Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.10.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-10-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19041007016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904100701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904100701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-10
- Tag1904-10-07
- Monat1904-10
- Jahr1904
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
3. Beilage Freilag, 7. Oktober 1904 Leipziger Tageblatt. Leite 13. Nr. 512. Morgeu-AuSgabe. Hur Oer fSmirche» Lsmpagu. Tagebuchblätter eines deutschen Vagabunden. Von W. Schöller. Nachdruck verboten. Das Geld war mir knapp geworden, als ich mich entschlossen hatte, Rom zu verlassen, um in der Cam pagna Arbeit zu suchen. Es war ein Entschluß, der keineswegs leicht war. Erst nachdem ich drei Tage in dem Schmutze von Trastevere, in den elendesten Kneipen mein Leben gefristet batte, nachdem mein letzter Soldo, der noch dazu ein falscher war, an einen kurzsichtigen Wirt als Eigentum überging, hatte ich die Kraft, meine Idee zu verwirklichen, vor welcher mich selbst mein Elend erzittern ließ. Um 5 Uhr brach ich auf. Ich schritt an San Lorenzo vorbei, den tiburtittischen Höhen zu. Ich griff mächtig aus. Vielleicht konnte ich bis Mittag Arbeit gefunden haben, denn die Getreideernte hatte begonnen. Ich sollte Glück haben. Kaum daß ich die Stadt grenze überschritten hatte, an welcher em paar Zöllner mit ihren stählernen Stäben in einen riesig aufgetürmten Strohwagen nach Schmugglergut stierten, hörte ich hinter mir das graziöse Traben eines der kleinen Bolog neser Pferdchen. Ein Aufseher, wie sie die Großgrund besitzer der römischen Latifunden ihren Arbeitern stellen, ritt nun in ruhiger Gangart an mir vorüber. Er trug den runden, breitkrempigen Hut und dirigierte sein Tier mit dem langen Stabe, den er gemütlich vor sich über den hohen Holzsattcl gelegt hatte. Tas Pferd ging Paß und der Reiter zog an einer langen, schwarzen ToSkana, die er vorerst ins Wasser getaucht hatte, um ihren Brand zu verlangsamen! Ter Fattore hatte mich vielleicht um zehn Schritt« überholt, als er plötzlich anhielt, schmatzend aus seiner Cigarre dampfte und auf mich wartete. Er gab sich den Anschein eines Signore. Dazu fühlte er das Recht in sich, denn sein Anzug war besser wie der meine. Taß meine Handgelenke sauber gewaschen waren, während die seinen in eine graubraune Kruste von monatealtem Schmutz ge hüllt waren, kümmerte ihn nicht. In seinen Handflächen hatten die Zügel und der Holzstab die Haut teilweise glattgescheuert. Er ließ mich an sich vorbeimarschieren und musterte mit Kennerblicken meinen kräftigen, sehnigen Körper. Tann pfiff er leise und spuckte den Saft der Cigarre zwischen den zwei auscinanderstehcnden, gelben Vorder zähnen in weitem Bogen zur Erde. Tb ich Arbeit suche. Ich bejahte. Er hätte noch einen Arbeiter nötig, da ihm einer von seinen Leuten an Fieber erkrankt wäre. Natürlich keine Malaria, sondern nur gewöhnliche Hitzen. Ein alter Mann, ein fauler Hund, der es sich bequem machtet! wollte. Ich sagte zu und erhandelte eine Tagelohn von einer Lira und zwanzig Centesimi. Er wollte anfänglich nicht über einen Franken hinausgehen. Vielleicht tat er eb nur, als er an meinem fremden Dialekt merkte, daß ich als Ausländer fast ein halber Signore wäre. Nach zweieinhalb Stunden gelangten wir an unser Ziel. Mein neuer Arbeitsherr