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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.09.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-09-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040929015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904092901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904092901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-09
- Tag1904-09-29
- Monat1904-09
- Jahr1904
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Anzeigen-Preis die 6gcspaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redaktionsstrich l4gespalten> 7b -H, nach den Fomiliennach- richtrn (6 gespalten» bO Dabellarischer und Zifsernlatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ofsertenannahme 2ü «nnahmeschlutz für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Extra-Beilage« (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörverung ^ii 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Anzeigen sind stet- an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geössnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig (Inh. Ur. B..R. L W. Klinkhardtj. Sir. 487. Donnerstag den 29. September 1904. 98. Jahrqanq. Var Wichtigste vsm Lage. In -er gestrigen Leipziger Atadtverord- netensitzung wurde Herr Bürgermeister Dr. Dittrich wieder gewählt und zwar auf Lebenszeit: ebenso wurde Herr Stadlbaurat Franze auf 12 Jahre wiedergewählt. * Der seit dem 18. September vermißte zweite Direktor der Grimmaer BereinSbank, Hilbig, wurde gestern in nervö'em Zustande in Dresden an- aetroffen und vorläufig in eine Nervenheilanstalt ge bracht. (S. Sachsen.) * Die Kaiserjacht „Hohenzollern" soll ihre Jnstand- ,etzungsarbeiten Mitte Januar beendet haben und dann dem Kaiser wieder zu einer Mittelmeerfahrt zur Ver fügung stehen. * Der Staatssekretär des Reichsmarineamtes, Admiral v. Tirpitz, und der Chef des MarinekabinettS, v. Senden- Bibran, sind gestern in Rom inten eingetrosfen. * Der Admiral Alexejew soll für den Posten eines russischen Ministers des Auswärtigen in Frage kommen' Der Mir rur Macht. Ter Reichskanzler hat seine rechte Hand, Herrn von Conrad, aus der Reichskanzlei entlassen und als Unter- staatssekrctär ins landwirtschaftliche Ministerium ge steckt. Daß dieses Opfer zu einem höheren Zwecke be stimmt war, konnte keinem Zweifel unterliegen. Tie Ostmarkenpolitik heischte einen ganzen Mann. Herr v. Podbielski, ein ausgezeichneter Landwirt und ein Praktiker ersten Ranges, war aus verschiedenen Gründen für den Kampf gegen das Polentum nicht recht zu ge brauchen. Nicht etwa seines Namens wegen, denn er ist trotz dieses Namens ein Mann gut deutscher Gesinnung. Aber er sieht die Welt aus dem agrarischen Gesichts, winkel: und da sagt er sich, daß die großen Latifundien ohne polnische, überhaupt ohne slawische Landarbeiter nicht auskommen können. Wie könnte er es seinen agra rischen Freunden antun, diesen slawischen Zuzug, in dem eigentlich die Gefahr für unsere Ostmarken liegt, zu sperren? Er hat im Gegenteil, alles getan, um diesen Zuzug zu erleichtern und so dem Großgrundbesitz auf die Beine zu helfen. Herr v. Podbielski hat auch sonst gezeigt, daß er von einer Antivolenpolitik nur so lange etwas wissen will, als sie dem Großgrundbesitz nicht schadet. Die Kraft deS Deutschtums liegt aber nicht in einer kleinen Sck»ar von Herren, die weit über das Land zerstreut sind, sondern sie liegt in einer dichten Bevölkerung von deutschen Hand werkern, Bauern und Kleinbesitzern. Kurz, eine deutsche Politik im Osten darf auf die Interessen des Großgrund besitzes nur sehr geringe Rücksicht nehmen, sie muß zum Teil sogar gegen diese Interessen durchgeführt werden. Dafür ist „Pod" nicht der Mann. Ist Herr v. Conrad besser geeignet? So viel ist sicher, daß ihm ein ausgezeichneter Ruf vorausgeht. Wieviel an eigener Initiative in ihm steckt, das hat er ja in seiner bisherigen Stellung, in der er mehr ein aussührendes Organ des Reichskanzlers war, nicht zeigen können. Graf Bülow dürfte sich gerade in diesem Falle die Sache sehr gründlich überlegt haben, ehe er seinen Helfer für das landwirtschaftliche Unterstaatssekretariat empfahl. Aber er mußte sich selbst sagen, daß höchste Gefahr besteht, daß die Ostmarkenpolitik mit einem Fiasko endet. Schon jubelt die „Köln. Volksztg.": „Wie die Schiffsplanken beim Sturm kracht der Bau unserer hakatistischcn Politik in allen Fugen. Noch ein paar Jährchen, und die Ligui- dation wird öffentlich und feierlich ihren Anfang nehmen." So weit ist es ja noch nicht, und es wird hoffentlich nie dazu kommen. Aber das ist allerdings richtig, daß die bisherigen Bemühungen so gut wie er gebnislos geblieben sind: die polnische Bewegung ist nicht zurückgeworfen worden, sondern sie hat sich noch weiter ausgebreitet: das Polentum hat sich politisch mehr kon- solidiert und wirtschaftlich außerordentlich gekräftigt. Alles in allem ist es heute stärker, größer, mächtiger, als es je in den Zeiten des glorreichen polnischen Reiches gewesen ist. Das hat eS dem Deutschtum zu verdanken, gewiß I Aber eS würde sich keinen Augenblick bedenken, seine Macht zu benützen, um dieses selbe Deutschtum zu Boden zu schlagen, wenn es nur könnte. In der bisherigen Weise ist die Ostmarkenpolitik nicht zu machen, dieses Gefühl ist allgemein. Die Ansiedelung-, kommission hat ja verdienstlich gearbeitet, aber eS geht zu langsam. Ehe sic einen Gutsbezirk mit Deutschen be- siedelt, haben die polnischen Banken zehn Bezirke mit Polen besiedelt. Dem soll ja durch die preußische Attsiedelungsnovclle ein Riegel vorgeschoben werden. Herr v. Conrad ist wohl dazu berufen, ihre Durchführung zu überwachen. Und er soll wohl auch endlich die andere Quelle des Slawentums verstopfen, die Ueberflutung Deutschlands mit Arbeitern auS Russisch-Polen, Galizien und sonstigen Glawenländern. So lange die deutschen Domänenpächter polnische Arbeiter beschäftigen, so lange die deutschen Ansiedler polnisches Gesinde haben, so lange wird das Deutschtum Lufthiebe führen. Die deutschen Grenzen müssen gegen die slawische Einwanderung ge sperrt werden, sonst werden wir des slawischen Elements nicht Herr. Und die Slawen im Lande müssen germanisiert wer den. Bisher hat man sie gehätschelt, hat sie polnisch un- terrichtct, hat ihnen polnische Lehrer und Geistliche ge geben und was der deutschen Harmlosigkeiten mehr sind. In den letzten Jahren ist es etwas besser geworden. Man hat die Ostmarkenzulagen eingeführt, um die Beamten etwas in ihrem Deutschtum zu stärken, man sucht auch der Schule einen mehr deutschen Charakter zu geben. Aber es kommen immer noch manche Unbegrciflickckeiten vor. So muß auch heute noch ein deutscher Lehrer polnischen Privatunterricht geben, wenn es die Eltern seiner Schüler verlangen. Und wie viele Lehrer gibt es, die zwar in der Schule deutsch sprechen, aber außerhalb der Schulstunden in Familie und Gemeinde polnisch reden. Ter Fall von Bukowiec hat dafür einen klassischen Beweis geliefert. Mit solchen unzuverlässigen Elementen, die wie Penelope in ihren Mußestunden das Gewebe wieder austrennen, das sie als Staatsbeamte gewebt hatten, kann natürlich das Deutschtum nicht gefördert werden. Hier heißt es eine gründliche Säuberung vornehmen. In gefährdete Gebiete gehören als Beamte nur die besten und zuver lässigsten Elemente, die man dann auch gut bezahlen soll. Leider ist ein großes Hindernis zu überwinden, die katholische Kirche, die es immer mit dem Polentum ge halten hat und cs heute noch mit ihm hält. Man braucht nur einen Blick in unsere ultramontane Presse zu werfen, um zu sehen, wie jeder Erfolg des Deutschtums höhnisch verkleinert, jeder Mißerfolg gehässig aufgebauscht wird. Tas Zentrum war es auch, das die Ostmarkenzulagen für die Postbeamten im Reichstage zu Fall brachte. Es hat sich auch im preußischen Landtage gegen die Einschränkung der polnischen Ansiedelung mit Händen und Füßen ge sträubt. In ihm wird nian auch ferner die Hemmkette einer zielbewußten Ostmarkenpolitik erblicken niüsscn. Hat sich das Graf Bülow wirklich klar gemacht? Und macht es sich Herr v. Conrad klar, daß er gegen das Zentrum ankämpfen muß, wenn er das Deutschtum för dern will? So lange man im Reiche mit dem Zentrum regiert, wird man auch das Polentum nicht überwinden. Und es muß überwunden werden. Es hilft nichts, bloß so zu tun, als ob für das Deutschtum etwas getan werde. Wir haben nur zwei Wege. Ten einen Weg ist Oesterreich gegangen: dafür ersäuft es allmählich im Slawentum. Das Deutsche Reich ist glücklicherweise noch nicht so weit; noch ist es Zeit, das Deutschtum aus der slawischen Umklammerung zu befreien. Aber dazu gehört der Wille zur Macht. Heute haben wir ihn noch, ja dieser Wille ist im letzten Jahrzehnt gewachsen. Mögen ihm die leitenden Männer Richtung und Ziel geben, damit er end- gültig Len Sieg über das Slawentum davontrage. Der russisch-japanische Weg. jpsrt Arthur. Der Kriegskorrespondent des „Daily Cbronicle"", der auf der Liaotung - Halbinsel angckommen ist, telegraphiert seinem Blatte einiges über die Lage von Port Arthur. Wie er unter dem 2K. dieses MonatS meldet, haben die Japaner fast übermcn'chliche Anstrengungen gemacht, um die Festung envlich zu erobern, so daß das Ende des Kampfes nicht mehr lange auf sich warten lassen kann. Tag und Nacht werde ein furchtbares Bombardement unterhalten. Von Tagesanbruch an und zur Nacht bei Mondlicht ist die Festung von einem Feuergurtel umgeben; besonders die östlichen Werke werden von dem Feuer der Japaner betroffen. An einer Stelle sind die japanischen Laus- gräben bis auf wenige hundert Meter, an die russischen ^Stellungen herangeführt. Von Osten her beschießen die Japaner den Hafen. Die Truppen in den Lauf gräben leiden sehr unter der nächtlichen Kälte. Auf beiden Seiten herrscht große Entschlossenheit. In Port Arthur spielt die Musik (eben Abend die Nationalhymne, und die Besatzungen der vorgeschobenen Werte singen Lieder, während die Japaner mit Kriegsliedern und Bansai-Rufen antworten. Die Trtnlwasterzufubr sei abgeschnitten und die Mundvorräte seien beinahe erschöpft. Die Besatzung leiste beldenmürigen Widerstand und stelle jede Nacht neue Erdwerke der, um den Anprall der Japaner von Osten der zu hemmen. General Stössel hat wiederum eine Auffor derung zur Uebergabe erhalten unter der Bedingung, baß wohl der Besatzung, nicht aber der Flotte alle kriegeri schen Ehren zuerkannt werden sollen. Er soll entrüstet ge droht haben, den nächsten Ueberbringer eines ähnlichen An erbieten» einfach erschießen zu lassen. Dagegen wird der Petersburger „Birshewija Wjedomosti' von ihrem Korrespondenten in Ttchifu unter dem 27. d. M. telegraphiert: Den japanischen oder aus japanischen Angaben beruhenden Mitteilungen über Port Arthur ist keinerlei Glauben beizumessen. Diese Mitteilungen haben den Zweck, im Innern des Lande» Eindruck »u machen, um den Erfolg der neuen inneren An leihe Japan», für die nur mit Schwierigkeit Zeichnungen erlangt werden, zu sichern. In Wirklichkeit besteht seit der letzten Woche keine Möglichkeit, authentische Nachrichten au» Port Arthur zu erlangen; di« Festung ist ganz eng ein geschlossen. Die Japaner erwarten, daß da» russische Geschwader aus Port Arthur auslaufen werde, und halten deshalb alle Dschunken und Schiffe rings um Port Arthur an. Die Japaner landen in Dalny beständig neue Ber- stärkungen, die hauptsächlich au« kriegerischen Eingeborenen von Formosa gebildet sind. Die einheimische chinesische Be völkerung leidet viel unter der Wildheit und Grausamkeit dieser Mannschaften. Vsr Lkaujarrg. Der Berichterstatter der „Daily Mail" meldet auS Niu- tsckwang, als Augenzeuge der Besetzung von Liaujang durch die Japaner müsse er den Berichten über die Plün derung der Stadt durch die japaniichen Truppen entgegen treten. Nur sehr wenige Leute hätten sich gegenüber den ein geborenen Kauileuten, die für ihre Waren unverschämte Preise verlangten, bmreißen lasten. Das Verhalten der beiden Armeen sei mit wenigen Ausnahmen musterhaft ge wesen. In der Umgegend von Lieutsckanlwang hätten die Russen Tempel entweiht und Frauen mißhandelt; aber dies sei nur ein Äusnabmesall. Die beiderseitige Behandlung ber Verwundeten und Gefangenen sei mustergültig. Die aus dem Schlachtselde vorgekommenen Mißhandlungen und Ver- stümiiielunaen von Verwundeten seien von chinesischem Ge sindel verübt worden. Ariegrksntrebande. Die „Nordd. Allg. Zig." weist auf die am 15. Februar a. St. von der russüchen Regierung veröffentlichten Grund sätze bin, die in dem jetzigen russüch-iapanischen Kriege zur Anwendung gelangen sollen. Zu Nr. 6, Ziffer 10, welche lautet: „Ueberhaupt werden als Kriegkontrebande bezeichnet alle Gegen stände, die für den Land- und Seekrieg bestimmt sind, sowie Reis und Lebensmittel, desgleichen Pferde. Saum- und andere Tiere, die lzu Kriegszwecken dienen können wenn sie für Rechnung des Feindes oder mit Bestimmung für den Feind befördert werden." schreibt das offiziöse Blatt: Dieser Grundsatz ist, wie ver lautet, von der russiichen Regierung neuerdings dahin inter pretiert worden, daß die unter Nr. 10 begriffenen Gegen stände, ausgenommen Pterde, Saumtiere und Baumwolle, die stets als Kriegsksntrebandr angesehen werden, dann nicht de» Beschlagnahme unterliegen sollen, wenn sie nach einem offenen japani chen Hafen an Privatpersonen, Vie nicht Agenten der japanischen Regierung sind, adressiert und nicht ;u Kriegszwecken bestimmt sind. Für etwaige Reklamationen wird es sich empfehlen, daß die Beteiligten sich die ent sprechenden Beweise sichern. Deutsches Deich. * Leipzig, 28. September.. * rraveeptar Saxonia«. Der Chefredakteur der „Deutschen TageSreitung", Herr Dr. Oeriel, fühlt noch immer das Beruisbekürsnis, den Leuten gute Lebren zu g ben, insbesondere aber den politilchen Parteien Sachsen«. Für gewöhnlich hat sein Blatt nur an den bösen Liberalen etwas auszuseven, die ja überhaupt an allem schuld sind und somit auch an dem Umstand, daß Herr Dr. Oertel nicht mehr M. d. N. auf seine Visitenkarten drucken lassen kann. Jetzt aber finden sogar die sächsischen Konservativen seinen Beifall nickt mehr; im Gegenteil — er erteilt ihnen ein ernstes Monitum, weil sie für einen industriellen Not- standstarif eingetreren sind, und sagt: Leider haben auch die sächsiscken Konservativen und einige Vertreter der Landwirtsckast sich dazu bestimmen lassen, die Forderung der NolstandStarife zu unterstützen. Sckrecklich! Sind die Konservativen etwa dcuu da, für das Wohl ber Industrie zu sorgen? Die Leute wollen Wohl modern werden! Die Aufgabe der Konservativen ist die Sorge für das Gedeihen des Bundes der Landwirte und der „Deutschen Tageszeitung". Zwar würde der Notstandstarif den Landwirten in Sacksen nichts lckaden und vermutlich denen in Preußen auch nichts, aber Herrn Dr. Oertel gefällt es nickt, daß die sächsischen Konservativen die mißliche Lage der Industrie anerkennen, also schwingt er den Bakel. Es ist tatsächlich auch unerhört von den Koniervativen. Womöglich haben sie die „Deutsche TgS tg." in Berlin nicht einmal um ihre Mei nung geiragt, als sie der Industrie zuwenten wollten, was die Landwirtsck.fft schon besitzt. Das geht natürlich nicht. Schließlich könnte man wohl gar in Sachten auf den Gedanken kommen, es ginge auch ohne die „Deutsche TgSztg." in Berlin, und solche rebellische Gesinnung muß natürlich sofort unterdrückt werden. Also sprach Dr. Oertel: Du Sachse sollst nickt andere Blätter lesen neben der Deutschen Tageszeitung. Sie wird dir sagen, was du zu tun hast, sie wird dich gängeln, sie wird dich beschützen, sie wird dir eine agrarische grüne Brille aufsetzen, auf daß du nichts al» Landwirtschaft auf der Welt zu sehen glaubst. Ader so du dich unterfängst, selbständig zu denken, außer an die Agraria noch an andere Göttinnen zu glauben, so komme ich, der prascoptor 8aroni»o, und werde es dir eintranken. Ich werde dich bei deiner Negierung verklagen, daß du dich dem „Gewicht ikrer Gründe" entziehst und lchuld daran bist, wenn jetzt die Regierung so arg kritisiert wirb. Also sprach Dr. Oertel und ließ sich da- Konto Sachsen geben. * Berlin, 28. September. * Bülow nutz Ätolitti. Die Zusammenkunft der beiden Staatsmänner in Homburg v. d. H. wird von der römi'chen „Tribuna" dahin glossiert, die Begegnung der beiden leitenden Staatsmänner habe einen sehr herzlichen Charakter getragen. Graf Bülow, der für Giolitti große Hochachtung hege, habe eingebende Unterredungen mit ibm gepflogen. Vermutlich werde Giolitti sofort auf dem Wege über Frankreich nach Italien zmückkcbren, gleich darauf eine Audienz beim König in Racconighi haben und am Sonntag oder Montag »weder iu Rom jein. * Ardetterschutzkonferenr. Di« in D asel tagende General- Versammlung der internationalen Bereinigung für gesetzlichen Arbeiterschntz nahm am Mittwoch di« Kommissionsberichte entgegen. Referate über die Finanzen «statteten Prosessor Fran cke-Berlin und Spiro-Lausanne. Das Budget wurde genehmigt und Maßregeln zur Beschaffung weiterer Einnahmen beschlossen. Mataja-Wien referierte über das Arbeitsamt, dem Dank ausgesprochen wurde; über die Nachtarbeit jugendlicher Arbeiter berichteten Stroh l-PariS und Kaufmann-Bern. Nach vorheriger Prüfung durch die Landeüsektionen soll die Dringlichkeit der Beseitigung der Nachtarbeit Hauptgegenstand der nächsten Tagung sein. Pic - Lyon und Piper- Glad bach referierten über die Heimarbeit und den Einfluß des Arbeitersckutzes auf die Entwicklung der Hausindustrie. Die Mißstände bei der Heimarbeit sollen in Spezialuntersuchungen studiert werden. * Dr. Spahn und tz 1. Der ZentrumSsührer NeichS- aerichtsrat Dr. Spahn hat vor einiger Zeit bereits das Reicksgesctz gegen die Jesuiten nach Beseitigung des tz 2 als unwirlfam und dem völligen Abbruch verfallen hingestellt. In der „Köln. Volksztg." findet sich jetzt folgende Be trachtung: „Allem Anscheine nach treten wir bald in den zweiten Akt des Kampfes um das Jesuiiengesey ein. Unsere Gegner lassen das Bestreben erkennen, den Rumpf des Gesetzes auf dem Verordnungs wege so auszubauen, daß es dieselben Wirkungen erzielt, wie mit dem kassierten 8 2. In bezug auf die Aeußerungen deS Abg. Dr. Spahn in Rheinbach über die gegenwürtige Rechtslage glaubt die „Tägl. Rundschau", daß es im Interesse der Regierung liegen würde, die liberalen und evangelischen Elemente zu beruhigen, da sich sonst die Ausfasjung immer mehr Bahn brechen werde, daß der neue Kur- und das Zentrum die Mehrheit des deutschen Volkes schmählich hintergangen haben. Den Bundesregierungen wird eS jetzt nicht erspart bleiben, den Kampf um das Gesek und schließlich den „EntrüstungSrummel" zweimal durchzumachen. Hätte der Bundesrat statt des 8 2 das ganze Gesetz aufgehoben, so hätte der Chorus der Kulturkämpfer auch nicht mehr Lärm geschlagen, wie diesmal geschehen; wir hätten aber dann den definitiven „Schluß der Vorstellung". Jetzt muß nolens volens die ganze Operation mit allen ihren Schmerzen noch einmal durchgemacht werden. So verleitet oft übermäßige Vorsicht und Behutsamkeit zu großen Fehlern. „Nichts halb zu tua, ist edler Geister Art." Wer immer schwankt, auf welchem Stuhl er Platz nehmen soll, setzt sich nur zu leicht zwischen zwei Stühle und wägt durch den Fall Be schädigungen davon." Also Beseitigung auch deS ß 1 deS IesuitengesetzeS! — Für die Landtagsersatzwahl im Wahlkreise Guben- Sorau-Forst haben die Vertrauensmänner des Bundes der Landwirte im Kreise Guben, nachdem Rittergutsbesitzer Günther- Birlenberge abgelehnt bat, endgültig den Frhrn. v. Wackerbartb- Linberode ats Kandidaten ausgestellt. — Ter Ausschuß des Handelsvertragsvereins beschloß, nach Veröffentlichung der neuen tzandelsvertragsentivürfe eine inter nationale Sachverftandigenkonferenz zu veranstalten, um ein internationales Zusammenwirken in gewissen zoll- und handels- politischen Fragen zu ermöglichen. O * Gumbinnen, 28. September. Wegen deS katholischen Religionsunterrichts an der kiesigen böherenTöchter- fchule ist es zu einem Konflikt zwischen der Stadt gemeinde und ber Regierung gekommen. Die katholische Gemeinte fordert die Anstellung rhreS Geistlichen als einer bezahlten Lehrkraft für die Erteilung des katholischen Religions unterrichts an ber erwähnten Schule, worüber schon seit längerer Zeit Verhandlungen schweben. Die Zahl der katho lischen Schülerinnen ist sehr gering. Die Negierung dringt aber trotzdem auf Anstellung der Lehrkraft und droht im Auftrag des Kultusministers für den Fall der Ablehnung durch die Stadtverwaltung, die höhere Töchterschule ganz zu schließen und nach der Aushebung eine Kürzung des SlaatS- ElchusseS für die VolkSichule in Erwägung zu ziehen. Die Stadtverordnetenversammlung Hal jetzt jedoch die Anstellung der geforderten Lehrkraft fast einstimmig abgelehnt. * tÄotha, 28. September. Rechtsanwalt Heller, ein Veteran der Demokratie, früherer Führer der Frei sinnigen im golhalschen Landtag, ist heute Nacht, 70 Jahre alt, gestorben. * Goslar, 27. September Oberhofmcister Freiherr v. Mirbach weilte heute hier. Wie eö heißt, kam er von Schierke und fuhr nach Homburg v. d. H. * Breslau, 28. September. iEig. Drabtmeldg.) Wie die „Schles. Ztg." erfährt, ist die Meldung des PolenblatteS „Lech", in der Provinz Posen jolle kaü lateinische Alphabet in den Volksschulen nicht mehr gelehrt werden, völlig er funden. flolonial-Nachricbien. * Die Lage im Grost-Namalaud. Wie die „Nat.-Ztg." erfährt, wird Gouverneur Leutwein Anfang Oktober mit einer ihm von General v. Trotha zur Verfügung ge stellten Ersatzkompagnie nach dem Süden Deutsch Südwcsl- afrikas, in das Groß-Namaland abrücken. Dort sinket er noch zwei Kompagnien und eine Batterie vor. Diese Streitmacht wirb genügen, um die Eingeborenen im Zaum zu ballen, die wohl infolge des HereroaujstandeS etwas auf sässig sind, aber doch nicht in dem Maße, um in Anwesen heit einer respektablen deutschen Streitmacht und des Gou verneurs zu rebellieren. Die Aktion bient auch wohl haupt sächlich dem Zwecke, die Besorgnisse der im südlichen Title wohnenden Farmer zu beschwichtigen. * Reu-Guinea. In Friedrickwilhelmsbof auf Neu-Guinea ist Ende Juli eine Verschwörung der Eingeborenen kurz vor dem beabsichtigten Ausbruch entdeckt worden. Sie bezweckte sämtliche Weiße, Beamte und Ansiedler zu ermorden. Di Schuldigen bekannten ihre Absichten, al« Ursache wird die Landfrage angegeben. Ruslana. Oesterreich. Ungarn. * Die deutsche Sprache t» Heere. Mit der deutschen Armeespracke gehl e« trotz aller gegenteiligen Versicherungen amtlicher Stellen erbärmlich schlecht. E» kann ja auch gar
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