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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.09.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-09-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040924027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904092402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904092402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-09
- Tag1904-09-24
- Monat1904-09
- Jahr1904
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Bezugs-Preis In der Hauptk^pedition over der,'N Ausgabe- slellen abgehalt: vicilelfiNirlich ./t 3.—, bet zweimalig«-! läalichir.ßuurllung ins Hai>« «t 3.7b. Durch die Pos« bezogen für Deutsch land u. Oesterreich vienelchbrlich .«6 -t.bOj sur die übrigen Länder laut ZeitiingspreiSliite. riese Nunimkr fastet aus allen Babnbvsen und III I bei den ZeitnngS Verkäufern KV s* Revattion und ErpeSUton: 1ü3 Fernsprecher LLL Jobannisgasse 8. Filialrrpeditionen: Alfred ^abn, Buchbnndlg.,llniversilät?str.3 IFernspr. Nr. 4MW, L. Lösche, Katbarinen- ilraße 14 (Fernsprecher Nr. u. Ronigs- Platz 7 (Fernlprecher Nr. 7505). Hanpt-Filialc Trrsveu Marieiislrahe34(FernsprecherAmt INr. 1713). Öantit-Filmle Berlin: vorIDunrt e r, verzgl.Vayr.vofbnchbandIg., Lützowslranr lOiFernsprecherAmtVl Nr.4ö>«'8>. Nr. W Abend-Ausgabe. WMcr TllMaü dlnzerger. Amtsblatt des 5rönigtichen Land- und des königlichen Änttsgerichles Leidig, des Nates und des Noli;eiamtes der Ltadt Leipzig. Sonnabend den 24. September 1904. Anzeiften-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Rrdakttontstrich (4 gespalten) 7L nach den Familiennach- richten (6gespalten) KO Tabellarischer und «ifserniay entsprechend höder. — Gebühren für Nachweisungen und Lssertenonnahmr LS 4- Annadmeschlutz für An,r„e«: Abend-AuSgabe: vormittag- tO Uhr. Morgen-Autgabe: nachmittag« 4 Uhr. Vrrra-B.tlagcn Igesalzo, nur mit der Morgen-A.sgabe, ohne Postdesürderung 60.—, m't Postbesürdrrung 70.—. Anzeigen sind siel« an dir Expedition zn richten Tie Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geössuet von früh 8 bi« abend« 7 Uhr. Truck und Verlag vou E Paiz ln Leipzig Fi d. Nr V. N «i D. -N linkbardt'. 88. Iabrganq. Var lvichtigrte vom Lage. * FÜlr die A l a r m n a cb r i ch t e n auS S ü 5 - w e st a s r i k a, die von einem „Turchbruchc" der.Herero und von einer neuen Erhebung der Bondclszwarts be richten, liegt an gutinsorniicrter Stelle eine B e - st ä t i g u n g nicht vor. * In Port Arthur ist die Cholera ausge brochen. (S. Russ.-jap. Krieg.) * Vor L i a u j a n g ist Regenwetter und Kälte eingetreten, worunter die Truppen sehr leiden. * Tie Eisenbahn L ö u l - F u s an wird nxihr- scheinlich noch in diesem Monat aus der ganzen Strecke inBctrieb g c n o ui ui e u werden. Der InSex uncl «eine Lehren. Ter Icsiutcnpater Hilgers hat den unter Leo XIII. redigierten, IWO erschienenen Inder der verbotenen Bücher in einem sängst hemusgcgebeucn Werke nach seiner neuen Fassung dargelegt und rechtlich historisch gewür digt. Aus den Gesichtspunkten, mit denen Hilgers die Einrichtung de» Jude; begründet, bebt die „Literarische Ruudsckiaii sür das katholische Deutschland" einige „be sonders wichtige und richtige" Sähe hervor. Tie nach stehenden Ausführungen sind besonders clzarakteristisch: „Zuweilen gab der Inder das Signal zum Kampsc, indem er auf den noch im Dunklen schleichenden Feind aufmerksam machte. Ein andermal lockte er den Arg listigen aus seinem Hinterliatt und zwang ihn durch das klare Verbot, offen Farbe zu bekennen. Ein drittes Mal und öfter