Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.08.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-08-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040824026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904082402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904082402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-08
- Tag1904-08-24
- Monat1904-08
- Jahr1904
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
VezugS-PretS 1» drr Lauplexpedttiou oder deren Ausgabe stellen oogrholt: vtrrteliährlich 3.—bei zweimaliger täglicher Zunelluna tn« Hau« 3.7b. Durch die Post bezogen für Deutlch- laud u. Oesterreich vterlrliSbrltch 4.50, für di« übrige» Länder laut Zeitunq-pretsliste. Liefe Nummer kostet k auf allen Bahnhöfe» und I bei de» ZeUung«.Berkäufern " Netakrio« und Er-edtttonr IÜS Fernsprecher 222 Johanui-gasse 8. Haupt-Filiale Dresden: Marieustraste 34 (Fernsprecher 2lmtl Nr. 1713). Hanpt-Ftliale Berlin: CarlDuncker, Herzgl.Bayr.Hofbuchbandlg., Lützowstraße 10(FernsprecherAmtVI Nr.4603). Abend-Ausgabe npMr TagMM Mittwoch dm 24. August 1904. Anzeiger. Amtsblatt -es HSuiglichen Land- und -es Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Rates und des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 28 Reklamen unter dem RedaktionSstrich («gespalten) 7b /H, nach den Familiennach richten (6 gespalten) bO Tabellarischer und Nisfernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ofsertenannahme 25 /H. Annahmeschlutz für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittag? 10 Uhr. Morgen.Ausgabe: nachmittag» 4 Uhr. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesbrderung Kl 60.—, mit Postbefvrderung 70.—. Anzeigen sind stets an dir Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig (Inh. vr. V.,R. L W. Klinkhardt). 98. Jahrgang. Var Mchligrte vom Lage. * Kronprinz Friedrich August wird am Freitag, 26. August, 9 Uhr 52 Min. vormittags in Leipzig eintreffen und im Königlichen Palars Wohnung nehmen. (Siehe Leipziger Angelegenheiten.) * Die Meldung von einem Besuche Kaiser Wilhelms in Rumänien wird von rumänischer halbamtlicher Seite bestätigt. (Siehe Polit. Tages schau.) * AnGenf wurde ein neuer Anarchi st enklub entdeckt. * Nordamerika droht mit einem Verbot der Einfuhr deutscher Wurst. (Siehe Ausland.) * Ein Gnadenerlaß des Kaisers von Ruß land von heute hebt die Prügel st rafe auf, er läßt eine ganze Reihe von Steuern, Darlehen, Geld- strafen, sowie Strafen für politische Vergehen. (Siehe Ausland.) * Der russische Kreuzer ..Sewastopol" lief vor Bort Arthur auf eine Mine auf und mußte in den Hafen zurückgeschleppt werden, da er starke Schlagseite erhalten hatte. Vie vanlrtelegramme. Der Katholikentag ist bekanntlich durchaus keine Zentrumsparade. Das wurde in Regens- bürg ausdrücklich festgestellt. Und was in Regensburg festgestellt wird, ist ganz sicher zuverlässig; denn es geschieht unter dem Segen des Papstes. Für uns ist diese Negation die Erklärung und gewissermaßen die Ent schuldigung dafür, daß die Huldigungstelegramme des Katholikentages auch diesmal wieder in der üblichen Reihenfolge abgesandt wurden: an den Papst, den Landes. Herrn, in diesem Falle den Prinz-Regenten von Bayern, und zuletzt an den Kaiser. Denn wenn der Katholikentag die Versammlung einer deutschen politischen Partei wäre, so müßte doch diese Reihenfolge einigermaßen ausfällig erscheinen. Ebenso interessant wie die