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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.09.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-09-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040919028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904091902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904091902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-09
- Tag1904-09-19
- Monat1904-09
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Var Aichtigrte vom lagt. * Der Kaiser ist heute vormittag in Cranzbeek (am Kurischen Haff) eingetroffen, um mit dem Dampfer „Graf Bismarck" die Fahrt nach Inse anrutreten, von wo er sich zu Wagen nach dem Jagdschloß Paith, im Tavellningker Forst, zur Clchjagd begibt. * Von natioualliberaler Seite wird angesündigt, daß man die Frage de« MilitärpensionSgesetze« ans alle Fälle in der nächsten Session des Reichstages zur Sprache bringen wird. (S. Polit. TgSsch.) * Zu Vorsitzenden des sozialdemokratischen Parteitage« in Bremen wurden VerlagSbuchhänvler D i e tz - Stuttgart und Arbeiterselretär Ebert-Bremen gewählt. (S. Artikel.) von Lbarra rittst». Aus London, 17. September, wird uns von unserem ^»-Korrespondenten geschrieben: Der Pekinger „Times"-Korrespondent übermittelt seinem Blatte telegraphisch die unter Zustimmung des chinesischen Vertreters der provisorischen thibetanischen Regierung überreichten „neuen Vertragsbedingungen" zwischen Großbritannien einerseits und dem chinesischen Vasallenstaate andererseits. Der Berichterstatter bemerkt dabei, daß nur einige unwesentliche Fragen noch der Klärung bedürfen, der Vertrag im großen Ganzen aber ratifiziert werden würde. Seitens einer anderen Macht sei kaum ein Einspruch zu erwarten. Rußland vielleicht ausgenommen, das aber dadurch beweisen würde, daß seinen Eroberungsgelüsten durch das thibetanisch-britische Uebereinkommen ein Riegel vorgeschoben worden sei. „Deutschland" (sagt der Pekinger Vertreter des Welt blattes, der ja seit Jahr und Tag aus seiner deutsch feindlichen Gesinnung kein Hehl macht), „dessen Bestreben es ist, unter Vorgabe freundschaftlicher Gefühle, Eng land Schwierigkeiten zu bereiten, kann keine Vernunfts gründe haben. China aufzureizen." Diese Anspielung auf Deutschland erscheint uns voll kommen überflüssig, aber sie beweist aufs neue, wie sehr es den „Times" und ihren Vertretern darum zu tun ist, überall, selbst auf die Gefahr der Lächerlichkeit hin, oer deutschen Regierung Jntriguen unterzuschieben. Das war in höchst auffallendem Maße besonders an den letzten Tagen der Fall, an denen die „Times" in kurzer Aufeinanderfolge von einem geheimen Bündnisse zwischen Kaiser Wilhelm nnd dem Zaren, von „neuen oeutschen Eroberungsgelüsten" in der Provinz Sckzan- rung und von einer „deutsch-russischen Verschwörung" gegen Japan faselten. „Deutschland, Deutschland, immer wieder Deutschland!" sagt der bekannte hiesige Publizist Steaü in seiner Monatsschrift, und rügt in der schärfsten Weise die ununterbrochenen Hetzver- suchc der hiesigen Prescligue, zu der neben den „Times" auch die „Fortnightly Review", die „National Review" und der „Spectator" zählen. Doch das nur nebenbei. Wenn der Vorwurf von einer Verschwörung erhoben werden kann, so ist er in erster Linie mit Bezug auf die thibetanische „Mission" gegen England anwendbar. Die neuen Vertragsbedingungen beweisen