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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.10.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-10-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19041008024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904100802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904100802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-10
- Tag1904-10-08
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Herr Carnegie. Der Internationale Friedenskongreß in Boston scheint beendigt zu sein. Wenigstens wird gemeldet. Laß er Len Entwurf eines WeltfrieLensvertrags vorgelegt und beschlossen habe, ihn das nächste Mal in Luzern, ab- zuhalten, und em Brüsseler Telegramm zeigt einen Bries des Kardinals Gibbons an, der mit dem Bedauern seines Absentismus die belgische Kolonialpolitik gegen die Leute von Boston verteidigt. Bei dieser Gelegenheit hat auch .Herr Carnegie cm seine friedlichen Freunde folgendes ge- schrieben: „Nehmen wir an, daß Frankreich, England. Deutschland, Amerika und die übrigen Staaten sich der Bewegung anschließen und vereinbaren, die Ergreifung von Waffen zur Schlichtung von Konflikten zu ver hindern, mit der Bereiterklärung, eine friedliche Lösung zu erzwingen, dann würde der Krieg unzweifelhaft ab. geschafft werden." Herr Carnegie schlägt vor, zur Prüfung dieser Frage einen Ausschuß zu ernennen. Er quacksalbert weniger geschickt als der Staatssekretär Hay, der neulich für den Frieden predigte und doch die Kontre- bande-Resolution der Versammlung als „nicht rötlich" unter den Tisch fallen ließ. Der inaktive Chef der Carnegie Steel Co. Lim., der frühere Haspcljunge, Lauf, bursche, Telegraphist, Sekretär, Superintendent, Schlaf- Wagenfabrikant, Oelfarmer und Brückenbauer, hat wiÄerum Lust, sein Thema vom „empire ak dnsiness" zu variieren. Nur sollte er es nicht so ungeschickt tun, daß er sich selbst bei den Hay und Roosevelt, die ihn, wenn er schwingend zahlt, als Großmacht schätzen, durch seine Redseligkeit blamiert. Politik vor, auf welchem er durch das Marokkoabkommen ganz bedenklich ins Hintertreffen geraten war. Jeden- falls scheint die schwerste Periode der Isolierung Deutsch, lands, die ja geradezu krisenhaft auftrat, überwunden zu sein. Inwiefern dies der Staatskunst des Kanzlers zuzuschreiben ist, ist allerdings eine andere Frage. Strafprozeßrrsorm. Die Reichsjustizkommission hat am 4., 5. und 6. d. M. die -weite Lesung von Fragen zur Reform des Straf- Prozesses mit großem Eifer ausgenommen und in Sitzungen, die sogar bis zum Abend Lauerten, zu einer Reche wichtigster Fragen eine Stellung genommen, wie ste vom Standpunkte besonnenen Refornrbestrebens als erfreulich bezeichnet werden kann. Am Donnerstag abend waren die Mitglieder der Sachverständigenkommission zur Vorprüfung von Fragen der Reform des Straf prozesses einer Einladung des Staatssekretär Les Reichs- justizamtes Dr. Niebevding, einige Stunden bei ihm zu verbringen, gefolgt. Der ungezwungene Meinungs- austausch, der bei dieser Gelegenheit stattfand, war, nach der „Ncrtl. Korr.", dazu angetan, Ausblicke in die Zukunft zu eröffnen, di« für das Zustandekommen des Reform. Werkes als erwünscht bezeichnet zu werden verdienen. Bei» Abschluß des Marokkovertrags. A« fvansöfifche Vorherrschaft in Marokko ist durch d« Vertrag, dessen etwas dunkle Notifizierung gestern telegraphiert wurde, errichtet. Herr Delcassö, der Händ> ler unter den Diplomaten, hat seine Wünsche durchgesetzt. »Beide Regierungen erklären", so schwört er halbamtlich, -daß sie unverändert an dem Bestände Marokkos fest halten", ein Schwur, welcher pfiffig die Souveränität des SuttanS beseitigt, indem er sie anerkennt. Er