hatte mir befohlen, hinter ihm Platz zu nehmen. Wir waren so ziemlich unter Montccelio. Tic Hitze hatte derart zugcnommen, daß die Ortschaft, die einen Hügel krönte, der wie eine einzige große Welle aus dem ruhigen, platten Lande auffteiqt, in unruhigem Vibrieren hin und her gaukelte. Vor uns lag ein grüner See, dessen Wasser einen faulen Geruch ausströmte und über dessen Spiegel, der wie milchiger Chrysopras schimmerte, ab und zu eine graue Ringelnatter zog. Der Manu, der auf dem Pferde vor mir saß. erzählte, daß in diesen' Tümpel eine Unmasse von Fischen rubc. Aber niemand könne dieselben essen, denn ihr Fleisch wäre giftig und habe einen ekelerregenden Geschmack. Hinter dem Wasser stieg die Ebene in einer zarten Schwingung zu dem Monte Genaro empor, der als höchster Gipfel des äußeren Sabinerberglandes die römische Campagna brüsk beendet. Neben dem See, vielleicht fünfzig Schritte abseits, war das Capannendorf, das nun für etwa eine Woche meine Heimat sein sollte. Etwa zwanzig Hütten aus Stroh und Canna, jenem mächtigen Schilf, das die Ufer des Tiber und des Aniene begrenzt, waren bestimmt für eine Gesellschaft aus etwa achtzig erwachsenen Personen, zu denen nun auch ich ge hören sollte. Es waren Leute aus Guardagnolo, jenem Felsenneste, das hinter Tivoli, dem wasserdurchspülten Tivoli, als beherrschender Punkt des die Campagna säumenden Apennins emporragt. Die Kinder, die sie mitgebracht, habe ich nie gezählt. Ich weiß nur, daß sie sich in der kurzen Spanne unseres Zusammenlebens noch um einige vermehrten, ebenso wie das Kleinvieh, das sie von ihren Höhen mit ins Tal gebracht hatten. Während die Mutter manchmal ihr fast zweijähriges Kind an der Brust trinken ließ und mit ruhigen, unbe weglichen Augen in die Weite sah, als banne ihren Blick ein Zauberschloß, das mit einem kleinen Minarett über die ferne Sebgrenze ragte, brachte ihr mit der Sandale verschnürter Fuß eine armlange, hölzerne Schale in wiegende Bewegung, in welcher das neugeborne Krnd der Campagna mit mageren dünnen Fingerchen nach dem Himmel tastete. Die Leute kamen mir anfänglich mit einem gewissen Mißtrauen entgegen. Besonders der alte kranke Mann, den ich ersetzen sollte. Er war mein künftiger Schlaf- genösse. Als der Mann mich mit in die Capanna führte, lag er fröstelnd, aus einem frischen Haufen Stroh, welches ein Vierteil des felsigen Bodens deckte, und blinzelte arg wöhnisch zu mir empor, als ich mein Bündel in die ent gegengesetzte Ecke stellte. Für mich lag keine Streu auf der Erde. Ebensowenig für die Tochter und den Schwiegersohn des Greises, deren Dreijähriges am Fuß- ende des Krankenlagers schlummerte. Es war gerade noch Mittagspause, als ich ankam. Die Frau hatte eben Polenta gekocht, und der blaue Rauch des Holzfeuers zog in zarten Wellen zur Türe, der ein- zigen Oeffnung, welche die Strohhütte hatte. Einige magere Hühner stiegen geschäftig über den Kranken und das schlafende Kind hinweg. Die Leute boten mir zu essen an. Mein Hunger konnte dieses Geschenk nicht zurückweisen. Das Mais- mehl war zu einem Brei verarbeitet, in dem das Salz fehlte. Wer sich in den Höhen des Sabinerlandes seine Polenta würzt, ist schon ein Signore. Meine Hütten- genossen konnten sich den LuxuS des JalzeS nicht ge- UeipMr Tageblatt Leipziger Mohiings-ReMer Bests Uebersicht der Leipziger Bkietszelezenheiten. Ueder soo- verrclttek»r 9enniel«»ge» i» jeiler Nummer. Liegt in alle« Sastwirt (chatten