klar und deutlich, daß cs der britischen Regierung darum zu tun ist (und nach früheren ministeriellen Erklärungen ja auch tatsäch lich darum zu tun war), in Thibet einen prädominieren den Einfluß zu gewinnen. Das konnte und kann aber nur auf Kosten des in Zentralasien gleich stark inter essierten Rußland geschehen, dem England in meister hafter Weise in dieser Frage die Waffen aus der Hand gerungen hat. Es scheint uns zweifellos, daß nie und nimmer dre britische Regierung derartige Forderungen in Thibet aufgestellt haben würde, wäre nicht Rußland im Augenblicke in der Mantschurei vollauf beschäftigt. Als die Mission aufbrach, hieß es, daß sie den Dalai Lama zur Anerkennung und Ausführung alter Handels- Verträge zwingen und sodann zurückkehren wolle. Völlig weichen davon indessen die jetzt erhobenen Forderungen ab. Zunächst sollen sich die Thibetaner verpflichten, drei Tauschmärkte für britische und thibetanische Kaufleute zu etablieren. Es wird ihnen weiter zur Bedingung gemacht, den Verkehr auf den bisherigen und neu zu errichtenden Handelsstraßen (auch nach dem westlichen und zentralen China?) zu gestatten, eine Entschädigung von einer halben Million Pfund Sterling für die Kosten der Expedition in drei jährlichen Teilzahlungen zu leisten, und als Sicherheit für die Erfüllung dieser Be dingungen in die Besetzung des strategisch wichtigen Cbumbitales auf die Dauer von drei Jahren zu willigen. Ferner schreibt die britische Regierung Thibet vor, daß es ohne die Erlaubnis Großbritanniens keiner fremden Macht thibetanisches Gebiet verkaufe, abtrete oder verpfände, daß es auch keiner fremden Macht er laube, in thibetanische Angelegenheiten einzugreifen oder Straßen, Eisenbahnen und Telegraphen zu bauen sowie Minen zu eröffnen. „In dieser sehr vernünftigen Abmachung", sagen die „Times" an leitender Stelle, „ist nichts enthalten, wogegen jemand Stellung nehmen kann. In geogra phischer Beziehung ist das Chumbital überhaupt kaum ein Teil von Thibet. Was die Haltung der Chinesen an geht, so säzeinen sie mit der Abmachung ganz zufrieden zu sein, was sie schließlich auch sein sollten. Sie sehen, daß der Vertrag ihnen eine gute Gelegenheit bietet, ihre alte Oberhoheit in Thibet wieder herzustellen." Wenn man die Vertragsbedingungen sorgfältig zergliedert, kann man nach der Folgerung der „Times" zu dem Schlüsse gelangen, daß Thibet „in geographischer Be ziehung" heute schwerlich noch ein chinesischer Vasallen staat ist. Wohl stützt sich die britische Regierung darauf, daß diese Mission mit chinesischer Zustimmung unter nommen worden ist, aber die Vertragsvorschläge lassen für den weitblickenden Politiker wohl kaum einen Zwei fel übrig, daß diese Vorschriften, die die britische Regie rung über Thibet verhängt, ein Eingreifen in die Rechte Chinas sind. Ob England sich damit begnügen wird, sei dahingestellt. Nicht grundlos befürchtet die hiesige Wochenschrift „Truth", daß der Dalai Lama, sobald das letzte britischePompomgeschütz und der letzte britische Sol dat die thibetanische Felsenkette hinter sich hat, wieder in Lhassa erscheinen wird und neue Verwicklungen drohen werden. Diese Möglichkeit scheint auch den „Times" vorzuschweben, denn sie sagen: „Wir wissen nicht, in welchem mongolischen Zufluchtsort der Dalai Lama sich gegenwärtig aufhält, aber sowohl in Lhassa als auch in Peking scheint man zu glauben, daß, ehe er