01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.09.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-09-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040914011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904091401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904091401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-09
- Tag1904-09-14
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Anzeigerr-PretS die 6gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem RedaktronSftrlch («gespalten) 7ü nach den Familiennach- richten (6 gespalten) KO Tabellarischer und Zissernsatz entsprechend Hüber. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 2L «nnatzmeschlng fllr Anzetgr«: Ab end-Ausgabe: vormittag« 10 Uhr. Morgeu-AuSgabe: nachmittag« 4 Uhr. Ertra-Veilagrn (gesalzt), nur mit der Margen-Ausgabe, ohne Postbrfvrderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Tic Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» abends 7 Uhr. Druck und Verlag von G. Polz in Leipzig »Inh. vr. B., R. L W. Klinkhardt). Nr. M Mittwoch den 14. September 1904. 98. Jahrgang. Var Wichtig»»« vsm Lag«. * Infolge Ablehnung der Notstandstarife durch die sächsische Regierung werden Vertreter der Industriellen im nächsten sächsischen Landtage den alljährlichen Zu» sammentritt der Kammer beantragen. * Da» Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen publiziert die neue Aerzte-Orvnung. Dieselbe tritt mit dem 1. Januar 1905 in Kraft. * Der Zustand de« Fürsten Herbert Bismarck, der an Leberkrebs leidet, gilt nach mehrere» Meldungen al« hoffnungS- lo«, dagegen erklären die „Hamb. Nachr.", die Aerztc hätten noch nicht jede Hoffnung aufgegeben. * Die Meldung, der Kronprinz werde nach seiner Ber» mählunz im Schlosse zu Hannover residieren, wird offiziös dementiert. * Die HandelSvertragsverhandlungen mit der Schwei» und Rumänien sollen auf Schwierigkeiten stoßen. (S. Dtsch. Reich.) Vie politirch« Stimmung in üer Union. Von den Nachrichten, die aus dem fernen Osten auf uns einstürmen, ist eine völlig unblutige, aber darum doch gleichfalls äußerst wichtige Kampagne völlig in den Hintergrund gedrängt worden — der Wahlkampf in den Vereinigten Staaten. Und dabei trennt uns jetzt doch nur noch eine sehr kurze Spanne Zeit von dem Augen blick, in dem an der Wahlurne entschieden werden wird, welchen Kurs die imposante Großmacht jenseits des Atlantics während der nächsten Präsidentschaftsperiode verfolgen soll. Wer glaubt, daß die Präsidentenwahl eigentlich nur eine Formalität und das; die Wahl Roose velts mit ungeheurer Wahrscheinlichkeit zur Tatsache werde, dec täuscht sich. Seit den großen Parteikonventcn Haden sich die Dinge doch einigermaßen verschoben, da- mals standen noch die Persönlichkeiten im Vorder gründe, heute 'beherrschen die Prinzipien den Wahl kampf. Herrn Parkers Wirksamkeit hat geradezu er staunliche Früchte gezeitigt. Gegen die feurige Leiden schaftlichkeit Roosevelts, gegen seine gewaltige Beredt- samkcit und Agilität, welche die Massen berauscht, indem sie ihren nationalen Ehrgeiz, ihren nationalen Unter nehmungsgeist aufstachelt und ihnen farbenprächtige Bilder des Amerika der Zukunft malt, dessen Flagge auf allen Meeren weht, dessen Stimme auf der ganzen Erde den Ausschlag gibt, dessen Handel alle Staaten um klammert, gegen diesen fast das Maß überschreitenden politischen Sanguinisinus hat Parker das ganze Gewicht einer großen Tradition in die Wagschalc geworfen. In seinen Reden spürt er den Wurzeln der Kraft nach, der alles verdankt wird, was heute ist und was heute der Amerikaner stolz sein eigen nennt, was weiter wachsen und blühen, aber nicht in nutzloser Säfteverschwendung ins Kraut schießen soll. Die Union, die er sich denkt, soll nicht „Hans Dampf in allen Gassen" sein, sie soll nicht