Hnldiglmgstelegramme sind aber die D a n k t e l c g r a m m e. Auf das Wichtigste dabei macht die „Köln. Ztg." aufmerksam, indem sie schreibt: Eine große Ueberraschung ist dem Katholiken- tag zuteil geworden, noch größer als im vorigen Jahre in Köln. D e r K a i s e r hat s e l b st geantwortet. Bis vor zwei Jahren lauteten die Antworten auf die Huldigungs- telegramme der Katholikentage: „Seine Majestät lassen bestens danken, v. Lucanus." Im vorigen Jahre in Köln lautete die vom Kabinettschef unterzeichnete Ant wort bedeutend wärmer, und in diesem Jahre antwortete der Kaiser selbst. Das schon mitgeteilte kaiserliche Tele- gramm lautet: „Den Mitgliedern der in Regensburg tagenden Generalversammlung der Katholiken Deutschlands sage ich meinen kaiserlichen Dank für die mir übermit telte Huldigung. Ich hoffe zu Gott, daß die Verband- lungen, vom Geiste des Friedens geleitet, einen guten Fortgang nehmen und der Ehre und dem Wohle des deutschen Vaterlandes dienen werden. Wilhelm I. R." Im Anschluß daran verlas der Präsident vr. Porsch das Telegramm des Prinzregenten von Bayern. Es lautet: „Seine Königliche Hoheit der Prinzregent waren über die Huldigung und die damit bekundete treue an hängliche Gesinnung der in der alten Ratisbona tagen den 51. Generalversammlung der Katholiken Deutsch lands sehr erfreut und entbieten den Teilnehmern aller- höchstihren freundlichsten Dank und Gruß. Im aller höchsten Auftrage Frhr. v. Wiedemann, Generalleut nant und Generaladjutant." Die beiden Telegramme, besonders das des Kaisers, wurden mit brausendem Beifall begrüßt. Der Präsident vr. Porsch fügte der Verlesung hinzu: „Wir sind Seiner Majestät dem Kaiser und Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzregenten für die warmen Worte, die sie an unS gerichtet haben, zu tiefem Dank verpflichtet, und ich hoffe, wir werden unS dieser Worte würdig zeigen. Zum Ausdruck dessen bitte ich Sie, in den Huldigungsruf einzustimmen für diese höchsten Autoritäten: Seine Majestät der Kaiser und Seine Königliche Hoheit der Prinzregent leben hoch!" Den Jubelruf braucht man nicht zu schildern. Es ist zweifellos eines der bedeutsamsten Blätter der Geschichte der Katholikentage, daß ihm der evangelische Kaiser des Reichs selbst einen äußerst warmen Gruß entbietet, und der katholische Regent des Landes, in dem die Tagung stattfindet, durch seinen Generaladjutanten einen freund- lichen Gruß sendet. Es kommt dabei auch in Erinnerung, daß ein Huldigungstelegramm des bayrischen Ka tholikentages Ende der achtziger Jahre beute noch nichtbeantwortetist. So ändern sich rasch die Zeiten, und heute grüßen die höchsten Auto ritäten das Zentrum entsprechend seiner Machtstellung im Deutschen Reiche. Dieser Kommentar des rheinischen Blattes hat aber noch eine Lücke, denn es wird nicht besonders hervor gehoben, daß weder der katholische Prinzregent noch der katholische Papst dem Katholikentage persönlich ge antwortet haben. Sie haben eine viel unverbindlichere, viel vorsichtigere Form gewählt; sie haben danken lassen. Der evangelische deutsche Kaiser aber dankte selbst. Wie der Katholikentag die leise kaiserliche Mahnung beherzigt, die Verhandlungen im „Geiste des Friedens" und „zur Ehre und zum Wohle des deutschen Vater landes" zu führen, dafür hat der Abg. Schädler bereits gestern ein Beispiel in seiner Schulpro- grammrede geliefert. Sie ist wohl für alle nicht klerikalen Kreise die stärkste Provokation, die