heimkehrt, die letzten Neste seiner einstigen Macht zertrümmert sein werden." Sei dem schließlich wie ihm wolle, die geringste Ver letzung der Thibet auferlegten Vertragsbedingungen kann und wird von England zum Vorwande genommen werden, um neue Repressalien zu ergreifen. Darum steht auch heute schon zu befürchten, daß die Mission nur das Vorspiel zu einem kommenden britischen Protekto rate über Thibet bildete. . . . ver nirrizch-japanttÄr Weg. Lenewitsch kommt? Aus die berechtigte Frage: warum denn Lenewitsch mit seinem überstarken Korps nicht von Wladiwostok nach Liaujang herungczogen sei, wo er, wie man jetzt die Dinge kennt, im Zusammenwirken mit Kuropatkins Vor stoß gegen Kuroki voraussichtlich den Ausschlag gegeben haben würde — welche Reihe neuer Bilder ergeben sich daraus! —, ist jetzt von russischer Seite die Antwort ge geben. Lenewitsch mit 50 000 Mann (ob er so viel hat?) im Vormarsch nach Ostkorea I Das wäre etwas Anderes als die Kosakenhaufen, die sich dort nutzlos um hertrieben. Besonders glaubwürdig ist das angebliche Erscheinen von Lenewitsch in Nordostkorea freilich nicht, und zwar aus zwei Gründen: einmal ist es schon — wahrscheinlich als Schreckschuß für die Japaner — ein paarmal ge meldet, ohne je emgetreten zu sein: und zweitens wird in einem Mertz gesagt, Lenewitsch habe die Verbindung Kurokis mit Fönghwangtschöng unterbrochen. Man werte einen flüchtigen Blick auf die Karte, um sich zu überzeugen, welche Fülle von Torheit sich in den paar Worten birgt. Von Nordostkorea aus ist ein derartiges Eingreifen nicht möglich: dann müßte schon etwa Liau jang das Ziel des Lenewitschen Korps gewesen sein. Was in der Schlacht bei Liaujang zeitweilig an russischen Truppen im Rücken Kurokis erschien, war, nach der „W.-Ztg.", sicherlich nicht Lenewitsch, wndern irgend ein Kosakenpulk. Ueberhaupt ist es über die Maßen schwierig, vom Nordosten Koreas nach dem Nordwesten des Landes zu operieren. Unwegsame, die Halbinsel der Länge nach durchziehende Gebirgsketten bleiben zu überschreiten, die Verpflegung ist bis zum letzten Bissen für Mann und Pferd mitzuschleppen und hierfür — man darf das kühn lich, behauchen - ist das Korps Lenewitsch nicht mit dem erforderlichen Transportwesen ausgestattet. Und sein letztes Ziel? Die Verpflegung der Armeen Kurokis und Nodzus ging seit Mai nicht mehr auf dem Landwege durch Westkorea, sondern per Schiff nach Antung an der Jalumündung. Von hier aus haben die Japaner — die Nachricht ist ein paarmal bestätigt — eine Feldbahn in das Gebirge bis Fönghwangtschöng geführt: man darf annehmen, daß sie sich später zu der unbedingt nötigen Verbindungslinie zwischen der ostchinesischen Bahn und der koreanischen Längsbahn auswachsen wird. Von letz terer sollte das Stück Fusan—Söul, an dem bereits seit einigen Jahren von einer javanischen Gesellschaft gebaut wird, nach dem kurz vor Beginn des Krieges aufgestellten beschleunigten Programm im September dieses Jahres fertig sein, und man darf angesichts der japanischen Tat kraft annebmen, daß das Programm eingehalten ist. Das Stück Söul—Widschu nahmen die Japaner Anfang März dieses Jahres, bald nach ihrer Festsetzung in Söul, in Angriff. Es ist soeben gemeldet worden, daß die Bahn von Söul aus auf 326 Kilometer befahrbar sei. Das ist kaum möglich: die Leistung wäre zu groß. Sollte die Nachricht aber doch zutreffend sein, so wäre nur noch