wird in Zukunft ebenso wie der Bey von Tunis souverän sein. Fraglich ist die Stelle von der „Ausdehnung ihrer Rechte und den Bürgschaften ihrer Interessen", die sich die Ver tragsmächte zu garantieren bereit sind. Günstig wären die Worte insofern zu deuten, als am 6. Oktober dasselbe französisch-englische Abkommen über Marokko bestätigt wurde, dessen Art. 2 Frankreich die Aufgabe zuweist, „über die Ruhe in Marokko zu wachen und ihm seinen Bei stand für alle Verwaltungs-, wirtschaftlichen, finanziellen und militärischen Reformen zu leisten, deren es bedarf". Der „Temps" faßt den Vertrag in diesem Sinne auf und freut sich über die seinen „Gefühlen" zu teil gewordene Genugtuung. Tie Feindschaft mit Spanien gilt ihm aufgehoben, gekrönt sei endlich „der von unserer Diplo matie gehegt Plan, den französischen Einfluß in Marokko zu befestigen, ohne eine bedrohende Gruppierung oder beunruhigende Mißstimmungen hervorzurufen, zu denen unsere Festsetzung in Tunis vor 23 Jahren Anlaß gab." Tie nationalistische Presse hingegen wittert, daß Herr Delcassä für Tetuan und Tanger den Spaniern freie Hand gelassen habe, und Herr Jaurds, der Eiferer gegen militärische Kolonisation, will den Minister des Aeußern beim Beginn der Tagung interpellieren. Er will die Projekte durchkreuzen, über die gegenwärtig Delcasss, General Liautey und Gesandter Taillandier im Auswär- Ligen Amte beraten. Jedoch auch der Marokkohändler bedarf keiner Kammermajorität. Zwar schreibt die Ver- sassung vor, daß internationale Verträge durch das Par- lament zu genehmigen seien, sie fügt aber hinzu, daß der Präsident der Republik den Kammern davon Kenntnis gibt, wenn das Interesse und die Sicherheit des Staates cs gestatten. Tie Interpellation wird wohl zurückgezogen werden: sie ist die erste nicht. Deutsches Deich. * verlt», 8. Oktober. * Der Gesetzentwurf über den privaten Versiche- ruagsvrrtrag. Nach offiziöser Mitteilung ist der Ent- Wurf eines Gesetzes über den privaten Lerficl-erungS- vertrag im Reichsjustizamte soweit fertiggestellt, daß er in dem nächsten Lagungsabschnitte dem Reichstage wohl vorgelegt werden könnte. Ob dies tatsächlich geschehen wird, hängt u. a. von dem Ausfall der Erwägungen darüber ab, ob Las Reichstagspensum, zu dem ja, wie bekannt, diesmal die mannigfachsten und wichtigsten Entwürfe gehören werden, nicht allzusehr belastet wer- den würde. Mit dem in Rede stehenden Gesetzentwürfe wird die Reihe der größeren Vorlagen, die infolge des Bürgerlichen Gesetzbuches nötig geworden sind, zum Abschluß gebracht werden. Er ist außerordentlich sorg- fällig vorbereitet worden. Man hat zunächst einer größeren Anzahl von sachverständigen den ersten Ent wurf zur Vorberatung unterbreitet. Der auf Grund des danach vorliegenden Materials umgearbeitete Ent wurf ist veröffentlicht und der allgemeinen Kritik Ge legenheit gegeben worden, sich hinreichend über die Einzelheiten der neuen Vorlage auszusprechen. Seit jener Veröffentlichung ist nunmehr etwa ein Jahr ver gangen. Dieser Zeitraum hat sicherlich ausgereicht, um alles, was über den Entwurf gesagt werden konnte, ans Tageslicht zu fördern. Auch die Ergebnisse der allgemeinen Kritik sind bei der Feststellung des end gültigen Entwurfes berücksichtigt worden, allerdings wird man Wohl in der Annahme nicht fehlgehen, daß sich diese Berücksichtigung nicht auf alle inzwischen vor- gebrachten Wünsck>e beziehen wird. * Zur Reichssinanzrrform. Unter dem Titel „Die Reichsslnanzreform" haben G. v. Mayr, Professor Dr. Hermann Rehm und Tr. Hans Koeppe drei finanz wissenschaftliche Untersuchungen erscheinen lassen, die Professor Dr. Max v. Heckel im neuesten Hefte der „Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik" bespricht. Wie