von Leipzig und Aarortm au». fiorteilor für Meter. MmuWMWom»» ^uSwirtc. i Nr.» , ist erschiene« un» wird kostenlos I I au alle Interessenten abgegeben. I statten. Nachdem die Sonne gegen vier Uhr einiger maßen erträglich wurde, gingen wir alle zur Arbeit. Die Aehren standen über manneshoch und glühten förmlich vor Hitze, als ich nnt meiner Linken in sie hineingriff. einen Pausch zuiammenraffie, um diesen dann mit der Sichel zu schneiden. Tie Leute arbeiteten fest und ich hatte Mühe mitzukommen. Ter Aufseher hatte mir zu erst mißtrauisch zugesehen, ritt aber dann weg, um nach einem entfernten Ärbeitsfelde zu sehen, das ebenfalls ihm unterstand. Nach einer halben Stunde bluteten mir die Finger der linken Hand. Tie Halme des Kornes hatten teilweise die Haut abgewetzt, teilweise auch kleine Schnitte verursacht. Ich sah unwillkürlich nach den anderen, ob sie eben falls mit ihrem Blute die Aehren befleckten. Ich näherte mich einem meiner nächsten Miischaffenden und lernte rasch, wie man sich gegen das Korn schützt. Ter etwa fünfzehn jährige Bursche hatte sich aus dem Rohr kleine Teile zurechtgeschnitten, die er über die Finger gestülpt hatte, um das Wundwerden zu vermeiden. Es war nicht seine Erfindung. Ich sah es dann später an allen. Diese Arbeit verlangt die Fingerhülsen und der nahe See mit den giftigen Fischen gab an feinen Ufern die nötige Canna. Am Abend zahlte ich für die Polenta einen Soldo und bat für alle Tage nm diese Vergünstigung. Weit und breit kein Haus, keine Ostcria, um zu essen. Am nächsten Tage bat ich den Aufseher mir eine Libra Salz zu holen. Man sah neugierig und neidisch nach der Pfanne, in welcher der Mais dampfte, während meine Wirtin stolz erzählte, daß der Deutsche Salz hätte kom men lassen und obendrein noch einen Soldo für das Mahl bezahle. Am zweiten Tage ließ ich auch etwas Wein kommen, und lud meine Wirte ein. Ich glaube, die hiel ten mich ob meiner Ausgaben für verrückt. Die Zeit schien mir eins Unendlichkeit, bis das Korn geerntet, obwohl wir in sieben Tagen zum Schlüsse kamen. Die Guardagnoler packten die Wiegen und Hühner steigen, die kupfernen Pfannen und Conchen aus die Esel, die weißen zottigen Hunde bellten und der Auf seher stritt sich noch mit den Alten, dem es soweit besser ging, daß er die Heimreise antreten konnte. Am Schlüsse sah er ein, daß ein Müßiggänger keinen Lohn bekommen könne. Der Fattore ritt gegen Rom. Meine Leute und ihre Genossen zogen nach Tivoli, um ihre Ersparnisse in notwendige Lebensmittel um- zusetzen. Sic hatten alle genug, um die arbeitslose Zeit durchfeiern zu können in ihrem einsamen Neste. Was schadet es, ob die Polenta gesalzen ist oder nicht- Kurz bevor die kleine Karawane abzog,. kamen zwei Männer in Streit. Ein Ehemann verwundete den Lieb haber seiner Frau nicht ungefährlich. Man konnte den achtzehnjährigen Ehebrecher nicht mitnehmen. Ich er bot mich noch bei ihm zu bleiben, bis sie von Tivoli aus eine Bahre und die — Karabinieri schicken konnten. Das Weib heulte, und den betrogenen Gotten, der sich immer wieder von neuem auf sein Ovfer stürzen wollte, zogen ein Paar Besonnene mit sich fort. Er fluchte und rollte die Augen. Ein anderer hatte aber das lange Messer an sich genommen und wischte cs sorg- fältig an einem der Aehrenbündel ab. Das war gegen drei Uhr. Als spät abends die Karabinieri-gntrabten, um auf einem kleinen zweiräderigen Wägelchen, das ein Tivo- leser Fuhrmann lenkte, den