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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.08.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-08-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040829027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904082902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904082902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-08
- Tag1904-08-29
- Monat1904-08
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Vezirg--PreiS 1» tz« Haupterpeditton oder deren Ausgabe stellen «vßstzolt: »ierleliLyrltch 8.— bei zweimaltg« tüaltch« Zustellung tu» Hau» L.7K. Lurch die Pvu txjvgen für Deutsch. laud u. Oesterreich vtertrliahrlich 4.K0. für di» übrige« Länder laut geitunq»prri»Iistr. Tiefe N»«»rr testet aus allen Bahuhvfe» und III HstI beidenZrÜung».Brrtüuferu AednMen und Expedttton: IllS Fernsprecher itW Johauui»-ass« S. AittalsLpePitipAes r Alfred Haha, Buchhandla..Uat>»«rsitü1»str.S (Feruspr. Nr. 4046), L. Lösch», Katharinen straße 14 (Fernsprecher Nr. 808b) ». KdaisI Platz 7 (Fernsprecher Nr. 7K0K). Haupt-Ailiale Dre»»e«i MarieasNaß,S4(Feruipr«tz«rAmtINr. 1718), Haeept-Giltale Varlsti . «arlLuucker,Her»a I.vayrHofbachbandlg., Lützowstraß« lOlFernsprecherAmtVl Nr.4v0s>. Nr. 4t0. Abend-Ausgabe. WpMrIaMalt Anzeiger. Ämtsklatt des Äöuigklchen Land- «nd des Äiiniglichen Amtsgerichtes Leipzig, des Aales «nd des Aolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Montag den 29. August 1904. S8. Jahrgang. Annatzmefchiud für Anzeigen: Lbend-Au»gabe: vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgab»! nachmittag« 4 Uhr. Gxrrn-Veilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, abu« Postbrfürderung ^ll SO.--, mit Postbesdrderung ^l 70.—- Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Di» Elvedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» abends 7 Uhr. Druck und Verlag von G. Pol» tn Leipzig (Inh. vr. R. L W. Ktiukhardt). Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redakttonsslrich (4 gespalten) 7Ü -E, nach den Familiennach- richten («gespalten) KO Tabellarischer und Ztsfernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Osfertenannahme 2L Var Äichtigrlt v-m rage. * Der italienisch-schweizerische Handelsvertrag ist am Sounabend «aterzeichnet worden. * Das baltische Geschwader der russischen Flotte ist aestern auf zehn Tag« in See gegangen. (S. russ.-jap. Krieg.) * Es bestätigt sich, daß die Japaner das Etzeschau- Fort im Nordwesten Port Arthurs genommen haben. (S. ruff.^ap. Krieg.) ststtlanü um! kuglanO. Ueber London geht uns zur Beleuchtung der infolge der jüngsten Vorkommnisse stoischen Rußland und England schwebenden Angelegenheiten folgende Dar stellung su, die Petersburger Einflüsse allzu deutlich erkennen läßt, um sie gutgläubig hinzunehmen: „An unverantwortlichen Berichten au« Petersburg wurde tn letzter Zeit wiederholt behauptet, daß in ge wissen Kreisen Rußlands das Bestreben herrsche, durch eine Verwicklung und Provozierung Eng lands aus der augenblicklichen Lage in Ostasien herauszukommen. Man wolle dem Unterliegen den Stachel durch die Herbeiführung einer Wendung nehmen, in der man sich einer Gruppe von Feinden, statt der einen jungen ostasiatischen Macht allein, gegen über befinden würde. In russischen Kreisen betont man demgegenüber, daß zunächst die Prämisse dieser Be hauptung anzufechten sei. Rußland sei durchaus noch nicht in der Lage, sich als geschlagen zu bekennen, auch nicht, wenn des Generals Kuropatkin meisterhaft an gelegter strategischer Rückzug nach dem Gelände, in welchem die Konzentrierung mit den nachgefandten Armeetrilen stattfinden soll, nicht ohne Gefechte durch geführt werden könnte, die mit weiteren Verlusten ver- knüpft wären. Man steht, vom russischen Standpunkte betrachtet, nicht am Beginne des Endes, sondern am Ende der ersten Epoche des Feldzuges. Was die Verhandlungen mit England betrifft, so ist Rußland sicherlich tn jeder Weise gewillt, auf den alten Pfad einzulenken, der zur Detente und zur An näherung zwischen beiden Staaten führen kann und, wenn auch zunächst nur mit langsamem, so doch mit günstigem Erfolge bereits beschritten war. Die Eng land günstige Stimmung, Lank welcher damals freund schaftliche Eröffnungen russischerseits in gleichem Sinne erwidert wurden, herrscht auch jetzt noch durchaus vor. Der russischen Regierung hat es stets völlig fern ge legen, dem internationalen Handel unnötigerweise Schwierigkeiten zu bereiten und Schädigungen zuzu- fügen, sie würde im Gegenteil nichts lebhafter wünschen, als mit allen auf freundlichem Fuße zu leben. Aber zunächst ist die russische Regierung ebenso wenig im stände, auf dem entfernten Schauplatze stets alles in der opportunsten Richtung zu lenken, wie es der ostasiatische Gegner vermag, -tn russischer Kreuzer auf hoher See steht ebenso außer direkter Fühlung mit der Staats- leitung, wie der Kapitän des japanischen Fahrzeuges bet dem bedauerlichen Zwischenfall in Lschifu eine solche mit der Zentralbehörde hatte. (So sagt man in Petersburg.) Das Petersburger Kabinett wird in der verwickelten Frage der Neutralitätsgrundsütze für den Deehandels- verkehr und die kriegführenden Flottenabteilungen zweifellos sein Möglichstes tun, um den englischen Vor schlägen entgegenzukommen, ohne die eigene Position bloßzustellen. Dies wird gewiß wesentlich auch dadurch erleichtert, daß der Ton der englischen Protestnote glück licherweise durchaus nicht ein derartiger ist, daß er die Verhandlungen erschweren könnte. Es ist übrigens tn gewisser Beziehung auch nicht ohne Bedeutung, daß durch daS Auftauchen und die Behandlung der jüngsten Zwischenfälle daS Interesse der öffentlichen Meinung sich überwiegend auf kommerzielle Momente konzentriert hat. Alle sonstigen etwa möglichen Fragen der äußeren Politik sind dadurch weit zurückgetreten und daS kann auf den Gang der Verhandlungen nur wohltuend wirken. Man könne sich daher der Hoffnung hingeben, daß eine für beide Teile, wie für die internationalen Interessen befriedigende Lösung gefunden wird. Die russische Staatsleitung denkt ebenso wenig wie die japanische auch nur einen Augenblick daran, den internationalen Verkehr unnötig zu schädigen. Gerade hierüber bestehen leider irrige Urteile, ebenso wie solche über die künftige Haltung Rußlands in der Mantschurei verbreitet wurden. Rußlands Handel ist weniger ent- wickelt als derjenige anderer Staaten und steht noch ganz außer Verhältnis mit seinen enormen Hülfsquellen. Für die Beschuldigung Rußlands, daß eS eine falsche Handelspolitik gegenüber dem internationalen Verkehr verfolge, ist man überzeugende Beweise schuldig ge blieben. Wenn es nicht zum Kriege gekommen wäre, hätte man vielleicht jetzt schon ein gerechteres Urteil darüber erlangt, wessen Politik am Stillen Ozean dem internationalen Besten am meisten dient. Auch hierüber ist noch kein abschließendes Urteil zulässig." Trotz des offenbar russisch-offiziösen Charakters, der an manchen Stellen geradezu naiv zu Tage tritt, hat dieser Luncierungsversuch doch auch seinen ernsten politischen Wert: er zeigt nämlich, wie sehr man in Petersburg zur Zeit bemüht ist, jegliche europäische Ver wickelung zu vermeiden. Feuilleton. i) Vor dem Atdanseft. Novelle von Eduard Engel. Nnchdrna drrsoUn. »Sie kennen