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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.09.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-09-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040912023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904091202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904091202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-09
- Tag1904-09-12
- Monat1904-09
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Anzeigen-Preis die «gespaltene Petitzeile 25 Reklame» unter dem RedaktionSslrich (-gespalten) 7Ü nach den Famillenaach« richten (6 gespalten) bO -H. Tabellarischer und Ztffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahm« 8b Aunatzmeschlutz für Auj»»,en: Ab«ad«Ausgabe: vormittag« 10 Uhr. Morge».Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Ertra-Ycilagen lgefalzt), nur mtt der Morgen-Abgabe, ohne Postbesvrderung SO.—, m't sßostbefvrdernng 70.— Anzeigen find stet« an di» Lrprdittou zu richten. Die Erpedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pole in Leipzig (Inh. vr. B., R. L W. Kltnthardt). Nr. M. Var Äicdtigrtr vom Lage. * Die bei dem gestrigen Automobiluafall bei Altenburg getötete Person ist ein Fräulein Frieda Drechsel aus Avers i. D. Sie wohnte inL «ip) ig bei einer Verwandten. (G. Sonderbericht.) * In Deutsch-Neuguinea haben Eingeborene eine katholische Mission angegriffen und fünf Priester und fünf Schwestern ermordet. (S. Dtsch. Reich.) * General Trotha meldet einen neuen Zusammen stoß v. Estorsfs mit Herero, wobei ein deutscher Reiter leicht verwundet wurde. (S. letzte Nachr.) * Fürst Ferdinand von Bulgarien wird heute nach mittag vom Kaiser Franz Joses zu Wien in besonderer Audienz empfangen. (T. AuSlV.) * Prinz Georg von Griechenland ist gestern von Wien nach Petersburg abgereist. * In Petersburg wurden zwei japanische Marine offiziere verhaftet, die dort Spionage trieben. ^,S. russ.-zap. Krieg.) Schweriner lZairerlage. Von unserem Spezialkorrespondenten für die Kaiser- Manöver wird uns geschrieben: Schwerin, 11. September. Die alte Obotritenstadt am grünen Seegeslade steht unter dem festlichen Zeichen des Kaiserbesuchs. Ten Schwerinern rst der Kaiser kein Fremder mebr. Am 1. Oktober 1899 weilte er mit seiner erlauchten Gemahlin als Gast des verewigten Grobherzogs Friedrich Franz Hl. in dem stolzen Schlosse, das als Wahrzeichen die Reiter- figur des Wendenfürsten Niklot führt; am 1. August 1902 kehrte er wieder dorthin, von dem jungen Grobherzog mit feierlichem Gelübde bewillkommnet. Diesmal aber ist der Kaiser den Herzen der getreuen Mecklenburger dadurch noch unendlich viel näher gerückt, daß sein ältester Lohn eine Tochter ihres Herrscherhauses, die ob ihrer natür lichen Anmut in hohem Matze populäre Herzogin Cecilie zu seiner Gemahlin erkoren hat. Schwerin ist eine Stadt voll beschaulicher Ruhe und stillen Behagens. Es ist hineingebaut in die zerrissenen Südufer des groben Schweriner Sees, der ringsum von lachenden Feldern und schattigen Wäldern mit durchschimmernden Schlös sern und Kirchen eingerahmt ist. Der kunstsinnige Groh- Herzog Paul Friedrich hat der Stadt herrliche Bauten ge schenkt; seine Negierung brachte eine Zeit überschäulnen- den Lebensgenusses. Die ragenden Bauten erzählen noch von jenen Tagen leichtherzigen Sichauslebens, aber die Bevölkerung Schwerins ist namentlich unter der Regie rung Friedrich Franz' II., der ein mustergültiges Familienleben führte und einen bürgerlich einfachen Hof hielt, längst zu den alten Sitten zurückgekehrt. Tein mecklenburgischen Volkscharakter wohnt