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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.10.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-10-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19041011016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904101101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904101101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-10
- Tag1904-10-11
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-r 1904. W40 pes8Ic>i.U<. 870 L. ^50 e. Z.50 0 0,— e Obo c. KLSÜ. » ps»r«nl bbS 6. M pro!«»». 1^8^ 44vu 90Sa. 42ö e. -4Ü 0. 1KS5 7020 <- LL4b c. 5üt> c. 7bSV. Kü7 e ,l>s>iV peeLlcd.Utl. 4450 L. 2bO b W - M vbö a. 7bSü. 857 0 ic,Z5 s. ^iic. 300» bb3 L. 1YML 'M Ittbv >- k>h0^ I9ö2>, 43^0-> 1525 i.. «. ftesl «rLI^.UIc. Mr 1 1V^.— ico.bo 1SVS/1804. isor/isas. »r^ 1 «<I«r «lll. vie^sn^i. ». BezugS-PretS 1» Her Hmrpterpeditio» oder der«» AuSgab»- pelle» obgehott: viertrliährlich ^l 3.—, bei zwetmaligre Ulalicher Zu stell»»« tn«-an« 8.7k. Durch die Post bezogen für Deutsch land w Oesterreich vierteljährlich 4.50, für die übrige» Länder laut Zrllung-preisliste. Diese Nummer kostet 4/IM 2 aus allen Bahnhöfen und III ^1^ I bei den ZeitungS-Bcrkänfern 4 V ^s* BiedaMon uu« «xpeltttmu 153 Fernsprecher 222 Johannisgasse S. Mltalexpevttionen: Alfred Hahn, Buchhandlg., Univerfitätsstr.1 (Fenispr. Nr. 40t«), L. Lösche, Katharine», straße 14 (Fernsprecher Str. 2935) u. Künigs- Platz 7 (Fernsprecher Nr. 7505). Haupt-Fiiiale Dresden. Marienstratze 34 (Fernsprecher Amt I Nr. 1713). Haupt-Filiale Berlin CarlDun ck er, Herzgl-BayrHosbuchbandla, Lüdowstraße lOiFcrnivrcckerAmtVI Nr.4603,. Morgen - Ausgabe. WiMTaMM Anzeiger. Amtsötatt des Königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Aales und des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. An-ktgen-PretS die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redoktionsstrich (4 gespalten) 75 nach den Familteouach- richten ;« gespalten) 50 Tabellarischer und tzisserniay entsprechend hoher. — Gebühren für Nachweisungen und Ossertenannahme 25 -H- Annadmeschlutz für Anzeigen: Abend»Ausgabe: vormittag» 10 Uhr. Morgeu-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbeförderung 70.— Anzeigen sind stet» an dir Szpedttion zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abend» 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Bolz in Leipzig lInd. l>r. B.. N. L W. Klinkhardtl Nr. 51S. Dienstag den 11. Oktober 1904. 88. Jahrgang. Var Mctztigrie vom Lage. * Reichskanzler Gras Bülow hat in einem Schreiben an den Vizepräsidenten des Lippischen Landtage« das Telegramm des Kaisers an den Grafregenten von Lippe interpretiert. iS. dtsch. Reich.) * Der Grafregent von Lippe erkrankte aus der Durchreise nach Rotenburg zum Besuche des Prinzen Chlodwig von Hessen in einem Hotel zu Kassel. * Für die Vermählung des Kronprinzen ist nach offiziöser Meldung ein bestimmter Tag noch nicht fest gesetzt worden. * In Köln wurde gestern eine Akademie für prak tische Medizin eröffnet. * Fünfmal zum Tode, sechs Jahren Zuchthaus und Ehrenrechtsverlust verurteilte gestern das Hamburger Schwurgericht die KesselschmiedSehefrau Elisabeth Diese. (S. GerichtSsaal.) * DaS Landgericht Bochum hat die Anfechtungs klage der Dresdner Bank und Genossen gegen die auf der Generalversammlung der Bergwerksgesellschaft Hibernia gefaßten Beschlüsse in allen Punkten zurück gewiesen. Die Kläger haben Berufung eingelegt. * Nach chinesischen Meldungen legen die Russen süd ¬ lich von Mulden Gruben an und errichten Erdwerke; sie befestigen auch den Eisernen Berg und Tieling. (S. russ.- jap. Krieg.) * Nach russischer Meldung ist die japanische Haupt armee nach Süden gegangen und hat nicht nur die nach der Schlacht von Liaujang besetzten Positionen, sondern auch vorher genommene Stellungen geräumt. Die Kriegs lage in der Mantschurei soll sich wesentlich geändert baden. (S. russ.-jap. Krieg.) ssen üllivier uns sei» pledirrit. Herr Emile Ollivier, dessen „Empire liberal" nicht minder unendlich, nichl minder tendenziös geworden ist als die Bände, in denen Joseph Neinach die Geschichte deü DrcysuS- bandelS erzählt, ist in der Schweiz und in Rom gewesen. Tort hat er mit dem ehemaligen Bundespräsidenten Lachenal, hier mit dem Papste Pins X. selbst Zwiesprache gepflogen, und mit großer Beredsamkeit gibt er jetzt öffentliche Rechen schaft von dem Eindruck, den in seinem Geiste der Heilige Vater hinterlassen hat. Der frühere venetia- nische Kardinal, der in seinem ersten Rundschreiben ver sicherte, es gebe „für sein Pontifikat kein anderes Pro gramm und Ziel, als alles auf Christum zurückzuleiten", ist ihm ein Bild sanfter Tapferkeit. Mit „sehr sanfter Stimme" würde LeoS XIII. Nachfolger, davon hat sich der napoleonische Staatsmann überzeugt, sein „Xou swsimmn^" sagen; als „Held und Heiliger zugleich" werke er sich benehmen. Das Herr Ollivier übrigens mit dem „von Fanfaronade freien" Inhaber des Stuhles Petri gesprochen bat, erfährt man nicbt; höchstens, daß der Ueberlebende des BonapartiSmuü, der parlamentarische Kabinettschcf vom Z. Januar 1870, und Pius X. italienischer Worte zum Gedankentausch sich bediente». Desto fleißiger hat Herr Ollivier die Meinungen des Genfer Advokaten gebucht, den er anging, weil er für seine Vorschläge gegen die Tren nung von Staat und Kirche gern Bundesgenossen hätte. Der Verfasser des „Empire liberal", den ein Pariser Korrespondent nach weit verbreiteter Unsitte als „klerikalen" Politiker abftempelt, obwohl er eS nicht ist, will den Weg dcS Referendums, der Volksabstimmung ebnen. Heftig haben die republikanischen Kreise dem sich widersetzt, und da Herrn Ollivier« Hinterhältigkeit eine sehr heikle Frage berührte, wird vielleicht jetzt abermals um die Leiche der PlediszitSidee der Kampf zwischen den Macchiavellistcn, den „Feinden der Republik", und den Klubisten, den „guten Re publikanern", entbrennen. Die eigentümliche Verbindung, die hier vorliegt, braucht zar nicht unterstrichen zu werden; alle wissen die unauflös liche Einheit, die zwischen den Namen Ollivier uud Plebiszit besteht, und ihre Signatur des politischen Frevels, des komödiantischen Regisseurkniffs und ter Verderbnis. Am 8. Mai 1870 wurde durch eine kontrolierte Abstimmung des französischen Volke« der Mann „glorreich" bestätigt, der jetzt nur noch als der müde Schächer aus Victor Hugos hohlen Strophen, als der Lüstling, der in den Theatern die Frauen, in den Wäldern die Hirsche jage, und al« der schlotternde, verschminkte Gefangene von Sedan im Panoptikum des Zeitalters Figur macht. Am 8. Mai 1870 wurden 7 350 142 Ja, 1 538 825 Nein zur Urne ge tragen; 52 000 Nein kamen vom Heer und der Flotte, die übrigen aus den großen Städten, den Zentren der Opposition. Mau weiß auch, wie so der Advokat und Redner, den 1818 Ledrn - Rollin al« republikanischen Kommissär nach Pari« geschickt halte, und der seit 1864 der Regierung wohlgefällig war, bis er am 2. Januar die Leitung seines „konstitutionellen Ministeriums" erbeutete, zu dieser Belastungsprobe sich entschloß. Als Feind de« Herrn Thier«, den er di« zum Jahre 1879 so sehr haßte, daß er in der französischen AkadcmieHenrpMartinS Lobrede auf den ersten Präsidenten mit scharfen Angriffen erwiderte, war er zu par ¬ lamentarischer Macht gelangt. Seine heute erschöpfte, vor dreiunddreißig Jahren reizbare, unzuverlässige, mit den Fehlern der südfranzösischen Raffe behaftete Intelligenz ist von der Epoche die der Bürger Zola in „8on LreUooc« LugSne London" dargestellt hat, nicht zu sondern. Der Biograph RobespierreS, Hamel, hat behauptet, Herr Ollivier, habe für seinen Ver rat an der heiligen Sache der Republik eine jährliche Rente von 30 000 Franken erhalten; daS ist das gebräuch liche, vulgäre Mittel, sich mit dem Rätsel eines schwankenden Charakters abzufinden, den als Totalität niemand verteidigen wird. Am 23. Februar hat er, um die üble Erklärung des Ministers des Innern, Chevandier de Valdrome, unschädlich zu machen, die Wahlneutralität deS Gouvernements verkündet. Er spielte „V«. bamzuo"; die linke klatschte Beifall. Am 9. März folgte der Plan der Verfassungsänderung, und gleich darauf hatte Ollivier in den Plebiszitplan des „VizekaiserS" Rouher gewilligt. „Es gilt", diese Lüge prangte auf den ministeriellen Plakaten, „unserm Lande eine ruhige Zukunft zu sickern, damit auf dem Thron wie in der ärmsten Hütte der Sohn in Frieden seinem Vater folge." Am Nachmittag des VolkStageS wiesen die Nach richten auf äußerste Gefährdung, auf Ruin, abends auf Triumph, und am 9. August sank Las Kabinett des Herrn Ollivier, der für den Krieg „au cveur die Verant wortung übernommen hatte, in den Kot, verfolgt von den Flüchen derselben Menge, die ein Ouartal zuvor für einen Scheiuzweck gepreßt, mit Gendarmen und Fälschungen auS- genuyl worden war. Auch bis auf den gegenwärtigen Tag ist daS Plebiszit in Frankreich, welches durch diese Farce .reu gestiftet wurde, seinem Ursprung nichl entfremdet worden. In der Schweiz, die der Gesckichtsblätterer de« „biwpiro liberal" al« Beispiel verwerten wollte, war die Sache anders. Herr Lachenal hat stolz darauf hingewiesen, „daß in der großen föderativen Republik die demokratische Staatsform von keiner Seite in Krage gestellt wird, und daß das demokratische Gefühl festgewurzelt in den Herzen aller Schweizer ist." Dort gab es keine Agitation gegen die Staatsform. In Frankreich jedoch tauchte die „plebiszitäre Republik" immer nur dann aus, wenn die Republik der Thiers, Grövy, Brisson er schüttert war, wenn die Diktatur an die Tore pochte. Mit dem Plebiszit prahlte der General Boulauger, der auf dem Friedhöfe von Melles sich erschoß, der im Dezember 1888 gegen die Republikaner rief: „In Wirklichkeit haben sie nicht vor mir Augst, sondern vor dem allgemeinen Stimm recht", und der, verurteilt, das französische Volk „seinen einzigen Richter", umschmeichelte. Im Auftrag des Plebiszits hat der Boulangist Rochefort „das vor dem beschränkten Stimmrecht auf dem Bauche kriechende allgemeine Stimmrecht" mißhandelt, und plebiszitarisch gelobte der Boulangergruppc letztes Plakat: „Die Sache der VerfassungSdurchficht Hal keine Niederlage erlitten, nur eine Verzögerung." Die anti monarchischen Catone der dritten Republik haben niemals mehr als Ausflüchte gegen diese militärabsolutistische Folge rung der „Volkssouveränität", die sie heraufbeschworen, gehabt. „Nein, nicht größere Freiheit der Regierung brauchen die Mafien", warf Herr Kerry gegen den Boulangismu« ein, der „dem Volke die Ausübung seiner Souveränität wieder zuschenken" sich vermaß. Denn noch paßt auf diese Doktrinäre, die Enkel des Jakobinertums, was Taine vom Jakobiner der Bergpartei sagte: „Ihn kümmert nickt der wirkliche Wille der lebenden Franzosen, sein Mandat hat höhere Ermächtigung, eS ist ihm von der Wahrheit, der Vernunft, der Tugend verliehen." Diese „logische" Usurpation des französischen Radikalismus, dieser soziologische Rechen fehler ist die Voraussetzung jeglicher politischer Zerrissenheit im gallischen Lande. Von den Machenschaften der Parteien ist nicht der echte Ausdruck nationaler und gesellschaftlicher Not wendigkeiten abzulesen; die Entwickelung wird gewalttätig beschleunigt, Brüskerie wechselt mit Brüskerie, und ein Trug, ein Popanz ist das „Volk", mit dem die Agitatoren markten. Sie werfen Steine in den mächtigen Strom der Geschichte, trüben seine Reinheit, ändern willkürlich sein Bett. Vom Napoleonismu« ab hat die Bevölkerung etlicher Industrie zentren sich in den Vordergrund gedrängt; es verstummten die Ebene und daS Gebirge, zwei Drittel der Nation mußten von den Coterien in Paris, Lyon, Marseille sich bevormunden lassen. Aufs neue wütet heute der Dualismus, in dem Herr Bourgeois die Gutgesinnten, den „Block", gegen die „reaktionären Aben teurer" soeben wieder antrieb. Ueber diese laute Propaganda der Epigonen hat Herr Ollivier lächeln müssen; er, der selbst einst durch Demonstrationspolitik da« französische Volk schädigte, weiß, daß laute Propaganda von schlechtem Gewissen zeugt. Drum soll,wie er neiderfüllt, mißtrauisch,verbittert schließt, die Forderung de« Plebiszit« auch diesmal ihre lähmende Wir kung tun. Wir können nicht prüfen, ob eine Mehrheit der Bevölkerung Frankreichs im Ernstfall für die CombeSsche Ablösung der Kirche entstände. DaS „Heerlager der Reaktion", die „Action liberale", der „Sillon", die Hunderte von katholischen Vereinen mögen viele geistig unwertige Elemente umschließen, und auch die Majorisierung ganzer Raffen, wie die de- träumerischen bretonischen Schiffervolke«, dessen Sohn Renan war, durch die Meridionalen mag vom Erfolge nickt gestraft werden. Aber ratz ein Zweifel am anti ¬ klerikalen Ergebnis eines Plebiszites überhaupt möglich ist, schlägt die Gesetzfabrikanten des Parlament«, die Rabu list» der Briand«. Es schlägt sie nicht um irgend welcher gespenstischer „Volkssouveränität" willen, vielmehr weil nichts größere Schonung begehrt al« ethnische Vorstellungen, die kein schneller Fraktionsbeschluß abschafft. Hier gewarnt zu haben, ist ein Verdienst des Herrn Ollivier, und hätte er auch nur als „ackvocatus ckiudoU" geschrieben. Der turrirck-iapanizcke ffrleg. Baron Hajaschi über -ie Dauer beo Rriege» DaS Sonnlagsblatt „Weekly Despatch" veröffentlickt, wie der „Voss. ZU." aus London gedrahtet wirb, eine Unter redung seine» Vertreters mit dem japanischen Gesandten über den Krieg in Ostasien. Baron Hajaschi bestritt zunäckst die Richtigkeit der russischen Angaben über die Verluste der Japaner bei Port Arthur. Manche der sensationellen Petersburger Depeschen seien so albern, daß die Gesandtschaft es unterlasse, sie nach Tokio zu drahten. Auf die Frage, ob daS Ende der Belagerung nahe sei, antwortete der Gesandte, er habe guten Grund anzunekmen, daß die Ueberbleibsel der Russcnflotte von Port Arthur bald den Hafen verlassen werden. Ein solcher Ausfall würde natürlich bedeuten, daß das Ende nahe bevorstehe. Die weitere Dauer de« Krieges hänge von Rußland ab. So lange Rußland nicht den Frieden nach suche, müsse Japan weiter kämpfen. Japan sei ebenso gut imstande wie Rußland die Bürden eines langen Krieges zu tragen. Japans Handel mit dem Auslände seit dem Ausbruch des Krieges sei besser als je. Die Ausnahme einer neuen großen Anleihe im Auslande bereite der japa nischen Regierung nicht die mindesten Besorgnisse. Einzelne Nachrichten. Von der Armee Oku» meldet Reuters Bureau: Nach undatierten chinesischen Meldungen legen die Russen südlich von Mukden Gräben an und errichten starke Erdwerke. Sie befestigen auch den Eisernen Berglund Tieling. Ein Telegramm desselben BureauS aus schanghai lautet: Chinesische Regierungsbeamte kaufen große Mengen aus ländischer Vorräte aus, die von hier nach Tientsin ver laden werden sollen. Der Zweck ist unb kani^, aber gut unterrichtete Chinesen glauben, daß sie für die Russen be stimmt sind. Nach wieder demselben Bureau meldet ein Telegramm au» Kwerling (Provinz Kwangtsi), daß die chinesischen Truppen einen großen Haufen Rebellen bei Lochengbsien nach einem dreitägigen Gefecht besiegt hätten. Es heißt, die Boxerbewegung breite sich in den nördlichen Provinzen weiter aus. Aückwärtrbewegung der Japaner? Der Korrespondent der „BirShewija Wjedomosti" in Mukden telegraphiert vom 9. Oktober: Die allgemeine Lage auf dem Kriegsschauplätze in der Mantschurei änderte sich wesentlich. Die japanische Hauptarmee geht nach Süden zurück, die Japaner geben nichl nur die nach der Schlacht von Liaujang besetzten Positionen auf, sondern auch vorher genommene Stellungen. Ihr linker Flügel ist in den letzten Tagen um 50 km südlich gegangen und räumte u. a. Tsianchan, Sinangai, Saimabsi, Feichulin, in der Umgegend von Puandiansia». Nach demselben Korre spondenten beschlagnahmten die Japaner ein italienisches Fahrzeug, das versuchte, Mehl nach Port Arthur zu bringen. Die Heiinfahrt der „Smolensk". Aus le Havre, lO. Okober, wird gemeldet: Der russische Kreuzer „Smolensk" hat heute vormittag unter Salutschüssen den hiesigen Hasen wieder verlassen und setzte seine Fahrt nach Libau fort. Deutsches Keich. * Leipzig, tO. Oktober. * Ium lippischen Konflikt. Der lippische Landtag bat am Montag in Lage nach zweieinhalbstündiger Debatte einstimmig einen Beschluß gefaßt, worin er alle Versuches die dem Staat Lippe als Einzelstaat des Deutschen Reiche verfassungsmäßig zustehenden Rechte zu schmälern, aus, drücklich zurückweist und den Bundesrat ersucht, dahin zu wirken, daß die baldige, endgültige richterliche Ent scheidung der lippischen Thronfolgestreitigkeiten durch ein ordentliches Gericht oder ein Schiedsgericht in die Wege ge leitet wird. Bis jetzt liegt lediglich der dürre telegraphische Bericht vor, und man kann also noch nicht beurteilen, ob dem Landtage bei diesem Beschlüsse schon die Auslegung bekannt ge wesen ist, die Reichskanzler Graf Bülow dem vielbe sprochenen Kaisertelegramm gegeben hat. Sie ist durchaus offizieller Natur, denn sic findet sich in einem Schreiben, das der Reichskanzler unterm 8. ds. Mts. an den Vize präsidenten de« Lippischen Landtage« gerichtet hat und welche- lautet: Geehrter Herr Kommerzienrat! Sie haben mich heute münd lich um eine authentische Interpretation deS Telegramms