sich denken läßt. Nach ihr Haban alle, die mit der bedingungs losen Auslieferung der Schule an die Kirche nicht ein- verstanden sind, die Wahl, sich für unfähig oder bös willig zu halten. Für die nationalliberalen Schul- kompromißenthusiasten in Preußen muß es ein Genuß sein, sich von, Dieser Klassifikation ausnehmen zu dürfen. ver fluMaiul üer Herero. Die militärische Lage. In der am Montag eingelaufenen MÄdung des Generalleutnants v. Trotha erscheint für das Verständ nis der gegenwärtigen Lage auf dem Kriegsschauplätze die Angabe von besonderer Bedeutung, daß die Herero sich mir starten Teilen auf der Lime Omeihei-Ökahi- tua-Okosongo (.? Okosongoho ?) nach Südosten auf Otje- kongo und Dtj'.majo in Rückzug befinden. Die „Nordd. Allg. Ztg." gibt zu der Meldung weiter folgenden Kommentar: Es ergibt sich daraus, daß die geschlagenen Auf ständischen, die nach der Meldung vom 15. d. M. panikartig „hauptsächlich in östlicher Richtung flüchte ten, es aufgegeben haben, ihre Rettung in dieser Rich tung zu suchen, die sie, wie die Kriegskarte lehrt, in das Sandfeld (Omaheke) geführt hätte, sondern sich in der Richtung zurückziehen, aus der sie vor ihrer Konzentrierung bei Waterberg gekommen sind, in die an Buschwalo reichen, toupierten Landstriche nordöstlich von Owikokorero. Die genannten drei Orte Omeihei-Okahitua-Okosongoho liegen südöstlich von Waterberg, auf eine Strecke von 30 Kilometern verteilt, am Flußbett des Omuramba-u-Omatako. Otjomaso, das als eines der Ziele der flüchtenden Banden bezeichnet wird, liegt südöstlich über Oko- fondusu hinaus halbwegs zwischen dem Omuramba und dem Eiseb, Otjekango aber mehr südlich in der Richtung Okosondusu-Otjosondu-Owikokorero. Bei Otjekango hat bereits vor einigen Tagen Ober- leutnant v. Winkler feindlichen Banden eine verlust reiche Schlappe bereitet. Er war bei seinem Zug durch das Epukiro- und Eiseb-Gebiet Ende Juni un erwartet bei Otjosondu mit der gegen Okusondusu vormaschierendcn Abteilung v. d. Hcyde zusammen- getroffen und hatte, wie es scheint, jetzt den Auftrag, die dort befindliche Etappen- und Krankcnstation zu decken. Nach einer -em „Berliner Lokal-Anzeiger" zugesandten Meldung soll Samuel Maharcro sich unter den gegen Otjekango zurückgehenden Banden befinden, während die aus der Gegend von Gobabis stammenden Tetjo-Leute dahin ihren Rückzug nehmen. Diesen den Weg abzuschneiden, scheint auch die Auf- gäbe der 5. Kompagnie des 2. Regiments unter Hauptmann von Heydebreck zu sein, von dem die Meldung sagt, er habe die Aufgabe, ein Aus- weichen des Gegners auf Epukiro im Osten zu ver- bindern. Uebrigens sei daran erinnert, daß eine Meldung vom 27. Juni besagte, Epukiro, Gobabis und Rietfontein seien diesseits noch besetzt. Bekanntlich haben Hererobanden auch; versucht, nordöstlich, den Omuramba-uiOmatako abwärts zu entkommen, sind aber am 15. d. M. vom Major v. Estorfs, der von Norden her vorging, mit großen Verlusten geschlagen worden. Ob Maior v. Estorfs von Ombuio-Ratanga aus, das nur etwa 10 Kilo meter nordöstlich von dem oben genannten Omeihei liegt, im Flußtal aufwärts marschiert oder sich an der Verfolgung des Feindes nach Südosten beteiligt, ist aus der Meldung nicht ersichtlich. Generalleutnant v. Trotha, der mit den Ab- Heilungen Mühlenfels und Deimling die Herero von Feuilleton. Zu Der Fall Delotti. Roman von Woldemar Urban. Nachdruck verboten. Madame Eltville war die Frau des Hausmanns, der er gesagt