wohl eine aus geprägte Neigung zu behäbigem Genuß inne, aber die auflodernde Freude am sinnlichen Sichausleben ist ihm fremd. Libertinismus liegt seiner urwüchsigen, boden- ständigen Kraft ebenso wenig, wie puritanische Askese. Es ist ein eigenartiger, nicht sowohl fernab, als abseits von den großen Verkehrsstratzen gelegener Winkel Erde, dieses Mecklenburger Land, aber in seinem größten Teil von reicher Fruchtbarkeit des Bodens und voll wechseln der, anmutiger Naturschönheit. An der langgestreckten Küste das weite Meer, iin Lande die leichtschwellenden Hügel des baltischen Höhenzuges und die unzähligen Seen, die mit ihren klaren Gewässern Alpenfeen ver gleichbar sind. Allüberall aber, an der Meeresküste wie an den Gestaden der Seen, schimmernde Buchenwälder und hervorragende Gebäude. Montag den 12. September 1904. 88. Jahrgang. Schwerin hat in den letzten Jahrzehnten einen stetigen Aufschwung genommen. Zwar ist es weder durch In dustrie noch durch Handel hervorragend, aber in demsel« ben Matze, wie die landwirtschaftlichen Schätze des Landes an Wert gewannen, hat auch die Residenz, das Herz des Landes, sich gehoben und vergrößert. An den Seegestaden sind herrliche Villenviertel entstanden, in denen sich der Adel und pensionierte Beamte aus dem ganzen Lande und über seine Grenzen hinaus angesiedelt haben. Landschaft- liche Schönheit und eine billige Lebenshaltung, unter diesem Zeichen vereinigen sich hier Tausende von kleinen Rentnern. Und in diese stillen, fast möchte man sagen erstarrten Kreise ist nun die Festfreude eingezogen, die gegenüber dem sonstigen stillen Gleichmatz der Tage um w lebhafter in die Erscheinung tritt. Tie Ereignisse war fen schon seit einer Reihe vonTagen ihreSchatten voraus. Kommandos von allen Waffengattungen und Spezial truppen sind in der Stadl einauartiert. Schmucke Kaval leristen, schlanke Grenadiere, bewegliche Armeeradfahrer, stämmige Eisenbahner s turli rinuutl revoltieren hier schon seit langem die zarten Herzen des Küchenperlonats und über das holprige Pflaster rasseln die wuchtigen Kraftwagen des „Heeres-Schnellsahrwesens". Alle Hotels und Gasthäuser sind überfüllt und vergebens bietet mancher „sein Königreich" für eine Lagerstatt. Am Sonnabend nachmittag ist dann, wie schon ge meldet, das grotzherzogliche Paar, die Großyerzogm- Witlve Anastasia mit dem deutsck/eu Kronprinzen und seiner Braut von Gelbensande zurückgekehrt. War daS ein Jubel, der ihnen entgegenbrauste! Kein Fürsten- empfang im herkömmlichen Sinne, lag doch über den beiden schonen Menschenkindern der Zauber der mai frischen jungen Liebe, der in jedem warmschlagenden Her zen ein hallendes Echo ivachruft nnd auch den verhärtet sten Griesgram in seinen wundersamen Bann verstrickt. Gottes Legen mitEuch, die Ihr Jung deutschlands Stolz lind Hoffnung seid! Ueber den Einzug des Kaiserpaares in Sckstverin haben wir im heutigen Morgenblatt schon berichtet. Heute vormittag wohnten der Kronprinz, die Herzogin Cecilie, der Großherzog, die Großherzogin, sowie die übrigen hier weilenden Fürstlichkeiten dein Gottesdienst in der Schloßkirche bei; mittags traf der Herzog von Sachsen-Kobnrg rind Gotha hier ein. Ferner sind hier angekommon der Chef des Geheimen CivilkabinettS v. Lucanus, Generaladjntant Generalleutnant Graf v. Hülsen-Haeselsr, die Generale ü in suitr? General major Graf v. Hohenau und Generalmajor Graf von Moltke, HanSmarsästill Frhr. v. Lplicker und Oberstabs arzt Di. Jlberg. Ter Kaiser bleibt während der Kaisermanöver in Schwerin, von wo aus er sich jeden Morgen ins Manöver- gcläiide begibt. Ter kaiserliche Marstall ist