entschied er den lange hin- und her wogenden Kampf zu Gunsten der Wahrheit und des Glaubens. Nicht selten bewahrte der Iudex dadurch einen Gelehrten vor schwerem Irrgaug ins Labprinth, öfter noch dessen Leser und Schüler vor verführerischen Irrstcrneu. Betrachtet man im einzelnen die deutschen Bücher des Inder, so sieht man, das; an oer glücklichen Ueberwiudung der antikirchlichen Strömungen des verflossenen Jahrhunderts das Bücherverbot nicht den kleinsten Anteil hat." Tie „Literarische Rundsclzau für das katholische Deutschland" ist nut dieser Auffassung ganz einverstanden und fügt noch hinzu: „Tie Anwendung auf allcrneuste, auch deutsche Er scheinungen ergibt sich von selbst. Hier dürfte auch der Ort sein, hervorzubeben, das; Hilgers nut Recht auch die Gelehrten durch die Jndexregeln verpflichtet sein läßt." Damit ist die katholische Wissenschaft ein für allemal, zur Unfruchtbarkeit verdammt, denn bekanntlich tritt immer au iraend einer und meist an der entscheidenden Stelle ein Konflikt zwischen der „Wahrheit" und dem „Glauben" ein. Freilich nicht sür die klerikale Auf- sasiuug, nach der die Wahrheit ein für allemal mit dem Kirchcndogwa identisch ist. Die Ausführungen des katho lischen Gclehrien und der „Literarischen Rundschau" sind auch sür uns Protestanten interessant, weil sie mit Evi denz dartun, welchem Schicksal die deutsche Wissenschaft anheimfallen würde, wenn jemals der katholische Einfluß in unserm Vaterlandc übermächtig würde. Um die Frei heit der Forschung, die das vornehmste Prinzip und der wirksamste Hebel alles Fortschritts ist, wäre cS dann ein für allemal geschehen. Aus diesem Grunde ist der Kamps gegen den Klerikalismus bei aller Toleranz gegen jede Religionsübung eine unerläßliche Notwendigkeit. In diesem Kampfe steht nicht mehr und nicht minder auf dem Spiele, als die gesamte Zukunft Deutschlands. Mit der Fesselung der Forschung würde Deutschland unfehlbar zur Rückständigkeit verdammt sein und allmählich auf daS Niveau jener romanischen Staaten herabsinken, in denen der Klerikalismus die unumschränkte Herrschaft ausgeübt hat. Solchen Erwägungen entstammt der uns aufge zwungene Kampf gegen den Ultramontanisinus, nicht aber, wie unsere Gegner behaupten, einer engherzigen Unduldsamkeit, die den Nächsten nicht nach seiner Fa^ou selig werden läßt. Vrr imKrcb-iapanstcbe istirg. Au» de» Geschichte -er russischen Oftseests t . Am 12. September verließ Admiral RoshveMveusU mit 20 Schiffen den .Hafen von Kronstadt. Die Aus fahrt begann um 7 Uhr morgens, und oa die Fahrrinne Ichinal ist, so war es 10 Uhr geworden, als das letzte Schiff das offene Meer gewann. Die kaiserliche Order bestimmte, daß der Adminal zunächst nach Reval zn fahren und dort die weitere Verfügung zu cruxirteu habe, wanu er sich aus jenem Hafen nach Libau begeben solle Admiral Birilew folgte etwa 24 Stunden später mit 17 Schiffen dem Gesäzwader Roshdestwenski, doch lautete seine Order direkt auf Libau. Birilew besaß tatsächlich keine weitere Kenntnis von seiner Be- stimmnng, doch steht es über allem Zweifel fest, daß der Kaiser beiden Oberbefehlshabern vor der Abfahrt wörtlich erklärt hatte: „Tic Ausreise nach oem fernen Osten ist auf unbestimmte Zeit versch oben." Tas erste Geschwader erreichte den Revaler Hafen ohne Zwischenfall, während sich auf dem zweiten folgende Tragikomödie abspielte: Es erwies sich während der Fahrt, daß der Kom - m andeur des Kreuzers „A s i a", Kapitän Schwa n k, in einen Zustand sinnloser Trunkenheit ge raten war und infolgedessen Anordnungen traf, die das Schiff