hatte, daß er für einige Zeit in der Redaktion des „Figaro" angestellt sei und deshalb stets von Mitter nacht bis gegen Morgen, wenn das Journal in die Presse geht, in den Redaktionsbureaus des Journals anwesen fein müsse. In Paris fällt so etwas nicht auf, dagegen hatte sich Herr Belotti in anderer Hinsicht über die Eigen schaften von Paris getäuscht. Er glaubte in einer so großen Millionenstadt sich so verkriechen und verbergen zu können, daß kein Mensch seine Spur mehr auffinden könne. So groß war aber Paris denn doch nicht. Schon vor einiger Zeit war er ganz unversehens, als er eben in die Avenue dÄusterlitz einbiegen wollte, auf den Vicomte Andr6 gestoßen. Er wäre beinahe vor Schreck in Ohnmacht gefallen und hatte es nur der Zerstreutheit Andres zu danken, daß dieser ihn nicht erkannt und schon damals sein Kartenhaus zusammengefallen war. Ein Gleiches war ihn: mit Herrn Meunier passiert und wenn auch dies ohne schwerere Folgen für ihn abaegangen war, so war doch nicht anzunehmen, daß dies immer der Fall sein würde. Einmal mußte er bei einer solchen Gelegen- heil doch erkannt und — erwischt iverden. Das aber wollte er um jeden Preis vermeiden. Lieber gleich tot, als im Zuchthause enden. Nun hatte er freilich für solche Fälle immer noch die Hintertür in Bereitschaft, sich für seinen Bruder auszugeben, wie er ja das auch Florence gegenüber versucht hatte. Aber einmal war diese Aus flucht im Ernstfälle so durchsichtig und so wenig gesichert — denn auch Antoine war ja den: Gesetz verfallen - und dann war sie überhaupt hinfällig, seit man wußte, daß sein Bruder tot war. Nun blieb nur noch eine Rettung für ihn übrig — die Flucht. Fliehen, so weit er gelangen konnte, — das schien ihm jetzt daS einzige Mittel, seine Existenz aufrecht zu erhalten. Als er in seinem Dachkämmerchen im vierten Stock des Hauses angekommen war, zündete er die Lampe an und setzte sich seufzend in einen Sessel am Tisch. Müde ließ er die Augen Herumschweifen über seine dürftigen Habseligkeiten, seine wenige Garderobe, den kleinen Koffer, das ganze ärmliche Mobiliar. — Da war er nun! Was nun weiter? War das die letzte Station? Da- Ende des gewundenen und verwickelten dunklen Ganges, das sein Leben darstellte? War er in eine Sackgasse ge- raten, Sus' dem kein Ausweg mehr war? Fliehen! Wohin denn? Müde gehetzt, abgespannt, einsam und allein, sollte er wieder fliehen? War er nicht schon all' die Monate auf der Flucht, hatte nicht die ewige Furcht vor Entdeckung und Verfolgung ihn alt un grau gemacht? Was war denn sein ganzes bisherige- Leben als eine unausgesetzte Kette von Sorgen und Leiden, Kummer und Angst? Es wurde dunkel um ihn. Der Schatten seine eigenen Lebens fiel auf seinen Weg, verwirrte, umnachtete und vernichtete ihn. Wenn er nun floh — waS hatte er denn dann? Um ein solches Leben, wie er es führte, zu retten, lohnte es nicht, auch nur zwei Schritt weit zu gehen. Um ihn selbst war es ihm — ehrlich gestanden — niemals zu tun gewesen. Was er getan, was er gelitten und verbrochen, war um seiner Kinder willen geschehen. Seine Kinder, die er liebte, sein eigenes Fleisch und Blut hatte er retten wollen. War denn die Sünde so groß? Ja, die war groß und erschien ihm jetzt größer, als er sie sich jemals vorgestellt. Er war über die Existenz seiner Mitmenschen achtlos und verheerend dahingeschritten. Was er in sich ehrte, die Liebe zu seinen Kindern, hatte er in andern geschändet. Andere liebten ihre Kinder auch und wollten auch für sie sorgen. Was sollte aus Welt und Menschen werden, wenn jeder, so wie er e» getan. ohne Rücksicht und Hindernis von Verbrechen zu Ver brechen schreiten wollte? Warum war ihm denn diese klare, handgreifliche Wahrheit nicht früher eingefallen? Warum hatte er sich nicht vorher vergegenwärtigt, was werden würde, wenn er so handelte? Das hatte von Anfang an alles so selbst verständlich, so natürlich ausgesehen, sein Egoismus, seine kluge Berechnung war ihm so entschuldbar, so ein fach und klar erschienen, daß er unbedenklich den Weg betreten hatte, der ihn nun hierher, auf die letzte Station, in die Dachkammer geführt. Jetzt, wo die Meute hinter ihm her war, wo das empörte Rechtsgcfühl in Gestalt einer ganzen Kette von Menschen an seine Fersen geheftet war und er ihre Verwünschungen, ihre Flüche hörte, wo sein Kartenhaus an allen Ecken und Enden zusammen stürzte und das Zuchthaus winkte, jetzt fiel ihm die Wahr- heit in ihrer ganzen erdrückenden Schwere und zermal- wenden Wucht ein. Wie hatte damals der Oberst Ville- neuve, der alte Träumer in Marseille, gesagt: „Die Wahrheit ist ein Schmerzenskind, das nur unter bitteren, Weh und unter bitterer Not geboren wird." Nun merkte er erst, was der alte Oberst meinte, wenn er behauptete, die Welt wäre verrückt. Er war ja selbst mit verrückt gewesen. Er hatte damals keine Zeit gehabt, solchen Faseleien Gehör zu schenken, er hatte viel notwendigeres zu tun und vorge zogen, mit seiner eigenen Existenz, mit seinem Leben die Wahrheit zu bezahlen, die der andere ihm umsonst bot. Das hing wie ein Fluch, wie eine Erbsünde über den Menschen, daß sie die klarsten Sachen nicht begreifen wollen, so lange sie sie nicht am eigenen Leib erfahren. Der Morgen graute. Ein fahler, farbloser November tag, griesgrämig und trübselig, stahl sich schleichend durch das Dachfenster und scheuchte Herrn Belotti aus seinem todestraurigen Grübeln auf. „Vorwärts", murmelte er für sich selbst, mit herber Entschlossenheit, „der neue Tag kommt. Die Zeit bleibt nicht stehen. Also vorwärts." Hamakari ostwärts bis Omutjatjewa (westlich von Omuramba) verfolgt hatte, dann aber durch Mangel an Werde und Wasser verhindert war, weiter vor- wärts zu gehen, hat inzwischen diese Teile seines Korps' südwärts dirigiert, um ein Eindringen der Herero in den Westen zu verhindern. Major v. Müh lenfels, der am 19. d. M. den Herero bei dem Vley (Wasserbecken) Erindi-Endeka, nördlich von Okoson- goho am Omuramba, eine Schlappe beigebracht hat, ist südwärts nach Orutjiwa marschiert. Weiter west wärts, auf dem Wege, auf dem General v. Trvtha seinerzeit nordwärts zog, geht die eine Kolonne des Obersten Deimling südwärts. Ihr ge hört ersichtlich die Kompagnie Franke an, denn aus der oben erwähnten Privatmeldung ist zu entnehmen, daß Hauptmann Franke sich am 20. d. M. bei Oka- witumbika, etwas südlich vom Omuramba, befand. Er hat auf dem Marsche einige Herero gefangen, welche aussagten, daß die Banden, mit denen der Kampf am 11. d. M. bei Hamakari stattfand, die Leute des Mambo gewesen seien, eines Häuptlings, -essen Sitz am weißen Nosob, also östlich von Wind huk, lag. Auf diesem Wege ist wohl auch General v. Trotha marschiert, dessen Hauptquartier am 21. d. M. in Otjire war. Die andere Kolonne Deimling ist noch eine Strecke am Omuramba aufwärts vor- gerückt, um über Otjikururume den Marsch nach Owikokorero zu machen. Verlusittfte. Reiter