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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.08.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-08-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040829013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904082901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904082901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-08
- Tag1904-08-29
- Monat1904-08
- Jahr1904
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Nr. 439. 98. Jahrg. Leipziger Tageblatt. Ruslana. Oesterreich - Ungar«. * PfixtsterPrifiPent v. Korrber t« Krakau. Münster- Präsident I)r. v. Koerber empfing am Sonnabend in Krakau die Behörden, verschiedene Korporationen und Deputationen. Aus die Begrüßungsansprache de« Stadt präsidenten erklärt er, Krakau halte die kostbare Tradition hoch, trotz der Mannigfaltigkeit der Bevölkerung den inneren Frieden stets za bewahren und arbeite emsig an der Erfüllung der ihr durch ihre Lage an der Grenze dreier großer Staaten zugefalleneo hervorragenden Aufgaben. Die Regierung werde sie darin in vollem Umfange unterstützen. , Italien. * Der tt«lle«ifch»österreichische HanöeiSverlra, wird nach der „Tribuna* in den nächsten Tagen unterzeichnet werden. Aste«. «Vie englische Tibel-Expeptttv«. Aus Lhassa gehen von verschiedenen Seiten Meldungen über weitere An fälle aus Leute ein, die zur britischen Expedition gehören. Neben zwei Hauptleuten des SanitätSkorps, deren Angreifer ein riesenstarker, anscheinend verrückter Fanatiker war, wurde auch ein eingeborner indischer Offizier ange griffen, der fich indes seine zwei Gegner mit dem Revolver vom Leibe hielt. Ein Sikh von der Signalabteilung, der einen vereinzelten Posten auf einer Anhöhe hatte, wurde von mehreren Tibetern überfallen, die aber vor seinen Schüssen eiligst ReißauS nahmen. Ein eingeborener Dolmetscher der Royal-Füsiliere wurde in einem Gehölz bei der Stadt an gefallen. Mit sieben Wunden bedeckt zurückgelassen, schleppte er sich in die Stadt und wurde dort freundlich ausgenommen und verpflegt. Diese vier Vorsälle in wenigen Tagen erregen in London wie in Lhassa und Indien einige Unruhe, weil sie die Hoffnung auf eine rasche, glatte Regelung der Dinge in Tibet dampfe«. Tüd-Amerika. * Gärungen und Reibungen. Wenn nicht alle Anzeichen trügen, gärt und brodelt es in den süd amerikanischen Republiken wieder einmal ganz bedenklich. Zwar ist man bei dem bekannten Charakter der Regierung Venezuelas nicht erstaunt, zu lesen, baß Präsident Castro sich weigert, die eigenmächtige Konfiskation des Eigentums der Newyork and Bermudez Asphalt Company gut zu machen. Aber ab gesehen davon, daß das möglicherweise zu Reibungen mit den Vereinigten Staaten führen dürste, ist dieses Ereignis bemerkenswert, weil es zusammenfällt mit einer Reibe bedenklicher Erscheinungen in den anderen Staaten des lateinischen Amerikas. Paraguay erfreut sich bekannt lich gegenwärtig zweier Regierungen, einer sogenannten legitimen und einer revolutionären. Das ist allerdings nur mehr oder wenig landesüblich; schlimmer aber ist, baß die Hauptstadt und die größte Kaufstadt des Landes, Asuncion, von den Insurgenten bombardiert und das Bombardement nur auf dre Vorstellungen der fremden Konsuln hin eingestellt wurde. Auch Peru ist in etwas unruhigem Fahrwasser. Der Präsident ist gestorben ohne für einen Nachfolger Vorsorge getroffen zu haben. Der frühere Premierminister hat zwar die Zügel des Geschäfts übernommen, aber seine Autorität wird von vielen Seiten nicht anerkannt. Außerdem ist an der Nordgrenze ein Kampf mit Ecuador ausgebrochen, über dessen Ursache nicht das Geringste bekannt ist. Die Differenzen mit Brasilien wegen des Acre-Gebietes sind zwar für den Augenblick durch ein provisorisches Uebereinkommen bei gelegt; aber Brasilien, das seinen Anspruch auf das strittige Gebiet m dem Uebereinkommen zugeslanden er hielt, stellt jetzt neue Forderungen auf und verlangt jetzt auch noch die Bezirke, die von dem Alto Purus und Alto Iurua bewässert werden, das sind die besten und wert vollsten Kautschuk-Gebiete ganz Südamerikas. Das Komische an der Sache ist, daß Brasilien, als es im Vorjahre Bolivia mit Waffengewalt aus dem Acre-Gebiete vertrieb, dabei als Vertreter der Ansprüche Perus auflrat, jetzt aber nicht nur das strittige Gebiet behält, sondern mehr verlangt, als Bolivia je für sich in Ampruch nahm. Die neue Republik von Panama ist kaum geboren, und schon hat sie begonnen, der Mutterrepublik Columbien hart zuzusetzeu. Ihre Truppen sollen die Stadt Magui besetzt haben, und man fürchtet, daß Columbien eine weitere Provinz an Panamavcrlieren wird, abgesehen von verGefahr, daß sich noch andere Teile unabhängig erklären könnten. Die welterschütternde Nachricht, die neulich von Corinto aus in die Welt gesetzt wurde, daß die Präsidenten von Salvador, Honduras und Nicaragua sich zur Amrechterhaltung des Friedens unter den mittelamerikanischen Republiken verbündet hätten, deutet eher Krieg als Frieden an, denn Guatemala und Costa Rica sind in dieser Friedensliga nicht vertreten, die wahrscheinlich nichts bedeutet, als die Wiederholung des im Jahre 1895 unter amerikanischer Aegide gemachten Versuches, eine Konföderation der größeren Republik von Zentral-Amerika herbeizuführen. Leiprigrt H»gelege»deitr». * Leipzig 29. August. Di« Vank. Nur nicht ängstlich, meine Herren Direktoren und AufsichtsräteI Sie sind noch nicht an der Reche. Die Bank, die ich meine, steht unter der Aufsicht der heiligen Hermandad und ist gänzlich direktionslos. Sie hat weiter kein Aktienkapital gekostet, und wenn sie mal krachen geht, was nach Rothschilds Ausspruch jeder Bank einmal passieren mutz — es kommt nur darauf an, ob wir s er leben — also wenn sie wirklich gusammenbricht, dann lätzt der Rat der Stadt Leipzig für ein paar Taler eine neue aufstellen. Höchst einfach. Meine Bank ist übrigens sehr solid. Sie trägt mich schon eine Reihe von Jahren, und das will viel heitzen. Heuer im Frühjahr war sie einiger matzen sanierungsbedürftig, aber mit etwas Oelfarbe war das schnell in Ordnung gebracht, ohne Generalversamm lung und Zusammenlegung. — Diese Bank steht am Marienplatz. Eine nette, mollige Bank, geschätzt bei Grotz und Klein und viel benützt von Alt und Jung. Sie ist ja zum Glück stumm und kann nicht alle die Ein drücke erzählen, die sie empfangen, auch den tiefen nicht, den ich auf ihr hölzernes Gemüt gemacht habe. Indessen, ich habe sie fleitzig beobachtet und kann darum einiges aus ihren Erlebnissen verraten. — Ihre ersten Kunden früh morgens, das sind richtige „Kunden". Stumm sitzen sie da, die Ballonmütze un Genick, in schäbiger Strickjacke und um die Beine manchesterlich angehaucht. Ich habe selten Menschen so tief nachdenken sehen, die Augen gläsern, starr auf einen Punkt gerichtet, ganz rot im Gesicht von der geistigen Anstrengung. Der eine frischt eben den Geist auf. Es kluckert ordentlich. „Nicht W fix, Carl!" sagt der andere. Sein Spiritus braucht auch die Pulle. Dann wieder eine lange Pause, derweilen die Elektrischen anfangen vorbeizuklingeln und die wacke- ren Arbeitsleute aus dem Osten über den Platz zur Werk- stelle ziehen, emsigen Schrittes, das Frühstückspäckchen unterm Arm. Einer davon bleibt einen Augenblick bei mir stehen und sieht sich die zwei Pennbrüder an. „Worüber die wohl nachdenken?" frage ich. „Wie sie der Arbeit am besten aus dem Wege gehen", sagt er und macht, datz er weiterkommt. — Der Vormittag führt mich wieder daher. Ein anderes Bild: Zwei graue Mütter chen sitzen auf der Bank, daneben ein weißbärtiger Alter. Weitz stimmt nicht ganz; es ist etlicher Rost in der Farbe. Er hält die Schnupftabaksdose in der Rechten und streicht mit der linken .Hand schonend übers Knie. Da tut's weh. Ein alter Soldat mit einer Dänenkugel von anno 64 in der Hüfte und mit der Gicht im Bein. Die hat er sich auf eisiger Feldwacht vor Paris geholt. Jetzt verzehrt er sein bißchen Pension in Ehren, läßt sich wohlig die Sonne auf den müden Rücken scheinen, legt die Dose zur Seite und liest im „Tageblatt". Als er tapfer Brie und Cham- p'gny gestürmt, hat er sich auch eine russische Georgs- medaille verdient, die damals der Zar unter die deutschen Krieger verteilen ließ. Aber heute schüttelt er den Kopf über die Russen und buchstabiert an den Namen, wonach sich ihre Niederlagen nennen. — Um die zwei Frauen daneben kümmert er sich nicht. Die stricken Strümpfe und plappern mit zahnlosem Mund, unermüdlich, endlos. Von dem Hausmanns posten, den der Sohu erwartet, und von der Tochter, die ihr Fünftes bekam. „Ja, nun hören Sie bloß, Frau Nachbarin, der Müllern ihre Jüngste, die geht jetzt in die Fabrik; dienen mag sie nicht mehr; und alle Sonn tage auf dem Tanzboden; nachher fliegt sie nein und fertig ist die Laube." „Nun eben", meint die andere, „bei Schulzens ist auch egal Theater. Da neulich kam der Hausleerer; aber da gab's nichts zu pfänden, als alte Gosenflaschen und so." — Altes Weib, dein Name ist Nächstenliebe! — Am Nachmittag kriegt die Bank lustigere Gesellschaft. Mit Hussa und Hurra stürmt eine fröhliche Schar daher. Hurtig fliegen die flinken Beine, rauf und runter, drüber und drunter geht's um die Bank. Lustig flattern die Haare im jagenden Spiel. Mit Turnen und Tollen lärmen die Bürschchen um die Wette im Zeter. Aengstlich flattern die Spatzen vom Baume, dran die Jungen rütteln, über den Sitz, auf die Lehne, den Stamm empor. — Drüben auf der anderen Seite hört's ein Mann im blauen Kittel und gelb gepaspelter Kappe. Er hat einen braunen Sack vor sich runlerhängen und trägt einen Besen umgekehrt mit scharfer Spitze am Ende. Damit harpuniert er alles Papier; es verschwindet im Sack. Wie er das spielende Völklein erschaut, hebt er zu schimpfen an und setzt eine grimmige Amtsmiene auf. Hoch hebt er den Besen. „Wartet ihr!" schreit er über den Platz. Wie einst Neptun mit geschwungenem Dreizack, als er fein „Huos exo!" tönen ließ in der Wogen stürmisch Gebraus. — Schade! — — Es geht dem Abend zu. Gast wechselt auf Gast. Da naht der Soldat mit seiner Köchin Hand in Hand. Sie sind vom selben Dorfe „zuhause". Ein Liebespaar, voll Liebe ohne Worte. In stummer Bauernburschenseligkeit sitzt er jetzt bei ihr, nicht nahe, nur die Hand hält er fest. Sein Herz ist so voll von dem bösen Hauptmann, der ihm nächstens drei Tage versprochen, das ihre von der Gnädigen, der man nichts recht machen kann, und bei beiden von tiefem Sehnen und schwer verhaltenen! Heim weh. Aber sie sagen es nicht; nur ihre Augen sprechen es aus. Ihr Glücklichen in eurer Liebe Lust und Leid, ach, wenn's doch immer so bliebe! — Nächtlicher Schatten deckt jetzt die Bank. Nur das weißglühenüe Licht der Laternen wirft verstohlene Strahlen durch der Bäume Laub. Feuchter Tau senkt sich hernieder. Ein kühler Wind streicht über den öden Platz. Die elektrische Bahn verklingelt in der Ferne. Es wird still. Die Kleinen schlummern längst in ihren Betten, und der rechtschaffene Bürger ist von feinem Schoppen heimgekehrt. Doch die Bank kommt nicht zur Ruhe. Aus den Höhlen der Groß stadt kriechen die Falter, streichen im Zickzack häßlichen Zuges durch Gassen und Straßen, lassen fich nieder auf der Bank. Heimliches Kichern tönt an mein Ohr, wüste, unterdrückte Worte dazwischen. Ich will es nicht hören. Die letzte Laterne erlischt. Ich will es nicht sehen. So ist das Leben, — am Ende der Ekel. kersteo. * D Der Anfang der Messe vollzog sich gestern unter einem günstigen Zeichen: Der übliche Meßregen war ausgeblieben, ob es zwar einmal so aussah, als sollten die Töpfe auf dem Fleischerplatz sich eine „himmlische" Wäsche gefallen lassen. Aber es blieb glücklicherweise nur beim „aussehen" und die Meßbesucher, die recht zahlreich Straßen und Plätze füllten, ließen sich durch ein paar dräuende Wolken in ihrem Vergnügen nicht stören. In den Abendstunden, als die elektrischen Lam pen, die an den großen Meßbuden das Glühlicht vollends zu verdrängen schienen, erstrahlten, gab es ein recht tüchtiges Gedränge und das Geschäft wurde lebhaft, wie es den Ausstellern der Kleinmesse nur zu wünschen ist. Auch in den Hauptstraßen der Stadt die dem eigent lichen Meßtreiben fern liegen, herrschte lebhafter Ver kehr, namentlich in der Petersstraße, wo das neue Auto matenrestaurant „Drei Rosen" die Besucher zeitweise nicht zu fassen vermochte. * Das Comit6 der Internationalen Kochkunst- und Fachausstellung für das Gastwirtsgewerbe, Leipzig 1905, hat in einzelnen Gruppen, obgleich bis zur Eröffnung der Ausstellung noch reichlich sechs Monate ins Land gehen müssen, schon heute Platzmangel, und verschiedentlich haben bereits Zurückweisungen der Anmeldungen er folgen müssen, oder es konnten nur wirklich ganz hervor ragende Objekte noch acceptiert werden. Angenommen darf sicher werden, daß bis Ende dieses Jahres der Riesenraum des Aussteüungsetablissements in allen seinen Teilen vollständig belegt sein wird. * Sedanfeier 1904. Ueber die Männerchöre, welche der 200 Mann starke Leipziger Lehrer-Ge sangverein zum allgemeinen Sedan-Fest kommers, Donnerstag, den 1. September, abends 8 Uhr, im großen Saale des Zoologischen Gartens zu Gehör bringt, ist viel Interessantes zu berichten. „Der Choral von Leut'hen", nach der Besserschen Dichtung von Reinhold Becker komponiert, ist der Preischor des 1. Ge sangwettstreites deutscher Männergesangvereine um den von Kaiser Wilhelm II. 1899 zu Kassel gestifteten Wanderpreis. Auch der zweite vorzutragende Männer chor, „Das deutsche Lied", von P. Faßbänder, ist ein Preischor, der 1900 den vom deutschen Kaiser für das Deutsche National-Sängerfest in Brocklin ausgeschrie benen Kaiserpreis erhielt. Neben all seiner Einfachheit der Ausdrucksmittel und trotz seiner dem Volkston sich nähernden schlichten Haltung ist das Werk vom edelsten Inhalt erfüllt. Das Schwertlied und Lützows Jagd von C. Weber sind allbekannt, ebenso das frische, kräftige, kerndeutsche „Schön teutsch Reiterlied" von H. Rietsch. Zu Ehren des am 1. September 1804 geborenen Kom ponisten Jul. Otto wird das Doppelquartett des Leipziger Lehrer-Gesangvereins sein „Treues deutsches Herz" zu Gehör bringen. Tann folgen noch zwei Volkslieder, „Zu Straßburg auf der Schanz" und „Es geht bei gedämpfter Trommel Klang" von Fr. Silcher. Die Beteiligung am Festkommers, den 1. September, verspricht eine sehr große zu werden. Bis heute sind bereits über 600 Ein trittskarten ausgegeben worden. Bekanntlich faßt der Festsaal über 2000 Personen, so daß für alle Festteil nehmer bequemer Platz vorhanden ist. Eintrittskarten ä 30 Pfg sind im Vorverkauf an den durch Inserate und Plakate bekanntgegebenen Verkaufsstellen zu haben. Der Preis an den Abendkassen beträgt 50 Pfg. v.Ein Cabaret in Deutschland, in Leipzig. Das ist ungefähr so, als ob man die schöne blühende wilde Kirsche auf einen biederen Aprikosenbaum okulieren wollte. Aber der Vergleich ist noch nicht einmal ganz richtig; denn das, was man als Cabaret ausgab, hat — um beim Bilde zu bleiben — gar nicht einmal jene ursprüngliche Frische der wilden Kirsche. Ein Cabaret ist aus tausend Gründen bei uns nicht möglich. Wir sind in unserer Ausgelassen- heit nicht ursprünglich genug, wir Deutsche sind zu zahm, zu „anständig" dazu, wie der Philister sich ausdrücken Feuilleton Ganzen zu größtem künstlerischem Vorteil gereichte. Ins besondere verdiente auch die sehr fein ausgearbeitete Wiedergabe der Ouvertüre lobenswerteste Anerkennung. Laxen LexaKr. Mrrftk. Neuer Theater. Der Waffenschmied. Die letzte Aufführung von Lortziugs „Waffenschmied" war infolge der Neubesetzung einiger Rollen von beson derem Interesse. Fräulein Musil führte sich als Marie vortrefflich ein; ihr klangvoller Sopran ist vorzüglich ge schult, schön timbriert und ungemein biegsam. Die ge samte gesangliche Leistung ließ in der Behandlung der Kantilene und des Recitativs erkennen, daß man einer durch und durch musikalischen Sängerin gegenüber steht. Auch nach schauspielerischer Seite war die Partie fein durchdacht. Fräulein Musil bewegte sich, obwohl erst am Anfänge ihrer Laufbahn stehend, mit absoluter Sicherheit auf der Bühne und stattete die Erscheinung der Wormser Bürgerstochter mit allen jugendlichen Reizen holden Mädchentums aus. Wir halten das Engagement der jungen Künstlerin für unser Opernensemble für einen großen Gewinn. Der Graf Liebenau des Herrn Mergelkamp war eine chevalereske Erscheinung, vielleicht hier und da zu schwerfällig und ernsthaft. Organ und Beanlagung scheinen den hochbegabten Künstler viel mehr auf das Gebiet des Heldenbaritons hinzuweisen. Man hätte vor allem leichtere Behandlung des Recitativs und mehr Lebendigkeit im Dialog gewünscht, Dinge, die in der komischen Oper nun einmal ganz unerläßlich not wendig sind. Herr Kunze als Vermittler in Heirats sachen gab eine klassische Type und der Schwabenritter hatte alle Lacher auf feiner Seite. Maske, Spiel, Auf- treten und Gesang war hier wieder einmal zu einem wirklich künstlerischen Ganzen verbunden. Der treffliche Künstler sang das allerliebste Schwabenlied mit seltener musikalischer Feinheit, mit einem Piano, das uns direkt in Erstaunen versetzte. Tie übrigen Leistungen, der Waffenschmied des Herrn Schelper, der Knappe des Herrn Marion und die Haushälterin des Fräulein Iungh sind von uns schon früher gewürdigt worden. Im Orchester (Herr Kapellmeister Hagel) wurde warm und mit lebendiger Anteilnahme musiziert, was dem lI Ter Umbau des Dresdener Opernhauses. Nach dem Chicagoer Theaterbrand wurde, wie die „Frkf. Ztg.^ rrntteilt, auch das Dresdner König!. Opernhaus, Sempsrs Schöpfung, auf seine Feuersicherheit geprüft. Man erkannte die Not wendigkeit baulicher Aenderungen und hat diese nun während der Theaterferien vorgenommen. Neue Ausgänge wurden hergestellt, die Kasscnraume sind aus dem dunklen Korridor in das lichte weite Portal verlegt worden und außerdem wurden neue Reftaurationsräume geschaffen Leiter des Um baues ist der Hofarchitekt Fröhlich. Die Restauration ist im Stil Ludwigs XVl., ins Empire übergehend, gehalten, die Holztäfelungen der Wände und Decken sind in Weiß und Golo durchgeführt, die Wandfelder mit Altgoldstoff bekleidet. Die Räume sind elektrisch beleuchtet. Große künstlerische Schwierigkeiten stellren sich dem Umbau des Portals entgegen, das sich in seinem weiten Balkon und dem turmartigen Auf bau, den Schillings Quadriga (Dionysos und Ariadne auf dem Panterwagenj krönt, wirkungsvoll in das prachtvolle Halbrund des Semperschen Baues einfügt. Rechts und links vom Portal sind die Standbilder Goethes und Schillers angebracht. Dieses hallenartigc Portal mußte vermauert werden, und diese mit Fenstern versehene Vermauerung, bei der auf icdc Architektonik verzichtet wurde, um nicht die Dieinung zu erzeugen, Semper selbst habe sie seinerzeit geschaffen, sondern um ein Provi. sorium anzudeuten, stört natürlich den Eindruck der herrlichen Fassade. Praktisch ist die Aufgabe gelöst, ästhetisch nicht, wenn man auch vom kunstgeschichtlichen Standpunkte das Vorgehen des Architekten begreift, der sich hier in einer Zwangslage be» fand. Jeder künstlerisch Empfindende wird kopfschüttelnd vor der Oper stehen und auf die vermauerte Portalhalle schauen; er kann nicht wissen, daß man der Not gehorchen und da künstlerische Gewissen gegenüber der Forderung der Notwen, digkeit beschwichtigen mußte. Theater. * Alte» Theater. Wenn Leipzig von Fräulein Pauline Linda jetzt als Nachwelt angesehen werden sollte, well sie es verläßt, so kann die geschätzte Künst lerin in des Dichters Klage, daß die Nachwelt dem Mimen keine Kränze flicht, kaum einstimmen. Die Bühne des Alten Theaters nahm sich am Sonnabend, als die letzten Takte der „Fledermaus" verklungen waren, aus wie der Paraderaum einer großen Blumen- ausstellung, und mehr als tausend Hände regten sich, um der Scheidenden in der deutlichen Sprache, die das Theaterpublikum nun einmal spricht, auszudrücken, wie ungern man sie von Leipzig scheiden sieht. Länger als 8 Jahre konnten wir Pauline Linda die unsrige nennen. Im Mai 1896 kam sie von Prag hierher und gastierte als Komtesse Fichtenau im „Obersteiger" und als Galathea in Suppos gleichnamiger Operette. Im Juli desselben Jahres schon trat sie in den Verband unserer städtischen Theater und hat sich von einer schlich- lernen Anfängerin zu einer ersten Soubrette empor gearbeitet. Wir betonen das Wort „emporgearbeitet", denn die Leipziger Operette verlangt angestrengte Arbeit von ihren Mitgliedern, und nur wer es ernst nimmt mit seiner Kunst, hat Aussicht, hier weiter zu kommen. Pauline,Linda hat stets in der ersten Reihe der „arbeitenden" Künstler gestanden, war stets auf dem Posten und eine Absage gehörte bei ihr zu den größtenSeltenheiten. So hat sie sich in ihrer prächtigen ur- wüchsigen Art in die Herzen der Leipziger hineingesungen, ist sie zum Lieblinge des Publikums geworden, das sie wahrlich nicht leichten Herzens von hinnen ziehen sieht. Das Haus am Fleischerplatz war ausverkauft und Publi- kum und Darsteller befanden sich in wahrer Feststim- mung. Frau Siegmann-Wolff als Rosalinde und Herr Sturmfelsals Eisenstein waren charman- ter denn je, Herr Groß und Herr SukfüIl deuteten in ihrem Dialog diskret auf das „Abschiednehmen" hin, und die Scheidende selbst Pauline Linda, eine Adele 6s pur ssnx, durfte die Bühne erst verlassen, nachdem als sie ein paar Worte des Abschieds gesprochen hatte, Worte, die mit dem Ausdruck des Dankes an Leipzigs als die Wiege ihrer Künstlerschaft, in ein herzliches „Lebe wohl" ausklangen. " ' R. 3-, D. Leipziger Schauspielhaus. Nach -er glücklich verlaufenen Eröffnung der vereinigten Leipziger Schau spielhäuser haben wir gestern in der Sophienstraße be reits den ersten Premidrenabend erlebt. Zur Aufführung gelangte das dreiaktige Lustspiel „D i e D r P l o m a ti n" von Artur Pserhofer, in dem eine schöne junge Frau mit ihren kleinen Eitelkeiten »6 adpurckum yeführt wird. Den Abschluß des Abends bildete ein Einakter „Die Banausenschlacht" von Leo Lenz, eine geschickte Scene, eine witzige Plauderei über das Verhält nis zwischen dem armen Künstler, dem reichen Parvenü, Der Einakter gefiel offenbar besser als das vorauf Morttaq, 29. Aunust 1904. würde. Herr Professor Leo Friedrich hat mit einer kleinen Schar von Schriftstellern und Bühnenkünstlern den Ver such gemacht, das Cabaret auf den deutschen Boden zu verpflanzen. Es sind wenig Aussichten vorhanden, daß dieses literarische Gewächs bei uns gedeihen wird. Das Publikum wäre schließlich dafür zu finden, aber nicht die Künstler. Was wir gestern gesehen haben, das war vor allem nicht rassig genug, rassig vom Gesichtspunkte des französischen Originals aus. Was da vorgetragen wurde, das ist zum Teil sehr gut gewesen, und hätte vielleicht nicht mehr Eindruck gemacht, wenn man dem ganzen Unternehmen nicht den französischen Stempel hätte geben wollen. Jedenfalls wäre es dann von ganz andern Ge- sichtspunkten aus beurteilt worden. Herr S. Bam berger hat eine Anzahl Aphorismen zum Besten ge- geben, die knapp und treffend waren. Auch Herr Pro fessor LeoFriedrich selbst.wirkte in seinen Vorträgen durchaus originell, und Fräulein Stadthagen zeigte sich als Chansonette von besten Qualitäten, als ein starkes Talent nach dieser Seite hin. Das Uebrige des Gebotenen hielt sich jedoch teils nur auf einem passablen Durchschnitt, teils auch nicht, und vor allem — es deckte sich nicht mit dem, was man unter dem Titel Cabaret erwartet. * Während der Michaelismesse wird laut der Bekannt machung des Mehausschusses im amtlichen Teit die neueAuf- lage des offiziellen Leipziger Metz-Ad reß- b u ch s im Städtischen Kaufhaus, Zimmer 108, und an einer Reihe weiterer Abgabestellen den Meßeinkäufern unentgelt lich verabreicht und überdies in Hotels, Restaurants und Ci- garrengeschäften der inneren Stadt zu freier Einsichtnahme ausgelegt. Im Städtischen Kaufhaus werden außerdem ver mietbare Meßlokale und Meßwohnungen sowie nachträglich an- gemeldete Adressen von Ausstellern und Einkäufern nachge wiesen, auch ist daselbst sowie in den Buchhandlungen eine jüngst in Tübingen erschienene Schrift „Der Mufterlager- verkehr der Leipziger Messen" von Dr. P. L. Heubner für Meßinteressenten zum Vorzugspreis von 2 <K (statt 3 -L) erhältlich. Ferner sei noch darauf hingewiesen, daß den Meßbesuchern im Lesesaal der Handelskammer, Neue Börse, Aufgang Tr. L, alle wichtigeren in- und ausländischen Adreßbücher zur Verfügung stehen. ff Selbstmordversuch. In selbstmörderischer Absicht suchte sich gestern früh ein in der Natalienstraße in L.- Volkmarsdorf wohnhafter, 49 Jahre alter, verheirateter Maurer am Fensterkreuze in seiner Wohnung zu er hängen. Er wurde jedoch noch rechtzeitig bemerkt und ab- geschnitten und wegen der Folgen der Strangulation nach dem Stadtkrankenhause übergeführt. Der Mann scheint die bedauerliche Tat in einem Anfalle von Schwermut be- gangen zu haben. ff Unfälle. Auf einem Arbeitsplätze an der Aeußeren Tauchaer Straße in L.-Reudnitz wurde am Sonnabend nachmittag einem 26jährigen Arbeiter aus der Seeburg straße hier von einem Mitarbeiter aus Versehen ein Mauerstein auf den Kopf geworfen. Der Getroffene trug eine starkblutende Wunde davon. — Beim Auflesen von Bierflaschen an einem Wohnhausneubau an der Meus- dorfer Straße in L.-Connewitz stürzte ein 19 Jahre alter Brauereiarbeiter aus der hiesigen Braustraße über einen Balken so unglücklich, datz er eine nicht unerhebliche Ver letzung am rechten Auge davontrug. — Einen Bruch des rechten Unterschenkels erlitt ein in der Blumenstraße in L.-Gohliswohnhafter 47jährigerStreckenarbeiter dadurch, datz er beim Transporte einer Stratzenbahnschiene zu Falle kam. — Ein in der Hohen Straße wohnhafter, 29 Jahre alter Maurer wurde bei einem gemeinschaft lichen Ausfluge ins Vogtland von vier unbekannten Männern überfallen und in den rechten Oberschenkel ge stochen. — Am Sonnabend nachmittag wurde auf Stünzer Flur ein etwa 30 Jahre alter Handarbeiter aus Grube in Oesterreich in vollständig entkräftetem Zustande auf gefunden und in behördliche Obhut genommen. — Am Augustusplatze kam es zu einem Zusammenstöße zwischen einem Straßenbahnwagen und einem Droschkengeschirr. Letzteres wurde dabei stark beschädigt. Die Insassen beider Wagen kamen aber mit dein Schrecken davon. — Im Johannistals kam die 9 Jahre alte Tochter eines hiesigen Bahnarbeiters beim Spielen zu Falle und erlitt, einen linksseitigen Schlüsselbeinbruch. Bergnügungen. Kristall-Palast-Theater. Nur noch 3 Tage hat das hiesige Publikum Gelegenheit, sich von der Güte des jetzigen Spielplanes zu überzeugen, da derselbe am 31. d. Mts. aufgelöst wird. Leipziger Palmengarten. Heute Montag konzertirt nach mittags und abends das Leipziger Tonkünstler-Orchester unter Leitung des Herrn Musikdirektors Günther Coblenz nach einem ab wechslungsreichen uud interessanten Progamm. Morgen Dienstag giebt die hier besonders beliebte Kapelle des 2. Thür. Feld- Artillcrie-Regiments Nr. 55 aus Naumburg zwei Konzerte im Palmengarten. Die vor einigen Tagen für den Zoologische« Garten ein getroffene Tiersendung erweckt das regste Interesse beim Publikum und erfreut sich eines starken Zuspruchs. Heute abend 8 Uhr gibt die Militärkapelle des 7. Kvnigs-Jnfanterie-Regiments Nr. 106 ein Konzert, das von dem Königl. Musikdirektor Herrn I. H. Matthey, persönlich dirigiert wird. Die Vorführung der sarbenprächtigen Riesenlichtbilder zählt auch heute wieder zu den Darbietungen des Etablissements. gegangene drciaktige Lustspiel, das indes ebenfalls mit freundlichem Beifalle ausgenommen wurde. Wir werden in der Abendnummer auf beide Stücke zurückkommen. k. Paul Prahl, der langjährige Mitinbaber und Geschäftsleiter der Creli nger'schen Theateragentur in Berlin, scheidet am 1. Sep tember d. I. aus der genannten Firma, der er 22 Jahre angebört hat, aus und eröffnet am gleichen Tage unter seiner eigenen Firma in Berlin, Mittelstraße 36, ein neues Theatergeschäftsbureau für Engagements- und Gastspiel-Vermittelung. Aunstkalender für Leipzig. Theater. - Leipziger Dtadttheater. Jm .N e.u en Theater geht heute Webers romantische Over „Der Freischütz" in Scene. Morgen wird Bizets glänzend ausgestattete Oper „Carmen" gegeben. — Im AltenTheater findet heute die Premiere des u. a. am Berliner Theater mit gutem Erfolg aufgeführten Lustspiels „Die große Null" von G. Schefranek statt. Morgen verabschiedet sich Frau Siegmann-Wolff nach sechsjähriger Tätigkeit an unserer Bühne vom hiesigen Publikum als Lola in der beliebten Operette „Dar süße Mädel". Bereinigte Leipziger Schauspielhäuser. Das Theater am Thomasring bringt heute eine Wiederholung von „Durchs Ohr", „Reitertod" und „Logik des Herzens". Dienstag wird „Sein Trick" gegeben und Mittwoch geht „Zaza" in Scene. — Im Schauspielhause wird beute als Nachfeier von Goethes Ge burtstag „Stella" gegeben; in den Hauptrollen sind beschäftigt die Damen Jmmisch, Vachinger, WenkhauS, EberSpächer, sowie die Herren Mühlhofer und Forsch. Dienstag und Donnerstag wird „Die Diplomatin" und „Die Banausenschlacht" wieder holt. — Abonnementsbeskellungen werden wie bisher an den Tageskaffen und in den Bureaus beider Theater schriftlich und mündlich entgegengenommen. Berliner Vaudeville-Ensemble. Zufolge deS überaus gro ßen Erfolges, welchen das Berliner Vaudeville- Ensemble mit Antony MarS' heiterem Schwank „Ein. quartierung" im Theatersaale de» Kristall. Palastes allabendlich zu verzeichnen hat, wird der lustige Schwank vorläufig noch auf dem Repertoire bleiben. Sommertheater Drei Linde«. Heute Montag geht zum Benefiz für Frl. Else Bartels eine Novität in Scene, weiche in Paris an 200 Aufführungen erlebte. „Das beste Mittel" sÖe dcm mo^en) vvn A. Biffon, deutsch von E. Jacobson. Diese Aufführung dürfte eine der ersten in Deutschland sein, da das Stück in Berlin erst in kommender Winterspiclzeit seine Pre miere erlebt. Dienstag fisidet dieselbe Vorstellung statt, und Mittwoch gebt erstmalig „Madame Mongodin" van Blum und Tosohe, deutsch von Emil Neumann, in Scene. 1 < t § ü ei L ai Li fil vo B dl der Voi schli nus Wal trev treu das grof des zum oab< Reic riffei ein ! Mut fft, r «oz, Kais« Und Vatei so sei Man, Blut - F' Ohnn die u und ! wir l und i und < Tage ver T. bracht« uud w so srh erhalte Ja, gültigk Masser landes Tage, 1 wachjer Genien Darftel Sport äußerln leatung und n D- des Sei Gesund! einer ar Jugend! Der Könnens Großes Der Sta er brich Lebens i elenden < - Webe bogen, ol Kampf i nicht nu hastes V Glaui lich, frei bereit un Recht, sei Sonne zv So m das gewa endliche E landeS um des Reiche der deutfc mahne de Uebung al gttsterung land zur Heranzubill treibt alles Arbeit im < bat: — g des Leben- zu schämen
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