ein kurzes Stück bis Widsckm zu bauen und dann könnten die Lokomotiven halb schon von der Südecke Koreas bis zum Jalu laufen. Für den 'Fall, daß den Japanern (was aber kaum glaubhaft ist) durch das Eintreffen der baltischen Flotte im Gelben Meere die Herrschaft zur See bestritten werden sollte, wäre das von der größten Bedeutung. Auch ohne die Beherrschung des Meeres könnten die Japaner dann-den Krieg in der Südost-Mantschurci nähren. Diese Bahn, ein Kuliurwerk ersten Ranges, zu zerstören, könnte eine Aufgabe für Lenewitsch sein: aber dazu pflegt man nickt gerade einen kommandierenden General zu ent senden. Was dann das etwaige Abschneiden der Verbindung Antung—Fönghtwangtschöng (nach schwierigen, langwie rigen Operationen) betrifft, so bleibt zu bemerken, daß sich Kurokis Heer auch ohne große Unzuträglichkeiten gleich den anderen Armeen auf Niutschwang (Jnkou) zu basieren vermag. Tie Geleise von dort nach Liaujang sind unversehrt und es fehlt auch an Waggons nicht. Da für freilich an Lokomotiven, ein Uebelstand, dem d.e Japaner die sich in Liaujang einnisten, sicher bald ab helfen werden. Russischerseits wird behauptet, man habe die Bahn nicht zerstört, weil man sie bald wieder im Besitz zu haben hoffe. Das sagten vor vier Jahren die Buren auch, aber es kam stets anders. Mnkden. Marschall Oyama berichtet: Die russischen Kavallerie- Dorposten haben ihre Operationsbasis in Pantschiapau- Hanlinpau und Pasantschiatsu. Es finden tägl'.ch Auf klärungsritte in die Gegend von Wulitaitfu und Men- fulatcn statt. Die Rufsen nehmen eine 12 Meilen lange Front in der Richtung aus Jantai ein, das 3 Meilen von Tatanqschanpau entfernt rst. Ihre Kavallerie trägt jetzt eine andere Uniform, deren Farbe grau-schwarz ist. Eine Depesche des „Reuterschen Bureaus" aus Muk- den besagt, man erwarte dort eine baldige weitere Ent wickelung der Ereignisse. Es heiße bereits, daß die Ia - paner nach Osten marschieren. Die Armeen hätten sich von den Wirkungen der Schlacht bei Liaujang erbolt. Russische VevteiHignngematzregeln. Sowohl südlich Mukden wie auch südlich Tielien (Tjenlin) wird stark geschanzt. Festere Werke proviso rischen Charakters sind an beiden Punkten dort schon seit Monaten angelegt. General Welitschko organisiert das neue Vcrteidigungssystem, das in einer Erweiterung und einem Ausbau der schon vorhandenen Positionen besteht. Tie Truopentransporte des VI. sibirischen Armeekorps (Sobol-ow) treffen in ununterbrochener Folge ein. General Rennenkampf hat laut „B. T." nach Herstellung von seiner Verwundung das Kommando der Transbaikal- Kosakendivision wieder übernommen. General Samso now sührt an Stelle des abgelebten Simonow das Kom mando der sibirischen Kosakendivision, in die zahlreiche Ofsiziere der Gardekavallerie versetzt wurden, und die mit vieler Energie endlich von Kuropatkin zu einer leistungsfähigen Truppe umgebildet worden ist. Beide Kosakendivisionen und auch Mischtschenko mit seiner Transbaikal-Kosakenbrigade sind mit dem Feinde am Hunho in Berührung, der diesen Fluß mit Patrouillen, die er zunächst vorsichtig an ihn herangeschoben hat, er reicht hat. Die Mobilmachung des VIII. Armee korps unter Generalleutnant Mylow ist im vollen Gange. Die Einberufungen vollzogen sich dank den neuen Anordnungen des Zaren, die den begründeten Reklama tionen der Wehrpflichtigen Rechnung tragen vollkommen ruhig. Die älteren Jahrgänge