Friedrich Wilhelm Buchheim, geb. am 16. Juli 1882 in Ducherow, Kreis Anklam, ist am 19. August in Otjosodu am Typhus gestorben. Gefreiter Johann Deichmann aus Rotenditmold ist am 22. August in Okahandja am Typhus gestorben. Die Entschädigung der Ansiedler. Der Oberrichter des Distriktes Windhuk Richter veröffentlichte in Windhuk unterm 14. Juli eine Be kanntmachung, wonach die durch den Aufstand geschä digten Ansiedler ihre Ansprüche auf ein Darlehen oder Hülfeleistung (letztere ohne Verpflichtung der Rück erstattung) bis zum 31. Dezember 1904 namhaft machen wollen. Hierzu haben sich die Betreffenden eines vor geschriebenen Formulars zu bedienen. Die vom Reichs tage bewilligte Gesamthöhe der Darlehen und Hülfe- leistungcn beträgt bekanntlich nur 2 Millionen. vrr s«§5i5ch-japanirche Krieg. Vom russischen Areuzer „Nowik". Tie Einzelheiten über den Kampf mit dem „Nowik" ergeben, daß es sich um Einzelkampf zwischen dem „Nowik" und „Fuschrma" handelte. Nach einem ein- stündigen Kampfe zog sich der „Nowik" nach Korssakow zurück, zwang aber „Fuschima" durch einen Schuß in den Kohlenbunker, sich zur Ausbesserung der erlittenen Schäden ebenfalls zurückzuzichen. Am nächsten Morgen fand „Chitose" „Nowik" auf dom Strande stark auf der Seite liegend, zum Teil unter Wasser. „Chitose" beschoß „Nowik" noch eine Stunde lang. Port Arthur Nach einer Depesche aus Tientsin dauert seit Sonntag -er Kampf um die Positionen bei dem Goldenen Hügel fort. Port Arthur soll in den letzten 24 Stunden durch das Bombardement Er suchte Papier und Tinte und Feder zusammen und begann zu schreiben. Der Brief, den er schrieb, ver ursachte ihm offenbar eine gewisse Beruhigung, eine Festigkeit und stille Wehmut. Er redete darin von seinem Herzen herunter, was es vielleicht noch bedrückte und war nun klarer und entschlossener über das, was zu tun übrig blieb. Der Brief war an Vicomte Andr6 gerichtet un lautete: „Mein teurer Herr Vicomte! Sie werden sich vielleicht wundern, einen Brief von mir zu erhlten, oder gar mir zürnen, daß ich es wage, Ihnen, den ich so sehr geschädigt, dem ich so viele Auf- regungen und Aerger verursacht habe, noch mit einer langen Auseinandersetzung zu kommen. Wenden Sie sich aber nicht von mir, Herr Vicomte, denn Sie sind, wie die Sachen nun stehen, unter den Menschen meine letzte Zu flucht, meine letzte Hoffnung. Ich will gewiß nicht beschönigen oder entschuldigen, was ich Ihnen und anderen getan, aber denken Sie des halb auch nicht von mir wie von einem versunkenen, laster haften Verbrecher, der stiehlt und raubt um des Raubes willen. Denken Sie vielmehr von mir als von einem Mann, den unglückliche und unerhörte Zufälligkeiten seines Lebens, die in meinem Charakter, in meinem Egoismus, in meiner Sorge um mich und meine Familie nur zu willige Bundesgenossen fanden, mich auf einen Weg gebracht, auf dem mir Hunderte und tausende meiner Mitmenschen unter gleichen Umständen folgen würden. Nehmen Sie mein Leben, an dessen Ende und Ziel ich jetzt stehe, für ein Spiel des Schicksals, dann werden Sie mich für das nehmen, was ich wirklich bin und mich mehr betrauern und bemitleiden als hassen und verabscheuen. Mein Leben ist verfehlt. — DaS sind nur wenige Worte, aber es liegt darin die ganze schwere Tragik des menschlichen Schicksals. Ich glaubte, das Glück meiner Kinder sicher stellen »u können durch «in verbrechen uyd
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite