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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.09.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-09-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040915028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904091502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904091502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-09
- Tag1904-09-15
- Monat1904-09
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Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Pctitzeile 25 Reklamen unter dem RedaktionSstrlch (4gespa!ten> 75 zH, nach den Familiennach richten l6 gespalten» 50 Tabellarischer und Zisfernsatz entsprechend hoher. — (Gebühren siir Nachweisungen und Lfsertenannohme 25 zH. Annahmeschlus; für Anzetgeu. Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. tspn «-Beilagen lgeialztl, nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung X 60.—, m ' t Posibesörderung 70.—. Anzeigen sind sie.- an die Expedition zu richten. Tie Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Truck und Verlag von E. Pol; in Leipzig (Inh. Or. V., R. Sc W. Klinkhardt). Nr. 472. Donnerstag den 15. September 1904. 98. Jahrgang. Vas Wichtigste vom Lage. * Der Kaiser begab sich heute früh 5 Uhr 27 Min. mittels Sonderzuges nach Grevesmühlen und von da im Automobil nach dem Manövergelände. Die Kaiserin, der Großherzog, die Großherzogin von Mecklenburg und die übrigen Fürstlichkeiten begaben sich um 6 Uhr 58 Min. mit Sonderzug nach WiSmar und von dort nach dem Manöver gelände. * Die Vorschläge des Reichsschatzamteö wegen Ab ¬ änderung des Brausteuergesetzes sind den Einzel regierungen zur Begutachtung übersandt worden. Die bis jetzt eingelausenen Antworten sind zum Teil sehr umsang reich, sie werden zur Zeit einer eingehenden Prüfung unter worfen. * Der preußische Kultusminister I)r. Studt ist in Budapest eingetroffen und besichtigte mit dem unga rischen Unterrichtsminister verschiedene Bildungsinstitute. siairermanövrr. Don unserm Spezialkorrespondenten für das Kaiser- Manöver wird uns geschrieben: * Friedrichshagen i. M., 14. September. Die Nacht vom 13. zum 14. September hatten beide Parteien in wenig beneidenswerten Biwaks verbracht. Am Abend des 13. öffneten sich des Himmels Schleusen und brachten den sonst ja sehr erwünschten, über den blwa- tierenden Truppen nicht gerade besonders angenehmen Regen.-Strippenregen von ^7 Uhr bis Mitternacht. Doch unser Soldat verliert die Laune nicht, wenn er erst ein mal sein Biwatstroh trocken unter das Zeltdach gebracht hat. Und das schien allenthalben geglückt zu sein: denn um 5 Uhr nachmittags sah man die Zeltlager von Rot von Grevesmühlen fast bis an den Schweriner Lee auf geschlagen. Bei Grevesmühlen die Kavallerie-Tivisioir .V, dann links anschließend die 17., 41. und 18. Division, in sicherer Obhut hinter der vorgeschobenen Vorpostenlinic. Gegenüber, durch einen Geländestreifen von ä Kilo metern getrennt, das Gardekorps. Ter von Lübeck niil den fürstlichen Gästen des Kaisers und den Vertretern der Presse abgehende Sonderzug brachte uns um 6 Uhr nach Station Bobitz, nordwestlich des Schweriner Sees. Ter Kaiser war schon um 4 Uhr mittels Automobils von Schwerin aufgebrochen, um heute die Führung des Gardekorps (Blau) zu übernehmen. Die Lage am heutigen Morgen war folgende: Das 9. Armeekorps (Rot) stellt sich um 7 Uhr vormittags zum Angriff bereit mit der 17. Infanterie-Division nord- lich Klein-Krankow, der 18. Infanterie-Tivision bei Bobitz. Tie Kavallerie-Division geht in südöstlicher Richtung vor. Tic gestern gelandete 37. Brigade stehl von 9 Uhr vormittags 7—8 Kilometer hinter dem rechten Flügel zur Verfügung des 9. Armeekorps. Bei Blau bestehen folgende Absichten: Tas Garde korps will den Feind angrcisen. Tazu stehen um 6 Uhr 30 Min. vormittags vormarschbereit die 3. Garde-Jnsan- terie-Tivision an der Stegenitz aus dem Wege Groß- Eichsen—Moltenow, die 1. (Yarde-Jnsanterie-Division bei Mühlen-Eichsen, die 2. Garde-Jnsanterie-Trvision bei Rüting gegen Testorfer Steinfort. Die Garde-Kavallerie- Tivision bei Diedrichshagen. In der Linie Friedrichshagen—Bobitz—Dambeck nahm Rot den Angriff des Gardekorps an. Auf dem Vormarsch zu diesen Stellungen, die weit überhöhend ein geräumiges Schußfeld boten, wurde auf dem rechten Flügel die 17. Infanterie-Division von der Garde-Kavallerie-Division attackiert. Die rote Kavallerie-Division drängte aber die Garde-Kavallerie zurück. Zu einer eigentlichen Attacke zwischen den beiderseitigen Kavallerien kam es jedoch nicht. Auf den Höhen östlich Bobitz gingen 24 Batterien in Stellung. Während am gestrigen Tage sich im Ge lände alle Bewegungen der berittenen Waffen durch himmelansteigcnde Staubwolken weithin bemerkbar mach- ten, und man aus der Schnelligkeit des Wolkenflugs ent nehmen konnte, ob Kavallerie oder Automobile oder Fuß- truppen seine Erreger waren, fehlte die Nachrichtenpost durch den Staub heute vollkommen: zu brauner Suppe im Regen verarbeiteter Staub verrät nichts oder doch etwas, nämlich daß eS auch für Militärautomobile verminderte Geschwindigkeiten gibt, jür gewöhnlich fahren diese Chaussee-Schrecken ü in Gordon-Benett. Schon lange vor Antritt der Bewegungen bei Blau stieg der Nachrichtenballon bei Blau auf und leuchtete sozusagen in die Geländefalten bei Not, so daß dein Gardekocps bald die Kenntnis über die rote Stellung geworden sein mußte. Bei Rot vermißte ich den Nachrichtenballon zunächst, später stieg auch er an den Himmel. Ter erste Ausstiegs versuch hatte, wie man mir mitteiltc, aus irgend einem Grunde zur Explosion der Gasfüllnng geführt: statt des Ballons stieg eine Fenersäule in die Höhe, derBallo n Ivar verbrannt und ein B e d i e n n n g s m a n n schwer verletzt. Taher die Verspätung in der Ballonbeobachtung. Ans der Höhe von Bobitz, wo der Oberschiedsrichter Prinz Albrecht von Preußen hielt, beobachtete ich die Ent wickelung des Angrisfs von Blau. In mustergültiger Ge- ländeausnntzung war vom Kaiser das Gardekorps in die Linie Neu-Mcteln— Talliendorf—Schönhof—Harms- Hagen—Testorf vorgesührt und vormarschbcreit ge gliedert worden. Besonders die Garde-Artillerie fuhr brillant in Stellung: auch nicht das Geringste war von der Einnahme der Position zwischen Talliendorf -Lchön- Hof, wo der Kaiser selbst hielt, zu sehen. Erst der erste Kanonenschuß verriet naturgemäß die Stellung. Um acht Uhr begann das Artillerie-Tuell mit ziemlicher Heftigkeit, 3000 Meter war die Entfernungsangabe. Unter dem Kampfe der beiden Artillerien vollzog sich die Gliederung von Blau in aller Stille: auch sic war nicht zu bemerken. Auch ein Blick durch eines der besonders konstruierten Scherenfernrohre, die zur Benutzung der Mauöverleitung aufgestellten und in unbewachten Momenten auch unter nehmenden Berichterstattern einen Augenblick zu Dien sten sind, lehrte, wie sorgfältig Blau das Gelände zum Anmarsch benützte. Allerdings ist nicht jedes Gelände so geeignet zur unbemerkten Bcreithaltung von Truppen, wie gerade heute bei Blau. Nach drciviertelstündigem Feuerkampfe galt Blau als der roten Artillerie überlegen. Von Blau aus habe man, wie ein Schiedsrichter bemerkte, deutlich die Protzen nebst Bespannung der östlich Bohitz stehenden roten Artillerie sehen und unter Feuer nehmen können. Im Ernstfälle hätte der erste Schuß diese Belehrung rascher erteilt und wohl zur Abhülfe des Uebclstandes geführt. Nun kamen in breiten Linien, zum Feuergcfecht entwickelt, die Schutzen der 3., 1. und 2. Garde-Insantcrie-Twision aus ihrer Deckung heraus und näherten sich der Stellung von Rot. Rot eröffnete das Feuer mit der 41. und 10. Division, die 17. Division aus dem äußersten rechten Flügel stieß hierbei, den Angriff der Verteidigung vorziehend, auf Harmshagen vor, konnte aber nicht weiter Vor dringen. Während, soweit ich den Angriff von Blau übersehen konnte, er sich allenthalben in zweckentsprechen der Form vollzog, wollte mir speziell das gegen das Bobitzer Zentrum gerichtete Vorgehen der 1. Garde-In- fanterie-Division nickt gefallen. Hinter den Vorwärts strebenden Schützenlinien folgten lauge, geschlossene Ab teilungen, zwar in Linie, aber doch geschlossen. Der gänzliche Mangel an Deckung gegen Sicht kann ja natür lich nicht der Tivision zum Vorwurf gemacht werden, wo keine Deckung vorhanden ist, ist eben keine. Dann müssen aber anstandslos alle Formen aufge geben werden, die dem feindlichen Feuer Nahrung bieten, also auch die g e sch l o ss e n e L i n i e. Das schreibt das Reglement klipp und klar vor. Beim Vor gehen längs der Straße Schönhof—Bsbitz gegen die Bobitzer rote Feuerstellung durfte es keine geschlossenen Linien geben, sondern nur Schützenlinien, bis in die hintersten Staffeln, sobald sie einmal das freie Gelände betraten. Hier hätte die Garde bluten müssen, trotz der geschwächten Artillerie von Rot, daß die Sanitätstruppen des ganzen Korps für die 1. Garde-Tivision nicht aus gereicht hätten. Als ob unser treffliches Gewehr aus 800 und 900 Meter nicht seine erschöpfendste Leistung hatte! Der Schematismus des Exerzierplatzes, dem doch gerade die zwaugfrcieu Manöververhältuisse Wandel schaffen sollen, hier feierte er beharrliche Triumphe! Ick beziehe mich hierbei nur ans das Vorgehen des Teiles der 1. Garde-Iufauterie-Tivision, der südlich der Straße Schönhof—Bobitz sich befand: ich glaube, es war das 1. Garde-Regiment. Seine Ankunft in der Stellung bei Rot habe ich nicht abwarten können, weil ich auf dem südlichen Flügel noch das Gefecht zwischen der 18. roten Division mit der 3. blauen Garde-Tivision beobachten mußte. Hier vollzog sich das Gefecht in der Weise, daß der linke Flügel der 18. Division von den Leib-Garde- Husaren attackiert wurde, bevor die Garde mit wirbeln den Trommeln vorging. Tic Attacke wurde von Rot zu rückgewiesen: nach meinem Empfinden war aber, wie wohl das vorauszusehen war, der Einsatz einer Attacke seitens des Leib-Garde-Husaren-Negiments in cchelo- nierter Form nickt zu hock, denn er arbeitete der 3. Garde- Division energisch vor und half hier immerhin eine Wider standskraft schwächen, die das Feuer der Infanterie noch wenig erreicht hatte. Nur möchte ich dabei als etwas be denklich bezeichnen, daß das Regiment auf die eigene In fanterie zurückging, anstatt uni ihren rechten Flügel aus- znbiegen. Auf die eigene Truppe zurückflutende Kavallerie niaskiert das Gesichtsfeld und hebt nicht gerade den Vor wärtsdrang der Infanterie. So wurde denn Rot vom Garde-Korps unter des Kaisers Führung aus seiner Stellung geworfen. Es ging auf der ganzen Linie gegen Wismar ,^irück und wird in einer Stellung zwischen Tressower ^ee und Beidendorf biwakieren. Blau wird annähernd in der eroberten Stellung die Nacht ver bringen. Morgen wird der Kaiser die Führung von Rot übernehmen. Tie Landungs-Brigade, die heute von 9 Uhr vormittags an bei Groß-WalmSdocf zur Ver fügung des 9. Armeekorps stand, hat sich nach dem rechten Flügel von Rot hingezogen, trat aber heute noch nicht ins Gesecht. Für die Manöverzuschauer gab es heute reichlich viel zu sehen. Tas ganze Gesecht als solches ließ sich vortreff lich von Bobitz aus überblicken. Tie Kaiserin erschien zu Pferd um 9 Uhr bei Not in Begleitung einer Hofdame und ihrer Eskorte. Sie ritt dann zu Blau hinüber. Im schwarzen Reitkleid mit Zylinderhut, wurde sie von einem prächtigen Schwarzbraunen getragen. Besonders staute sich das Publikuni bei der Abfahrtsstelle der Hofzüge an der Haltestelle Bobitz. Hier fuhren erst die mecklenbur gischen Herrschaften ab, sodann die Kaiserin, die einen gelben Mantel über das Neitkleid geworfen hatte, dann der Hofzug des Kaisers, und schließlich der Lübecker Sonderzug mit den Fürstlichkeiten, die in Lübeck Quar tier genommen haben. Ter Kaiser sah mnnter nnd ge bräunt aus. Er unterhielt sich lebhaft mit Prinz Heinrich und dem Prinzen Albrecht von Preußen, ferner mit Lord Lansdale, Oberst French und anderen fremdherrlichen Offizieren. Ter Lübecker Sonderzng beförderte auch die Vertreter der Presse vom Kriegsschauplätze zurück. Unterwegs fuhr der Zug an den Plätzen vorüber, wo sich Blau fü>- die Nacht biwakmäßig einzurichteu versuchen wird. Nach dem voraufgegangenen Regen und der unangenehm fröstelnden Empfindung, die jeder heute vom Manöver gelände mitbringt, kann man den Truppen, die sehn süchtig dein Sonderzuge nachsahen, nur zurufcn: Jung Deutschland, werde hart! ver ruzzisch-iapsnizche Krieg. Rurspatkin» Bericht über -re Kämpfe bei Lia»,fang. Ein Telegramm General Kuropatkins an den Kaiser vom 1l. September besagt: Auf Grund von nunmehr festgestellten Einzelheiten der Kämpfe der verschie denen Armeekorps vom 26. August an ist e- möglich, folgende allgemeine Schilderung dieser Kämpfe zu geben: Am 26. August hatte die Mantschureiarmee in drei Ab teilungen Stellungen bei Pegu unk Auping auf dem linken Flügel, bei Llankiansiaii im Zentrum und bei Anschantschan auf dem rechten Flügel inne. An demselben Tage gingen die Japaner aus der gauzeu Front des Zentrums bei Liandiansian zum Angriff vor. Alle Angriffe der Japaner wurden zurück geschlagen. Auf dem liiiteu Flügel behaupteten wir nach einem hartnäckigen Kampfe die Hanptstellung bei Anping, aber die Japaner bemächtigten sich der Stellung bei Pegu und bedrobten dadurch den Rückzug des den linken Flügel bilden den Korps. Im Tale des Tanhe wurde gleichzeitig ein Um gehungsversuch der Stellungen unteres linken Flügels bei Anschantschan mit bedeutenden Kräften bemertt. Ich führte alle Armeekorps aus die vordersten Positionen bei Liaujang, indem ich die Stellungen bei Liandiansian und Anping be nutzte, um Zeit zu gewinnen und dem Feinde schwere Ver luste zuzufügen. Infolge des bergigen Geländes auf der Ostfront, und der vom Regen aufzeweichlen Wege auf der Südfront war der zweitägige Marsch nach Liaujang äußerst beschwerlich und wurde nur dank der selbstverleugnenden Tätigkeit aller Mannschaften auf dem Ostflügel in voller Ordnung ausgeführt. Hierbei wurden die ganze Artillerie und der ganze Train unter unsäglichen Müben über die Pässe geicbafft. Noch schwieriger war der Marsch durch die Ebene. Bei der linten und der mittleren Kolonne gelang eS uns, die ganze Artillerie und den Train glücklich nach Liaujang zu bringen. Der Marsch der rechten Kolonne westlich von der Eisen bahn war besonders schwierig. Inzwischen griff der Feind in bedeutender Stärke unsere Nachhut an, welche mit ihm heftige Kämpfe zu bestehen hatte. Eine der Batterien geriet beim weiteren Rückzug in einen Sumps. Der Batterie mußte Hülse gesandt werden und um sie zu decken, blieb die Nachhut des Generalmajors Rutkowski länger in ihrer Stellung, als unter anderen Umständen nötig gewesen wäre. Die Abteilung erlitt schwere Verluste. General Rutkowski selbst und Oberst leutnant von Raaden sielen. Trotz aller Anstrengungen und Opfer mußte die Batterie zurückgelassen werden. Am 29. August war die Armee bei Liaujang zusammen gezogen worden. Ein Armeekorps besetzte eine -Stellung aus dem rechten User des Taiticslusses, die anderen Korps die Stellungen auf dem linken User. Am 30. und 31. August griffen die Japaner äußerst energisch unsere vordersten Stellungen an, wurden aber überall mit ungeheuren Verlusten zurückgeschlagen. Auf unserm rechten Flügel nnd dem Zentrum wurden während dieses Kampfes zahlreiche Gegenangriffe, bei denen es zum Bajonettkampf kam, ausgeführt. sowohl die Spezialreserven als anch Teile aus der allgemeinen Reserve mußten heran gezogen werden. Am 3 l. August setzten auf das reckte Ufer des Taikse be deutende Abteilungen der Armee Kurolis über. Am 30. und 3l. August wurde unser linker Flügel, gegen den die Armee Kurokis vorgeben mußte, verbältniümäßig schwach angegriffen. Man konnte daher mit Recht voranssetzen, daß die Hauptkräfte Kurokis zu einer Umgehnng unseres linken Flügels bestimmt waren nnd nm unsere Verbindungen abzuschneiden. Unter diesen Umständen entschloß ich mich, die Truppen von den vordersten Stellungen auf die Hanptstellung zurückzuziehen und bedeutende Streitkräfte gegen die Armee Kurokis zusammenzuziehen, um ihn an den Taitscfluß zu drängen, der nur an einigen Stellen passierbar ist. Dieses Manöver wurde mit gutem Erfolge auSgesührt. Ohne von den Japanern beun ruhigt zu werden, begannen wir die vordersten Stellungen zu räumen, die uns schon einen großen Dienst geleistet hatten, da sie es ermöglicht hatten, den Gegner durch große Verluste zu schwächen. Dank den ergriffenen Maßregeln gelang es trotz der dunklen Nacht, alle unsere Truppen, die zum Angriff bestimmt waren, am l. September auf das rechte Ufer des TaitseflusseS überzusctzen. Erst gegen Abend desselben Tage besetzte der Feind die von uns geränmten vordersten Stellungen und eröffnete ein Artillcrieseuer gegen Liaujang. In die Hände des Feindes sielen auch nicht die geringsten Trophäen. Für die Aktion der auf ras rechte Ufer übergesetzlen Truppen hatte ich folgenden Plan entworfen. Die Armee Feuilleton. izi „Durchgerungen." Roman von JosephineSiebe. Nachdruck verboten. Nicht nach Künstlerruhm stand ihr Ehrgeiz, aber so weit wollte sie kommen, daß sie immer seine Kunst ver stehen konnte, daß er sie nicht einst als eine Fessel em pfand. Trotz ihrer Jugend und ihrer weltfremden Erziehung befaß Elisabeth doch einen klaren Blick, und sic sah, daß, wenn sie einst an eines Künstlers Seite stehen wollte, mußte sie auch seinem Schaffen, seiner Kunst ein volles Verständnis entgegen bringen können. Unbewußt fühlte sie, daß er in ihr mehr das Weib sah als eine ebenbürtige Gefährtin und daß darin für ihr Glück eine so große Ge fahr lag. Ucber ihre Zukunft sprachen sie, wie tändelnde Kinder von Märchen sprechen, in diesen Zukunftsplänen war alles licht, überschwenglich, reich und schön, sic schachten mehr in den Wolken als im realen Leben und begannen immer mit der Zeit, da Wolfgangs Ruhm schon festbegründek stand. Tas Mädchen war viel zu fein empfindend, um den Mann zu einem festen Verlöbnis zu drängen, sie wußte, er würde noch Jahre brauchen, um ganz auf der Höhe zu stehen, und bis dahin mußte sic eben in der Stille warten und hoffen. Ihre Liebe war aber auch so rein, so vertrauensvoll, daß ihr vollkommen fein Wort genügte, daß er sic liebe: wenn die Zeit erfüllt war, würde er schon kommen und sie heim holen, dazu brauchte sie gar nicht seine Versicherung, der Glaube entstand ihr un vcrbrüchlich aus ihrer Seele. Und Wolfgang Stritt gab sich noch mehr dem Augen blick hin wie Elisabeth, er liebte diese, wie er noch nie geliebt hatte, obgleich er trotz seiner Jugend schon mancherlei Erfahrungen besaß, denn er war eine leiden schaftliche. leickt entflammte Natur. Aber Elisabeth liebte er anders, wie jene Frauen, die bis dahin einen kurzen Einfluß auf ihn gehabt, er liebte sie mit einer ganz jungen heißen Liebe, voller Enthusiasmus und Ehrfurcht vor dieser reinen, keuschen Mädchenseele. Manchmal, wenn er allein, dem Zauber ihrer Nähe entrückt war, und sich zu klarem Nachdenken zwang, dann sand er diese Liebe sentimental und lächerlich, sie war so wunschlos und zart, er reizte sich selbst auf, redete sich in einem gewissen Cynismus hinein, den er interessant fand, ohne zu bemerken, daß er ihn kleidete wie einen Mönch ein Blumenkranz. Alle diese geschraubten, mühsam sich selbst ausgedrungenen Empsindungen verschkvandcn, wie das düstere Himmelsgrau vor der Sonne, wenn er in das lieb liche, in Unschuld und Liebe strahlende Gesicht Elisa beths sah. Ta vergaß er alles, da war er jung nnd ungc künstelt, da dachte er nickt mehr an sein Herrenmenschen tum, an seine kühle Blasiertheit, die er wie seine künstlich verwirrte Haarsrisur bis dahin als Attribut eines Künstlers angesehen, da war er nichts als ein Mensch, einfach, natürlich, sich glücklich seiner Jugend, feiner Genialität bewußt. Ta konnte er lachen, froh aus tiefem Herzensgrund, da jubelte er mit dem Mädchen Lim die Wette, wenn sie zusammen durch den duftenden Wald schritten, sie pflück ten Blumen, und Elisabeth ließ es sich gefallen, daß Wolf gang sie damit schmückte, und wenn sie sich müde gelacht und gejubelt, faßen sie auf einer Bank oder am Waldes rand und schauten träumend mit großen, seligen Augen auf die schöne blühende Welt. Tic von schmalen Wasserläufen durchzogenen Laub Wälder, die sich an die Stadt anschmiegen, bieten liebliche, aber keine großartigen Naturschönhciten, unc> doch be- geisterten sich die beiden jungen Menschen stets auf? neue, sic faildcn alles schön, selbst an grauen stillen Regen tagen, dann war es so traut nnd heimlich, durch die Wäl der zu wandeln, leise tropfte der Regen hernieder, und nur sein Rauschen unterbrach die schweigende Einsamkeit, dann schmiegte sich das Mädchen fester an den Mann, und flüsternd, als könne ihr lautes Sprechen die sckliini merndcn Waldcsgeister wecken, sprachen sic von oem, was ihnen das Wichtigste auf der Welt war, von ihrer Liebe. Gerade dadurch, daß er sich so schlickt gab, daß er sich aller Unnatur entkleidete, nahm Wolfgang immer voll ständiger Besitz von Elisabeths Seele, Diese begriff gar nicht mehr, daß sie im Anfang Furcht vor diesem Manne empfunden, ihr war es rätselhaft, daß er ihr jemals nn heimlich und abstoßend erschienen, dieser einfache zartfiih lende Mensch, dem sie so rückhaltlos alle ihre Gedanken enthüllen konnte. Sie läckieltc über sich selbst, über ihre kindische Angst und manchmal fragte sie sich wie staunend „ist er denn ein anderer geworden?" Nach jenem Konzert batte sic den Geliebten nur nock einmal spielen gebärt, in einem Konzert in der Thomas kirckc. Er wußte, daß Elisabeth anwesend war, und dieser Gedanke begleitete ihn bei seinem Spiel: ihm war es, als spüre er den Zauber ihrer Nähe, vielleicht noch nie hatte er mit so tiefer Innigkeit, so reiner Inbrunst ge- spielt, wie an diesem Abend, es klang wie ein hohes Lied znm Preise der himmli'chcn Liebe. Unten im Schilf saß Elisabeth und nahm die Töne in ihr Herz auf. nnd in dieser Stunde verlor sic den letz ten Nest jener heimlichen zitternden Angst, die sic einst empfunden, sie sah wie eine Hellseherin den Goldgrund seiner Seele, aber alle die üppigen Unkrautpflanzen, die Eitelkeit und Egoismus um ihn gezogen, blieben ihr ver borgen. Naber nnd näher kam die Zeit der Sommerferien, Elisabeth in ihrem Liebestranm merkte kaum, daß die Zeit entschwand, und wenn in Pennon Heimann von dec nahen Reifezeit gesprochen wurde, dockte sie uur voll Trauer an die bevorstehende Trennung von dem Ge liebten. Eines Tages an de, Mittagstafel erklärten Marn und Grace Gordon ganz unerwartet, sie würden morgen nach der Schweiz reise» nnd von da direkt nach Amerika znrücktelnen: die hübsche Grace lächelte dabei und zeigte ibre blendend weißen Zähne, die schien eS gar nicht zn bemerken, daß Wassili) Iwanowitsch Olsuwicw sehr blaß geworden war und sie mit seinen schönen, melancholischen Augen unverwandt ansah, sie lächelte auch, als sie nach Tisch an Ur. Olsuwiew vorbei zur Tür ging, kühl und ein wenig grausam war dies Läciicln. „Grace, meine Liebe, ick fürchte, du hast die Sacke zu ivcit getrieben", sagte Marn Gordon, als die beiden jungen Mädchen in ihrem Zimmer allein waren, der
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