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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.08.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-08-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040820020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904082002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904082002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-08
- Tag1904-08-20
- Monat1904-08
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Abend-Ausgabe 98. Jahrgang. Nr. 424 Sonnabend den 20. August 1904. «en! cfl-, geg- tt Isn Feuilleton 281 t.) er. «n 6N von inlle ! au» felnder chrstrahe UHeil"! waaren um ve- l, sowie ufsstelle. )i» echt» l». amm! Korm'. Ue « «Helle. Uhr. t»E. rirrsot >8sea. Ehrenmann ist, und du mich überzeugt, daß du Florence nicht nur heiratest, um auf eine gute Manier wieder zu deinem Gelde zu kommen!" Diese Worte seiner Mutter klangen ihm noch in den Ohren, während er grübelnd im Finstern dasaß und in das trostlose Bild des Verfalls da draußen hinaussah und auf das Heulen des Herbstwindes hörte. Seine Mutter hatte in solchen Sachen ohne Zweifel einen feinen, sicheren Takt. Wenn er jetzt Florence heiratete, so war's mit seiner Stellung in der Gesellschaft, mit seiner Karriere, mit seinem guten Einvernehmen mit seiner Mutter und wohl mit manchem anderen noch vorbei. Niemand würde ihm glauben, daß er Florence liebte und wie er sie liebte, sondern jeder würde ihn für einen gewissenlosen Speku lanten halten, dem jedes Mittel recht war, wieder zu denk Seinigen zu kommen. Gewöhnlich, schäbig, gemein! Tas wäre die Inschrift seines Wappens geworden. Wenn er aber Florence opferte — alle Welt hätte ihm ja unter diesen Umständen dazu gratuliert, und nicht zuletzt die Komtesse Eve de la Dalliöre und seine Mutter selbst — was würde dann aus Florence? Aus der ver zogenen, vornehmen, eleganten, sorglosen und unschul digen Florence? Wie würde sie sich mit all' dem Schmutz und Elend, dem Kummer und der Not, mit dem man sie bedeckte, abfinden? Schuldlos! Schuldlos! Tenn auch der strengste Splitterrichter könnte ihr keinen Vor wurf daraus machen, daß ihr Vater ein Lump war. Und was würde sie tun, wenn sie es erführe? Wenn sie die ganze bittere Wahrheit wüßte? Würde sie es überleben? Zart, unerfahren im Leben, vornehm und rein vom Scheitel bis zur Sohle, wie sie war? Ein Geräusch an der Tür schreckte ihn aus seinen Grübeleien auf. „Wer ist da?" fuhr er unwillig und nervös auf. Sein Diener trat ein und brachte die Lampe. „Ich bitte um Entschuldigung, Herr Vicomte * er rl. nr ht, al. „Es gilt die Wahrheit, Herr Vicomte", sagte Herr Meunier schwer und ernst. „Nun gut. Erforschen Sie die Wahrheit, tun Sie, was Sie wollen, aber dieser Weg ist ungangbar. Was glauben Sie? Wer steht uns dafür, daß Florence die Wahrheit erträgt? Daß sie sich nicht tötet? Fort, fort. Suchen Sie einen andern Weg, Herr Meunier." Herr Meunier sah ihn eine Weile an, wie er mit heftig arbeitender Brust und in höchster Aufregung dastand, mit den Händen sich durch die Haare fuhr, die Augen starr durchs Fenster hinaus in den Garten gerichtet, über den Fluß, in das weite Land, über das die Dämmerung allmählich kälter und düsterer hcrabsank. „Sie wollen nicht auf unserer Seite sein, Herr Vicomte?" fragte er ernst, „nicht unsere Partei ergreifen? Sie ist die Partei der anständigen Leute." „Verlangen Sic von mir, was Menschen möglich ist. Das ist nicht möglich. Ich kann nicht!" preßte Andrd heraus. „Wollen Sie auf der anderen Seite sein?" Vicomte Andr6 wandte ihm rasch den Blick zu. „Was wollen Sie damit sagen?" fragte er zurück. „Uns verraten?" fuhr Herr Meunier wieder