sind nur in bedingtem Maße herangezogen, die ganze Wehrkraft ist gleich- mäßiger auf alle Kreise verteilt worden. Die Ankunft des Zaren steht unmittelbar bevor. Der Zar will nach Besichtigung der Truppen in Odessa auch in Kischinew durch sein persönliches Erscheinen zum Ausgleich der dort noch immer bestehenden Gegensätze beitragen. Es heißt, daß der Zar auf die'er Reise auch von dem neuen Minister des Innern, dem Fürsten Swiatopolk-Mirski, begleitet sein wird. Nentralität«sragen. Der Pariser Korrespondent der „Times" entnimmt dem „Journal" die Behauptung, die Kohlenversorgung für das russische Ostseegeschwader auf dessen Fahrt nach Ostasien sei von deutschen Lieferanten organisiert. Die Uebernahme der Kohlen werde auf hoher See an genau bezeichneten und vereinbarten Punkten stattfinden, „die nur den beiden Kaisern Nikolaus und Wilhelm bekannr sind". Dazu schreibt die „Nordd. Allg. Ztg.": Diese Angabe ist eine dreiste Unwahrheit. Wenn deutsche Ncichsangehörige für russische Kriegsschiffe Kohlen liefern, so ist dies ein Privatgeschäft für eigene Rechnung und Gefahr der Lieferanten, das nach allge meiner völkerrechtlicher Anschauung mit der sirikten Feuilleton. „Durchgerungen." Roman von Josephine Siebe. Nachdruck verbot«». Grau und trübe brach der nächste Morgen an, grau und trübe auch für Elisabeths Herz, er brachte ihr einen Bries, in dem Wolsgang Stritt ihr mitteilte, daß er ge zwungen sei, eine Reise anzutreten, und noch nicht den Tag seiner Rückkehr bestimmen könnte; er sandte ihr lausend Grüße, nannte sie seinen Liebling, und dennoch — das Blatt entsank ihren Händen, ein Frösteln durch schauerte sie, es war plötzlich ganz dunkel geworden um sie her Aus dem Briese wehte sie etwas Fremdes, Un- heimliches an, und es war ihr, als kröche ihr etwas Grauenhaftes zum Herzen empor, und freudlos schlichen ihr die Stunden dahin. Am Nachmittag eilte sie zu Irene Amende, sie sagte sich, sie müsse ihr danken, um vor sich selbst den schnellen Besuch zu rechtfertigen, aber im Grunde trieb sie nur die Sehnsucht, von dem Geliebten sprechen zu können, zu der jungen Sängerin. „Diese sei vorgestern ausgezogen", meldete ihr mürrisch die Wirtin, „eine Adresse wisse sie nicht." Elisabeth war bettoffen, sie batte keine Ahnung von diesem Wechsel gehabt, dann aber tröstete sie sich, daß sie die Adresse sa mit Leichtigkeit? erfahren könnte. Im Bureau des Konservatoriums sagte man ihr. Fräulein Amende sei nicht mehr Schülerin, sie wolle nach Dresden und dort bei einer berühmten Gesangsmeisterin ihre Studien vollenden. Dieser Entschluß der Freundin überraschte Elisabeth nicht sonderlich, da letztere oft davon gesprochen, noch einen Winter nach Dresden zu gehen, auch daß sie ihr noch keine Nachricht gegeben, entsprach ganz Irenes Charakter. Vielmehr beunruhigte sie jedes Ausbleiben einer Nachricht von Wolfgang Stritt, ein Tag nach dem an deren verging, keine Botschaft kam. Sie erwartete in fieberhafter Aufregung den Bricfboten, mitten im Spie^ hörte sie sein Klingeln, stundenlang lag sie im Morgen grauen wach, bis draußen das bekannte kurze Klingeln er- tönte, und jedesmal zuckte ihr Herz auf in Hoffnung, und immer vergeblich. Kein Brief kam, kein Wort von ihm. Sie zermarterte ihr Hirn, sie suchte tausend Gründe hervor, sie versuchte angstvoll die Schreckensbilder, die ihre Phantasie ihr vormalte, zu bannen, aber ihre Unruhe wuchs. Es war ein unfreundlicher Herbst, kalt, regnerisch, kaum hin und wieder ein Heller Tag, man konnte meinen es fei schon November, so grau-trübseliges Wetter war es, und diese schwermütige Witterung wirkte noch belastender auf Elisabeths Gemüt. Vierzehn Tage waren nun schon vergangen, und noch kein Brief. Sie bekam tiefe Schatten unter den Augen, war blaß und still und konnte kaum noch ihre innere Unruhe ver bergen. Dera hatte sie schon gefragt, ob sie krank sei,; Kopfschmerzen, hatte sie erwidert, sonst nichts, und war errötend den forschenden Blicken der Aerztin ausgewichen. Und dann kam ein Tag, an dem das Mädchen die Un gewißheit des Harrens nicht mehr zu ertragen meinte, an dem die wachsende Unruhe sie fast zur Verzweiflung trieb. Sie mußte Nachricht haben, mußte wissen, was geschehen war, welchen Grund das beängstigende Schweigen hatte. Aber wo sich hinwenden, da er nicht einmal geschrieben, wohin er gefahren war? Ihr kam der Gedanke, die alte Großmutter, von der er ihr erzählt hatte, aufzusuchen, aber so schnell der Ge- danke in ihr aufgetaucht, so schnell verwarf sie ihn auch wieder, sie hätte dann ja ihre Liebe bekennen müssen. WaS sonst tun? In seine Wohnung konnte sie gehen, dort nach ihm fragen, dort seine Adresse erfahren. Sie zauderte. Sie wußte, mit diesem Schritt verletzte sie schwer das. was ihre Mutter und der ganze Kreis daheim für sitt- sam hielt. Und dennoch, wer nahm ihr von allen denen denn die nagende Angst, sie war ja allein, batte niemand, an den sie sich wenden konnte, der ihr half, für sich mußte sie denken und handeln. Sie kämpfte einen schweren Kampf, immer wieder zauderte sie, und immer wieder trieb es sie vorwärts. Und endlich ging sie doch. Draußen schlug ihr der Regen entgegen und die ganze Atmosphäre war erfüllt von Feuchtigkeit und Dunst, die Straßen menschenleerer denn sonstz Der Weg, den dass Mädchen zu gehen hatte, war nicht allzuweit, und dennoch wurde er ihr so lang, sie meinte, er fände nie ein Ende, und als sie endlich vor dem -Hause in der Sidonienstraße anlangte, da war es ihr, als wäre er zu kurz gewesen. Tann stand sie oben und der leise zitternde Klingeltori war wie das Echo ihres zagenden Herzens. Eine dick. , unfreundliche Frau mit verschlafenen Augen öffnete die Tür. „Was wollen Sie? Zu Herrn Stritt, ach so", er widerte sie auf Elisabeths gestammelte Frage, „geben sie man rein, er wird Ihnen ja Wall verfehlt haben und gleich kommen. Zu Hause? Ja freilich ist er zu Hause! -Hier, erste Tür rechts." Sie öffnete und schob das Mädchen obne weiteres in das Zimmer, und dieses hörte ihre schlurrenden Schritte sich entfernen. Minutenlang stand Elisabeth an der Tür, unfähig, sich zu rühren oder einen klaren Gedanken zu fassen. Er war zn Hause, war gesund und hatte auf sie ge wartet, sie hier erwartet, mein Gott, was bedeutete das? War es ein Mißverständnis, batte er ihr vielleicht ge schrieben und sein Brief sic verfeblt? Tie scheuen Blicke des Mädchens durchmaßen das Zimmer. Hier wohnte er, dieser Raum sah ihn täglich, diese Gegenstände berübrte er, dort stand sein Notenpult und dort lag seine Geige. Wie ein heiliger Schauer überflog es Elisabeth, wie nahe sie ihm plötzlich war, alles hier atmete seine Nähe, alle Gegenstände waren stumme Zeugen seines Lebens. Ganz nahe an der Tür setzte sich Elisabeth auf eine»
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