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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.09.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-09-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040913024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904091302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904091302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-09
- Tag1904-09-13
- Monat1904-09
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BezugS-PreiS tu die tZaupieKeLttk»« oder deren Lutgabe- stellen avgeholt: vierteljährliches.—, bei zweimaliger täglicher Zustellung in» Hau» e 8.75. Durch di» Post bezogen für Denllch- land u. Oesterreich vierteljährlich e 4.50, für die übrigen Länder laut ZritungSpreisliste. Diese Nummer kostet tN? auf allen Bahnhöfen und III Rh I bei den Zeitungs-Berkäufern Ne»«ktton und Erpedttien: 153 Fernsprecher 222 JohanniSgasse 8. MltalerpOitienen: Alfred Hahn, Buchhaiidla.,Universtiätsstr.S (Ferafpr. Sir. 4046), L. Lösche, Katharinen« stratze 14 (Fernsprecher Nr. 2935) u. Königs platz 7 (Fernsprecher Nr. 7505). Hauvt-Filtale Dresden. Marienstrabe34(FrrnsprrcherAmt!Nr. 1713). Hautzt-Filiale Berlin: CarlDunck e r, Herzgl.Bayr.tzofbuchhandlg., Lützowstraße 10(FernsprecherAmtVf Nr.4603). Nr. 488. Abend-Ausgabe. KipMr. TaMaU Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, Ses Aates und des Volizeiamtes der Ltadt Leipzig. Dienstag den 13. September 1904. Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile Lü Reklamen unter dem Redaktion-strich (4 gespalten) 75 nach den Faniilkerumch- richten (6 gespalten) 50 Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 Unuußmeschlust fllr An,e„en: Adtnd-Au-gabr: vormittag» 10 Uhr. Morgen-Nurgabe: nachmittag» 4 Uhr. Ertra-Veilo-en cgrsalzt), nur mit der Morgen-A.rgabe, ohne Postbefördttung 60.—, M't Postbesörderung 70.--. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Die Erpedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Trink und Verlag von E. Vdlz in Leipzig Hnh. l>r. V..R. L W. Klinkhardt). 88. Jahrgang. Var Wcdtigrtt vsm Lage. * Der Kaiser nimmt, wie gestern so auch heute mit dem Großherzog von Mecklenburg-Schwerin persön lich an den Manöver» teil. * Die spanischen Corte» sind auf den 3. Oktober einberufen worden. * Der russische Gesandte in Kopenhagen ist der Ostseeflotte e n t g e g e n g e r c i st, um ihr versiegelte Ordre» zu überbringen. knglanü «na Oie knglsnarr. Von l)r. Carl Peters. In den nächsten Tagen erscheint im Verlage von E. A. Schwetschke und Solin, Berlin, dös bekannten Politikers Dr. Carl Peters neuestes Werk, von dem uns der Verlas, freundlichst Aushängebogen zuge- jlellt hat. Im Vorwort versichert der Verfasser, er habe m dem Buche seine durclraus ehrliche Meinung nieder- gelegt, die in allen Einzelheiten ans persönlicher An schauung beruhe, welche sich auf einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren erstrecke und sämtliche Klassen des Volkes von oben bis unten umfasse. Unter .Heranziehung des besten statistischen Materials habe er sich sein Urteil über das gesamte Volksleben der englischen Nation ge bildet. Es ist nicht zu leugnen, das; eine solche Arbeit bei den innigen Wechselbeziehungen zwisckien Deutschland und England von großem Werte ist. Und da in Deutschland eine gewisse