eintönig und leise fort, „Winke geben, heimliche Ratschläge er teilen, unsere Schritte durchkreuzen?" „Nein, nein, bei Gott, das werde ich nicht tun, Herr Meunier", beteuerte Andr6. „Geben Sie mir Ihr Wort, Herr Vicomte, Ihr Ehren wort als Edelmann", sagte Herr Meunier, indem er ihm die Hand entgegenstreckte, „daß Sie weder durch klare, noch durch halbe Worte, weder direkt, noch indirekt, weder offen, noch ini geheimen uns zu schaden suchen werden." „Mein Ehrenwort, Herr Meunier", erwiderte Andrs, indem er feierlich in die gebotene Hand einschlug, „ich werde es nicht tun." Herr Meunier hatte eigentlich unter den veränderten Umständen nichts anderes erwartet. Er kannte den Stadt unterstehenden Kirche stattzufinden haben, so daß die Anwesenheit des Bischofs und des Kapitels ver mieden wird, wie sie auch nicht zugeben dürfen, daß die in Rede stehenden Funktionen pro rege abgehalten werden." Es dürfte selten Vorkommen, daß Politiker die Voraussicht so weit treiben, wie der päpstliche Staats sekretär. Augenscheinlich will er keine Gelegenheit vorübergehen lassen, um irgend eine Nation vor den Kopf zu stoßen, denn daß dieser Erlaß sowohl das Königshaus, wie alle patriotischen Italiener schwer verstimmen muß, ist ja natürlich. Bisher ging man in der Politik — vor allem im Vatikan — von der Ansicht aus, daß es unklug sei, Aktionen einzuleiten, deren Durchführung nicht völlig gesichert scheint. Aber auch dieses Axiom gilt nicht mehr für den neuen Kurs. Selbstverständlich wird der Knabe, der vielleicht zur Welt kommt, einen Titel erhalten, der die staatsrechtliche Lage der Dinge symbolisiert, und wenn man vorher vielleicht geneigt war, auf die Empfindungen des Papstes Rücksicht zu nehmen und gerade die Bezeich nung „Prinz von Rom" zu vermeiden, so ist es fraglich, ob eine derartige Haltung jetzt noch bewahrt werden wird, ja, ob sie überhaupt noch möglich ist, ohne daß die Krone schwächlicher Konnivenz geziehen wird. Jedenfalls sind mit diesem Erlasse die Legenden endgültig zum Schweigen gebracht, als ob der biedere Landpfarrer, der nun auf Petri Stuhle sitzt, beabsichtige, auch nur im geringsten von der bisherigen Haltung des Papsttums abzuweichen. Ter einzige Unterschied zwischen ihm und seinem Vor gänger liegt inbczug auf die Herrschaftsansprüche des Vatikans darin, daß jener leise unterminierte, und dieser laut explodiert. Aber diese Explosionen beschädigen bisher niemals den Gegner. Auch eine Paritätsfrage. Der Minister Budde hat eine Abordnung des Bundes der Industriellen empfangen, die ihm die Notwendigkeit dar zulegen versuchte, dem Notstandstarif eine weitere Aus dehnung zu geben, als es bisher geschehen ist. Dieser Versuch verlief resultatlos, der Minister beharrte darauf, die Schä digung der Landwirte als eine „allgemeine Landeskalamität" anzusehen, während er, sobald es sich um Industrielle s. Alles s. Hibl. ver rurKrcb-japanlrcbr sirieg. Mobilmachung russischer Reserven. Ein kaiserlicher Erlaß befiehlt die Einberufung derReservisten aus 47 Kreisen der Gouverne ments Poltawa, Kursk, Twer, Samara, Saratow, Astrachan, Ufa, Simbirsk, Perm, Petersburg, Nowgo rod, Pskow, Livland, Estland, Aschangelsk und Olonez. Außerdem werden bestimmte Kategorien von Reservisten einberufen aus zwei Kreisen der Gouvernements Poltawa, Charkow, Kiew, Podolien, Tschernigow und aus sieben Kreisen der Gouvernements Twer, Nischni - Nowgorod. Ferner wird die Einberufung der Reserve- offizierc im ganzen Reiche befohlen Die tage in Arthur. Ta die Ungeduld der Londoner Zeitungen, über die Lage bei Port Arthur nähere Meldungen zu erhalten, stündlich wächst, gab die japanische Botschaft in London den Berichterstattern