nach marokkanischen Abenteuern ausschaucn, nicht vor Smyrna demonstrieren um einer Horde anrüchiger Armenier willen, soll sich nicht um einer einflußreichen Finanzcligue willen in das russische Judenproblem ein mengen, soll nicht über „kolonialen Notwendigkeiten" die Lehren vergessen, die ihre Größten ihr gepredigt. Gegen die Trusts kämpft Parker und gegen den „Mammutstcufel", gegen die ungesunden Auswüchse des Protektionismus und die nationale Großmannssucht. Er ist kein Revolutionär, aber er sucht ein Tempo des Fort schreitend zu mäßigen, das mit ihm vielen Demokraten alten Schlages bedenklich erscheint. Erst innere Kon solidierung, dann äußere Machtentfaltung. „Ihr habt in eurem eigenen Lande noch genug zu tun, bei euch ist durckxms noch nicht alles so musterhaft, daß ihr »llen anderen Völkern gute Lehren geben und eure Zeit und euer Geld damit vertrödeln dürftet, diese Lehren durch einen Anschauungsunterricht über eure Machtmittel zu unterstützen." Und gegen diesen ernsten Mann mit der strengen Richtermiene, der manchen Graubart an die noch unver gessenen Zeiten gemahnt, wo echte demokratische Einfach- heit einen soliden Reichtum und eine gesunde nationale Wirtschaft begründete, tritt die blendende Erscheinung Roosevelts in die Schranken, des Imperialisten par exc-oilenc-e: „Ihr habt nun einmal eure Riosentrust-, eure unvergleichliche Industrie, ihr seid in allem der alten Welt voran, wohlan, erobert sie euch! — Die Union ist zu klein für euren edlen BetätigungSeifsr, ich will Euch neue Türen auf stoßen. Euch neue Wege zu neuen Zielen zeigen. Der Amerikaner ist zum Herrschen geboren, er soll sein Licht nicht unter den Scheffel stellen, er soll dein alten vcr- wandten Europa zeigen, was er kann. In kurzem werdet ihr einen der bedeutendsten Wektwirtschaftswego besitzen, um ihn agszunützen, bedürft ihr einer starken Flotte, braucht ihr Kohlonstationcn. Ich will sie euch verschaffen. Aber ihr müßt mit mir gehen durch Lick und Dünn, müßt mir vertrauen, wie ich der Zukunft unseres Vaterlandes vertraue, an sic glaube, wie an mich und an euch!" DaS hören die Jungen gerne, und ihre Augen leuchten, ihre Herzen schlagen höher. Das Zutrauen, das man zu ihnen hat, schmeichelt ihrem Ehrgeiz. Sie sind zwar selbst schon fest genug davon durchdrungen, wie herrlich weit sie es gebracht, aber sie wollen es hören, immer wieder hören. Und so kämpft hier die Jugend Mit dem reifen, inner lich gefestigten Mannesbewußtsein, das die Grenzen kennt, die ihm gezogen sind, wenn es sie auch weit genug steckt, das Temperament mit dem kühl wägenden Ver stand, das Streben nach dem Neuen mit der Liebe zum Alten. Man muß anerkennen,: Herr Parker hat das öde Parteitrcibcn bereits in der kurzen Zeit seit seiner Nomi- nicrung auf ein höheres Niveau zu heben gewußt, er hat mit der Sicherheit einer harmonisch geschlossenen Persön lichkeit die großen Gesichtspunkte herausgefunden. Daß cs ihm crnst ist mit seiner Kandidatur, das I-at er schon gezeigt, als er zur Verblüffung seiner Parteigenossen sein hohes und sicheres Richteramt nicderlegte. Für Roosevelt ist gerade diese Persönlichkeit der denkbar ge fährlichste Gegner. Das hat der Präsident auch erfaßt und darum seine Anstrengungen verdoppelt; da wird der Kampf von Tag zu Tag entscheidender, die Kraft der „Maschine" wird abgeschwächt, den klappernden Mühlen der großen Cligucn wird das Wasser abgegraben, die „kleinen Mittelchen" beginnen zu versagen. Immer würdiger wird der Wahlkampf der großen Nation, die in ihm zwischen zwei Idealen, zwischen zwei Welt anschauungen, zwischen zwei Prinzipien wählen soll. In dem Parker an das Individuum appelliert, macht er den wirksamsten Vorstoß gegen die Partciwälle der Gegner, gegen die Disziplin, durch welche die republikanischen Bosse ihre Mannschaften zusammenzuhalten suchen, und heute können weniger als je die Aussichten der beiden Gegner gegeneinander abgewogen werden. vr» »«rrirch.sapastircbe Krieg. Japanische Unternehmungen gegen rviaviwsftsk. Nach zuverlässigen Meldungen, welche nur mit Mühe über Shanghar gebracht werden konnten, entwickeln die Japaner zur Zeit m Nord-Korea eine fieberhafte Tätig keit. In den letzten Wochen sind fortwährend frische Truppen von Japan nach Gensan übergeführt worden und allem Anscheine nach wird nördlich von Gensan eine neue starke japanische Armee ausgestellt, welche so schnell wie möglich gegen Wladiwostok vorrücken soll. Wahrscheinlich ist auch das Nichterscheinen des russischen Korps unter General Liniewitsch im Rücken der Armee des Generals Kuroki darauf zurückzusühren, baß diese Truppen Wladiwostok gegen die neue drohende Gefahr decken mußten. Auf japanischer Seite scheint der Plan zu bestehen, Wladi wostok von der Landseite einzuschließen, ehe die russische Ost seeflotte in den asiatischen Gewässern eintrifft. Port Arthur. Au» London wird dem „L.-A." gemeldet, daß in Port Arthur infolge mangels an reinem Wasser viele Krank heiten herrschen. General Nogis hat Instruktionen erteilt, den Feind durch fortwährende» Angreifen zu ermüden. Es sollen alle Kriegslisten angewendet werden, um die Russen zur Verschwendung von Munition zu verführen. Vke tage in Her rNantfchurei. Dem Pariser „Journal" schickt Ludovic Naudeau einen nicht zensierten Drahtbericht von Kuropatkins Hauptquartier, der da» russische Heer al» von den Niederlagen moralisch gedrückt und der Kampfbegeisterung entbehrend schildert. Er sagt den nahen triumphierenden Ein zug der Japaner in Mukden voraus und sagt: der erste Feldzug sei tatsächlich mit der Niederlage der Russen beendet. Ein zweiter Feldzug setze die Auf stellung eines neuen russischen Heere« vorau». Der russische Generalstab, der beim Ausbruch de» Kriege» die Stärke der Japaner aus 200- bis ZLOOOO Mann bezifferte, ist jetzt überzeugt, 450- bi» LOO 000 Mann vor sich zu haben. Lranspootöchmpfe» „Lena". Die „New Dork Tribüne" meldet qu« San Francisco: Der Geschwader-Ingenieur de« Pacisic-Geschwapers besichtigte auf Befehl des Admiral»Goodrich dir Kessel der -Lena" und sand sie in einem schlechtenZu stände vor. Obgleich die „Lena^ zehn Seemeilen laufen konnte, würde sie bei einem Sturme mit den Kesseln nicht mehr seetüchtig gewesen sein, Der Bericht, der nach Washington telegraphiert wurde, Wird wahrscheinlich dam führen, daß di« „Leng" Aufenthalts erlaubnis erhalten wird, um die Reparaturen vorzunrhmen. E« heißt, der Ingenieur hätte angedeutet, daß per Zustanv der Kessel teilweise dem Umstand »ujuschreibrn sei, daß sie »inen üverinäßigen Dampfdruck hätten aushalten mitssrn. Am Dienstag früh sind der amerikanisch, Torpedoboots zerstörer „Paul Jone«" und eine Barkasse des Kreuzers „Marblehead" picht bei der „Lena" zu Anker gegangen, nm dieselbe zu bewachen und jede Verletzung der Neutralität zu verhindern. Aßln« Pirmittlun-vV-vs-ch«! Der Petersburger Korrespondent des Blattes „Daily Erpreß" telegraphiert uiiterm 12. d. M.: Er könne au« bester O.uell« mitteilen, daß jeder Einmischung«» er such fremde« Mächte, um da» End« de» Kriege» in Öftesten herbeizuführen, von Rußland entschieden zurück gewiesen würde. Gegenüber dem Prinzen Ludwig von Battenberg, der jüngst bei seiner Anwesenheit in Petersburg als Vertreter des Königs Eduard bei der Taufe des Thronfolgers die Einmischungsfrage anregte, erklärte der Zar feierlich: „So lange noch russische Soldaten vorhanden sind und die ReichS- kaffe noch einen Rubel übrig hat, werde ich den Krieg gegen die Japaner, die mich gezwungen haben, die Waffen zu er greifen, fortsetzen. Keine Katastrophen im Felde können mich von diesem Entschlüsse abbringen." veulscvrs Kris). Leipzig, l3. September. * Tic „Frankfurter Zeitung" — uota douo wir scheuen uns nicht, den Namen zu nennen, während die Frankfurter Kollegin von „einem Leipziger Blatt" redet — ist anscheinend verstimmt, daß wir über die Genesis des Falle» Mirbach und seine Erledigung unterrichtet waren. Irren wir nicht, ist gerade die „Frks. Ztg." eine eifrige Verfechterin der journa listischen Stanbesintcrcssen. Dann sollte sie doch aber auch ein wenig darauf halten, daß sie selbst in der Praxis nicht gröblich gegen ihre Prinzipien verstoße. Wir umgeben uns nicht mit einem „Schein der Information", ohne informiert zu sein und setzen das auch bei anderen ernsthaften Blättern nicht ohne stichhaltigen Grund voraus. Die „Frkf. Ztg:" aber gibt als Grund an: „Wlr kennen die Vorgänge in allen Einzelheiten nicht, aber wir sind auf Grund langjähriger Erfahrungen sehr skeptisch geworden gegen die Versuche, die objektive historische Wahrheit über die Entlassung von Kanzlern, Ministern, Oberpräsidenten nnd neuer dings auch von Oberhofmeistern in eine kurze Formel gefaßt, fest zustellen." DaS erinnert fatal an den parodistischen Ausspruch: Wir kennen die Absichten der Regierung nicht, aber nur mißbilligen sie. Das Blatt meint dann weiter, die Dinge spielten sich viel komplizierter ab, als cS den Anschein habe. Gewiß kann das Vorkommen; eS aber als ewige Wahrheit zu verkünden, ist genau so falsch, wie alles und jedes aus einen einzigen äußerlichen Alt zurückzuzühren. Man sollte meinen, ein bedeutendes Blatt wie vie „Frkf. Ztg." sollte eS nicht für angebracht oder gar notig halten, gegen eine Darstellung nur deswegen zu polemisieren, weil cS die „Vor gänge in allen Einzelbeiren nicht kennt". Auch läßt man sich so etwas nicht aus Berlin mitteilen. Für Entschuldigungs oder Rechtfertigungsbriefe seiner Berliner Korrespondenten wegen ungenügender Betriebsamkeit bat man doch andere Ablagerungsstätten als die eigene Zeitung. * Stellung -cs Leipziger Lehrervercins zur Lchulfragr. Der Leipziger Lchrerverein hat sich in seiner letzten Ver sammlung eingehend mit der Schulfrage beschäftigt. Der Referent des Abends, Herr R o s i n - Berlin, besprach zu nächst die Verhältnisse :n verschiedenen Bundesstaaten und wandte sich dann der bekannten S ch u l k o m p r o m i ß - frage zu. Er bedauerte lebhaft die Haltung der national liberalen Partei in dieser Angelegenheit und beklagte ferner, daß in dieser wichtigen Frage nicht einmal die preußische Lehrerschaft die erforderliche einmütige Stellung einnehme, obwohl es klar sein müsse, daß die Konfessions schule nur zur Stärkung der geistlichen Schulaufsicht, deren Beseitigung man doch anstrebe, führen müsse. Nach längerer Debatte wurde schließlich folgende Resolution angenommen: 1) AuS erziehlichen und unterrichtlichen, sowie aus wirtschaft lichen, sozialen und nationalen Rücksichten muß verlangt werden, daß die Kinder verschiedener Glaubensbekenntnisse dieselbe Volks schule zu besuchen haben; doch darf kein Kind gegen den Willen der Eltern zur Teilnahme am Religionsunterricht angehalten werden. 2) Der Leipziger Lchrerverein bedauert, daß ein Teil der preußischen Lehrerschaft um vermeintlicher äußerer Vorteile willen ein Ideal der deutschen Lehrer prei-gebcn will. Dresden, 13. September. * Rotstandstarife und Landtag. Die Ablehnung de» industriellen NotstandStarifes durch die Regierung wird die Jndustriekreise veranlassen, im nächsten Landtag den jähr lichen Zusammentritt der Kammern zu beantragen. Die Industriekreise sind überzeugt, die Tariffrage hätte eine Erledigung gefunden, wenn der Landtag tagte oder sein Zu sammentritt nahe bevorstände. Berlin, 13. Septem der. * Schulprograin m der freisinnigen Bereinigung. In Berlin nahm am Montag Abend eine vom Liberalen Wahl verein der freisinnigen Vereinigung einberufene Versamm lung folgendes Schulprogramm an: Wir verlangen: 1) daß die gesamte Jugend des deutschen Volkes bis zu einer gesetzlich festgestellten Altersgrenze in der Volksschule, in der Unterricht und Lernmittel frei sind, vereinigt werde, und daß neben der Volksschule öffentliche Anstalten für den ersten Unterricht nicht besichen 2) daß hie Volksschule mit den mittleren und höheren Bil- dnngsanstalten in organisch» Verbindung gebracht werde und besonder« begabte Kinder unentgeltlichen Unterricht in weiterführenden Lehranstalten erhalten, 3) daß sich an die Volksschule eine obligatorische Fortbildungsschule für Knaben nnd Mädch»n anschließt, 4) daß in der Volksschule, wie in jeder anderen staatlichen Bildungsanstalt, eine konfessionelle Trennung der Kinder nur im Religionsnnterichte stattfindct, »nb baß für die Teilnahme am Religionsunterricht ein Zwang nicht besteht, 5) daß die Lehrer eine wissenschaftliche Bil dung erhalten, die der Stellung der Volksschule im gesamten BildungsorganiSinns des Staates entspricht, 6i daß die Volksschule zeitgemäß ansgesialtet und dotiert wird «Verkleinerung der Schul- klassen, Ausbesserung der Lehrerbesoldungenl, 7) daß die Aussicht über die Volksschule kn die Hände von praktisch bewährten nnd pädagogisch gebildeten Fachleuten gelegt wird »nd 8t daß die Oberleiiung de« Unterrichtswesens einem Unterrichts- Ministerium obliegt, da« von: Kultusministerium völlig getrennt ist, v) datz diejenige, Gemeinden, die größer» Opfer für ihr Schulwesen bringen, an der Verwaltung der Schulen entsprechend beteiligt sind. Wir verwerfen demgemäß 1) die Trennung der Volksschule nach sozialen Schichten (Standesschulen) und religiösen und kirch lichen Bekenntnissen (konfessionellen Schulen', 2) die geistliche Schul aufsicht, 3) die Abtrennung der Lehrerbildungsanstalten, soweit sie die allgemeine Vorbildung der künftigen Volksschullehrer zur Aus- gäbe haben, von den übrigen höheren Lehranstalten, und bezeichnen 4) die dürftige Ausstattung und unzureichende materielle Fürsorge für den Unterricht als eine der größten, in kultureller wie wirt- schaftlicher Beziehung nachteiligsten Versäumnisse de» Staates. Wir richten an alle liberalen Kreise unseres Volkes, insbe sondere an die liberalen Volksvertreter, die dringende Mahnung, für die Volksschule und ihre Pflege mit voller Kraft einzutretrn nnd die rückschrittlichen Bewegungen auf diesem Gebiete mit Nach- druck zu bekämpfen. Tie ersten beiden Forderungen sind mehr technischer Natur, und über sie kann man sehr wohl verschiedener Meinung sein, dagegen werden die übrigen Punkte die Zustimmung aller Liberale» unbedingt finden. Merkwürdig wirkt e« übrigens, daß die „Nat.-Htg." dazu bemerkt: Sachlich kann man sich mit diesem Schulprogramm, ebenso wie mit den „Richtlinien" der Jungliberalen, größtenteils vollständig einverstanden erklären. „Größtenteils vollständig" ist gut. * Zu den HaudciövcrtragSvcrhaudiungen. Die „Nat.-Z " schreibt: Wie wir entgegen anderen Meldungen von unter richteter Seite erfahren, begegnen die Handelsvertrags verhandlungen mit der Schweiz und Rumänien, ohne hoffnungslos zu sein, gewissen Schwierigkeiten. * Eine interessante Erinucruug wird der „Poft" im Anschluß an das Erscheinen der Prinzessin Ludwig Ferdinand von Bayern auf der 5l. Generalversammlung der Katholiken Deutschlands in Regensburg mitgeteilt. Diese Prinzessin, Infantin Maria de la Paz, erließ in Spanien von Nymphen burg aus am 14. Mai 1000 folgenden Aufruf: „Spanische Glaubensgenossen! Im Namen des hl. Franziskus und des hl. Antonius nähere ich mich euch, um euch um ein Almosen zu bitten. Im Monat Oktober findet die Heiligsprechung der ehrwürdigen Crescentia von Kaufbeuren statt. Dir« ist die erste Heiligsprechung in Deutschland nach der protestantischen Reformation. Ihr wißt nicht, was die Katholiken in Deutschland seit dieser Zeit erduldet haben! Sie haben tapfer in ihrem Glauben ausgehalten und jetzt, wo sic ihr Haupt erheben können, habe ich mir vorgenvmmen, sie zu unterstützen und ihnen mit allen meinen Kräften zu helfen. Tic mit einer Heiligsprechung verknüpften Unkosten sind groß; und da ich das spanische Herz bis auf den Grund kenne, »trecke ich meine Hand nach dem geliebten Lande aus, das mitten in seiner Armut immer jo freigebig gewesen ist, um die Söhne dcS hl. Franziskus um L Centimes (4 ^L) zu Ehren einer hl. Franziskanerin zu bitten. Gott wird es euch lohnen! Jnfanta Paz." Es verdient wohl dieser Aufruf der Vergessenheit ent rissen zu werden, weil er interessant ist für Protestanten wie für Katholiken. — Neue Krisengerüchte tauchen in der „Berl. Börsenztg." auf. Danach soll Herr Delbrück Minister des Innern und Herr Wentzel Kultusminister werden. Wir registrieren die Meldungen mit dem größten Vorbehalt. — Die Zeitschrift „Haus und Schule" berichtet: Der Provinzial- Schulrat Geh. Reg.-Rat Pähler zu Kassel ist an Stelle des am 1. Oktober in den Ruhestand tretenden Direktors vr. Lahmeyer zum Obcrregierungsrat und Direktor des Provinzial-Schul- kotlegiumS zu Kassel ernannt worden. An der Spitze der höchsten Behörde des Unterrichtswesens der Provinz Hessen-Nassau, deren Einwohner drei Viertel evangelisch und nur höchstens ein Viertel katholisch sind, wird somit demnächst ein Katholik stehen, ein neuer Beweis für die Auffassung konfessioneller Parität. * * Oldenburg, 13. September. Dem Landtag ist eine Regierungsvorlage zugegangen, nach der zur Vereinfachung der Verwaltung die finanzielle Selbständigkeit des Fürstentums Lübeck aufgr hoben wird und dessen Finanz wesen mit demjenigen des Großherzogtums Oldenburg ver einigt werden soll. Ferner wird im Landtag auch der Fall Ruhst rat zur Sprache kommen und die Haltung der Regiernng, deren Passivität jetzt selbst dem regierungsfreund lichen „Oldenbg. Generalanz." zu weit geht. Das Blatt verwahrt sich zwar dagegen, als ob es den Behauptungen des Sensationsblattes irgend welche» Gewicht beilege; „aber", so schreibt eS, „alles bat seine Grenzen, und die Grenzen mit Bezug auf die Beleidigungen gegen Minister Ruhstrat sind schon längst weit überschritten, so daß in diesem Falle jede vornehme Ruhe unangebracht und sowohl für die Person gefährlich, al« auch für das Land, in dessrn Ministerium Herr Ruhstrat einen der verantwortungsvollsten Posten be kleidet, verhängnisvoll ist. Und wir würden der ganzen Sache »och keine Bedeutung beilegen, wenn die heftigen An griffe gegen den Minister nur vom „Residenzhoten" aus gingen; die Ruhstrat - Affäre ist aber allmählich zu einer Landes- und Reichsangelegenheit geworden, die nicht mehr aus der Welt zu schaffen ist und die so 'oder so einer klaren Entscheidung bedarf und — sie auch finden wird." * Bückedur», 13. September. Bei der am 0. September im Wahlkreis Schaumburg-Lippe erfolgten Reichstags stichwahl erhielt nach amtlichen Feststellungen von 7245 ab gegebenen gültigen Stimmen AmtSgerichlsrat^vr. Brunster- mann-Stadlhagcn (gemäßiat kons.) 45>7, Stadtverordneter Klinge n ha gen-Herford (^oz.j 2057 ^stimmen. Brünster mann ist somit gewählt. flsne. * Marin,statian Mürwik. Der Kaiser hat dem Flensburger Oberbürgermeister l>r Todjrn bei der Luruper Kaiserparade sein Interesse an der Entwickelung ^)rr neuen Marine st ation Mürwik ausgesprochen und d»r Stadt für ihr Entgegenkommen gedankt. Die Pläne für dir neu» Marineschule und die Platzfrage und erledigt Die Fähnrich» z. S. siedeln spätestens Ostern 1907 von Niel nach Mürwik über. In Kiel bleiben die Inspektion de» dee Piiduugeivesenc- und die Marinrakademie, die erweitert wird und einer großer» Anzahl Sieaffizirre »ine weit«» wissenschaftlich« Awtbitbung gewähren soll.
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