Sr. Majestät des Kaiser« und Königs vom 26. v. Ml», ge. beten. Ich bin gern bereit, Ihnen meine Antwort schrift- lich zu bestätigen und ermächtige Sie unter Berufnnq auf mich öffentlich zu erklären, daß Se. Majestät der Kaiser mit diesem Telegramm lediglich bezweckt bat, die vorläufige Nichtvereidigung der Truppen für den Regenten und den Grund derselben mitzu teilen. Mit der Auffassung deS Bundesrat«, daß die Rechtslage noch ungeklärt sei, konnte Se. Majestät sich nicht in Widerspruch setzen. Jeder Eingriff in dir verfassungs- mäßigen Recht« d«S Fürstentum« hat Sr. Majestät dem Kaiser selbstverständlich ferngelrgen, und insbesondere liegt es außerhalb allerhöchstseiner Absicht, der derzeitigen Ausübung der Regentschaft im Fürstentum durch Len Herren Grasen Leopold zur Lippe irgend welches Hindernis zu bereiten. Wie stet« im Reich«, wird auch im vor ¬ liegenden Falle der Rechtsboden nicht verlassen werden und die lippische Frage wird ihre Erledigung auSichließlich nach Rechts- grundiätzen finden. Ich hoffe, daß es unter den Auivicien des Bundesrats bald gelingen wird, auf schiedsrichterlichem Wege zum Wohle des lippischen Landes zu einer endgültigen Lösung der Frage zu gelangen und werde daS Meinige tun, um dieses Ziel in möglichst kurzer Frist zu erreichen. In vorzüglicher Hochachtung (gez.) Graf von Bülow, Reichskanzler. Das Schreiben des Reichskanzlers bestätigt die von uns von anfang an kundgegebene Auffassung, daß der Kaiser gegen die einstweilige Ausübung der Regentschaft durch den Grasen Leopold nicht remonslrirt hat, sondern daß es sich lediglich um einen Akt des König« von Preußen als Mitumerzeickner der am 1. Oktober 1867 in Kraft getretenen preußisch-lippischen Miluärkonoention handelt. Nicht gehoben sind durch bas Schreiben des RelchskansterS aber die Bedenken^ die sich aus der ausfälligen Form des Kauertelegramms und ans der nicht minder auffälligen un mittelbaren Verknüpfung von BeileidSerllärung und Protest ergeben. Wäre statt des Telegramms etwa eine Form der Mitteilung gewählt, die sich inhaltlich etwa mit dem vorstehend abgedruckten Schreiben deS Reichskanzlers gedeckt hätte, und wäre diese Mitteilung unter Gegenzeich nung des Grafen Bülow erfolgt, so wäre viel Mißstimmung vermieden worden und manches harte Wort, das jetzt in be greiflicher Erregung im Lippischen Parlament gefallen ist, wäre ungesprochen geblieben. Vor allem aber wäre auch der Erörterung im Reichstage von vornherein eine Schärfe ge nommen worden, die man schon jetzt als sicher zu erwarten bezeichnen kann. Von Berliner Preßstimmen liegen un« bis jetzt nur wenige vor. Die „T. Rundsch." schreibt: „Diese Erklärung des Reichskanzlers wird zweifellos viel zur Beruhigung der hochgehenden Erregung im Fürstentum Lippe bei tragen. Daß aber die in dem Schreiben des Grafen Bülow ver- treten« Auffassung von dem Recht des Kaisers, die Bereidigung des Militairs vorläufig zu verbieten, von der Lippische» Regierung nicht geteilt wird, geht aus der Erwiderung der offiziöse« „Lippischen Landeszeituug" hervor." Die „Berliner Zeitung" bemerkt: „Im Gegensatz zu dem Kaisertelegram« wird daS Kanzler schreiben allenthalben mit Befriedigung ausgenommen werden. Stellt sich doch Graf Bülow aus den allein korrekten Standpunkt, daß ein baldiger schiedsgerichtlicher AuStrag der Streitigkellen herbei zuführen sei. Wenn daS Schreiben behauptet, der Kaiser habe den Grafen Leopold gar nicht an der Ausübung der