folgende Mitteilung: Die japanische Heeresleitung hält es nicht für zweckmäßig, über die ein zelnen Phasen des Kampfes um Port Arthur Berichte auszugeben. Soviel kann jedoch festgestellt werden, daß keines der in denHafen vonPort Arthur zurückgekehrten Schiffe, vermutlich drei Schlachtschiffe und zwei Kreuzer, sich noch in seetüch - tigem Zustande befindet. Trotzdem wird der haupt- Der Fall Lelotti. Roman von Waldemar Urban. Nachdruck verboten. Still, o still, Herr Meunier, ich bitte Sie!" seufzte Andrä, die Hände vor die Augen schlagend. . „Aber wenn die Wahrheit auch bitter und unerbittlich ist, so muß sie sich doch ihren Weg unter den Menschen bahnen", fuhr Herr Meunier nun seinerseits entschlossen und energisch fort, „denn sie ist unser besseres Sein, unser edleres Selbst. Deshalb bin ich hier, Herr Vicomte, und deshalb komme ich auf meine erste Frage zurück: Was wissen Sie über den Aufenthalt des Herrn Jean Baptiste Belotti?" „Nichts, nichts!" rief Airdrä mehrere Male heftig aus, „lassen Sie mich, Herr Meunier. Ich weiß gar nichts von ihm." „Herr Vicomte, seien Sie aufrichtig. Sie sollten gar nichts von ihm wissen? Nie mit Frau de Blois oder mit Florence de Blois von ihm gesprochen haben?" „Bei meiner Ehre, Herr Meunier, ich weiß nichts von ihm! Was wollen Sie noch, daß ein Edelmann Ihnen sagt?" „Aber Sie könnten doch wohl leicht etwas erfahren, von Madame de Blois oder von Florence " „Wie?" fuhr Andrö heftig auf, „ich soll mit Florence reden von solchen Ah, das ist entsetzlich. Nie in meinem Leben, Herr Meunier. Für alle Schätze dieser Welt nicht. WaS meinen Sie? Florence ist ein harm loses, unschuldiges Kind, verwöhnt und verzogen, ahnungslos gegenüber den Nachtseiten dieser Welt. Und ich sott mit ihr über ihren eigenen Vater reden? Aus horchen? Spionieren? Nein! Tas ist nicht möglich. DoS ist das Unmöglichste von allem." Vie vatikanische Politik. Die vatikanischen Politiker lesen augenscheinlich keine Zeitungen. Wenn sie das täten, so würde ihnen nicht ent- gangen sein, wie der General Dragomirow einmal die russische Politik charakterisiert hat. Er sprach höhnisch davon, daß die russische Regierung immer zwei oder auch noch mehr Hasen zugleich jage. Nun, dieser waid- männische Vergleich paßt mindestens ebenso gut auf die Politik des Vatikans, wie auf das Verhalten der russischen Machthaber. Bekanntlich hofft man jetzt in Italien, daß die Königin Helene der Monarchie einen Thronfolger schenken werde, und da hat der Staatssekretär Merry de Dal es für nötig gehalten, dem Heiligen Stuhle wieder einmal eine kleine Verwickelung zu schaffen. Der Kamps mit Frankreich genügt dem stürmischen Temperament des Staatssekretärs augenscheinlich nicht. In dem Geheim erlaß, den er an die Bischöfe gerichtet hat, der aber leider nicht geheini geblieben ist, heißt es: „Sollte man die Geburt eines Prinzen zum Anlaß nehmen, dem Heiligen Stuhl eine neue Kränkung zuzu fügen, wie sie in der Verleihung des Titels eines Prinzen von Rom an den Neugeborenen zweifellos liegen würde, so ist es die Pflicht der Bischöfe und Erz bischöfe, mit ebensoviel Umsicht wie Bestimmtheit kund- zugeben, daß sie die dem Heiligen Vater angetane Be leidigung schmerzlich mitempfinden und es ihnen daher . unmöglich ist, an kirchlichen Funktionen oder profanen Kundgebungen der Freude teilzunehmen. Ihre Mit- Wirkung an solchen Aeußerungen könnte unter den ob- waltenden Umständen als ein Beweis ganz unge bührender Unterwürfigkeit aufgefaßt werden. Be sonders in den Diözesen des angestammten kirchlichen Gebietes haben die Bischöfe dahin zu wirken, daß die betreffenden Funktionen nicht in der Kathedrale, sondern in irgend einer anderen, dem Patronat der AeZakttou uutz Expedition: 153 Fernsprecher 222 JohanniSgasse 8. Haupt-Atliale Dresden: Marienstraße 34 (Fernsprecher Amt I Nr. 1713). H«npt-Ailiale Vertin: CarlDuncker, Herzgl.Bayr.HofbuchLandlg., Lützowstraße 10(FernsprecherAmtVl Nr.4603). zer hlen. 'S- -r- st- !N. zen Be- n 3, ll. .ft i Ä tzl. »8. Vicomte de Saint-Bon genügend, um zu wissen, daß er nicht aus pekuniären Rücksichten handelte, also auch nicht gegen die Familie Belotti agitieren wurde, um zu seinem Gelde zu kommen. Anderseits kannte er ihn aber auch als Ehrenmann, der sein Wort hält und unter keinen Umständen von den erhaltenen Mitteilungen einen Ge brauch macht, welcher die Untersuchung erschweren könnte. So verabschiedete er sich denn von ihm, um an anderer Stelle seine Nachforschungen fortzusetzen und die Ver folgung Belottis nach eigenem Ermessen zu fördern. Ein Haftbefehl war schon längst von Marseille aus erlassen. Es handelte sich nur noch darum, den Befehl auszuführen und den Mann zur Stelle zu schaffen. — XVII. Herr Meunier war schon längst wieder fort, zögernd und wehmütig verlöschten im Westen die letzten Bilder der Dämmerung, finster lag der Garten des Vicomte Andr6, und dieser selbst saß noch immer grübelnd und von Zeit zu Zeit schmerzlich stöhnend in seinem Sessel, den Blick trüb und traurig durch die Glas tür hinaus in das dämmerige Herbstbild ge richtet. Ein rauher und strenger Novemberwind fuhr durch die Baumkronen und riß raschelnd und flatternd die letzten fahlen Blätterrcstc aus dem Geäst herunter, jagte sie wirbelnd durch die Luft, die Halde entlang, warf sie in den Fluß, der sie träge und leise gurgelnd auf seinen Wellen davontrug, hülflos, widerstandslos, wie verblaßte Wünsche und Träume der Menschen — dahin, dahin! Den Strom hinunter, ins Meer — wer weiß, wohin? Unb doch gab es für Vicomte Andr6 in der Welt nichts Schmerzlicheres und Wehmütigeres, als Abschied zu nehmen von den Wünschen und Träumen seiner Seele, seiner Jugend. Mutzte es sein? War kein Ausweg mehr? Mußte er Florence opfern? „Mein Junge, ich werde Florence nicht eher empfangen, als bis du mir nachweist, daß ihr Vater ein NWgcr.TagMall Anzeiger. Ämtsvkatt -es Königlichen Land- «nd -es Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Rates und des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Vorsicht bei Seite lastend, stürmen sich mit gezücktem Schwert in das Gewühl. Ein Hauptmann schlug einem russischen Leutnant mit einem Hieb den Kopf ab, doch einen Augenblick später durchbohrten ein halb Dutzend Bajonett spitzen seine Brust. Wild raste der Kampf um den Be-. sitz der wenigen Fuß hügeligen Bodens. Eine Zeit lang waren die Kämpfenden dermaßen ineinander verwickelt, daß sie nicht feuern konnten, aus Furcht, ihre Kameraden zu treffen. Der russische Angriffsplan schlug sehl, weil die Infanterietruppen sich nicht in die Hände arbeiteten. Ein Bataillon sollte vermutlich den Feind von vorne angreifen, während das andere, welches sich jedoch un tätig verhielt, versuchen sollte, die Nachhut zu vernichten. Auf der Seite der Japaner waren 18 Getötete und 30 Ver wundete, während die russischen Verluste sich auf 56 Getötete und 44 Verwundete beliefen. Major Tahakusaki, der japa nische Befehlshaber, ist mit knapper Not davongekommen, denn eine Kugel durchlochte die Wasserflasche, welche au seiner Säbelkoppel hing, ohne seinen Körper zu berühren." BezugS-PretS 1» der Lanplexprdition oder deren Ausgabe- stellen avgrholi: vierteljährlich 3.—, bet zweimaliger täglicher Zustellung in- Haus 3.75. Durch die Post bezogen für Deutsch, land u. Oesterreich vierteljährlich 4.50, für die übrigen Länder laut ZeitungSpreiSliste. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 28 Reklamen unter dem RedakttonSflrich (4grspalten) 75 nach den Famillrnoach» richten (6 gespalten) 50 Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen uud Offertenannahme 25 potttirche Lagettcha«. Leipzig, 20. August. „Politisch stark degouttert". Der Bürgermeister von Hameln ist kein Diplomat Er hat eine Ansprache an den Kaiser gehalten und in dieser auf die wasserwirtschaftlichen Aufgaben hingewiesen, von denen man jetzt in den hochgestellten Kreisen am liebsten schweigt. Der Kaiser hat zwar erwidert, er hoffe, daß seine Anregungen sich „mehr und mehr" verwirklichen würden, indessen ist doch die Resig nation, die aus diesen Worten klingt, unverkennbar. Fast scheint es wirklich, als sei der Kaiser, wie sehr gut unter richtete Leute hier wissen wollen, „politisch stark degou- tiert". Denn wie anders klang es, als er vor fünf Jahren in Dortmund dem Oberbürgermeister Schmieding seine „feste und unerschütterliche" Entschlossenheit kund gab, das Kanal werk durchzuführen! Inzwischen freilich hat der Monarch böse Erfahrungen gemacht. Weder Herr von Miquel, noch Graf Bülow setzten sich mit voller Energie für seine Pläne ein und so blieb «S trotz aller großen Worte der Regierung bei der Anregung, der die Ausführung nicht folgte. Ist es doch äußerst fraglich, ob und wann es gelingen wird, auch nur den verstümmelten Plan durchzubringen. Dennoch ist es sicher, daß es gelingen würde und daß auch der ursprüng liche Plan längst genehmigt wäre, wenn nicht die Regierung vor der conservaiiven Partei kapituliert hätte. Ent weder man betrachtet den Kanal in der Tat als eine höchst wichtige wirtschaftliche und politische Auf gabe und dann hätte die Regierung auch jedes konstitutionelle Mittel anwenden müssen, um die Vorlage durchzusetzen oder aber, man sah in dem Kanalprojekt nur eine im wesentlichen technische Verbesserung, die gut und nützlich, aber schließlich auch entbehrlich war, und dann durfte man nicht die Aktion gegen die widerspenstigen Beamten einleiten und die Frage nicht aus den Niederungen der Zweckmäßigkeitscrwägung m das Gebiet der hohen Politik erheben. Das Verhalten der Regierung war eben zweideutig und planlos und daran sind die stolzen Pläne des Monarchen gescheitert. Vas Aichtigrte vom läge. * Die braunschweigische Regierung soll sich in einer Denkschrift an den Bundesrat über die Form derThronbesteigung des neuen Großherzogs Adolf Friedrich von Mecklenburg-Strelitz beschwert haben, was aber bereits dementiert wird. (S. Deutsches Reich.) * Ein Telegramm aus Pretoria meldet, daß Lord Miln er bei mehreren Burenführern die Ehrenzeichen beschlagnahmen ließ, welche zur Verteilung an diejenigen Kapholländer bestimmt waren, die an dem Kriege teilgenommen hatten. * Nach einem Privattelegramm aus Kronstadt wird Großfürst Kyrill an Bord des Admiral schiffes „Fürst Suwarow" den Kommandanten der Ost seeflotte, Roschdjestwensky, begleiten. * In Rußland ist die Einberufung sämt licher Reserveoffiziere, sowie die Mobil machung größerer Massen Reservisten befohlen worden. (S. russ.-jap. Krieg.) Anuahmeschluh für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgeu-AuSgabe: nachmittag» 4 Uhr. Extra-Beilagen (gefalzt), nnr mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung ^tl 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Anzeigen find stets an dir Expedition zu richte«. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig (Inh. Dr. B., R. L W. «liukhardk sächlichste Teil der japanischen Flotte bis zur Einnahme der Festung vor Port Arthur verbleiben. Zu Lande haben Sturmangriffe auf die Außenwerke der Festung m den letzten Tagen nicht stattgefunden: die japanischen Be lagerungsgeschütze befinden sich in solchen Stellungen, daß sie sämtliche Forts) den Hafen und die innere Stadt er reichen können. Es ist daher mit Sicherheit anzunehmen, daß die Belagerten schon nach wenigen Tagen die Uebergabe selbst anbieten werden. Die Ruff. Tel. Ag. meldet aus Mulden vom 19. ds. MtS.: Aus Port Artkur Kommende erzählen, die Festung sei bis zu ihrer am 13.AugusterfolgtenAbreise täglich von der Landseite aus beschos sen worden. EinzelneGebäude seien beschädigt und da die Zahl der Verwundeten gegen 2000 betrage, seien viele öffentliche Ge bäude zu Lazaretten eingerichtet. An Medikamenten und Verbandzeug sei kein Mangel, Krankheiten kämen fast gar nicht vor. Viele Verwundete verließen sobald wie möglich die Hospitäler und kebrten zur Front zurück. Am 17. d. M. besetzten die Russen wiederum den Dapiu- duscban-Paß und drängten die Japaner nach Triantschan zurück. Nunmehr ist sestgestellt, daß die japanischen Streit kräfte in diesem äußersten Bezirk nicht über 2000 Mann be tragen. Ueber die Lage an der übrigen Front fehlen Nach richten. Seit vier Tagen fällt Regen, was zweifellos ent scheidende Operationen auf beiden Seiten verhindert. „Daily Telegraph" meldet aus Shanghai vom 18. d. M.: Nach einqegangenen Berichten wird der Verlust der Russen in Port Arthur seit Beginn der Belagerung auf 10 000 Tote und Verwundete geschätzt. Lin Rainpf ini Motien-jssah. Der Kriegskorrespondent des „Daily Chronicle" gibt folgende Beschreibung eines Kampfes, der in dem Motien- Passe stattsand. Eine kleine Schar japanischer Soldaten ver suchte den Paß auf der Seite von Liaojang zu halten. Die Russen beabsichtigten, die Feinde gefangen zu nehmen oder zu löten. „Die Japaner", so schreibt er, „waren in höchster Not, und da sie wußten, daß der Feind ihnen in großer Stärke gegenüberstand, wurde die größte Vorsicht geübt, um einen Ueberfall zu verhüten. In früher Morgenstunde, als ein dichter grauer Nebel daS Sehen erschwerte, hörte die japamiche ^cksidwache gleichmäßige Schritte sich langsam nähern. Plötzlich gewahrte sie durch den Nebel heranmarschierende Soldaten. Es waren russische Mannschaften. Der Posten glaubte, Japaner vor sich zu haben und verhielt sich infolgedessen ruhig. Bald jedoch gewahrte er anstatt der freundlichen japa nischen Uniform die grauen Mäntel der Feinde. Er erkannte auch bald, daß er das zehnte ostsibiriicbe Regiment vor sich habe, daS so tapfer bei Kulientscheng gefochten hatte. Der Anruf „Domare, turo da!" (Halt, wer da) waren die letzten Worte seines Lebens. Die Russen stürzten sich auf ihn und durchbohrten ihn mit ihren Bajonetten. Die Kameraden des Gefallenen hatten den unbeantworteten Anruf gehört. Einen Ueberfall befürchtend, ergriffen sie ihre Gewehre, stürzten aus dem Hause und fanden sich von Feinden umgeben. In dem Halblichte der Morgendämmerung sand ein verzweifeltes Handgemenge zwischen den streitenden Truppen statt, wobei Flinten und ge zückte Bajonette die Hauptrolle spielten. Obwohl die Japaner an Zahl übertroffen wurden, kämpften sie doch mit gewohntem Heldenmut. Sie zählten nur 36 Mann. Beinahe em Dutzend dieser kleinen Schar war gefallen, ehe die Ueberlebenden sich, immer noch kämpfend, nach dem nächsten Posten zurückzogen. In wilver Verfolgung trieben die Russen die Japaner vor sich her, bis diesen unerwartete Hilfe kam und sie sich wiederum auf den Feind warfen. Jeder Zoll der engen Landstraße wurde standhaft streitig gemacht. Die japanischen Offiziere, alle Diese Nummer kostet auf allen Bahnhöfen und bei den ZeitungS-Bertäufern "
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