wir dieser Besprechung entnehmen, erblicken jene drei Schriften die Wurzel des Uebels in der formellen Gestaltung des Reichsetats, in dem Gegenseitigkeitsverhältniszwischen reichs- und einzel staatlichen Finanzen und überhaupt oder partiell in dem ungesunden Zu stande der Reichsschuldenwirtschaft. Ebenso stimmen die drei Schriften darin überein, daß eine be friedigende Lösung der Reichsfinanzreform und durch die Erschließung neuer Reichseinnahmen oder die Ver- mehrung der bisherigen verwirklicht werden könne. Praktisch läuft dies natürlich auf die Einführung neuer Steuern hinaus. Die Begründung von direkten Reichs steuern wird allseitig als ein aussichtsloses Projekt be- zeichnet. Und ebenso wenig glauben die Verfasser ihre Reformvorschläge auf die Verkehrssteuern, namentlich auch nicht auf eine Reichserbschaftssteuer stützen zu dürfen. So verbleibt nur ein Rückgriff auf die Ver brauchssteuern. Zölle und Tabaksteuer stehen dabei im Mittelpunkt. Koeppe will außerdem ein Zündhölzer monopol. Einig sind die Verfasser auch darin, daß das Reichsschuldenwesen und die Reichsschuldentrlgung auf eine gesunde Grundlage zu stellen sind. Was die Ueber- weisungen und Matrikularbeiträge anbelangt, so fordert Nehm, daß sie gänzlich beseitigt werden und daß das Reich dafür durch die vollen Erträgnisse aus den Ueber- weisungssteuern entschädigt wird. Mayr will mindestens das Gleichgewicht zwischen Matrikularbeiträgen und Ueberweisungen reichsgesetzlich festgelegt wissen. Koeppe schlägt vor, beide Einrichtungen aufzuheben und die organische finanzielle Verbindung zwischen Reich und Einzelstaaten durch die Schaffung einer starken Inter- essengemeinschaft herzustellen, indem die Einzelstaaten mit einem festen Prozentsatz an den beweglich zu ge staltenden Reichssteuern beteiligt werden. Finanzzölle, Verbrauchs, und Stempelabgaben sollen zu diesem Be- Hufe gleichmäßig mit prozentualen Zuschlägen versehen werden, um durch die Beweglichkeit Bedarf und Deckung einander anzupassen. — Professor v. Heckel betont seinerseits folgende Punkte: 1) Deckung des ordentlichen Bedarfs durch ordentliche Deckunysmittel, daher Auf nahme der bisher als außerordentlich bezeichneten Aus gaben, die aber ihrem Wesen nach ordentliche sind, in den ordentlichen Etat und Sanierung der Reichsschul- denpolitik und Reichsschuldentilgung: 2) Be seitigung der Matrikularbeiträge und Ueber weisungen: 3) Ausnützung der Reichssteuern nur durch Las Reich: 4) Erschließung neuer Reichssteuer, einnahmen. * Zur ReichstagSersatzwahl in Jerichow. Gegenüber einer Mitteilung LcrPresse, daß derRittergutsbesitzer von Brauchitsch nur von den Konservativen des Kreises Jerichow 2 ausgestellt worden sei, glaubt die „Deutsche Tagesztg." nochmals hervorheben zu sollen, daß er so- wohl von den Vertrauensmännern des Bundes der Land, wirte, als auch von denen der konservativen Partei des gesamten Wahlkreises als Kandidat tatsächlich aufgestellt worden ist. Die „Magd. Ztg.", dies bestätigend, fügt hinzu, daß es gerade dem Bunde der Landwirte gelungen ist, die schon fast gesicherte Zustimmung der National liberalen zu einer von konservativer Seite vorgeschlagenen Kandidatur dadurch zu Verbindern, daß die Konservativen vermocht wurden, ihren ersten Vorschlag fallen zu lassen und Herrn v. Brauchitsch aufzustellen. * Die Lippische Frage. Wortführer der Bückeburger Partei im Lippischen Landtagsausschuß ist Ritterguts besitzet Schemmel. Der freisinnige Landwirt Meier- Jobst, der als Hauptredner der Biesterfelder Partei galt, soll in den Ausschuß mit den Bückeburgern gegangen sein. Die Schwierigkeiten der AuSschuhberatung liegen darin, daß in der Regierungsvorlage eine Stellungnahme gegen das