Neigung znr Geringschätzung der Engländer besteht, so ist es um so freudiger zu begrüßen, wenn ein Kenner der englischen Verhältnisse uns eine genaue Schilderung unseres eifrigsten Mitbewerbers im inter nationalen Wettkanipfe gibt. Peters will uns in seinem Werke nicht etwa ein Programm für unsere künftige eng lische Politik liefern: wohl aber sind die Voraussetzungen zu einem solchen Programm darin enthalten. Zur Charakterisierung des Werkes heben wir ans dem Schlußkapitel einige wichtige Stellen hervor. In der Abhandlung mit dem Untertitel „Die Briten und ihr Weltreich" heißt c?: „Wir sehen, daß im englischen Volkstum selbst keim artig sich entschiedene Symptome des Niedcrgaichcs zu zeigen beginnen. Daß ihm augenscheinlich die Kraft der Organisation fehlt, auf welcher die Möglichkeit der Herausbildung moderner Hccresmaschinen im wesent lichen beruht, ist für eine Nation, welche die besten Länder der Erde mehr und mehr für.sich monopolisieren möchte, immerhin bedenklich. Schlimmer ist cs, daß die Lust an der gewissenhaften Arbeit augenscheinlich inchr und mehr verloren gebt. In beiden Beziehungen wird das Eng- ländertum vornehmlich von der deutschen Art übertroffen, und im Deutschtum erkennt man denn auch in den ein sichtigen Kreisen immer deutlicher den eigentlichen Mitbewerber um die Weltherrschaft. Aber, so lange die Dinge in Europa den Gang weiter gehen, den sie heute innehaben, kann das Deutsche Reich der britischen Expansionspolitik nicht gefährlich werden. DaslBritische Reich ist ein Seestaat, und nur mit Kriegsflotten kann es über- wunden werden. So lange Deutschland im Westen, wie im Osten feiner eigenen Grenzen mächtige Nachbarn hat, gegen welche cs selbst auf der Wacht zu stehen hat, wird Großbritannien ihm jederzeit in der Machtentfal tung zur See den Rang ablaufen können. Die Frage ist demnach, ob die deutsche StaatSmannschast eine euro päische Lage schaffen kann, welche die Gegensätze aus der Kombination der kontinentalen Großstaaten entfernt und sie geschlossen für die Wcltpolitik in die Wagschale wirft. Gegenüber der drohenden Verwirklichung der angel- säcMfchen Konföderation wird Europa schließlich nur die eigene zollpolitische Zusammenschließung übrig bleiben. Einigt sich die Welt über See unter eng lischer Führung, so kann nur die Grün dung der Bereinigten Staaten von Eu ropa unserem altenErdteil setnUeber- gewicht erhalten. Das „Vereinigte Europa" allerdings würde politisch und wirtschaftlich für alle Jahr tausende die Führung in der Menschheit zu behaupten vermögen. Eine solche Kombination kann nur von Deutschland durchgeführt werden, und dazu müßte sie vor allem das praktische Ziel -er deutschen Staatskunst werden. Im Dreibund, wie er bislang bestanden hat, war der natür liche Nukleus fllr einen solchen Staatenbund geschaffen. Die Aufgabe würde sein, ibn zunächst zu einem mittel europäischen Zollbund fortzuentwickeln, Md dann den Anschluß an Rußland und Frankreich anzu streben. Es liegt mir fern, diese Darstellung der eng lischen Welt mit phantastischen Zukunftsträumen abzu schließen. Aber das glaube ich aussprechen zu dürfen, daß, wenn die angelsächsische Welt ihre Bereinigung erreichen sollte, dann die Rottung der übrigen weißenVölker nur in der Richtung eines derartigen euro päischen Bundes lieget würde, welcher in erster Linie ein einheitliches Wirtschaftsgebiet darzuftellen hätte. Doch noch ist die Welt fllr solche letzten Gegensätze nicht reif; noch befinden sich beide Teile nicht am Ab schluß ihres Weges, wo sie im.Kampfe auf Leben und Tod zusamincnstoßen müssen, sondern noch schlängeln sich die beiden einzelnen Wege scheinbar ohne eigentliche Be ziehung aufeinander hin, und der Kollisionspiinkt ist der Menge nicht erkennbar. Wie die Dinge heute liegen, können Deutsch land und England nochviel von einander lernen. Großbritannien ist fllr uns das klassische Vor bild in der Herausbildung der freien In dividualität und der auf sie begründeten Schaffung neuer Gemeinwesen über See; Deutschland ist fllr die Briten das Muster in allen staat- lichen Organisationen, insbesondere fllr Heer und Schule. So viele Reibungspunkte zwischen den beiden germanischen Großmächten vorhanden sind, die Grund lagen ihrer Kllltur sind im ivesentzlichon dock dieselben, und cs ist nicht zufällig, daß sie in neu Krisen der letzten drei Jahrhunderte bislang stets Schulter an Schulter gestanden haben. Es wird den großen Wen- dungspunkt in der allgemeinen Geschichte unserer Art bedeuten, wenn sie zUm erstenmal gegen einander kämpfen werden. Einstweilen schreitet dec Anglisierungsprozeß der überseeischen Weit nach allen Seiten hin ungehemmt fort. Das Englische wird mehr und mehr zur Weltsprache, nicht nur in den angelsächsischen Ländern, gleichviel ob der Union Jack oder das Sternen banner sie deckt, sondern auch att den meisten anderen Gestaden der Kontinente. Wie das englische Pound Sterling die Einheitsmünze im internationalen Verkehr ist, so empfangen englische Laute den Reisenden, wo auch I immer er feinen Fuß ans Land setzt. „Dbe vorlck is ' raplckl.v kocominpc snxligh", sagte Sir Charles Dilke be reits vor einem Menschenalter. Das wird sie allerdings in einer fllr uns andere geradezu erschreckenden Wei e. 1665 gab es im ganzen nur 5 Millionen engli ch sprechender Menschen auf der Erde und um 1800 kaum mehr als 9 Millionen. Heute zählen wir an 134 Millionen Angehöriger der angelsächsischen Rasso allein, ganz abgesehen von den ungeMlten rade brechenden Elementen unter den farbigen Völkern. Insbesondere auch geraten die Ozeane mehr un mehr unter den Einfluß-er angelsächsischen Rasse. Der Atlantische Ozean wird von Jahr zu Jahr aus gesprochener ein anglo-amerikanisches Meer; der Indische ist heute fast ein britisches Binnenmeer. AufdemStillenMeeraber besorgen im Augenblick gerade die Ja paner die Geschäfte der beiden englisch sprechenden Völker, indem sie die rus sischen Geschwader nach und nach auf den GrunddesMeeresbefördernunddadurch das Monopol der englisch-amerikanischen Flotten feststellen helfen. Die Zugänge zum fernen Osten, den Suezkanal und den Weg ums Kap herum hält Großbritannien in seiner Hand; die Hoch straße dahin vom Osten her, welche durch den Panama kanal führen wird, werden die Vereinigten Staaten von Nordamerika beherrschen. Was die anderen Staaten Europas in diesen Weltgegenden an Besitzungen haben, sind demnach bloße Enklaven in fremden Herrschafts gebieten. Aber, wie wir sehen, spielt die Eroberung durch Waffengewalt eine sehruntcrgeordnetoRolle imbrchischen Weltreiche. Seine eigentliche geschichtliche Bedeutung liegt im Umsichgreifen der angelsächsischen Kultur über unsern Planeten. Der britischen Flagge folgt die eng- lische Selbstverwaltung mit ihrer bürgerlichen Freiheit und dem Rechte der Persönlichkeit. Die Nasse hält zähe überall ihre nationale Eigenart fest. Und mit dem britischen Ansiedler ziehen allerorten auch die Merkmale des thpisch englischen Volkslebens ein. In alle Länder schleppt er seinen Teetopf und seine Marmeladen, semo Fuß- und Cricketbälle und seine Lawn tennis- Netze. Wo der britische Kolonist sich fcstsetzt, erhebt sich alsbald auch die Bar und entsteht der Klub, werden Pferderennen und andere Matches veranstaltet. ^Ob man bei Turnhain Green oder bei Umtäli, bei L-an Francisco oder bei Melbourne spazieren geht, die Bilder des englischen Volkslebens wiederholen sich in einer fast abgeschmackten Gleichartigkeit. Somit ist dieses Welt reich, wie international es auch in seiner Zusammen setzung und vor allem seinen Ausgangspunkten noch ist, dennoch bis auf die Knochen national-englisch; vor allem ist es überall ein bürgerliches Gemeinwesen. Somit ist denn die britische Weltpolitik in erster Linie wirtschaftliche Kulturarbeit. In ihr liegt die Größe dieser Art vornehmlich begründet. Werdic Briten nur in Europa kennen lernt und sie vom europäischen Gesichtspunkt aus mit anderen Völkern ver gleicht, wird ihnen demnach nicht gerecht. Durch die Wälder Britisch-Kolumbicns und die Gold distrikte Südafrikas muß man wandern, Vie Ufer des GangkI und di? .Wasler-Mc des Nils muß marr-besuche«, um zu verstehen, was Großbritannien für die Mensch heit geleistet hat. Mit Recht bemühen wir uns, den Geist des Römertüms vornehmlich aus den Trümmern seiner großartigen Arbeitsleistungen zu erfassen, wie z. B. ans dem k'ainm liamnnnm. dem Dirne» liaiunnu« und der Via -^ppin, über die Jahrtausende hinüber zu uns sprechen. Aber, wie sehr verschwindet doch alles, was die Römerwelt geschaffen, vor dem, toas das Angelsachsen- tum auf der Erde geleistet bat. Wenn Nordamerika und Australien, Südafrika und Neuseeland heule wohn liche Heimstätten der weißen Rasse sind, so dankt Europa dies vornehmlich dem kühnen Unternehmungsgeist und der zähen Arbeit der Engländer. Wie immer mir vom Standpunkt unserer eigenen nationalen Interessen dieser großen geschichtlichen Schöpfung gegenüberstehen mögen, wenn wir billig un gerecht urteilen, so können wir nicht anders, als sie voll tiefster Bewunderung betrachten. Der britische Nationalstolzistoft im einzelnen bor niert und verletzend für die Empfin dungen von Ausländern. Aber, wenn ein Stolz berechtigt war bei irgend einen, Volk der Geschichte, so ist er berechtigt beim englischen. Denn hier beruht er nicht auf bloßen Empfindungen und Einbildungen, son dern auf der realen Leistung einer Kolo nialpolitik. deren Ergebnis, das britische Welt reich, heute als die glänzendste Offenbarung des staaten- bildenden Genius der europäischen Rasse dasteht." vtl üillrtanS arr Herero. Dio militärische La-e. Die letzten Meldungen de» Generalleutnants v. Trotha geben das Bild, daß die Bewegungen der deutschen Kolonnen in südöstlicher Richtung zwischen Omuramba-Matako und Eiseb im Fortschreiten begriffen sind. Die „Kreuz-Zta." wie» vor acht Tagen schon darauf hin, welche Schwierigkeiten sich einen, neuen Einkreisen der bei Waterberg geschlagenen und nach Südosten versprengten Herero entgegenstellen, und die vor allem in dem Wassermangel östlich deS Eiseb ihre» Grund haben. Deshalb mußte schon der Versuch, mit einer Ak teilnng nördlich über Otjombaja-Kotuse auf Otiosondju zu umfassen und ven Herero so den Weg nach Osten zu ver legen, aufgegeben werden. Ob auf ein rechtzeitige» Eingreifen der am 27. August von Windhuk über Otjihasnena auf Epnkiro entsandten Abteilung Heydebreck zu rechnen sei, bezweifelten wir schon damals, denn der von ihr zuriick- znlegende Weg beträgt gegen 400 km. Dies scheint sich jetzt zn bestätigen, denn General v. Trotha meldet von dieser Ab teilung, deren Vorgeben beschleunigt werden sollte, jetzt noch nichts. Dagegen scheint jetzt die Umfassung südlich durch die Abteilungen Deimling nnd Meister beabsichtigt zu sein, die südlich herumholend auf den Eiseb gegen die Linie Epata - Ewarusa marschieren. Zum Verständnis dieser Absicht und der letzten Meldung überhaupt muß man sich daran erinnern, daß das Vorgehen von Omnramba Matako nach Südosten in 4 Kolonnen statt fand. Am nördlichsten Estorfs mit Volkmann auf Okoson- dusu, 25 km weiter südlich Reitzenstrin mit der bisherigen Abteilung Mühlenfels über Orntjiwa auf Okameha-Pehi und wieder 25, km südlich die Kolonnen Meister und DeintliNg über Dnta-Karidona auf Okahandja. Trotha vermutete die Hauptmaste der Aufständischen in der Linie Otjimbinde- Okahandja, etwa 25» km nordwestlich des Eiseb. Gegen diese Linie ist nun in den Tagen vom 2. bi» 5. September der Vormarsck fortgesetzt. Dabei ist es zunächst am 3. Sep tember bei der nördlichsten Abteilung Estorfs - Volt mann zum Zusammenstoß gekommen, indem Hererobanden Volkmann bei Okosondusn, noch 35» km nordwestlich Otjim- binde angegriffen haben, dabei aber geschlagen und zersprengt wurden. Die Hauptabteilung Estorff hat auf diese Nach richt sich jedensallö wieder Mit Volkmann vereinigt und den Gegner, der bei Otjomaso, 20 km südöstlich Okohondufu, aufs neue sich gestellt hatte, am ö. September in die Flucht geschlagen. Darauf haben die vereinigten beiden Abteilungen den Marsch in südöstlicher Richtung über Otjimbindc, 18 kn, südöstlich Otjomaso, fortgesetzt und standen an, 8. September 14 km östlich Otjimbindc, sonach nur noch l5 km vom Eiseb entfernt. Die mittlere Abteilung, Reitzeustein, scheint nicht so schnell vvrgekomnieil zu sein, denn sie stand nach der letzten Meldung am 8. September bei Otjomaso, wo Estorff schon am 5». kämpfte. Die beiden südlichen Kolonnen, Meister und Deimling, waren auf Okahandja angesetzt, und zwar Meister etwas nördlich von Deimling vergehend. Auch hier scheint Deimling schneller vorgekommen zu sein, denn er ist jetzt bereits in Fühlung Mit Estorff, von Okowindombo, lO km südwestlich von Otjimbinde, aus Epata im Vormarsch. Epata aber liegt nordöstlich des Punktes, den Estorff erreicht hat, am Effeb. Meister, der nördlich von Deimling ebenfalls aus Okahandja vorgehen sollte, ist nun nach der letzten Meldung von dort in süd östlicher Richtung gegen den Eiseb auf die Linie Opara- kane — Ewaruse im Vormarsch. Diese Orte liegen über 60 km südwestlich von dem Marschziel Deimling», Epata, ent fernt. Von einem Herannahen Heydebrecks von Epukiro, das noch 60 km südöstlich der eben bezeichneten Linie des Eiseb liegt, ist, wie gesagt, noch nichts bekannt. Wenn sich die Herero nunmehr, wie General v. Trotha vermutet, weiter nach Osten oder Südosten gewendet haben, so wird ihre Verfolgung immer schwieriger, denn dies Gebiet ist von Deutschen bisher noch kaum betreten, hier beginnt das Sandfeld der Omaheke nnd die Kalaharistrppe. Gelingt es daher nicht, die Masse der Aufständischen noch einmal west lich der Linie Epata - Epukiro zn stellen, so wird eine Ber- Feuilleton. ui „Durchgerungen." Roman von JosephineSiebe. Nachdruck d«r»«t«. Gewiß war noch nie auf -er alten Erde ein Frühling so voll Duft und Farbe, voll Poesie und Klang, voll heim- lichen Glücks und jauchzender Schönheit gewesen, dachte Elisabeth Ekkardt, wenn sie am Morgen die Augen auf- sckkug und den Tag grüßte, dcr ihr neue Seligkeit brachte. Es war sa noch alles wie sonst, da war noch das kleine Hintcrzimmer mit der Aussicht auf die Dächer und Höfe -er Nachbarhäuser, das waren noch dieselben Menschen, mit denen- sie täglich zu Tisch saß, alles wie sonst und -och so anders, so durchsonnt nnd verklärt. Sic sahen sich täglich. — Elisabeth hatte es zuerst wie einen körperlichen Schmerz empfunden, daß sie den Ge liebten heimlich treffen mußte, ihrem geraden, schlichten Sinn, ihrer Erziehung widerstand diese Heimlichkeit, aber ihren Vorschlag, Frnn Amtsrat Herrmann einzu- weihen, wies Wolfgang lachend zurück. Er konnte Elisa beths Scheu gar nicht versieben, „niemand soll unser süßes Geheimnis wissen, niemandes müßige Neugier und zudringliche Augen unserer Liebe znschauen", sagte er und bat, wie nur die Liebe bittet, zu schweigen. Und Elisabeth hatte cingewilligt denn sein Wort und Wunsch waren zum Evangelium für sie geworden; so 'ehr e» sie auch bedrückte, ein Geheimnis vor den Eltern zu haben, so verriet fir doch nicht», aber fi* litt bei sstdmn Briefe, den sie schrieb, denn jeder Brief dünkte ihr eine Lüge. Sie hatte auch das Gefühl, jeder Mensch, der sie ansah, müsse wissen, daß Wolfgangs Lippen sie geküßt, müßte das wunderbare Geheimnis ihrer Liebe von ihrer Stirn lesen, und so wagte sie in den ersten Tagen bei Tisch kaum die Augen aufzuschlagen, vor Angst, es könne einer erraten, was ihr geschehen. Aber von all den Menschen in Pension Herrmann sah nur eine, daß Elisabeth anders war wie sonst, Vera Stro gonow sah ihr jähes Erröten, den tiefen Glanz ihrer Augen, ihre sinnende Träumerei, und sie erkannte den wahren Grund dieses seltsamen Wesens, denn sie hatte wissende Augen, die schon tief in das Glück und die Freude, in das Leid und die Verzweiflung des Lebens geschaut hatten, mit diesen Augen forschte sie in Elisaberhs Gesicht, in dem sie las, wie in einem aufgeschlagcnen Buche, sie forschte und schwieg, denn sie sah keine Not, nur Glück, und freute sich dessen. Mit Beginn der Ferien Ivar auch eine stillere Zeit in Pension Herrmann eingekehrt, Mary und Grace Gordcm waren nach München gefahren, Dr. Olsuwiew hatte gleich falls eine Reise angetreten und daß er als Ziel derselben ebenfalls München gewählt, war ein offenes Geheimnis, das nur Grete Schulte nickt wissen wollte, denn nach wie vor weihte sie dem Russen ihre Liebe. Sie sand cs dalvr seit seiner Abreise äußerst langwellig und hätte zu gern ein wenig die Elegische gespielt, wenn ihre Fülle und ihr gesunder Avvetit dies nicht gehindert Hatten. Miß Eveline hatte sich in der letzten Zeit mit großem Eifer auf ihr« Mal stunden gestürzt, beinah« jeden Lag brachte fie große Blumen büfchel nach Haufe, um diese in den verschiedensten Beleuchtungen zu malen, unter ihren Händen nahm alles riesengroße Dimensionen» an, ein Veilchen wurde zu einem Stiefmütterchen oder wenigstens zu einem Ding, das diesem ähnlich sah, denn Miß Eve- lines Studien zeigten die seltsamsten Farben und Formen. Die Wände ihres Zimmers füllten sich mit Leinwand, und ein solcher Farbenreichtum leuchtete da von hernieder, daß Dera Strogonow bßhauptete, sie würde farbenblind. Aber jede Kritik, jede gegenteilige Meinung entwaffnete Miß Eveline mit der Erklärung, ihre Art zu malen, ihre Auffassung der Farbe sei durchaus modern und individuell, sie malte so intensiv, daß der Terpentin geruch sich in der ganzen Wohnung verbreitete. Manchmal kehrte sie auch zur Musik zurück, uuaufhör lich trommelten ihre Finger auf den Tasten herum, und mittags erschien sie an solchen Tagen mit einer tiesnack- dcnklichcnMiene beiTisch und sprach sich mit einem uni» derbarenDeutsch darüber aus, wie beklagenswertdieMen- schen seien, die zwei Genies in sich vereinigten. Ihre Seele sei in einem fortwährenden 2chn>anken zwischenMusikund Malerei, male sie, dann glaube sie darin ihren nnchren Be- ruf gefunden zu haben, höre sie dann wieder Musik, dann zittere ihre Seele vor Sehnsucht darnach, „dieser Kampf zerfleischt mir das Herz", schloß sic mit Grabesstimme. Der sonst fast immer schweigsame l>» Wagner jagte einmal in mitleidigem Tone, bei einer solchen tragischen Auslassung: „Ich wüßte nur ein Mittel, Miß Board." „Ob und wclckcS ist dies?" fragte das zarte Fräulein i schmachtend, die farblosen Wimpern aufschlagend., i „Alle beiden Genie» begraben und eine vernünftige l Arbeit tun", sagt« vr. Wagner trocken. „Oh! Oh!" Miß Eveline fand kein anderes Wort, ihre Enttäuschung auszudrücken, als dieses, mit der ganzen Empörung ihrer gekränkten künstlerischen Würde ge sprochenes „Oh". Ter dcutsclie Bär nahii, ungerührt zum zweiten Male Braten, während die anderen alle lachten, selbst über das hagere Gesicht Tante Selinas irrte ein kümmerliches Lächeln. Ihre Schwägerin versuchte so liebenswürdig und sanit wie inöglich die Beleidigte zu trösten, cs gelang ihr anck. aber von da an übersah Miß Eveline Doktor Wagner geflissentlich, kaum daß sie noch seinen Gruß er widerte. Ain Tage vor Ostern reiste sie für eine Woche nach Dresden, „dort will ich den Entschluß nehmen, welche Kunst stärker in mir ist", erklärte sie mit einem vernichtenden Seitenblick auf den spöttisckien Gelehrten. So kam es, daß am ersten Feiertag -er Kreis zu Tisch recht klein war in der Pension Hcrrmaim. und man be schloß, am Nachmittag einen Spaziergang zu unter nehme», an dem sich auch I»i Wagner beteiligte, er ging mit Elisabeth Ekkardt und Vera Strogonow, während Frau Amtsrätin und Tante Selma die melancholische Grete Schulte in ibrc Mitte nahmen. Ans Elisabeths Lippen brannten noch die Küsse des Geliebten, nn- sie träumte von den Morgenstunden, di. sie au seiner Seite auf einsamen Wegen zugebracht, es war so schön gewesen, und sie empfand das Leben und Treiben, das auf den Straßen herrschte, störend für ihre sebnen-en Gedanken. Man ging den Promenadenweg entlang, der rings um die innere Stadt führt, und hier pulsiert« da» S»ßen stari, alle Besörd«rung»mittU der Gegenwart W«M st»
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