in Gefahr brachten. Nachdem man dem Admiral Birilcw hierüber rapportiert hatte, übermittelte er der „Asia" den Befehl, zu lallten und sandte ihr in der Per son des Kapitäns eines Hochieetorpedoboots einen stell vertretenden Kommandeur an Bord. Während dieser das Teck betrat und den Befehl übernahip. machte der Kapitän Schwank, hiervon benachrichtigt, in feiner.Ka jüte einen) Selbstmordversuch, indem er ein auf den Fußboden gestütztes Gewehr, dessen Mündung er auf seine Brust richtete, mit dem Fuße entlud. Die Kugel ging fehl, worauf der trunkene Mann einen Revolver ergriff, um sich in den Kopf zu schießen. Die zitternde Hand verfehlte auch jetzt das Ziel, und Kapitän Schwank wurde entwaffnet. Er ist für temporär geisteskrank er klärt worden und befindet sich gegenwärtig in einer Heilanstalt in Reval, welche er, wie wir von bestuntcr- richteter Seite versichern hören, nach einiger Zeit ver lassen wird, um — als Geheilter das Kommando der „Asia" wieder zu übernehmen! In Libau empfing Admiral Birilcw die amtliche Mitteilung, daß die Kampagne scnes Geschwaders vor erst beendet sei,, da er „kein anderes zu begleiten und zu schützen" habe,weshalb er nachKronstadt zurückkebren könne. Admiral Birilcw, der bereits die außerordent lichen. laut Reglement im voraus zahlbaren^Gehälter und Zulagen der Seekampagne des Monats Septeniber empfangen hatte, begab sich hierauf per Eisenbahn wie s der nach Kronstadt, während seine Schiffe unter anderem i Kommando auf der kaum zurllckgelcgten Wasserstraße ebenfalls glücklich den Kronstädter Hafen erreichten. Auf dieser Rückfahrt richtete der Kommandeur der „Europa" mittels drahtloser Telegraphie, die dieses Schiff besitzt, an Admiral Roshdestwenski auf dem „Fürst Smvarow" in Reval die Anfrage, wann und wohin er neuen Kurs nehmen werde. Die Anfrage blieb jedoch unbeantwortet. In Petersburg und Kronstadt, wo die obenstebend berichteten, durchaus zuverlässigen Einzelheiten weiteren Kreisen natürlich unbekannt sind, bespricht man die Rückkehr Birilews und das Gerücht, daß die Ausreise Roshdestwenski nach dem fernen Osten sich gleichfalls bis zu den griechischen Kalenden verzögern werde, mit ungeheurer Erregung. Ausland» Ariegraurjichten. Ter Kapitän zweiten Ranges Klado ist mit Depeschen aus Wladiwostok in Petersburg eingetroffen und hat folgende Mitteilungen gemacht: Ter Kreuzer „Bogatyr" hatte bei meiner Abreise das Dock bereits verlassen und sollte in vierzehn Tagen ganz fertig sein, ebenso war die Retxiratur der „Roisija" und des „Gromoboi" bereits beendet. (Nach einer späteren Meldung sollen die beiden zuletzt genannten Schiffe in der Richtung nach Genfan abgegangcn sein. Red.) Vou der letzten Ausfahrt des Kreuzergeschwaders waren die Japaner dank den unzäh ligen in Wladiwostok lebenden japanischen Spionen zeitig unterrichtet, und so war das Geschivader ge zwungen, den Kampf mit Admiral Kamimura auszu nehmen, der ihm den Rückweg verlegt hatte. Die Rück kehr des Admirals Fürsten Uchtomski nach Port Arthur sei allen ein Rätsel gewesen, da die Bescl-ädigungcn seines Geschwaders nicht derart waren, daß sie ein solches Han deln rechtfertigen konnten. Hauptmann Klabo meint, daß die Japaner nach Einnahme Port Arthurs langsam nach Korea zurückgchen würden. Alsdann müßten die Russen erstens Port Arthur zurückerobern, was ohne Flotte unmöglich fei, und sodann die Japaner aus Korea verdrängen, Inas ohne Flotte sehr schwer wäre. Aus diesem Grunde müsse Rußland um jeden Preis eine sehr starke Flotte nach Lstafieu schicken. Die Schiffswerften müßten Tag und