beim Ritter- gut Beidendorf, nördlich Schwerin, untergebracht. Tas stolze Obotritensckllotz, das von grünen Fluten bespült in den Schweriner See hineinragt, ist wohl der herrlichste aller deutschen Fürstensitze. Tie hohen Flügel und die himnielanstrebcnden Türme fügen sich keiner stzmmetrischcn Regel. Eigenartig gruppiert, wie der starrköpfige Temtnler sie gedacht, grüßen sie weithin ins Land. Unter den lwchgiebeligen Dächern wohnt vor- nebmes Behagen. In dem prunkvollsten Raume des Schlosses, im „Goldenen Saale", fand Henle abend 8 Uhr die große Paradetafel statt, die wohl als eine Art „Ver- lobungsichmaus" gelten darf. Außer dem Kaiserpaar, dem Brautpaar uud sämtlichen Angehörigen der groß herzoglichen Familie nahmen daran zahlreiche deutsche Fürsten teil, dazu zahlreiche hohe Würdenträger mit klingenden« Namen. Die Rede, mit welcher der Grohhcrzog den Kaiser und die Kaiserin begrüßte, lautete: „Euer Kaiserliche Majestät und Ihre Majestät die Kaiserin am heutigen Tage hier bearutzen zu können, gereicht uns zur ganz besonderen Freude und sprechen die Großherzogin und ich für diesen so freuno- lichen Besuch unseren aufrichtigsten Dank aus. Euer Majestät diesmaliger Aufenthalt Hierselbst tragt durck-auS militärischen Charakter, werden Euer Maje stät doch von hier aus die großen Herdstübungen des Gardekorps und des IX. Armeekorps leiten. M«tne Truppen sind stolz darauf, in den Rechen dieses schönen Korps zu stehen, und ich hoffe, daß, wie dieselben der Ser Altonaer Parade Euer Majestät Anerkennung ge sunden, sic nunmehr auch draußen im Manöver die Zufriedenheit ihres obersten Kriegsherrn erlangen werden. Wie Mecklenburger Truppen vergönnt war, unter meinem in Gott ruhenden Großvater in ver gangenen Zeiten tapfer mitzuwirken, so sind wir Mecklenburger allezeit bereit, unser Leben einzusetzen für unseres Kaisers, für unseres Vaterlandes Wohl fahrt und Ehre. Wir erheben unsere Gläser auf das Wohl Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin. HurraI" Die zweite Rede des Großherzogs lautete: „Euer Kaiserliche Hoheit kann ich heute zu meiner innigen Freude als teuren Verlobten meiner viel geliebten Schwester begrüßen, ich heiße Euer Kaiser liche Hoheit im Namen meines Hauses und Landes von ganzem Herzen willkommen. Ich brauche Euer Kaiserlichen Hoheit nicht zu versichern, daß wir das so freudige Ereignis der Verlobung mit der größten Freude begrüßt haben, als dadurch die bestehenden verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen dem ei> habenen Hause der Hohenzollern und dem meinigen aufs neue eng geknüpft werden. In einem solchen freudigen Momente werden unsere Gedanken vor allem zurückgelenkt zu den teuren Familienmit gliedern, die nicht mehr unter und weilen, und wir Müssen heute bewegten Herzens daran denken, mit welcher innigen Freude Se. Majestät der hochselige Kaiser Wilhelm, Euer Kaiserlichen Hoheit erhabener Urgroßvater, ed begrüßt haben würde, daß der Ur enkel die gemeinschaftliche Urenkelin feiner beiden ge liebten Schwestern, Kaiserin Alexandra Ieodörowna und Großherzogin-Mutter Alexandrine, zum Lebens bunde heimfühcen soll. Wenn ich mich dessen glück lich schützen darf, daß wir seit Jahren in treuer Freundschaft verbunden sind, so begrüßt nunmehr auch mein ganzes .Hans hocherfreut Euer Kaiserliche Hoheit als nahen Verwandten, und wir hoffen zu Gott, daß es nur glückliche, schöne Zeiten sein werden, die Euer Kaiserliche Hoheit, wenn Sie bei uns in Mecklenburg weilen, verleben werden. Ich erhebe mein Glas auf das Wol'l ScS hohen Bräutigams, der Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen, und Ihrer Hoheit der Herzogin Cecilie. Hurra!" Hierauf erwiderte der Kaiser mit einem Trinkspruch, welcher wie folgt lautete: „Gestatten Euere Königliche Hoheit, daß ich in meinem Namen, im Namen der Kaiserin und im Namen meines Sohnes für die gnädigen Worte aus tiefstem Herzen meinen innigsten Dank ausspreche. Mit hoher Freude haben wir die Kunde vernommen von der Verlobung meines Sohnes mit Ihrer Hoheit der Herzogin Cecilie. Es sind alte, liebe, werte Tra-1 ditionen und Erinnerungen, die Euere Königliche * Hoheit hier aufgefrischt haben. Euere Königliche Hoheit haben seiber schon unserer hohen Verwandten gedacht, und ein jeder Blick in die Umgebung dieses Schlosses erweckt in mir die Erinnerung an schöne vergangene Zeiten. Ich darf von ganzem Herzen meinerieits im Namen meines Hauses Ihre Schwester willkommen heißen und versichern, daß wir sie mit offenen Armen empfangen und hoch ehren werden. Ter Charakter Ihrer Sckiwester verbürgt mir be stimmt das Glück meines Sohnes und damit meines Hauses und des Vaterlandes. Zu kriegerischen Tun sind wir hierher gekommen und da darf ich wohl die Erinnerung darauf zurücklenken, daß es wiederholt eine Auszeichnung meiner Garde gewesen ist, unter Der nittirch-lapaairchr sirleg. Weitere Llit-»lhe1te«t übt* -1t Kämpfe bei Dem „Rruterschen Burean" werden von seinem Karre- sponvrntttt au« dem russischen Hauptquartier über dir Kämpfe bei Liaujang folgende Einzelheiten gemeldet: Am 31. August war da« russische Gewehrseuer unbeschreib» lich heftig, aber da meist ohne zu Zielen geschossen wurde, nickt sehr wirksam. Bei den wiederholten verzweifelten An griffen auf Vie russischen Stellungen zwangen die japanischen Offiziere die Leute, die versagten, mit dem Säbel vorwärts, wenn sie die Gräben erreicht hatten; an einer Stelle lagen die Toten, einer an dem anderen, bis auf 1000 Fuß an das Fort heran. Am Morgen de« 1. September wurde allen Nichrkombattanten besohlen, Liauiang zu ver lassen; die sremden Kaufleute verkauften ihre Waren in der Eile auf den Straßen oder versuchten sie auf Lowrys zu verladen, aber durch da« Platzen der Granaten über dem Bahnhof wurden sie zur Flucht getrieben. Dir fremden Militärattachös wurden unter Bedeckung nach Norden ge führt; sie beobachteten, wie ein ununterbrochener Strom von Tran«portmaterial und Soldaten di« Eisenbahnbrücke passiert«. Als die erste Granate in die Fremden-Nirderlassung fiel, waren in 1b Minuten die Truppen- und Lazarethzüge und auch andere Züge, gefüllt mit den Einwohnern, »Ur Abfahrt bereit und nur die Chinesen blieben zurück. Ein Haufen Menschen, die im Pagoda-Park-Restaurant frühstückten, flohen von furcht ergriffen über Hal« und Kopf, dir Kellner voran. Offiziere und Ordonnanzen, ein allgemeines Durcheinander suchten Schutz unter dem nördlichen Wall der Stadt. Die Chinesen singen sofort an zu plündern, aber, wenn man sie vabei abfaßte, wurde kurzer Prozeß mit ihnen gemacht. In zwischen füllten sich die BerteidigungS- und Schützengräben im Westen und Süden der Stadt mit neuen russischen Truppen, während man da- GroS der Armee tatsächlich sick zurilckziehen sah. Man konnte die Japaner in vorzüglicher Haltung herankommen sehen und dem tödlichen Schrapnel und Gewehrfrurr die Stirn bieten. Ueber die Hügel im Süden, wo die Russen dir Entfernungen abgesteckt hatten und ihre Geschütze eine schreckliche Verwüstung anrichteten, den Augen Les hochseligen Kaisers von Hhrem hoch seligen Großvater geführt zu werden. Ich hoffe, daß meine Garde auch vor Ihren Au^en Gnade finden werde und daß das Hiersein dieser Truppen die innigen Beziehungen