Kaisertele gramm verlangt wird, während diese von einem Teil oeS Ausschusses überhaupt nicht beliebt wird. Die Frage, ob es opportun sei, sich zu einein Schriftstück zu äußern, dessen amtlicher Ausdruck im Ausschuß bestritten wird ries lange Debatten hervor. Auch die Form, in der even tuell die Meinung des Landtages zum Ausdruck kommen soll, bereitet die größten Schwierigkeiten. Alle diese Er wägungen führten dazu, daß die Regierungsvorlage als zu weitgehend angesehen wird. * Den Senioren. Der Zentraloorstand der natio nalliberalen Partei hat folgende Beglückwünschungs- telegramme an die beiden Parlamentsjubilare Hob recht und v. Eynern gerichtet: An Excellenz Hobrecht, Großlichterfelde. Zum heutigen Tage, der Sie auf eine 25jährige erfolgreiche politische Tätigkeit im preußischen -lbgeordnetenhause als Ver treter desselben Wahlkreises zurückblicken läßt, senden wir Ihnen herzlichste Glückwünsche. Wir erinnern uns dabei dank bar der Dienste, die Sie in wechselvoller Zeit dem Vaterlande und der Partei geleistet haben, und hoffen und wünschen von Herzen, daß wir bei der weiteren politischen Arbeit Ihres be währten Rates und Ihrer Erfahrung uns noch lange zu er freuen haben. Zentralvorstand der nationalliberalen Partei. Dr. Hammacher. An Abgeordneten von Eynern, Äönigswinter. Wir sprechen Ihnen aus Anlaß des heutigen Tages, an welchem Sie auf eine 25jährige ersprießliche politische Tätigkeit im preußischen Abgeordnetenhaus«: zurückblickcn, in dankbarer Anerkennung Ihrer dem Vaicrlandc und der Partei geleisteten Dienste die herzlichsten Glückwünsche aus. Möge es Ihnen vergönnt sein, in gleicher unermüdlicher Frische auch weiterhin dort tätig zu sein, wohin Sie das Vertrauen desselben Wahl kreises entsandt hat, und möchten Sie uns in derselben Treue verbunden bleiben wie bisher. Zentralvorstand der nationalliberalen Partei. Dr. Hammacher. ' Tie Landtagskandidatur Spahn. Der Nachricht, daß auch Dr. Spahn wieder in das Abgeordne tenhaus zurückzukehren gedenke, ist, soviel wir sehen, bisher nicht widersprochen worden, Zentrums- blätter haben vielmehr die Meldung, daß ec bei der im Wahlkreise Fulda nötig gewordenen Ersatzwahl von den klerikalen Wahlmännern als Kandidat aufgestellt worden sei, mit Freuden begrüßt. Dr. Spahn hat bekanntlich nicht freiwillig darauf verzichtet, sich bei der Hauptwahl im vorigen Jahre wieder als Kandidat für das Abgeord netenhaus ausstellen zu lassen, dem er von 1882 bis zum vorigen Jahre ununterbrochen angehört hatte. Der Prä sident des Reichsgerichts, dem er seit einigen Jahren an- gehört, hatte ihn mit Rücksicht auf den Richtermangel am obersten Gerichtshöfe des Reiches veranlaßt, kein Doppel mandat zu ühernehmen, und er entschied sich für das Reichstagsmandat. Im Abgeordnetenhause stehen aber setzt auf dem Gebiet der Schule, wie auf wirtschaftlichem Gebiet wichtige Entscheidungen bevor, die cs wohl wün schenswert erscheinen lassen könnten, daß ein für per trauliche Verhandlungen hinter den Kulissen besonders geschickter Parlamentarier wieder auf der Bildfläche er- scheint. * * Bremerhaven, 7. Oktober. Die Maurer von hier, Lehe und Geestemünde beschlossen, die Arbeit bedingungslos wieder aufzunehmen. * Oldenburg, 7. Oktober. Erst jetzt wirv bekannt, daß die Staatsanwaltschaft infolge der Meineidsbeschuldi gung des Ministers Ruh ft rat durch den „Residenzboten" gegen den Minister ein Verfahren eingelertet hatte. Sie hat sich jedoch veranlaßt gesehen, es wieder einzu stellen und zwar wegen Mangels an Beweisen. * Trier, 7. Oktober. Die Handelskammer ersuchte die Abgeordneten der dortigen Bezirke, die Auf nahme der M o s e l, S a a r und Lahn in dieKanal- Vorlage zu erwirken oder gegen die Vorlage zu stimmen. * Kiel, 7. Oktober. Heute begannen vor dem Ober landesgericht die Verhandlungen in dem Prozeß, den die Reichsmarine und der StaatSfiSkus gegen die Stadt Kiel, um daS Eigentumsrecht am Kriegshafen angestrengt hat. In der ersten Instanz ist der Stadt Kiel daS Eigen tumsrecht zugesprochen worden. Für die gegenwärtigen Ver handlungen sind niedrere Tage in Aussicht genommen. * Schwerin i. Mccklenbg., 7. Oktober. Die Reichs tagsersatzwahl im zweiten mecklenburgischen Wahl- kreis (S ch w e r i n-W i s m a r) ist auf den 23. No vember anberaumt worden. flotte. * Ein Veteran. Das TorpedovcrsuchSschiff „Neptun", das ehemalige Panzerschiff „Friedrich Karl", ist jetzt, fast 38 Jahre nach seinem Stapellaus, aus dem Dienst in der Marine ausgcschieden. CS heißt, daß daS an die Rcichswerft abgegebene Schiff zum Abwracken verkauft werden soll. Der „Neptun" ist eins der wenigen deutschen Kriegsschiffe, die auf einer französischen Werst gebaut worden sind. 1867 lieferten die korse» et Oianrier^ ao la LlectiterranSe das Panzerschiff an die Marine des Norddeutschen Bundes ab. Nuslana. Oesterreich - Ungar«. * Eine Randalstätte mehr. Die Begegnung zwischen dem Statthalter Baron Handel und den dalmatinischen Landtagsparteicn wurde ausführlich nacherzählt. Noch mals ist zu konstatieren, daß die verehrlichen „Natio nalitäten" den ersten kaiserlichen Regierungssbcamten der Lüge beschuldigt haben, obgleich dieser strenge Körberianer stets willfährig war und den Kroaten dre Möglichkeit verschaffte, mit Zeugnissen der kroatischen Universität in Agram in Oesterreich jede Stelle im Staatsdienste zu bekommen. Gestern wurde der Bankerott des Systems Körber-Taaffe in einen anderen Laden verlegt. Im krainischen Landtag wurde ein An trag eingebracht, die Regierung aufzufordern, daß sie die Arbeiten behufs Errichtung einer slowenischen Universität in Laibach beschleunige. Im Laufe der Debatte über Len Antrag betreffs Berichterstattung des k. k. Telegraphen-Korrespondenz-Bureaus über die Verhältnisse in Kram, warf der Abgeordnete Schustersic dem Abgeordneten Tacvar vor, grobe Unwahrheiten vor- gebracht zu haben. Als dieser rief, Laß ihn solche Worte von einem Lügner nicht beleidigen könnten, eilte Schustersic auf Tacvar zu und rief ihm fortwährend die Worte „Pfui, Lügner und Verräter" zu, warf mit Akten nach ihm und drohte ihm mit der Faust. Im Hause entstand eine heftige Erregung und großer Lärm. Die Sitzung wurde vorzeitig geschlossen. Daß die Wiener Arbeiter in den Straßen auf Lueger schimpften, weil er von „Lumpen" gesprochen hatte, ist daneben belanglos. Frankreich. * Waffenstillstand in Marseille. Nach einem von gestern datierten Telegramm würde der allgemeine Ausstand der Hafenarbeiter al« beendet angesehen. Die Schiffahrtsgesell schaften trafen, wie es beißt, Vorkehrungen, um die Hand habung des Dienstes von beute ab sicher zu stellen. Schon die letzte Einschränkung läßt schließen, daß die von uns durch Wiedergabe einer Korrespondenz erwähnten Hindernisse nicht überwunden sind. Italien. * Tic Auflösung Vor Kammer. Schnell hat sich die innere Krisis, deren Zeichen gestern hier ausgezäblt wurden, realisiert. Die gestrigen römischen Abendblätter haben gemeldet, am 14. Oktober werde das Ministerium die Kammer auflösen, auf den 30. würden die Neuwahlen, auf den 6. November die Stichwahlen anberaumt, und am 15. werde die Einberufung der neuen Kammer erfolgen. Die Nachricht tritt bisher nur in der privaten, nicht in der offiziellen Presse auf, dafür je doch bat amtlich das Kriegsministerium die Jahres klasse 1880 zu den Waffen einberufen; ausgenommen ist die Kavallerie und die Feldartillerie. Die Einberufenen muffen sich am 12. d. MtS. stellen, so daß sie durch diese Anwendung deS von Tisza gegen die ungarischen Eisenbahner gebrauchten Rezeptes der „Generalstreiksarmee" entzogen wären. Rußland. * Fortbestand der Autokratie. Die „Entlastung" des Fürsten Swiatopolk Mirsly durch seinen neuen Adlatus, den Generalmajor ü la 8uits Konstantin Rydzewsky, bislang Chef des kaiserlichen Kabinetts, ist nunmehr protokollier!. Durch kaiserlichen Ukas wurde diesem Gehülfen des Ministers des Innern, dem das Gendarmeriekorps unterstellt ist, die Leitung der Polizei übertragen. Hinsichtlich seiner Rechts- und Obliegenheiten ist bervorzuheben, daß ihm die Aussicht über alle Gefängnisse für wegen Staatsverbrechen An geklagte zusteht; außerdem gehen die Befugnisse in Prozessen gegen derartige Personen, soweit sie bisher dem Minister des Innern zustanden, auf den Gehülfen über. Herr Rydzewsky wird seine diskretionären Befugnisse in derselben Weise anwenden wie der Generalgouverneur von Warschau, Herr Czertkoff, der in einem Tagesbefehl den Truppen, die bei den Arbeiterunruhen requiriert gewesen, einen Tadel aus spricht, weil sie in die Luft geschossen hätten und die energische Verfolgung der Demonstranten unterließen. Künftig würden die Truppen die Verantwortung für derartiges Ver halten selbst zu tragen haben. Amerika. * Vom Panamakanal. Aus Washington wird uns geschrieben: Während man den schleusenlosen Suestanal ver hältnismäßig leicht dem stetig sich vermehrenden Tiefgang der Schiffe anpassen kann und auch von Zeit zu Zeit ängepaßr bat, denn dort bandelt es sich nur um ein Tieferbaggern der sandigen Kanalsohle, so käme bei dem Panamakanal, der bekanntlich mit Schleusen versehen wird, eine Vertiefung einer Schleuse fast einer Neuanlage an Kosten gleicht. Die Vereinigten Staaten wollen nun nicht ISO Millionen Dollars — so hoch ist der Kanalbau veranschlagt— bezahlen für einen Kanal, der vielleicht in 10 oder 20 Jahren für tiefer gehende Schiffe unpassierbar wird. Denn kurze Jagdpfeife von einem Mundwinkel in den andern; es ist allweil gut so, und der Bub is nit verlassen und kinnnt nit auf dumme Gedanken! Schau, Eenzerl, da treiben's viel Hallodris, die Rekruten, und wann du nit da bist und heimtreibst, halten sie den Toni drunt' fest!" „Ja, ja, ich verlaß ihn nit!" nickte das Dirndel treu herzig: „ich gang mit ihm, bis ans End' der Welt!" „No, no! so schlimm kommt's grad' nit!" lachte der Beckhaber und ahnte es nicht, wie ernst es dem Eenzerl mit dem Ende der Wett war. Bis ins Dorf hinab begleitete der Wildhüter seine beiden Kinder, und als sie am Morgen mit Hochklopfen- rem Herzen vor dem Waldhäuschen standen und auf die Lost warteten, da konnte es selbst der kecke Toni nicht leugnen, Laß er vor Aufregung bis in die Lippen blaß Dar. DaS Eenzerl hatte die Hände gefaltet und betete in einer Angst halblaut daher, — und als cs in der Kutsche neben dem Toner! saß, und die Pferde anzogen, da wurde iein frisches Gesichtchen kreideweiß und es klammerte sich an den kraftvollen Bursch und flüsterte: „Schau! ehmals habcn wir den Wurzli respektiert, weil er im Schuh wagen daher fuhr .... und nun sitzen wir selber im Poilkostel und kutschieren mit leibhaftigen Rössern daher!" T-em Toni war die Sache anfänglich auch etwas ängst lich und ungewohnt, aber er nahm allen Mut zusammen, lachte, pfiff und tröstete daS Dirndel in seinem Kleinmut. Der DrUchüter saß stumm und nachdenklich und rauchte seine Pfeife, plötzlich legte sich des Cenzerls Hand auf seinen Arm und cine halb erstickte Stimme flüsterte: „Data . . . gel, mei Mutter! hat sich in selber Post hier zu Tod gestürzt?" Der Beckhaber fuhr empor, als habe ihn ein Faust- schlag getroffen. „Creszenz!" schrie er, „von wem hast so a Kund?!" Erschrocken senkte das Dirndel den blonden Kopf. „Tie Großmutter ....!" stammelte es. „Die Mutter? — hat sie's doch vor der Zeit ausge plauscht?" rief der Aloys heftig. „Dös is nit mei' Willen gewest! — Nix wissen solltet ihr dös ... dös . . ." und der Sprecher verstummte ingrimmig und murmelte in den Bart: „Noch zwei Jahr hätt's Zeit gehabt!. . . dös!" Toni hatte hoch aufgehorcht. Er ruckte näher und blickte dem Vater starr ins Ge sicht. „Was sollt' ich nit wissen? Data ... sag'? ... was is damit, daß sich unser Mutterl totgestllrzt hat!" — „D e i Mutterl hat sich nie nit an' Schaden getan!" rief Aloys heftig, „die is fein fromm und selig im Bett gestorben . . . aber dem arm' Cenzi sein's . . ." „Dem Eenzerl sein's? Ei haben wir denn nit ein und dasselbe Mutterl a'habt? — fragte der sunge Bursch bei nah erschrocken. „Naa!" schrie ihn der Wildhüter kurz und barsch an. „Ja... mei!" ... waS heißt dös? hast etwa zweimal gefreit, Vota?" — Aloys schlug heftig mit der Faust aufs Kmr. »So'« Untreu' hab' ich mein Kathi nit angetan! Aber a Narre tei is "gewest, daß die Großmutter geschwatzt hat!" — Mit starrem Blick schaute Toni auf das angstvoll bebende Mädchen an seiner Seite. „Da is etwan das Eenzerl gar nit dein Kind?" „Dom Geblüt nit . . . aber angenommen hab' ich's .... und bleibt's auch .... Krutzi Türken! dös d' Groß mutter geschwatzt hat!" — Dem Toni stockte der Atem. Sein sonngebräuntes Gesicht, welches erst so farblos geworden, flammte rot» auf. — „Da wär also die Creszenz gar nit mei' Schwester . . . oder Halbschwester?" „Doch is sie's!" schrie der Beckhaber grob, „nit der Geburt nach, aber um aller Heiligen willen! Und gar nix is anders dadurch! . . so wie es seit allen Jahren ge west iS, so bleibts auch in Zukunft!" „Dös is g'wiß!" nickte Toni und ritz jählings den Kragen seiner Joppe auf, als sei er ihm plötzlich zu eng geworden: „aber weißt, Vota, so a halbe Wissenschaft taugt nix . . . und guk, fein Zeit haben wir allweil, da könntst uns gut erzählen, wie das alles z'sammen hängt. Alt genug zum verstehn, sind wir, mein' ich, und wenn die Großniutter dem Eenzerl doch schon auSgeplaudert hat. da nutzt a Verduckeln doch nix mehr!" Der Wildhüter paffte ärgerlich die dicken Dampf wolken aus der Pfeife, weil aber des Dirndels Hand ihn gar so angstvoll streichelte, überwand er die Mißstimmung und klopfte seinem Pflegetöchterlein schier zärtlich die „Na, wein' nit, Cenzi! hast ja Data und Mutterl doch nimmer kennt, und bist allzeit gern bei uns g'west! — Und ich mein', du bist ganz und gar mein leibliches Dirn del 'worden! — Wenn die Großmutter dir schon erzählt hat, wie d' zu uns kommen bist, nachen kann's ja der Toni auch wissen!" Und der Beckhaber erzählte das Vergangene, aber mit viel Schonung für die leichtfertige Lindbäuerin und des Diebstahls an der Toten tat er vollends nicht Erwähnung. Der junge Bursch hatte atemlos gelauscht. Er saß mit tiefgeneigtem Kopf und strich nur von Zeit zu Zeit über die Stirn, wie einer, dem es heiß wird. — Das Eenzerl sah er nicht viel an und als der Wildhüter geendet, sagte er nur voll verlegener Heiterkeit: „Dös is mal g'spassig, und nix vermutet hat mer sich! Aber ich mein', keine eingeborenen Geschwisterln haben sich besser vertragen kunnt wie dasLindenbauerdirndel und ich! Gel" Eenzerl, fein schön auskommen sind wir mit einand?" — Da nickte ihm die Creszenz dankbar zu und weil der Wildhüter ein Frllhbrot verlangte, packte sie geschäftig ihr Körbchen aus und bot ihm das Schwarzbrot mit Käse dar. „Magst' auch eins, Toner!?" „Naa, — noch hungertS mich nit!" Und dann saßen sie schweigsam .. . und die Post hol perte schwerfällig zu Tal. (Fortsetzung folgt.)
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