Nacht arbeiten, um das Höchste zu leisten. Auch müßte ein Teil der Schwarzen Meer-Flotte hcrangczogen werden. Tie Ansicht, daß die Schiffe dieser Flotte zu weiten Fahrten untauglich wären, fei falsch. Tie Panzer „Rostislaw", „Tri", „Swj Atitelja" und „Potemkin" sowie die Kreuzer „Kagul" und „Otfchakow" können ruhig mitgeheu. In der -Ostsee brauche Rußland keine Flotte zurückzulassen, da selbst im Falle eines Krie ges mit England dieselbe zu schwach wäre. Die Dar- danellcn Frage käme bei einem so wichtigen Falle gar nicht in- Betracht, denn die Türkei wäre mehr als zufrie den, wenn wir einige unserer Schiffe aus dem Schwarzen Meere entfernen. Dem kann ich hinzufügen, daß die Ost- seeflotte ruhig die Fertigstellung der Panzer „Slawa" und „Orel" sowie des Kreuzers „Isiumurd" abwarten wird. Wir sind überzeugt, daß der Krieg mindestens zwei Jahre andauern wird. Einige Tagesblätter erörtern die Frage eines baldigen Friedensschlusses. Ich kann darauf nur antworten: Wissen jene, was Japan verlangt? Korea, Port Arthur, die Mantschureibahn, Sachalin und Kam tschatka! Wozu brauchen wir dann noch das ärmliche Ussuri-Gebiet? Der jetzige Krieg bleibt sickzssr nicht der einzige dieses Jahrhunderts in Ostasien: es werden noch verschiedene folgen. Darum ist jetzt ein glänzender Sieg Rußlands notwendig. Rußland wird ^ließlich in der Mantfchurei eine enorme Armee haben, da täglich frische tüchtige Truppen eintreffen. Japan aber hat bereits alles gute Soldatenmaterial im Felde: was jetzt noch kommt, ist höchst minderlvertig. Rußland hat schon be wiesen, daß es auf einem einzigen Eisenbahnstrang von 12 000 Werst Länge gewaltige Truppenmassen nach dem fernen Osten befördern kann: jetzt wird es beweisen, daß das Ostsee-Geschwader eine noch weitere Strecke zurück- zulegen vermag. Der Hafen von Wladiwostok friert Ende Dezember zu, doch gibt es dor^ Eisbrecher." Notwendig sei es nur, schloß Klado, daß Rußland mit England m Frieden lebe. Ter Pariser „Temps" veröffentlicht einen neuen russischen ostiziöscn Artikel, in dem versichert wird, Ruß land betrachte jeden Versuch zueinerFriedens- v e r in i t t l u u g seitens einer Macht als einen feind- lich en Akt: es sei überzeugt, daß der Krieg mit der völligen Erschöpfung Japans enden werde. Dagegen finden in der Bevölkerung Petersburgs die dieser Tage vou uns mitgeteiltc Friedcnsanregung des Blattes „Grashdanin" ein starkes Echo. Es wird jedoch allgemein betont, daß Rußland Port Arthur niemals aufgcbcn kann, während es möglich wäre, die Mantschurei an China zurückzugeben. Lhslera in Oort Arthur. Ein in Tsingtau weilender russischer Marineoffizier hat die offizielle Nachricht von dem Auftre ten der Cholera in Port Arthur erhalten. Bis zum 10. September lind nur wenige Fälle zu ver zeichnen gewesen, aber man fürchtet sehr, daß die Krank heit epidemisch wird. (Ykus vericht über die Schlacht beitiaujang. Die „Times" veröffentlichen über die Schlacht bei Liaujang Len amtlichen Bericht des Ge nerals O k u. Es heißt darin mit Bezug auf den letzten Angriff Okus auf Liaujaug, daß die Russen den Wider stand am ß. September noch hartnäckig fortsctzten. Die japanische Artillerie ging darauf bis aus Gewcbrfchuß- weite an die russischen Stellungen heran, um Breschen zu schießen und sie Maschinengewehre zum Schweigen zu bringen. Das Feuer schien bei einem Teile des Fein des Unordnung anzurichten, welcher aber trotzdem die Stellung nicht räumte. Die japanische Artillerie kon zentrierte deshalb abermals ihr Feuer auf die feindliche Stellung. Die Infanterie war inzwischen bis aus 200 Meter an die russischen Truppen herangekrochen. Am Abend eröffnete die japanische Artillerie das Schnell feuer, während die Infanterie auf der ganzen Linie zum Sturni vorging. Es entbrannte ein Kamps, der bis in die Nacht dauerte. Um 12st- Uhr nachts wurden die Stellungen der Russen auf der ganzen Linie unter brau sendem Iubelgeschrei der Japaner genommen. Am 4. September 2 Uhr morgens besetzte ein Teil der Armee die Station vor Liaujang, ein anderer Teil ging zur Belagerung der nordwcstliäzen Stadt vor. Ter Feind setzte hinter sich die Brücke in Brand, den die Japaner nicht zu löschen vermochten, weil die Russen die Brücke unter Feuer hielten. Der japanische Vormarsch von Alnkden. Bei Mukden macht sich jetzt die Angrifsstendenz der Japaner allgemein bemerkbar. Auch General Mrschtschenko ist am Mittwoch wieder angegriffen wor den. Hier steigt täglich ein russischer Fesselballon zur Be obachtung des Geländes auf. Am 22. September sind 9 Ehungusenführer hiugerichtet worden, wobei die russisch? Militärbehörde vertreten war. Aontrebande. Tie gestern erwähnte Meldung von einem Koni- missionsbcschlusse, Kohle, Baumwolle und Eisen aks Kricgskontrebande anzuerkennen, ist nicht zutreffend Tie betreffende Kommission ließ die Frage über Kohle, Baumwolle und Eisenwaren unberührt. politische Lagerrcha«. * Letpzin, 24. September. Ergebnisse einer Ministerreise? Aus Berlin wird uns geschrieben: die preußsische Regierung hat dem Berliner Magistrat aufgogeben, für j die Verwendung von Schulgrundstücken zu anderen als , Clemcntarfchulzwccken in Zukunft erst jedesmal die Ge- Feuilleton. „vurchgerullyen." Roman von Josephine Siebe. NaLdruck verboten Sechszehntcs Kapitel. Eins, zwei, drei, du bist nicht im Takt Kurt!" „Ja, Fräulein!" „Also eins, zwei, drei, aber Kurt, was machst du nur?" „Ja, Fräulein!" Nun noch einmal, eins, zwei, drei, vier, eins, zwei, ober Kurt!" Fräulein Elisabeth Ekkardt teuizte ein wenig und der kleine dicke Junge, mit der Stulpuaie und dem kurz geschorenen Blondhaar wird puterrot und st'ntt verlegen den Kopf, seine Hände, mit dem Tintenfleck am Zeigefinger und den abgebisieucn Nägeln, irren angstvoll auf den Tasten herum. „Na noch mal!" Eins, zwei, drei, vier. Eine Weile geht es wie eine Stcepleclxise, in einem ziemlich eiligen Tempo über alle Hindernisse hin weg, da, eins, zwei, die Finger suchen wieder aus den Tasten herum, der Faden ist wieder gerissen. „Tu hast nickst geübt, Kurt!" „LH ja, Fräulein!" klingt es kleinlaut zurück! „Wie lange denn?" Ter kleine Junge schweigt und senkt schuldbewußt sein Haupt. -Lage mcu ehrlich, Kurt, war es eine Stunde?" „Beinahe eine halbe Stunde!" bekennt der kleine Kerl offen und sieht mit seincv runden Augen seine Lehrerin halb trotzig, halb bittend an. „Na ja, ich konnte es mir schon denken, aber zum nächsten Mal übst du mir gründlich, hörst du, jeden Tag, aber auch die Tonleitern nicht vergessen!" „Ja, Fräulein!" Es klingt schon ein gut Teil freier, rasch packt er seine Noten zusammen, mit strahlendem Ge sicht sagt er adien! und hinaus ist er und rennt die Treppe hinunter, „Hurra! nun ist die Klavicrstunde wieder über standen." Elisabeth Ekkardt sieht ihm mitleidig nach, armer kleiner Kerl, denkt sie, für dich ist die Musik auch mehr Strafe wie Lust, er ist so unmusikalisch wie möglich, aber cs ist niiu einmal Mode, Klavierstunden zu haben. Beinahe vier Jahre war Elisabeth nun schon als Klavier- und Gcsanglebrerin in Königsberg tätig. Sic hätte Glück gehabt, sagten ihre Bekannten, denn in diesen Iahreh batte sic cs durch eisernen Kampf und unermüdlichen Fleiß zn einer der gesnchtestcn Lehrerin gebracht. Nicht mehr, eine Künstlerin Ivar sie nicht geworden, die Kraft hatte versagt, so sehr sie auch daniaks in Leipzig um diesen Preis gerungen, ste hätte ihn nicht erreicht und die Frist war zu kurz. Sie wollte und konnte ihren Eltern nicht noch größere Opfer auferlegen und so ent sagte sie dem Künstlertranm und begnügte sich damit, statt einer Priesterin der Göttin Kunst, eine bescheidene kleine Tienerin derselben in täglicher mühevoller Arbeit zu werden. Ein leises Klopfen an der Tur wurde laut und ein zierliches Backfischchcn tritt ein, halb kniet sie, halb ver neigt sie sich und wirft noch rasch einen prüfenden Blick auf den Spiegel und zupft sich das krause Haar zurecht. „Nun Ilse, wie wird denn heute die Sonate gehen?" „Oh sehr fein, Fräulein!" sagte die kleine Dame und hebt siegesbewußt den Kopf, eilfertig setzt sie sich ans Klavier, sie spielt die Tonleiter und Etüden ganz leid lich und Elisabeth ist zufrieden. Nun kommt die Sonate daran. „Aber Ilse, warum niminst du denn das Pedal, um des Himmelswillcn, Ilse Pianino — pianino!" — Ilse wird rot und siebt sehr gekränkt aus, in ihren Augen schimincrt cs bedenklich feucht, sie spielt weiter, aber nun will es nicht mehr gehen, ehe ihreLehrerin etwas sogen kann, beginnt sie zu weinen. „Ilse, Kind sei doch nicht töricht, ivarum weinst du nun eigentlich?" Ilse stößt der Bock, sie schluchzt und schluchzt, endlich bringt sie in gekränkter Unschuld hervor: „Ich soll immer mit Ausdruck spielen und wenn ich nun niit Ausdruck spiele, ist es auch nicht recht!" „Aber Ilse, das Pedal brauchst du deshalb doch nicht zn treten?" „Ja, wo soll ich denn sonst den Ausdruck ycrbekoni inen?" ruft Ilse ganz verzweifelt aus. Elisabeth kämpft mit dem Lachen, sie versucht die Kleine zn trösten, da klopft cs an die Tür, das Mädchen weidet, eine Tarne wünsche Fräulein Ekkardt zu sprechen, sie iaate, -'S schadete nicht, wenn Fräulein auch Stunde habe", berichtete die Magd. „Wer ist cs denn, hat sie keine Karte gegeben?' forschte Elisabeth. „Gegeben hat sie mir nichts, aber fein sieht sie aus!" Tie junge Lehrerin wirft einen Blick auf die noch immer weinende Ilse nnd siebt, daß mit dieser m der nächsten Viertelstunde doch nichts anznfangen ist und sie entschließt sich, die unbekannte Dame zu empfangen. Tie Besucherin rauscht herein, in schickem schwarzem Tuchkostüm, offenbar auf Seide gearbeitet, sie hat an langer Kette ein Lorgnon, mit dem sie Elisabeth von oben bis unten mustert. „Womit kann ich Ihnen dienen, gnädige Frau?" Tiefe, die ohne weiteres Platz genommen bat, be ginnt, ohne sich vorzustellen. Sie sind mir empfohlen worden, mein Fräulein, ich möchte meinem Sobn Klavier unterricht geben lassen!" Elisabeth neigt verbindlich das Haupt, „wie alt ist Ihr Sohn, ist er Anfänger?" „Ja, er ist neun Jahr, aber ungemein musikalisch, ich glaube, wenn Sic cs verstehen, wird er es bald sehr weit gebracht haben, ein ganz außergewöhnlich talentvolles Kind. Zwei Stunden wöchentlich will ich ihm geben lassen, welchen Preis pro Stunde verlangen Sie?" Die Tainc fixiert Elisabeth wieder sehr eingehend, doch diese bleibt ganz unbefangen, „zwei Mark für die Stunde, gnädige Frau!" „Zwei Mark? Aber liebes Fräulein, meine Näh frau bekommt ja bloß 1.50 Mark für den Tag, ich bitte Sie, welck' hoher Breis! Ich bin die Kommorzienrätin Tamm", hier macht sie eine Pause, anscheinend damit Elisabeth das eben Gehörte auch recht zum Bewußtsein
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