zwischen unseren Völkern kräftigen und erhalten werden. Die Beziehungen unserer Häuser und unserer Länder sind so innig, so fest und althergebracht. Laß ich nicht anLers kann, als mein Glas auf ihre Fortdauer zu erheben. Ich bitte, daß Gottes Segen ruhen möge auf Ew. Königlichen Hoheit, auf der Großherzogin und Ihrem Hau>e und Lande. Das Großherzogliche Haus yurral" Und indes droben im Prunksaal bei festlicher Tafel die Fanfaren erklangen wandelten drunten am See Tarnende, die hinaufschauten zu den erleuchteten Fenstern und hinüber zu den tanzenden Lichtspiege- lunqen im See, und die aus ehrlichem Herzen „uns' Kronprinz und uns' leiwe Prinzeß" Glück wünschten zur hoffnungsfroh begonnenen Lebenssahrt. Se. Majestät der Kaiser hat nachstehende Orden ver liehen: Ten Roten Adlerorden 1. Klasse dem Oberhof- meister Grafen v. Dasfewitz, den Roten Adlerorden 2. Klasse den« Hausmarschall Grasen v. Hahn, den Kronenorden 1. Klasse dem Oberhofmarschall v. Vieting- choff und dem Ober tallmeister Grafen Hardenberg, den Kronenorden 2. K ässe dem Hvfstallmeistör Freiherrn v. Maltzan, dem Kammerherrn Grafen v. Bassewitz auf Luchburg, zum Dienst bei Ihrer Majestät der Kaiserin befohlen, den Roten Adlerorben 2. Klasse dem Geheimen Ministerialrat v. Blücher, den Kronenorden 2. Klasse mit Stern dem Ministerialdirektor d. Schuckmann, den Stern zum Kronenorden 2. Klasse dem Ministerial direktor Schmidt. Feuilleton. IO) „Durchyerunyen." Roman vonJosephineSiebe. rilichvruck v«rvol»n. Tann hielt Sebastian Müller eine Rede und ließ den Helden des Tages leben, und der Doktor ließ die Damen leben und Wolfgang brachte ein Hoch auf die Großeltern aus, was die beiden Leutchen so rührte, daß (Frau Riekchen ihrem Manne rasch einen Kutz gab. Bei diesem Kutz kamen Vater Müller allerlei Jugend erinnerungen, und er erzählte von seinem Vater und von dem und jenem Künstler, mancher war schön gö- storben und mcmck>er lebte noch, und Fräulein Malchcn erzählte zum so- und fovielsten Male in ihrem Leben, daß sie einmal in ihrer reichen, glücklichen Jugend mit Liszt gesprochen habe, und wie immer, überwältigte sie hier die Rührung, und Willibald Herzog mutzte sehr viel reden, ehe das kleine Fräulein das Gleichgewicht wieder fand. Tie Zeit verrann schnell an diesem heiteren Abend, und als die Uhr mit zwölf heiseren, rasselnden Schlägen Mitternacht verkündete, da erschraken die vier Alten ordentlich über die späte Stunde, und Wolfgang lachte, denn es erschien ihm sehr früh. Aber eine Stille trat ein in dem eben noch so fröh lichen Kreise, und Sebastian Müller stand auf und holte aus dem Spiegelschrank einen langen, schwarzen Kasten heraus. „Sebastian, oh, di» Flöte, willst du spielen, wird eS dir nicht? schaden?" „Ja, Riekchen, laß man, es schadet mir nichts, und heute bin ich so glücklich, wie «S nur jemals «in alter Mensch sein kann, da mutz ich meiner Freude Ausdruck geben, besser als mit Aorten kann ich» auf meiner Flöte." Er klopfte Wolfgang auf die Schulter, „nimm s nicht für ungut, junger Meister, daß ich mit meinem be scheidenen Können dir eine Huldigung darbringen will." Vorsichtig wickelte er das Instrument aus einem ver- vlahten rosa Seidcntuch, zierlich von Vergitzmeinicht um schlungen, stand in einer Ecke ein große» 8. Da» Tuch hatte ihm sein Weib einstmal» als erste WeihnachtSgabe gearbeitet. Nun setzte er die geliebte Flöte an die Lippen und spielte, einfache, etwa» altmodisclx Melodien, Klänge, die hineinpatzten in den schlichten Raum, zu den vier alten Leuten, es lag viel treuherzige Innigkeit in dem Spiel, viel warmes Gefühl. Fräulein Malchen, die immer