daß es nun eine Zeit geben sollte, in der sic den Geliebten nicht täglich sab, in der viele, viele Meilen sie voneinander trennten. Sie schalt sich innerlich selbst nnd machte sich Vorwürfe, daß sie mit io wenig Sehnsucht der Lieben dabeim gedachte, gewiß, sie freute sich, alle wiederznseben, aber dennoch konnte üe sich von der Trauer bei dem Gedanken an die Trennung von Wolfgang nickt loSringen. Elisabeth war zu ebrlick. um sich nickt einzugesteben, daß sie mit froberem Herzen sabren würde, men» ne den Eltern frei ins Gelickt ihre Liebe bekennen dürfte, aber daran hinderte sie ihr Versprechen, das sic dem Geliebten gegeben, und dieler beharrte daraus, sie wollten noch ibr Geheimnis nähren. Ein Bundesgenosse aber mußte ge wonnen werden, denn Elisabeth war in Sorge, wie sie
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