unsere Gegend nicht?" fragt« mich höflich mein vor kurzen« eingestiegenes Gegenüber, als ich, ge trieben von der sehnsüchtigen Freude des nahen Wieder sehens, der Heimat nach mehr als einem Jahrzehnt, mich unablässig zum Fenster des Eoupäs hinousbeugte, und immer eifriger, forschender, je weiter der Zug noch Osten fuhr, dem hintersten Hinterpommern zu. Ich muhte lächeln: hatte der liebenswürdige alte Herr mit dem burgunderrosigen Gesicht und dem dicken, schneeweißen Schnurrbart des pensionierten Majors, oder vielleicht gar Obersten, etwa geglaubt, diese bescheidene Landschaft mit ihrer nur dem liebenden Herzen des Eingeborenen ver ständlichen Schönheit sei so reizvoll, daß gerade ein Frrmdbürtiger sie so besonders staunend beschauen müsse? „Sie meinen", erwiderte ich, „weil ich mich nicht satt sehen kann an kahlg,mähten Wiesen, schwarzen Torf mooren und Knallroten Ziegelscheunen? Ich bin «in ebenso guter Hinterpommer wie Sie wahrscheinlich auch, Herr Oberst", sagte ich, auf Gratewohl ihm einen Titel gebend. „Nur Major, mein Herr, Major von Nosti-. Aber das freut Mich recht, daß wir Landsleute sind. Sie lasen vorhin so emsig, daß ich Sie nicht fragen mochte, und erst seit einer Viertelstunde sind Sie Feuer und Fett für die Landschaft rundum." „Ja, weiter rsicht eben mein engeres Heimatgefühl nicht, als etwa eine Eisenbahnstund, westlich und östlich von Stolpwitz." „Also auch aus Stolpwitz!" Ünb der Major blickte mich an, als müßte er mich unbedingt kennen. „Sie sind ver Kuktaaa Ser sterers. Aais-Kliche- Sedenkblatt. Der Kaiser hat für die in Südwestafrika Ge fallenen oder an einer Krankheit Verstorbenen neuer dings ein Gedenrbtatt gestiftet, das den Hinter bliebenen durch das Oberkommando der Schutztruppe sofort nach Bekanntwerden des betreffenden Todesfalles zugestellt wird. Das Blatt zeigt den Klügelten Reiter St. Georg, dessen Linke einen Lorbcerkranz auf Fahnen, Pauken, Trommeln, Kürassierharnisch und Helm nieder hält und trägt folgende Anschrift: „Gedenkblatt für... allerdings ein ganz Teil jünger als ich, aber kennen sollte ich Sie doch „Doktor Franz Runge ist mein Name." Wir tauschten die Karten. Natürlich kannte er mich nun sofort, kannte auch den Zweck meiner Reise: mir war die Stelle als Oberarzt des städtischen Krankenhauses in Stolpwitz angeboren worden, und bevor ich mich entschied, wollte ich meinen zukünf tigen Wirkungskreis an Ort und Stelle einmal in Augen- schein nehmen. Der Major wußte sogar noch, daß ich gleichzeitig mit seinem zweiten Sohn, der bei Beaumont gefallen war, im Franzosenkriegsjahr daS Abiturienten examen gemacht, und freute sich nicht wenig, daß ich, mit wunderbarer Lebendigkeit aus der Gruft der Jahre auf tauchte, ihm manchen schönen Zug seines geliebten Axel auffrischen konnte. So kamen wir, wie es ßei engsten Landsleuten unter solchen Umständen sich leicht gibt, in ein lebhaftes Frage- und Antwortkreuzfeuer: Namen auf Namen aus meiner Jugendzeit flog zwischen uns hin und her, und endlich, aber mit Bangen, tat ich auch die Frage noch ihm, dem liebsten Freunde meiner Knaben- und Jünglingsjahre, der mir durch unerklärliche Fügung so rätselhaft ent fremdet und dann wie verschollen war: Tassilo Karzin. Ich sprach den Namen zögernd aus; mir war s, als müßte ich «ine Antwort hören, die mir über die ersten Tage in der wiedergewonnenen Heimatstadt einen grauen Schleier breiten könnte. Und doch, wie ich ihn aussprach, quoll mir mit stürmischer Schnelligkeit ein« Heißflutende Blut welle -um Herzen. Noch einmal fühlte ich alle Süßigkeit leidenschaftlicher Jugendfreundschaft. Ich sah den stillen Garten hinter dem väterlichen Pastorhause, in dem ich mit Tassilo nach einem Tage voll inniger Schülerder- traulichkeit, nack wechselseitigen Herzensoftenbatungen Brüderschaft beschworen und Umarmung Und Kuß ge tauscht — di« wir uns sonst noch steifer Primanerfttt, nur „Sie" genannt. Es war wie die Erinnerung an erste ferne Liebe. Und wie wir unS geschämt hatten, als sein Er starb für Kaiser und Reich. Ehre seinem Andenken.' Unten links befindet sich die Photographie des Gefallenen oder Verstorbenen in Tropenuniform, und zu Füßen deS Blattes finden sich die Worte: „Entworfen von Sr. Majestät dem Kaiser und König Wilhelm II. Aus gefertigt in Berlin, 15. August 1904. Don Seiten des Oberkommandos: Ohnesorg, Oberstleutnant." Daneben ist der blaue Dienststempel des Oberkommandos der Schutztruppe angebracht. Das Ganze befindet sich in einem schwarzen Holzrahmen. Amtliche Veriehte*statt«ng. Der Umstand, daß die Rückkehr des Generalstabschefs Chales de Beaulieu aus Sitdwestafrika nicht amtlich, sondern durch private Meldung bekannt wird, veranlaßt die gewiß nicht oppositionell gesinnte „Nat.-Ztg." zu folgenden scharfen Bemerkungen! Es muß al» geradezu skandalös bezeichnet werden, daß nicht einmal solche Nachrichten durch amtliche Meldung, sondern auf dem Wege «ines „Privattelegramms" in di« Oefsrntlichkeit ge langen! Der Fall Ehaie» d« Beaulieu erinnert an den Fall Dürr. Oberst Dürr, der frühere Kommandeur de» Marine - Ex- prdition»korp», war bekanntlich bereit» wieder auf deutschem Boden angelangt, — da erfuhr man allmählich, daß er — ebenfalls wegen „Herzleidens" — in die Heimat zurückkehren müsse. Wie lange soll sich daS deutsche Volk eine derartige unglaubliche Be handlung bezüglich des südwestafrikanischen Nachrichtendienstes noch gefallen laßen?! In ähnlichem Sinne haben auch wir naS bereit- wieder holt ausgesprochen. ver llirrtrch-lapanircde Krieg. V«r ltkawjang. Seit Freitag findet em allgemeines Vorgehen der Japaner auf Liaujang statt. Langsam und zögernd im Süden (Ebene), mit großem Nachdruck im Südosten (Ge birge). Der Korrespondent de» „B. T." war am Sonnavend im Südeu gegen Wyffandsau, Sonntag im Tal von Tsao- linzi und sodann im Gebirge gegen Auping. Freitag wurde der Angriff der Japaner bei Tsaolinzi blutig abgewiese». Wenig nachdrücklich war der Kampf bei Änping. Am Freitag und Sonnabend fand bei Anschandschau em unbe deutender Geschützkampf statt, bei dem die russischen Batterien wieder vortrefflich schossen. Whssandsan wurde um 4 Uhr Abends geräumt. Die Russen nahmen Stellung am Schaho, 18 Kilometer südlich von Liaujang. Sonntag sand erst ein Geschützkampf, dann ein heftige» Jnfanteriegesecht auf den Straßen von Anping und Tsaolinzi statt, da» bis nach mittag- 1 Uhr nicht zurückzugehen schien,' sodann ermattete. Schon am frühen Morgen zogen Trains und einzelne Batte rien in der Richtung nach Liaujang. Die Verluste müssen auf beiden Seiten groß sein. Die Ereignisse scheinen auf eine Hauptschlacht um Liaujang hinzudrängen. Nach einer Reutrrmelvuug besitze« die Russen von Anschandschau bi» Mukden vorzüglich befestigte Stellungen. Durch das ununterbrochene Eintreffen von Truppen und Artillerie ist die russische Armee jetzt die stärkste, die seit Beginn de» Krieges konzentriert wurde. Die Sol daten befinden sich durch da» Eintreffen frischer euro- päi>ch«r Truppen in begeisterter Stimmung und sind des Rückzuges überdrüssig. Die Wege und die Eisen bahn zwischen Mukden und Liaujaug sind voller Truppe». An dem Angriff, den Chunchusen am 23. auf die Ruffen nördlich Mukden machte», sollen reguläre chinesische Soldaten teilgenommen haben. Vater, der gute alte Pastor Karzin, uns erst wegen unserer erglühten Gesichter geneckt, bi» er dann merkte, es sei unseren jungen Herzen so ernst damit, wie es eben erster Freundschaft und erster Liebe nur ernst sein kann „Tassilo Karzin?" wiederholte der Major — „und von dem wissen Sie nichts? Der war ja mit Ihnen und meinem Axel zusammen in Prima und im Kriegsexamen unter dem famosen alten Direktor Schütz." „Freilich, freilich war er das; aber seitdem " „Nun ja", meinte er, „ich kann mtr'S wohl denken, daß auch Sie mit ihm zerfallen sind wie alle, die mit ihm in Stolpwitz jung gewesen." „Nicht eigentlich zerfallen", entgegnete ich; „eS muß irgend etwa- Unheimliches über ihn gekommen sein, schon vor langer Zeit, ich denke, gleich nach dem Kriege, und das hat uns auseinanbergerissen." „Also auch Sie wissen nicht, was es gewesen sein kann?" fragte der Major. „Ich weiß überhaupt nichts von ihm, al» daß er schwerverwundet aus dem Kriegsschauplatz in Lothringen inS Lazarett kam; das hat er mir durch eine kühle Feld postkarte von dort mitgetsilt. Später, aber natürlich erst noch Jahren, ich denke, es war 1874, erhielt ich eine ge druckte Anzeige seiner Vermählung mit " „Mit einem Fräulein von Zitzewitz, nicht wahr?" „Richtig. Mit Emma von gitzewitz. — Gott, daß einem so etwa- entfallen kann, und ich wat doch in Sekunda und Prima mit zwei Zitzewitz zusammen. Aber das sind nun bald 1V Jahre her, Herr Major." „Ja, so viel, wie mein Axel tot tft. — Run, und dann?" „Ein Jahr darauf bekam ich von Karzin wieder so eine kaltherzige, gedruckte Anzeige: ein Gvhn war ihm geboren; aber auf alle Mein« Glückwünsche, Briefe und Anfragen kein- Antwort. Ich hab' mir keinen Vers d'rauf machen können." „Wundert mich nickst groß", tagte der Major und strich die Schnurrbartzipfel nachdenklich in die Höhe. „Wir Lart Arthur. Bom japanischen BelagerungSkorvs vor Port Artbur wird gemeldet: Japanisch« Infanterie ist nach wiederholten Angriffen in den endgültigen Besitz des Forts Etzeschan an der Nordwestecke von Port Arthur gelangt. Die Artillerie wird jetzt von dort au» das Feuer gegen die innere Fortslinie, die Sungtschan-Fort-, eröffnen. Das Etzefchan-Fort liegt an der Stelle, wo die West- und die Nordsront der Befestigungen Port Arthur- zusammen stoßen. Sein Besitz ist für eine Vie Festung belagernde Armee von unschätzbarem Wert. Von dem in dem äußeren Fortgürtel liegenden Etzeschan-Fort bis zu der zweiten inneren Fortlinie, den Sungtschan-Forl-, ist eine Entfernung von etwa drei bi» vier Kilometer. In dieserMeldung dürfte die tatsächliche Unterlage der gestern früh veröffentlichten Nachricht vom Fall Port Arthur zu erblicken sein. Berichte au« Port Arthur in Liaujang eintreffender Boten taffen angeblich er kennen, daß die Widerstandskraft derFestung beträcht lich unterschätzt wird und daß Port Arthur sich noch zwei Monate, vielleicht auch bis Ende diese» Jahre» sich halten könne. Gleichwohl wird kein Einsichtiger daran zweifeln, daß der Fall Port Arthur» unmittelbar bevorsteht. Di« Besatzung da» «ntwasfnsten russischen Arieg-schisse. Japan verlangt, daß die Mannschaften ver hier des- armirrten russischen Schiffe, wie in Tsingtau von Deutschland, auch hier von China festgehalten werden. Japan wurde zu dem Verlangen veranlaßt durch die Medereinstellung der Besatzungen des „Warjag" und „Korejetz" im Baltischen Geschwader trotz des Versprechen-, daß die Leute sich nicht mehr am Kriege beteiligen sollten. Nach einer Meldung der „Köln. Ztg." ist übrigen» das baltische Geschwader unter Führung de» Kontreadmiral« Roschdestwensky am 28., wie e« heißt, auf zehn Tage in See gegangen. Im Geschwader befinden sich die Kreuzer „4>imitry DonSkoi", „Aurora", „Alma-" unter der Flagge des KontreavmiralS Enquist, da» Panzerschiff „O-llabja" unter der Flagge deS KoutreadmiralS Tölkersam, die Panzer „Navariu", „Imperator Alexander II.", „KaiaS Suworow" unter der Flagge de« Kommandierenden de« Ge schwaders, die Panzer „Ssifsoi Weliki" und „Borodino", der Kreuzer „Admiral Nachimow", die Torpedobootszerstörer „Burny", „Bystrtz", „Bjedowy", „Brzupretschny", „Bobry" und „Blestiascht". De* neue „Unfall" dar „Grel". Als am Freitag in später Abendstunde der neue „Un fall" des neuerbauten Panzerschiffes „Orel" im Hafen von Kronstadt bekannt wurde, herrschte nur eine Stimme der Entrüstung, aber weit weniger über den Unfall selbst, der zweifellos ein neues Attentat darstellt, als über die unverantwortlichen amtlichen Vertuschungsver suche. Wagte es doch die offiziöse Telegraphen-Agentur zu berichten, daß der „Orel" infolge der Reparatur eines Unfalles aus dem Sommer nM an der Probekreuzfahrt des Baltischen Geschwaders teilvehmen könne. In Wirklichkeit verhält eS sich so, daß die Maschinen deS „Orel", al- er sich in Bewegung setzen wollte, ein ganz eigentümliches Knirschen hören ließen. Man stellte sofort eine Untersuchung an und entdeckte, -aß von ver brecherischer Hand die Zapfenlager der Hauptverschlüsse an den Maschinen mit Sand bedeckt waren. Und dabei werden die Schifte der baltischen Flotte im Hafen einer ununterbrochenen, scharfen Bewachung auSgesetzt! Ueber den Täter weiß man natürlich ebenso wenig, wie bei dem ersten Attentat gegen den „Orel" durch Oeffnen der See- Ventile. Man vermutet natürlich, daß beide Attentate auf ein und dieselbe Person zurückzuführen sind, hat aber keines- werden in Stolpwitz alle nicht au» ihm klug; selbst das Konsistorium in Stettin hat sich schon mit seinem eigen tümlichen, fast anstößigen Benehmen beschäftigt; indessen sein Amt versieht er mit geradezu reinlicher Strenge eigentlich weit über seine sinkenden Kräfte hinaus, und so kann man ihm nichts anhaben." „Ich bin nur froh", rief ich erleichtert, „daß Tassilo noch lebt. Als auf meine Briefe, die ich anfangs min destens alle Jahre einmal an ihn richtete, gar keine Ant wort kam, dachte ich schon daS Aergste." „Das Aergste? Sie meinen den Tod? Wer weiß, ob das für ihn das Aergste gewesen wäre!" bemerkte der Major mit geheimnisvoller Stimme. „Ueöerbaupt, lieber Doktor, waS ist das Aergste? Die Menschen, be sonders die Zivilisten, denken immer, es sei der Tod. Na, den habe ich hundertfach, tausendfach um mich lter ge sehen, bis er selbst einmal dicht an mir vorübcrpfiff und mir bei der Gelegenheit einen Streifdenkzettel an die Rippen gab, der genügt hat, mich sehr unversckmldet an der Mojorsecke Halt machen zu lassen. Bei Gravelotte war'- gewesen. — Ja. aber wa» wollte ich sagen? Der Tod, was so ein richtiger schneller Tod ist, der auf dem Schlachtfelde zumal, ist ein Kinderspiel. Es gibt schlimmeres, und ich glaube, Ihr Freund Karzin würde mir daS bestätigen." „Wie geht eS ihm denn jetzt? — Denn Sie kennen ihn offenbar genauer." „Ja, was man so genauer kennen heißt! Wer kennt ihn genauer, außer seiner Frau, und auch die scheint nicht viel von» ihm zu wissen. Und dabei war'S eine richtige Liebesheirat gewesen, mit allem romantischen Zubehör, auch mit dem anfänglichen Widerstand der Eltern der Frau. No, Sie können sich'» ja denken: die ZitzewitzenS, uralter Adel. --- Ich frage Sie, lieber Doktor, wann kennt überhaupt ein Mensch den anderen? Karzin lebte unter uns, er ist unser Prediger an St. Marien seit zehn Jahren, er predigt und tauft und traut und bestattet fast Tag um Tag, geht unberufen in di, Kadachen der Armen
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