Verwundeten nach der näch sten Behausung zu bringen, hatte ich dem armen Teufel schon die Augen zugedrückt. Er starb mit einem Fluche. Ich weiß nicht, ob die schreckliche Verwünschung seinem Mörder oder dem Weibe galt. Vielleicht auch dem elenden Tode und dem noch elenderen Leben in der Campagna. «rrichttrarl. D, Ist Kölnische- Wasser ei« GenuGmtttel? Vom Land gericht Dresden ist am 9; Januar der Fchbrikctrbeirer Karl A. in Antonienhütte wegen schweren Diebilahl« zu einer Wocsie Gefängnis verurteilt worden. Ter cm April 1886' geborene und noch unbestrafte Angeklagte reifte im Juli . 1903 von Karlsruhe nach seiner Heimat Dresden. Er stieg nachts über eine Mauer, zerschlug ein Fenster und stieg in den Tanzsaal eines GairhauscS. Dort särrigte er sich zu nächst, nahm dann etwas Geld zu sich, schlug einen Automaten ein und eninabm ibm 10 Tafeln Läokoladc, einige Cigaretten und eine Flasche Kölnisches Wasser. Als der Hausdiener erschien, sprang der Angeklagte durch das Fenster, ürach das rechte Bein und verstauchte sich das linke. Tic ge stohlenen Lachen warf er weg. Die soiorr genossenen Lein, mein, die Schokolade und die Cigaretten hat das Gericht als Nahrungs- und Gcnußmitrel von unbedeutendem Wert ange- sehen, auf die der DieönahlSvaragravh keine Anwendung findet. Dagegen hat er sich nicht entschließen können, das Kölnische Wayer unter die Genutzmiirel einzureihen; es sei nicht zum Genießen bestimmt, sondern solle nur eine Annehmlichkeit verschaffen. Wegen des Mundraubes ist kein Srrarantrag gestellt. — Die Revision deS Angeklagten, welcher das Kölnische Waner als Genußinmel angesehen wissen wollte, weil eS durch Einreiben dem Körper direkt zugefübrt werde, wurde vom Reichsgericht verworfen. MS Genuß mittel könne das Kölnische Wasser nicht angesehen werden. Zu- zugeben sei allerdings, daß bei Genußmittcln die Zuführung durch den Mund nicht unbedingt erforderlich sei, wie z. B. beim Lchnupfrabak. l^. Bon der Anklage der Weinfälschung und des Vergehens gegen das Nahrungsmirtclgesetz sind am 6. November v. I. vom Landgericht Mainz die Kaufleute Gustav F. und Alex ander N. zreige sprachen worden. Es handelte sich um die Verwendunq gcnrecktcn Weines zur Cbampagncrfabrikation. Beide Angeklagte sind Inhaber einer Kellercisirma in Mainz. Laut Jmörat in der „Wcinzeirung" kostete bei ihnen die ganze Flasche Tchaumwcin 1.35 .tk. Ein Sachverständiger kaufte eine Flasche, fand den Le kl verdächtig und schickte ihn an das UntcrsuchungSamt. Dieses stellte nach mehreren Proben fest, daß der Errraktgehalt normal war. Einige Proben hatren zu wenig Extrakt, irber sic waren aus errraktarmcm Wein her- gestellt. Nach Ansicht des Gerichtes ist überstreckter Wein nicht Verwender worden. Auf ein Ltück find allerdings 80 Liter Zuckerwasser gegossen worden, aber das ist eine so geringe Menge Wasser, daß eine Ueberstreckung nicht die Folge ist. Tic Momente des Nachmachcns oder Fälschens fehlen-, von Verdorvenscin kann keine Rede sein. Die Angeklagten haben reinen Narurwein verwendet. Der Zusatz von Zuckerwasscr und Likör zum Lchaumwcin ist gang uird gäbe und jedermann weiß, daß Lchaumwcin ein Kunstprodukt ist. — Die vom Staatsanwalt gegen die Freisprechung eingelegte Revision wurde vom Reichsanwalt nicht befürwortet Er verwies auf die eingehende Begründung des Urteils, welches einen Rechts- irrtum nicht erkennen lasse. — Das Reichsgericht erkannte auf Verwerfung der siaatsanwaltschaftlichen Revision, da sie an den tarsächlichcn Feststellungen scheitere. rrSntgNche» cke»»bs«rt«tzt. Ter fahrlässigen Körperverletzung unter Außerachtlassung einer Bcrufspslicht hat sich der 14 Jahre alte Fleischerlehrling Richard H. aus Böhlitz-Ehrenberg schuldig gemacht. H. fuhr am 17. Juni mit dem zweispännraen Geschirr seines Meisters W. io schnell in den Gasthof zu Gundorf ein, daß er dem aus dem Grundstück auf seinem Fahrrad hcrauSkommcndcn Gärr- ncrgehülfen M. nicht mehr ausweichen tonnte und rhn umriß. M. kam unter den Wagen zu liegen, dessen eines Vorderrad über seinen rechten Fuß ging. Er trug mehrfache Verletzungen davon. Lediglich seiner Jugend hat H. es zu danken, oatz er bei der groben Fahrlässigkeit, deren er sich schuldig gemacht, mir dreißig Mark Geldstrafe, an deren stelle im NichtzahlungSzallc eine sechsrägige Freiheitsstrafe zu treten hat, davonkam. Der Zuhälterei im Linne von 8 181» hat sich der Arbeiter Franz Theodor L. aus Leipzig schuldig gemacht. Er wurde nach einer unter Ausschluß der Ocffentlichkeit geführten Haupt- Verhandlung zu einer Strafe von zehn Monaten Gefängnis und 3 Jahren EhrcnrcchtSverluft verurteilt. 3 Wochen der erkannten Ltrafc gelten als durch die erlittene Untersuchungshaft verbüßt. Ebenfalls in nichtöffentlicher Sitzung wurde gegen "den Arbeirer Josef C. aus Posen ver bandelt, welcher des Verbrechens im Linne von 8 176,3 in Verbindung mit 8 173 des RcichSsrrafgeschbuckS beschuldigt war. Loweit Verfehlungen gegen 8 1c3 in Frage kamen, wurde die Schuld C.S nicht erwiesen, wegen der übrigen Straf taten diktierte ihm der Gerichtshof unter Zubilligung mildern der Umstände ein Jahr sechs MonateGefangnis und 5 Jahre Ehrcnrechisverlust zu. 6. Fahrlässige Brandstiftung wurde dem Dienstknccbt Gustav Bruno Q. aus Nerchau zur Last gelegt. Am 1. August fuhr O. über das Feld der Gutsbesitzerin K. in Nerchau, auf welchem Weizengarben in Puppen standen. Obwohl mit Rück sicht auf die damalige große Hitze und Trockenheit besondere Vorsicht geboten war. raucht« Q. auf dem Wagen seine Cigarre, ja ex strich sogar sorglos die glühende Asche ab, so daß sic in di« Stoppeln fiel. Diese gerieten in Brand und das so ent- ftandene Feuer teilte sich alsbald den Puppen mit und ver nichtete 19 schock Weizen im Gesamtwert von 350 bk. Q. wurde auf Grund von 8 309 des RcicbsstrafgesehbuchS wegen fahrlässigen Jnbrandsetzens von in fremdem Eigentum befind lichen Feldfrüchten zur Verantwortung gezogen und unter Zu billigung mildernder Umstände zu dreißig Mark Geld- strafc, an deren Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit sechs Tage Gefängnis zu treten haben, verurteilt. (Wdhlt.) In nichtöffentlicher Sitzung wurde gegen den 28 Jahre alten Arbeiter Ernst Otto L. aus Podelwitz und dessen Sttef. tochtex, die 18 Jahre alre Arbeiterin Elsa Berta R. aus Gohlis, tpegen Vergehens im Sinne von 8 173 des Reichsstr>rfgesey- üuchs verhandelt. Beide Angeklagten wurden für schuldig bc- runden und L unter Anrechnung von 6 Wochen der erlittenen Untersuchungshaft zu acht Monaten Gefängnis und 2 Jahren LhrcnrechlSvcrlust verurteilt, während die R. mit einer einwöchigcn Gefängnisstrafe davonkam. Polizeilich sistiert wurde der von dem Tischler und Bau unternehmer Friedrich Karl Albert Sch. aus Lettin in der Brockhaussrratze in Leipzia-Schleußig auSgeiührtc HauS-Ncu» bau, weil verschiedentlich Abweichungen von den behördlich ge nehmigten Bauplänen und -Vorschriften oorgekommen waxcn Der Architekt Karl Richard M. aus Schönefeld, der als Leiter des Baues bezeichnet war, wurde auch in eine Polizeistrafe genommen. ES stellte sich aber weiter heraus, daß bet der Ausführung des Baues wider die allgemein anerkannten Regeln der Baukunst dergestalt gehandelt worden war, daß hieraus Gefahr für andere entstand. Die Anklage hob hervor, daß an verschiedenen Stellen, wo es unbedingt erforderlich ge wesen wäre, keine Verankerung der Mauersteine vorgenom- men wurde, so daß z. B. beim Kellermauerwerk in der Durch fahrt ein Riß entstanden war. Ferner wurde gerügt, daß keine Schutzgerüste für die Dachdecker und für das >2lm-San- schlagen nur ein unvorschriftsmäßiges fliegendes Gerüst er- richtet wurde, so daß die Arbeiter heruntergcwiesen. werden mußten. Als Verstoß gegen die allgemein anerkannten Regeln wurde auch von der Anklage abgesehen, daß die Fachwände teils überhaupt nicht, teils nur mangelhaft ausgemauerr wur den. sowie daß kein Berstärkungspfeiler in der Durchfahrt und keine Transportöffnungcn unter den schwerbelastetcn Träger auflagen angebracht und die Erdgeschoßmauer über die Keller mauer um 13 Zentimeter nberaösetzr wurde. Lch. leitete den Bau als Unternehmer selbständig und beaufsichriatc die Ar beiten, er ließ die erwähnten Mängel nicht nur geschehen, ,an dern ordnete sic sogar an trotz der Vorhalte, die ihm von M.. der die Bauleitung vertragsmäßig übernommen hatte, und dem Polier Schl, gemacht wurden. Letzterer harte insbesondere die Verankerung des Mauerwerks, die Anbringung eines Ge rüstes für die Dachdecker und das Ausmauern der Fackwände gefordert, auch die Untermauerung des überaesetzren Lrdge- ichosses für unzulässig erklärt. Der Einwand M.s, daß er lediglich die Bauzeichnungen geliefert habe und nur der Be- Hörde gegenüber als Bauleiter angegeben worden sei, tatsächlich aber sich um den Bau gar nicht gekümmert habe, wurde als widerlegt eracbret, da M. nach Angabe von Zeugen auch mehr fach aus dem Bau gewesen ist und dort Anordnungen getroffen har. Er wurde deshalb zu hundert Mark Geldstrafe oder zehn Tagen Gefängnis verurteilt, während Sch. eine Geldstrafe von zweihundert Mark, im Nichtzahlung?- falle zwanzig Tage Gefängnis traf. (Wdhlt. Ihre Zimmergenossin bestohlen hat die 16 Jahre alte, be reits mehrfach bestrafte Arbeiterin Frieda Elsa E. aus Adorf. Die E. war am 12. August nach Verbüßung einer einmonatigen Gefängnisstrafe, die ihr vom hiesigen Schöffengericht wogen DiebirahlS zuerkannr war. entlassen worden und hatte sich in Gohlis cingeniietet. Mit ihr wohnte die Wäscherin K. zu sammen. Am 27. August hat die E. den der K. gehörigen Reisckorb geöffnet und derselben 15 -ck gestohlen. Unter Zu billigung mildernder Umstände und unter Anrechnung ernex Woche der erlittenen Untersuchungshaft wurde die E. mir vter Monaten Gefängnis bestraft. Wdhlt). Schöffengericht. tt. Wegen Bedrohung und Belei-igung eines ArteitS- willigeu gelegentlich des hiesigen Schlosserausstandes batte sich der Monteur Hermann F. zu verantworten. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat er am 20. August dem Schlosser Pr. auf der Straße den Weg vertreten, ihn ehrlos genannt, weil er seinen streikenden Kollegen in den Rücken falle, er werde aber schon sehen, wie es ihm ergehen werde, wenn sie selbst die Arbeit erst wieder ausgenommen hätten. Er habe den ganzen Merallarbetterverband beleidigt, da würden sich schon Leute finden, die ihm die Jacke gehörig verhauten. TaS Lchössenyericht kam nach der Beweis erhebung zu der Ansicht, Laß der Angeklagte sich des Vergehens gegen die tztz 153 der Gewerbeordnung und 185 des Strafgesetzbuchs ichuldig gemacht habe und verurteilte ihn zu einer Gefängnis strafe von zwei Wochen und in die Kosten. * Flensburg, 5. Oktober. Tas hiesige Landgericht sprach beute die Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer der in Konkurs gefallenen Gesellschaft La kolk, Pastor Jacobs en« Scherrebeck und Gutsbesitzer Lassen-Flensburg, und gleichfalls die anaeklagten Mitglieder des Auisichtsrals von der Anklage des Konkurs- vergehens frei. (Wdhlt.) 34. Hauptversammlung der Gesellschaft sür Verbreitung von Volksbildung. * Ltrahburg i. H., im Oktober. Ter stellvertretende Vorsitzende Direktor Schrader-Berlin er- össnet die Versammlung und bringt eine Reihe telegraphischer Be grüßungen zur Verlesung. Ter Vorsitzende der Gesellschaft, Prinz Heinrich zu Schönaich-Carolath, sendet „allen Freunden und Förderern der Gesellschaft für Bolisvildung herzliche Grüße und ein Glück aus! in Len Reichslanven." Herr Rudolf Mosse- Berlin überweist der Gesellschaft 1000 „als Reugeld" für nn- freiwilliges Fernbleiben. Ter Senior der Gesellschaft, Verbands vorsteher Redakteur Klein-Danzig, wünscht erfolgreiche Tagung. Eine große Zahl von schriftlichen Entschuldigungen von staatliche« Behörden. Magistraten, Vereinen und Privatpersonen fit gleichfalls eingegangen. Tie Verhandlungen beginnen mir einem Bortrage von Frau Ottilie Stein-Frankfurt o. M. über den „volk-bildnerischen W«r guter Rezitationsabende". Wer die wahren Dichter zu Hilfe ruft, kann das Volk zu reinerem Empfinden erziehen und gegen alles Kranke unserer Zeit schützen. Tie moderne Literatur enthält so vieles, was abseits liegt von dem Schönen. Aber wer den Duft reinster Poesie kennt, denen wird der Geruch der Straßenrinne nicht erfreuen. In der deutschen Dichtung, die sich für Rezitationen eignet, spielt die Diolektdichtung eine große Rolle. Nur lasse man dann auch Rezitatoren sprechen, die den Dialekt ganz beherrsche». Justizrat Tr. Kl ein-Düsseldorf spricht sodann über „BollS- unterbaltungsabende". Tie VolkSunterhaltungSabende sind em« Schöpfung der 90rr Jahre des vorigen Jahrhunderts. Sie find von der Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung mit steigend«« Erfolge gepflegt und durch die deutschen Gaue verbreitet Word««. Unter Hinweis auf die glänzenden Ergebnisse dieser Veranstaltungen in seiner Heimatstadt Düsseldorf, suchte Redner nach dem Grunde dieser Erfolge und fand diese in einem doppelten: einmal in der Durchführung der einheitlichen Idee, die den Abend leiten soll, und dann in der Herstellung der rechten Verbindung, die den Gebende» und Nehmenden, das Publikum und die Darsteller, innig verschmilzt: ein Programm, ein Rahmen, in den sich gedavkenschlüssig Dekla mationen, Bortrage, Gesänge einpassen, einheitlich gedacht und ein- heitlich wirkend, die Darsteller aus dem Publikum sür das Publikum, dieses selbst Lurch gemeinsame Lieder fest umschlungen, eine Stim mung, ein Hauch des Geistes, den Abend beherrschend! In der Debatte berichtete Lberamtmann Frerherr von Soden- Weinsberg aus seinen Erfahrungen im eigenen DirkungSgebiete über ländliche BolksunterhaltungSabend«. Die wurvemberqisch« Regierung habe diese Abende unterstützt. Die Schwierigkeiten seien aber sehr groß. Sie liegen in den Lokale«, in den Personen, i» Stoff und im — Gelbe. Der Baver möge für BilduugSzwecke nicht gern zahlen. Auch fehle es an Lokalen. Die dörflichen Gast höfe eignen sich meist nicht. Als Personen kommen nur Pfarrer nud Lehrer, selten noch Aerzte iubrtracht. Mit den einem höheren Bildungsbedürfnis angepaßten Stoffen sei bei den Bauern auch nicht« anzufangen. Generalsekretär Tew«-Berlin möchte irgendwelche pessimistische Heilerfolge bei SW iid Wimiitisins. Die Wirksamkeit unsere- Sauerstoff - Präparate« (Magnesium- iuperoxyd) bei den obigen Krankheit«« wird am besten durch folgend« Berichte charakterisiert: Institut für LomsrftnV-Hrilversnhren Berlin, Köthener Straße 39. Es ist Nur ein Bedürfnis, Ihnen mltzuteilen, daß, trotz Ab mahnungen meiner früheren Aerzte, Ihr Heilverfahren, welche« ich nun wobl schon seit etwa 9 Monaten benutz«, einen sehr günstigen und nachhaltigen Einfluß auf mein «lies Gichtleitze« avsgeübt bot. Ich hab« nie wieder seit dieser Zett einen dieser peinlichen Anfälle gehabt und kanp hi« heute »<Iftü»btn« Heilung konstatieren. Zahlreich« Licht-, Dampft und Lodtannin-Bäder, Wasserbehandlung, Karlsbad und Dutzend« von Medikamenten, auch Uricidin, konnten dies« Wirkung bei mir nicht erzielen, wie Ihre Mittel. Die Wirkung der Mittel ist immer prompt und kann von einer Gewöhnung de« Organismus daran resp. von einem Nach lassen der Reagenz nicht dir Rede sein. Ich benutze heute noch al- vorbeugend gerne diese Pulver, sie nehmen sich angenedm ein. Wein- und Biergenuß st, mäßigen Mengen habe ich eigentlich nie recht unterbrochen «ährend der Kur. Ls soll mich freuen, wenn diese Zeilen dazu beitragen können, auch anderen Patienten Heilnng zu schaffen. B-. 16. 9. 04. . Hochachtungsvoll II L. - Ich habe seit 1878 «n Gicht zu leiden, diese Diagnose wurde von Herrn vr. Sch gestellt; behandelt wurde ich «ach den üblichen Methoden, Naturheilverfahren, russ.-römische Bäder, Loh- tPminbäder, 40 St. elektr. Lichtbäder, 48 Bäder elektr. Lohtannin, Salizyl 112 g in 14 Tagen, Jodkali, Antlpyrin, Piperazin. Alle dies« Mittel halfen nicht-. Auch sonst habe ich an Hausmitteln ü. a.. nichts unversucht gelassen und koyn mit 100 Rezepten auf- wartrn. Vielmehr habe ich mit Unterbrechungen Jahr und Tag gelegen, speziell 1900—1901 dreizehn Monate ununterbrochen Auch Massage erwies sich al« völlig wirkungslos. In diesem Jahr, 17. S- 1901, lernte ich durch Zufall das Lauer- stoffversahren kennen. Al- letzten Versuch beschloß sch, dasselbe an- znwenden und bin mit dem Erfolg bi- jetzt sehr zufrieden Ick werd« von meinen Bekannten oft angehalten und gefragt, was ich jetzt eigentlich mache. Gelt fünf Jahre« bt« ich »tt Mei Glücke» gegangen, so daß man mich nicht anders kannte. Ich gehe jetzt in «te Nachbarschaft ahne Stock. Ich hab« zwar in dieser Zät einige kleine Anfälle gehabt, bin aber nicht zum Liegen gekommen und haben sich selbe al-bald wieder gegeben. Diesen Erfolg bi« jetzt verdanke ich dem Sauerstoff-Heilverfahren, und habe die feste Ueberzeugung, von meinen, Leiden noch ganz befreit zu werden, und bin jedermann gern zur Auskunft bereit. Berlin, 23. 9. 04 0. Näheren Ausschluß über da- neue Verfahren und wettere Heil bericht« enthält ein Prospekt, welchen da- ärztlich geleitete Justin, r für Sauerstoff-Heilverfahren in Berlin ZV. 59, Köthenerstroß« 39, gratis und franko versendet.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder