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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.09.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-09-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040926021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904092602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904092602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-09
- Tag1904-09-26
- Monat1904-09
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BezugS-PretS in d« Lanprexvedttion oder deren Ausgabe stellen avgeholtr vierteljährlich 3.—. bei zweimaliger täglicher Zustellung in» Haut ^l 3.75. Durch die Post bezogen für Deutsch land u. Oesterreich viertelsShrltch ^l 4.50, für die übrigen Länder laut ZritunqspreiSliste. Diese Rümmer kostet aus allen Bahnhöfen und III I bei den Zeitung-.Berkäufern I * Revoktton und Expedition: 153 Fernsprecher Ws Johannisgasse 8. Atlialexpedittonen: Alfred Hahn, Buchhandlg.,Universität-str.S lFernspr. Nr. 4046s, L. Lösche, Katharinen straße 14 (Fernsprecher Nr. 2935) u. König-- Platz 7 (Fernsprecher Nr. 7505). Haupt-Atlmle Dresden: Marienstraße 34 (Fernsprecher Amt I Nr. 1713). Haupt-Filiale Berlin: LarlDunck r r, Herzgl.Bayr.Hofbuchbandtg, Lützowstraße lOiFernsvrecherAmtVI Nr.4<Rv. Nr. 492. Abend-Ausgabe. KiWM TllMM Mzeiger. Ämtsvlatt des Hömglichen Land- und des königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Nates und des Notizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Pret- die 6gespaltene Pelitzeile 2V Naklameu unter dem Redaktiousstrich (4 gespalten) 75 4, nach den Famtlieuaach- richten (6 gespalten) 50 Dabellarischer und Ztfsernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ofsertenannahme 25 «nnatzmeschlutz für Lnzrtgen. Abend-Ausgabe: vormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittag« 4 Uhr. Ertra-V.tlagrn (gefalzt), uur mit dec Moraen-Ac-gabe, ohne Postbeförderung ^l 60.—, m^t Postbeförderung ^l 70.—. Anzeigen sind stet« an die Txpedttion zu richten. Dir Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geössnet von früh 8 bi» abend- 7 Uhr. Truck und Verlag von E. Pol« in Leipzig §st.h. l>r. V.. N. K. W. «linthardtl Montag den 26. September 1904. 98. Jahrgang. Var Wcdtigrte vom Hage. * Der Graf-Regent von Lippe-Detmold ist heute Vormittag gestorben. (S. Leitart.) * Da« von dem Bankschwindler um 21000 ge schädigte hiesige Institut ist die Allgemeine Deutsche Credit-Anstalt. Es handelt sich um Preußische KonsolS, die der angebliche Gras v. Wedelt bei der Leipziger Filiale der Deutschen Bank alsbald versilberte. (Leipz. Angel.) Die zahlreich besuchte IV. Generalversammlung des Verbandes Sächsischer Lehrerinnen wurde heute vormittag in Leipzig eröffnet. Der Verband zählt gegen wärtig 749 Mitglieder. (S. Sonderbericht.) * Rußland läßt nochmals erklären, es denke nicht an Frieden, bevor eS nicht einen nennenswerten Erfolg über Japan davongetragen habe. (S. ruff.-jap. Krieg.) 6ral-siegent krim riir Lippe P. Detmold, 26. September. Graf-Regent Ernst zur Lippe ist heute Vormittag gestorben. Den seit einigen Tagen verbreiteten Nachrichten von einem ungünstigen Gesundheitszustände des Graf-Regenten Ernst zur Lippe-Biesterfeld ist rasch die Meldung von seinem Ableben gefolgt. Man mußte darauf gefaßt sein, denn wenn bei einem 62 jährigen Herrn neben starken Erkältungs erscheinungen Schlaflosigkeit und erheblicher Kräfte verfall eintreten, so ist die Situation bedenklich. Der Tod de« Grafen, aus dessen 1869 mit der Gräfin Karoline von Wartensleben geschlossener Ehe sechs Kinder, drei Söhne und drei Töchter, hervorgegangen sind, rückt auf einmal daS Ländchen Lippe-Detmold wieder in den Vordergrund deS politischen Interesses, denn nunmehr wird der alte, mit Er bitterung geführte Erbstreit zwischen den Linien Lippe-Biester- feld und Schaumburg-Lippe aufs neue akut werden. Wie erinnerlich, war die Situation, aus der dieser Erb streit entbrannte, folgender: Fürst Woldemar von Lippe- Detmold war am 20. März 1895 ohne Leibeserben gestorben, sein einziger noch lebender Bruder Alexander war, bezw. ist geisteskrank, also nicht fähig, die Zügel der Regierung zu ergreifen. Da Fürst Alexander selbst ebenfalls keine Nachkommen besitzt — es lebt nur noch eine 70jährige Schwester Pauline von ihm —, so war längst vorauszusehen, daß mit Fürst Alexander die fürstliche Linie erlöschen wird, und ebenso, daß nach dem Tode des Fürsten Woldemar sich eine Regentschaft nötig macken würde. Aus diesem Grunde hatte Fürst Woldemar schon 1890 dem lippischen Landtage einen Gesetzentwurf vorlegen lassen, nach welchem der Fürst das Recht haben sollte, einen Regenten für den Fall seines Ablebens zu ernennen. Der Landtag verlangte jedoch in seiner Mehrheit die Einsetzung eines Regentschaftsrats, dem außer dem vom Fürsten ernannten Regenten noch zwei Abgeordnete angehören sollten. Darauf wollte sich Fürst Woldemar nicht einlassen, er befahl die Zurückziehung des Entwurfs und setzte nun im Oktober 1890 selbständig durch landesherrliche Verordnung den Prinzen Adolf von Schaumburg-Lippe, den Sckwager des Kaisers Wilhelm, für den Fall seines Todes zum Regenten des Fürstentums ein. Auf Grund dieser Verordnung übernahm Prinz Adolf am Todestage des Fürsten Woldemar, 20. März 1895, die Regentschaft. Der Landtag erkannte diese Verordnung aber nicht als rechtsgültig an, und da der Minister v. Wolffgramm, der sie verant wortlich gegengezeichnet hatte, plötzlich starb, so hielten auch Prinz Adolf und die Regierung an der Verordnung nicht länger fest. Man einigte sich vielmehr auf ein Gesetz vom 24. April 1895, durch welches Prinz Adolf bis zur Ent scheidung der Thronfolgefrage als Regent anerkannt wurde. Ein solche« Provisorium war notwendig geworden, weil gegen die Erbfolge der nächsten agnatischen Linie, der des jetzt gestorbenen Grafen Ernst zur Lippe-Biesterfeld, die Linie Schaumburg-Lippe und auch Graf Ferdinand zur Lippe- Weißenfeld Einspruch erhoben hatten. Da es zur Ent scheidung der Frage, wer zur Thronfolge berechtigt sei, an einer Instanz fehlte, kam die Sache nach einer Ueber- einkunft zwischen Regierung und Landtag von Lippe an den Bundesrat, der die Sache aber nicht dem Reichsgericht, son dern einem besonderen Schiedsgericht überwies, womit sich schließlich der Lippesche Landtag einverstanden erklärte. DiesSchiedsgericht wurde aus 6 Mitgliedern des Reichsgerichts gebildet, während den Vorsitz König Albert von Sachsen übernahm. Am 22. Juni >897 erklärte dieses Schieds gericht einstimmig den Grafen Ernst zur Lippe-Biesterfelv für erbberechtigt, worauf Prinz Adolf sofort dem Grafen Ernst als Regenten wich. Die Schaumburger Linie gab sich jedoch mit diesem Urteil nicht ohne weiteres zufrieden, konnte aber einstweilen nichts ausrichten, da es gegen das Urteil des Schiedsgerichts keine Möglichkeit einer Berufung gab. Die Schaumburger baden aber nicht unterlassen, immer wieder auf die angebliche Uncbenbür- tigkeit der Biesterfelder Linie hinzuweisen, wenn sie auch den durch daS Schiedsgericht von 1897 geschaffenen Rechtszustand so lange anerkennen mußten, als Graf Ernst am Leben war. Zwar hat nun am 16. März 1898 der Lippesche Landtag beschlossen, daß nach dem Tode des Grafen Ernst dessen Sohn Gras Leopold (geb. 1871) die Regentschaft übernehmen soll. Die Frage der Thronfolge ist damit aber, wenigstens nach Ansicht der Schaumburger, noch nicht erledigt. Viel leicht wird sich jetzt noch einmal der Bundesrat damit zu beschäftigen haben, der sich am 5. Januar 1899 ausdrücklich für zuständig zur Entscheidung der Frage erklärt hat, wenn er auch der Ansicht war, daß damals (1899) kein hinreichender Anlaß zur sachlichen Lösung gegeben wäre. Ein solcher ist aber jetzt durch den Tod des Graf-Regenten geschaffen worden. Ganz nebenbei möchten wir doch dem Empfinden weiter Kreise Ausdruck geben, daß die jetzt wahrscheinlich wieder beginnenden Versuche, den Thron eines deutschen Bundes staates auf juristische Finessen und das schrecklich antiquierte Unebenbürtigkeitsmoment zu fundamentieren, nicht übermäßig sympathisch wirkt. Ser rurrftcb-iapsnircbe Weg. Arthur. Londoner Blätter veröffentlichen ein Telegramm aus Tschifu, das erklärt, daß die Lage in Port Arthur verzweifelt sei. Die Verteidiger feien auf wenige tausend Mann zufammengeschmolzeu, von denen viele noch krank sind. Die russischen Truppen hätten Wunder der Tapferkeit verrichtet, seien aber außerstande ge wesen, die allmähliche Annäherung der Japaner, die immer über frische,Truppen verfügten, zu hemmen. Alle Außenforts feien im Besitz der Jauner. Auch feien be reits einige innere Forts erobert, eins davon sei zerstört, zwei andere schwer beschädigt. Es verlautet, daß der all- gemeine Sturmangriff Sonnabend abend beginnen soll. Der japanische Befehlshaber richtete eine weitere Auf- forderung an Stöffel, zu kapitulieren. Aeine Fried-n-verhandlungen. Der „Köln. Ztg." wird aus Petersburg gemeldet: Tie vielfachen Aeußerungen zu Gunstendes Friedens haben einstweilen nur theoretische Bedeu tung. Auch die Ausführungen des Fürsten MeschtscherZkr und französischer Korrespondenten sind belanglos. Die leitenden Kreise denken nicht au Frieden, ehe nicht ein nennenswerter Enolg der Japaner errungen worden ist. Vie japanische Feldarmee. In einer der letzten Nummern der „Rußkija Wjedo- mosü" wird folgende Uebersicht der japanischen Streit kräfte in der mantschurischen Armee aufgestellt: I. (rechte) Armee, Kommandeur General Kuroki: 5 Divisionen der aktiven Armee, 5 Tivi- sionen der Reserve und 2 Divisionen der Territorial armee, zusammen 12 Divisionen', Anzahl der beson deren Teile: 119 Bataillone, 37 o^fadronen, 372 Ge schütze und Maschinengewehre: ungefähre Stärke: 151 000 Mann II. (linke) Armee, Kommandeur Marschall Oku: 4 Divisionen der aktiven Armee, 3 Divisionen der Reserve und 3 Divisionen der Territorialarmee, zu sammen 10 Divisionen: Anzahl der besonderen Teile: 96 Bataillone, 32 Eskadronen, 362 Geschütze und Ma schinengewehre; ungefähre Stärke: 125 000 Mann. III. (Zentrum) Armee, Kommandeur Marschall Nodzu : 3 Divisionen der aktiven Armee, 3 Divisio nen der Reserve und 1 Division der Territorialarmee, zusammen 7 Divisionen: Anzahl der besonderen Teile: 68 Bataillone, 17 Eskadronen, 320 Geschütze und Maschinengewehre: ungefähre Stärke: 89 000 Mann. Oberbefehlshaber Marschall Onama hat dem nach im ganzen zur Verfügung: 12 Divisionen der aktiven Armee, 11 Divisionen der Reserve und 6 Divisionen der Territorialarmee, zusammen 29 Divi sionen; Anzahl der besonderen Teile: 283 Bataillone, 86 Eskadronen, 1054 Geschütze und Maschinengewehre; ungefähre Stärke: 365 000 Mann. Außerdem, fährt das Blatt in der Berechnung fort, wird jetzt sehr viel von der Bildung einer vierten japa nischen Armee gesprochen, der die Aufgabe zufallcn soll, gegen den russischen linken Flügel zu operieren und Mukden vom Osten zu umgehen. Als Beweis dafür kann die Entsendung größerer Truppenmengen von Japan nach der Mantschurei dienen. Wenn das richtig ist, so können diese Verstärkungen nur von der Terri- torialarmee stanimcn, von der Ende August in Japan noch 6 Divisionen, eine besondere Kavallerie-Brigade zu 8 Eskadronen und zwei besondere Artillerie-Bri gaden zu 72 Geschützen vorhanden waren. Man kann also annehmen, daß der Marschall Oyama durch diese Truppen der Territorialarmee um etwa 65 000 Mann verstärkt werden wird, und daß seine Armee alsdann eine nominelle Stärke von 430 000 Mann (331 Bataillone Jnsanterie, 106 Eskadronen Kavallerie, 1288 Geschütze und Maschinengewehre) erreichen wird, wovon natürlich die Verluste bei Liaujang und den anderen Geiechten abgerechnet werden müssen. Wenn auch die japanische Territorialarmee schlechter als die Divisionen der aktiven Armee bewaffnet ist, so muß, sagt das Blatt, doch darauf aufmerksam gemacht werden, daß ihre 8 - Millimeter - Gewehre wenig unseren Treilinicngewebren nachstehen. Außerdem be steht die japanische Territorialarmee aus den Jahr gängen 1891—1896. d. h. aus verhältnismäßig jungen Mannschaften im Alter von 27—32 Jahren, während unsere Reservisten zwischen 26 und 38 Jahre alt sind. Dabei seht sich die japanische Territorialarmee zum großen Teile aus den Veteranen des chinesisch-japa nischen Krieges (1894—1895) zusammen. Da die Armee K u r o p a t k i n s nominell un« gesäbr 330 000 Mann stark ist, so folgt daraus, sajst das russische Blatt, daß ihm Oyama auch in der Herbst kampagne bedeutend überlegen sein wird, und daß Feuilleton. 22s „Durchgerungen." Roman von JosephineSiebe. Nacbdruck derdotr». Siebzehntes Kapitel. Wochenlang hatte Wolfgang Stritt mit dem Tode ge- rungen. Die alte Kinderfrau, die Irene noch für den Kleinen angenommen, Pflegte ihn, sie tat es mit einer Treue und Ergebenheit, als fesselten sie jahrelange Bande an den einsamen Mann. Ihr schlichter Sinn sagte ihr, „es ist deine Pflicht, dem Hülflosen beizustehen", irnd so blieb sie bei ihm, sie war eine Kurländerin und verstand leidlich Deutsch, so daß sie sich wenigstens mit dem Kranken verständigen konnte. Sie hatte einen Arzt auS dem deutschen Hospital geholt, dieser nahm Interesse an dem Landsmann, dessen Name ihm nicht unbekannt war und dessen Schicksal er aus den Fieberphantasten des Kranken und dem sensationellen Fall, daß die schöne Bretteldiva, Frau Irene Stritt-Nmende, ihren Kontrakt gebrochen und mit einem bekannten Lebemann nach dem Süden gereist war, so ziemlich erriet. Er bot seine ganze Kunst auf, das fliehende Leben zurückzuhalten, es gelang ihm, aber die Lust zum Leben vermochte er dem Manne nicht wiederzugeben. Wolfgang Stritt war teilnahmslos gegen alle«, was um ihn herum vorging, stundenlang lag er regungslos und sah seinem kleinen Jungen zu, der jetzt gar keine Scheu mehr vor dem stillen, blassen Papa hatte, sondern ganz zutraulich neben seinem Bett spielte. Der Gedanke an das Kind war daS Einzige, was Wolf- gang noch an daS Leben fesselte, er hätte längst ein Ende gemacht, sich selbst von diesem Hinvegetieren erlöst, wenn das Kind nicht gewesen wäre. Je mehr seine körperlichen Kräfte zunahmen, desto mehr peinigte ihn der Gedanke, was aus dem Kleinen werden sollte, diese Last drückte ihn tief, denn er fühlte, er hatte eine große Schuld gegen sein Kind, um das er sich bis jetzt gar nicht gekümmert hatte. Das blasse Ge- stchtchen mit den traurigen, sinnenden Augen wurde ibm zum steten Vorwurf, „armer, kleiner Parcival", dachte er oft, „dein Namensbruder wuchs auch ohne Vater auf, aber er hatte eine Mutter Hcrzeloide, die ihm ihr Leben opferte", Irene war keine Herzeloide, er wußte, der Ge danke an dieses Kind, da? leider häßlich war, würde ibr nicht eine sorgenvolle Stunde bereiten. Und dann kehrten die marternden Gedanken des Ein samen wieder zu der einen zurück, die er geliebt, mit der Tiefe, die nur eine erste Liebe besitzt. Er sah das liebliche Gesicht Elisabeths vor sich, die holde, anmutige Gestalt in all ihrer mädchenhaften Reinheit und Unschuld, wie eine Vision sah er sie als Mutter, daS Kind auf dem Arm. Wie ihn die Gedanken peinigten, unruhig wälzte er sich auf seinem Lager umher, wenn sie doch zu Ende wäre, die Qual! Manchnral stahl sich da leise und zaghaft eine kleine .Hand in die seine, „hast du vieles Weh, Papa?" klang ihm seines Kindes Stimme. „Ja, vieles Weh, viele Schmerzen hat Papa, mein Kleiner!" Die ernsten Kinderaugen ruhten dann mitleidig auf ihm, das Kind überlegte, ob es dem Vater nicht helfen könnte. Einmal kam ihm der Gedanke, Mama hat immer gesungen, vielleicht, wenn er auch sang, freute sich Papa und wurde gesund, und mit feinem, Hellem Sümmchen be gann der Kleine zu singen. Wolfgang wandte den Kopf zu dem Kinde hin. das etwas Rührendes hatte, wenn es sang. Aber was war das für ein seltsames Lied? Er stutzte. Plötzlich durckrzuckte ihn ein heißer Zorn, es war eines von Irenes frivolen Liedern! „Hör' auf!" sagte er rauh. Erschreckt schwieg der Kleine und sah zu dem Papa hin, große Tränen stiegen ihm in die Augen. Wolfgang fühlte, wie unrecht er seinem Kinde getan, was konnte es dafür, daß man ihm nichts anderes gelehrt, zärtlich zog er den Knaben an sich. „Singe das Lied nicht mehr", bat er, „eS ist nicht schön, ich werde dir einmal ein anderes sagen." „Sag's gleich, Papale!" bettelte Parcival. sich nun ganz getröstet an den Vater anschmiegend. „Ich muß erst nachdenken, Kind!" . „Nachdenke fix, Papale, wenn ich die Augen aufmach', hast du nachgedenkt, ja?" Der Kleine kniff krampfhaft sich Kuropatkin auch ferner wird zurückziehen müssen. Ob er den Rückzug mit oder ohne Gefechte durchführt, wird die Zukunft bringen. stslitircbr cagerrcbau. Leipzig, 26. September. Die Aussichten des deutsch - russischen Handelsvertrages. In den Blättern finden sich vielerlei Betrachtungen über den deutsch - russischen Handelsvertrag. Es wird darüber gestritten, ob man ihn annehmen oder ablehnen soll. Wir finden, daß es sachlicher ist, erst abzuwarten, wie der Vertrag beschaffen ist, und beabsichtigen dem gemäß nicht, uns an diesen Diskussionen zu beteiligen, denn zur Zeit weiß noch niemand über den Inhalt des Handelsvertrages etwas auszusagen. Wenn in einigen Versammlungen die Parole ausgegeben wird, dec Ver trag sei unter allen Umständen abzulchnen, so liegt wohl auf der Hand, daß es taktisch falsch ist, sich in irgend einer Frage obne Not fcstzulcgcn und sich überdies dem nahe liegenden und nicht unberechtigten Vorwurfe der Vor eingenommenheit auszusetzen. Vor der Hand läßt sich nur sagen, daß die Auspizien für die Handelsverträge recht günstig sind. Märchen. Nachdem soeben das H a n n o v c r s ch e Welfenorgan einen plumpen Versuch zur Verhetzung Preußens mit der Hansestadt Hamburg gemacht hat, toartet das Organ dec braunschweigischen „Rechtsparteien" mit einem nicht weniger plumpen Versuch zur Verhetzung der Höfe von Berlin und München aus. Tas Organ fabelt von Auseinandersetzungen, die auf Betreiben des Prin - zenLudwig vonBayern über die „Rechte an der Marine" stattgefunüen und bald nach der Kieler Reise des Prinzen Ludwig im Jahre 1897 eine im „Marine- Verordnungsblatt" veröffentlichte kaiserliche Verfügung gezeitigt hatten, derzufolge die Bezeichnung „Seiner Majestät Schiff" in allen amtlichen Bekannt- machungen sortfallen sollte, ausgenommen allein die Schiffe „Hohenzollern" und „Sleipner". Eine Zeit lang habe man dieser Verfügung „äußerlich" (!) Folge ge geben, inzwischen sei sie wieder in Vergessenheit geraten. Eine derartige kaiserliche Verfügung ist im „Marinever ordnungsblatt", wieunsanzuständigerStelle bestätigt wird, niemals veröffentlicht worden. Könnte man dem Verbreiter dieses Märchens Gutgläubig keit beimessen, so dürfte man die Möglichkeit einer Ver wechslung ins Auge fassen. Tenn die Bezeichnung „Seiner Majestät Schiff" ist seit einigen Jahren auf dein MützenbandederMatrosen in Fortfall gekom men, weil ihre Hinzufügung bei langen Schiffsnamen unzuträglich war. Da das braunschweigische Welfenorgan andauernd die kaiserlichen Rechte an der Marine unter Berufung auf den Prinzen Ludwig von Bayern mißachtet, sei es an das Telegramni erinnert, welches Prinz Ludwig am 30. April d. I. beim Stapellauf des Kreuzers „München" an den Kaiser geschickt hat. Tas Telegramm begann mit den Worten: „Melde Dir den glücklichen Stapellauf Deines neuen Kreuzers „München"." Ter Bakschisch in Rumänien. Aus Bukarest, 23. September, wird uns von un- serm 8.-Korrespondenten geschrieben: Ueber das Bakschischwesen unter den Beamten hier zu Lande regt man sich schon lange nicht mehr auf. Man erzählt sich wohl hier und da ein gelungenes neues Stückchen davon, lacht dann aber schließlich darüber, so verdrießlich es auch dem davon Betroffenen zunächst gewesen fein mag. Man gewöhnt sich eben an alles und nur dem Neueingewander ten kommen die Verhältnisse etwas „spanisch" vor, wenn ihm anhcimgestellt wird, durch einen Bakschisch den Zoll auf seine Ware zu ermäßigen, die Abgaben für seine Dienstboten zu vermeiden, die hohe Steuer zu umgehen, die Augen zu. Wolfgang lächelte, so schnell geht es nicht, morgen werde ich dir eins sagen!" Parcival rutschte von dem Bett des Vaters herunter, „morgen?" sagte er ernsthaft, „aber gleich, wenn der Morgen aufgeweckt ist, ja, Papale?" Dann nahm er wieder sein Pferdchen zur Hand und spielte damit, und Wolfgang hörte, wie er dem un- förmigen Ting erzählte, morgen, wenn Papale nach gedenkt habe, sage er ihm ein Lied." Tas Kind baute auf sein Versprechen, und er mußte es halten. Er zermarterte seinen Kopf, nicht ein einziges Kinderlieb fiel ihm ein, er sann und sann, vergebens. Es war zum Verzweifeln: er batte in seinem Leben so viel gelernt, gehört und gesellen, er kannte alle Meister- tverke der Tonkunst, aber nicht ein einziges, kleines, un- bedeutendes Kinderlied loußte er. Eine Qual »var cs für ihn, daß er kein Lied fand, er ließ sich seine Geige geben, obwohl cs der Arzt verboten batte, seine.Hand zuckte, als sic zum ersten Male wieder die Saiten berührte, kraftlos ließ er die Geige sinken nein, er konnte nicht. Auf einmal war cs ihm, als klänge neben ihm einc einfache Melodie, wieder ergriff er den Bogen, er fand die Melodie, wo hatte er sic nur schon gehört, stieg sic nicht wie eine sehnsüchtige Erinnerung in ihm aus? Plötz- lich stand vor seinen Augen jener letzte Tag seines Liebes glücks, er sah Elisabeth wieder unter der alten Eichk sitzen, wie er sie mit Blumen geschmückt hatte, seine Wald königin, die das Lied sang. Alle« stand so deutlich voi
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