poetische Vergleiche liebte, dachte bei dem Spiel Sebastian Müller» immer an einen freundlichen ländlichen Garten, mit geraden, von Buchsbaum umsäumten Wegen, bunten, altmodischen Blumen und einer kleinen Rosenlaube, einem Gärtchen, in dem sich behaglich auSruben läßt nach getaner Arbeit. Für Frau Riekchen war dad Spiel ihre» Mannes doch da» Schönste, ja, in dieser Stunde empfand sie sogar, daß e» ihrem Herzen lieber war, wie die formvollendete, hinreißende, leidenschaftliche Musik des Enkels, darin war so vieles gewesen, wa» ihr fremd war, es hatte ihr etwa» darin gefehlt, nun aber ihr Sebastian spielte, verstand sie jeden Ton, denn aus jedem Tone sprach zu ihr das gute, reine Herz des alten Manne». Für Wolfgang war es als Kind der größte Genuß gewesen, wenn Großvater gespielt hatte, dann war eine Zeit gekommen, in der ihn« die Musik zu kindlich, zu un modern und kraftlos erschienen war, in der er sie gefühls- dusclig genannt; nun hatte er lange, lange nicht mehr den alten Mann gehört, und heute ergriff ihn das ein fach Flöten spiel tiefer, als er es sich gestehen mochte. Wenn er auf seiner Geige spielte und an da» blonde Mädchen dachte, das ihm gefiel wie noch keines zuvor, da sah er in ihr nur das Weib, da» seine Sinne be rauschte, dessen Besitz er begehrte in jugendlichem Un gestüm; jetzt, bei diesen Klängen stand Elisabeth vor ibm, in all ihrer mädck^nliaften, kindlichen Anmut und Schöne, und eine unendliche Sehnsucht noch ihr erfaßte ihn. AIS er geendet, legte Sebastian Müller still seine Flöte fort, er streichelte sie zärtlich und wickelte sie dann behutsam wieder in das verschossene Tuck, die Zuhörer sagten nicht diel, aber der Musiku» wußte doch, daß sein Spiel ihnen lieb gewesen, und der alte Student und Fräulein Malllien drückten ihm so dankbar die Hand, als sic bald darauf gingen, denn die laute Heiterkeit wollte sich nach dieser Musik nicht mehr einfindcn. „Bleib hier, Wolfgang", bat die Großmutter, „ich lege dir ein Bett auf's Sofa", und dem jungen Manne war es recht, er hatte schon manche Nacht so geschlafen. „Na, gute Nacht denn, mein Junge, ich gehe immer; denn ich bin recht müde;" der Alte reichte dem Enkel die Hand, „hab' Dank, mein Wolfgang, du hast mir heut, so eine große Freude gemocht, nun weiter auf dem Wege, und so Gott will, hören wir dich noch mal im Gewand hause." „Ist dir's gut, Sebastian, du siehst so sonderbar aus? ' Besorgt sah die Frau in Las Gesicht des Mannes. rS schien ihr, als habe sich diese» Gesicht in wenigen Minuten verändert. „Ganz gut ist mir, Riekchen, sorge dich nicht, ick werde heute so schön schlafen, wie nur ein glücklicher Mensch schlafen kann", und damit ging er nach der Kammer, und als seine Frau kurze Zeit nach ihm kam, da lag er bereits in festem Schlummer. Ter Frühlingksturm rüttelte in dieser Nacht heftig an den Fenstern und Wolfgang Stritt schlief unruhig auf seinem etwa» unbequemen Lager, seine aufgeregten Nerven zauberten ihm allerlei tolle phantastische Bilder vor die Seel«. Im Traum« umbrauste ihn der tobende Beifall des Publikums, dann wieder sah er Elisabeth vor sich, sie winkte ibm, in ihrem weihen Kleide stand sie da und hielt einen großen Kranz im Arm, der aber war gelb und vcrdorrt. rind al» Schleife hatte er da» ver blichene Seidentuch von deS Großvater» Flöte, Elisabeth hob die Hand und rief: „Wolfgang, Wolfgang!" — Dieser Ruf klang so voll Angst, und er hörte es ganz klar noch einmal: „Wolfgang!" Er fuhr empor, da» Zimmer war matt erhellt durch das Licht de» anbrrchenden Morgen», er mutzte sich erst
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