Regentschaft hindern wollen, so läßt diese Behauptung zwei Schlüsse zu: ent weder hat der Kaiser von vornherein den richtigen Standpunkt fest gehalten, aber nicht die richtige Ausdrucksweise gewählt, die dann mißverstanden sein mußte, oder aber der Kaiser hat inzwischen seine irrige Meinung korrigiert. Wie dem auch sei: eins wird der Kaiser wohl aus dem Schreiben des Reichskanzlers entnebmen, nämlich, daß er gut daran tut, dem Manne, der verfassungsmäßig die Berantwortung zn übernehmen hat, künftig die Gegenzeichnung derartiger Telegramme zu ermöglichen." Schließlich citieren wir noch folgende Aeußerung der „Nat.-Ztg.": „Eine schriftliche Erklärung Les Reichskanzlers an den lippischen Landtagspräsidenten hat nunmehr den offensichtlichen Beweis ge liefert, daß die maßgebenden Faktoren bestrebt sind, dem Konflikt die Spitze zu nehmen." Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht auch in seiner heutigen Nummer keinerlei Mitteilungen über die Detmolder Verband- lungen und bas Schreiben des Reichskanzlers, obwohl der offizielle Draht beide verbreitet hat. * Katholiken und Freimaurer. Vor kurzem war in diesem Blatte auf die Ansprache eines Gymnasial professors bei Eröffnung des Regensburger Katholiken tages hingewiesen worden, die schwere Anklagen gegen die Freimaurer in Bausch und Bogen enthielt. Denselben tritt die in Leipzig erscheinende „Freimaurerzeitung" ent gegen, obgleich in der Regel die Loge Angriffe aus jenem Lager unbeachtet läßt, von Zeit zu Zeit aber dies zu tun, dürfte dock angezeigt sein. Wir lassen die sebr ruhig und objektiv geschriebene Entgegnung, welcke in Form eines offenen Briefes an Prof. Dr. Lrnk in Regensburg gehalten ist, folgen. Sie lautet: Sehr geehrter Herr Professor! Sie werden eS vielleicht als einen ungewöhnlichen Akt persönlichen Hermuretens an Sie empfin den, wenn ich um die Erlaubnis bitte, aus einen Satz Ihrer am 22. August gehaltenen bedeutsamen Begrüßungsrede bei Eröffnung des 51. Katholikentages in Regensburg einzugehen. Nach dem Be richt des Leipziger Tageblattes (Abendblatt vom 23. August) sollen Sie gesagt haben: „Männer von Stand und Bildung erbeben Winkelmaß und Kelle, die Zeichen des Freimaurertums, zu ihrem Symbol und organi'ieren einen haßerfüllien Kampf gegen da- Symbol des Kreuzes." Dieser schwere Borwurs gegen di« Loge, freilich oft erhoben, beruht aus einer vollständigen Berkennung des Wesens der Frei- mauere, und einer gänzlich irregeleiteten Auffassung ihrer idealen Bestrebungen. Die Loge besaßt sich grundsätzlich weder mit politischen noch mit konfessionellen Angelegenheiten. Weit entfernt, die Religion und die christliche Kirche zu hassen und zu befehden, fördert sie durch ihre die Gewissen schärfenden Lehren, die sich von denen des Christentums in der Pflege der Menschenliebe und in der Anbetung Gotte- nicht unterscheiden, Religion und Christentum. Auch gegen die kirchlichen Dogmen verhält sich die Loge in keiner Weise gegnerisch. Sie überläßt nur, da sie für Gewissens freiheit eintritt, ihren Mitgliedern die Stellungnahme hierzu nach eigener, nickt von außen aufgezwungencr Ueberzeugung. Unser hochseliger Br. Kaiser Wilhelm l. stand auf streng positivem Boden. Auf gleichem Standpunkte befindet sich der bescheidene Schreiber dieser Feilen. Ter Förderung von Religon und Christentum gegen den weit verbreiteten Unglauben und den flachsten Judiffereulttma« unser«
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