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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.08.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-08-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040822017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904082201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904082201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-08
- Tag1904-08-22
- Monat1904-08
- Jahr1904
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Anzkigen-PretS die 6 gespaltene Petitzeile 28 Reklimen unter dem RrdaNion-strich (4g«spallen) 7b nach den Famtlieuaach- richleo (bgrfpalte») SO Tabellarischer und Ztfferniatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ostertenannahme LÜ Annahmrschlutz für «n,einen, Abrnd-Au-gab«: vormittag« 10 Uhr. Morgen-Au-gabe: nachmsttag« 4 Uhr. Grtra-Vetl»«»« (gesalzt), »ur mit der Morgen-Äu«aab», ohne Postbefördrruna 60.—, mit Postbesörderung >ll 70.—. Anzeigen sind stet« an dieExpevMon zu richte». Die Expedition ist Wochentag« nnunterdrochen geöffnet von früh 8 bi« abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von G. Polq in Leipzig (Inh. Dr. V., R. L W. Kliathardt). Sir. 42«. vat tvicdligilr v-m Lagt. * Gr»f v. Posad»w«ky soll seinen Urlaub wegen einer notwendigen Entschließung bezüglich vrr Hqndrl«- vertrag«verh»ndlungen unterbrochen haben. («. Drsch. Reich.) Nach russischen Quellen haben die Japaner am lS. und 26. August erneute Sturmangriffe auf Port Arthur unternommen, jedoch ohne Erfolg. (S. Letzte Nachr.) Da« Hundert-KiloMeter-ReNnen in Berlin- Friedenau gewann Nobt-München in ! Stunde 20 Mick. b5 Sek. (<S. Sport.) * In einem Steinbruch bei Kamen; wurden durch einen vorzeitig losaegangenek Schuß der Bruchmeister und ein Arbeiter getötet. (S. Sachsen.) Schnell fertig. Nicht bloß die Jugend ist schnell fertig mit dem Wort; die internationalen Sozialisten, die sich in der letzten Woche in Amsterdam zusammengcfunden hatten, sind auch der grünsten Jugend in der Fixigkeit über, die soziale Frage auS dem Stegreif zu lösen. Da quält sich die moderne Menschheit mit allerlei Problemen herum, ttnt BevölkerungSvetMehrung, Kolonisation, Arbeiterversichetung und ähnlichen verwickelten Dingen. Man erwägt sorgsam daS Für und Wider, um dann, soweit es die bestehenden Verhältnisse erlauben, eine Verbesserung anzubahnen. Die Herren, die sich in Amsterdam ein Rendezvous gaben, machen sich die Auf gabe leichter. Es geht ihnen umgekehrt wie dem preußischen RegierungSrat Kolb, der in Amerika Arbei ter wurde, UM Waffen gegen die Sozialdemokratie zu suchen; er gesteht ehrlich ein, daß er an Stelle der er warteten Axiomen schwere Probleme fand, deren Lösung sich nicht aus dem Acrmel schütteln läßt. Den Soizialisten wird umgekehrt jedes Problem zu einem Axiom. Wo andere Leute noch mit ewsigeM Bemühen auf der Suche sind, da haben jette schott längst die Weisheit gefunden Und mit Löffeln in sich ausgenommen, uni sitz sofort wieder der staunenden Welt zu offenbaren. Da wird auf Antrag des deutschen Rtzichtags- abgeordneten Molkenbuhr eine Resolution über Vie Arbeiterbersicherung gefaßt. Der Gedanke selbst ist fa nicht von Herrn Molkenbuhr, auch nicht von der Sozial- dettwtratie, sondern ein gewisser Herr von Bismarck hat ihn als erster fruchtbar gemacht — nebenbei bemerkt unter den schärfsten Protesten der Sozialdemokratie. Allmählich ober hat die Sozialdemokratie eingesehen, daß der Gedanke der Arbeiterversicherung doch nicht ganz so dumm ist, wie sie früher behauptete, und so belegt sie ihn fröhlich für sich mit Beschlag. Aber was macht sich Herr Molkenbuhr daraus! Wir Wollen es übergehen, daß er in reinster Ideologie mit einem Bekenntnis» zum „Recht auf Existenz" ansängt, eine Behauptung, die gerade vom materialistischen Standpunkte völlig unhalt bar ist. Wichtiger ist, daß er einen Rechtsanspruch aus ausreichende Mittel zum Lebensunterhalt und zur ärzt lichen Hülfe für alle möglichen Fälle, für Krankheit, Un fall, Invalidität, Alter, Schwangerschaft, Mutterschaft uttd Arbeitslosigkeit fordert, als sei das etwas selbst verständliches. Und noch lustiger ist eS, daß er die Kosten der Alters-, Invalidität?-, Witwen- und Waisen- Versicherung durch progressive direkte Steuern auf Ver mögen, Einkommen und Erbschaft decken will. Also zahlen sollen die Arbeiter nicht; dafür Müssen sie aber nach Hertm Molkenbuhr fordern, daß diese Verstehe- rungseinrichtungen unter die Selbstverwaltung der Ver sicherten gestellt werden. Auf diese Weise sind dann die Pflichten und Rechte schön verteilt: daß Bürgertum zahlt und die Arbeiter verwalten die Gelder; wirklich eine allerliebste Lösung deS sozialen Problems. Und so etwa? wurde gegen die Proteste einiger Teilnehmer — die klüger waren? Gott bewahre, die noch mehr wollten — angenommen. Schnell fertig war man auch mit dem Kolonial- Problem. Hier ließ Herr Bebel selbst sein Licht in einer langen Resolution leuchten, die die Kolonialpolitik der herrschenden Klassen in Grund und Boden verdammt, von einer brutalen Eroberer- und Raubpolitik spricht, die darauf berechnet sei. die fremden Völkerschaften mit roher Gewalt, wilder Grausamkeit und unter heuchle rischer Vorspiegelungen im Interesse kapitalistischer Ko- terien zu plündern, und die Eingeborenen in einer men- schenuriwtirdigenWeise alSArbcitstiere zu verwerten. An- gesicht» dieser ebenso schwülstigen al» unwahren Behaup tungen muß man die Frage auswerfen: In welcher Welt lebt Herr Bebel eigentlich? E» mag sein, daß al» die Spanier, Portugiesen, Holländer und Engländer zu kolo nisieren begannen, ähnliche Hustände, wie sie die blutige Phantasie Bebels sieht, vorgekommen sind. Aber heute liegen die Dinge doch wahrhaftig ganz anders. Und be sonder» die deutsche Kolonisation — Herr Bebel ist doch sozusagen ein Deutscher — mag unter allerlei Ungeschick 88. Jahrgang. Motttag den 22. August 1904. lichkeiten und Verfehlungen zu leiden haben; daß aber die Schilderungen Bebel» auf sie passen wie die Faust auf» Auge, da» ist für jeden Verständigen klar. Man könnte viel eher umgekehrt sagen, daß die Kämpfe in Südwost- afrika und die Schwierigkeiten in anderen deutschen Kolo nien aus einer allzugroßen Milde und Nachgiebigkeit gegenüber den Eingeborenen herrühren. Aber Hert Bebel sieht nun einmal nichts als „Blut und Tränen der unterdrückten Völkerschaften", und die Genossen aus den umliegenden Ländern klatschen ihm Beifall, natürlich mit dem geheimen Nebengedanken: So sieht es also in den deutschen Kolonien auS. Nebenbei wurde dann auch noch diese und jene andere Frage mit spielender Leichtigkeit gelöst. Der russisch- japanische Krieg wurde symbolisch durch die Verbrüderung deö russischen mit dem japanischen Delegierten und prin zipiell durch eine Resolution beendet. Daß trotzdem in, fernen Osten die Kanonen weiter donnern, will nichts be sagen; sie haben nach dem Amsterdamer Beschlüsse kein Recht aus Eristenz mehr. Und mögen immer die Tat sachen nach einem englischen Sprichwort hartnäckige Dinger sein, für die sozialistischen Prinzipienreiter kom men sie nicht weiter in Betracht. Während so der sozialistische Arbeiterkongrcß mit er staunlicher Sicherheit den Weltlauf dekretierte, gerieten sich doch die Delegierten über einen Punkt sehr heftig in die Haare, über die Frage nämlich, ob die Sozialdcmo kratie an der Negierung teil nehmen darf. Die Er regung gerade übet dieses Themä war begreiflich. Hier stieg man nämlich aus den leichten Lüften der Theorie aus den festen Boden der Praxis nieder. Hier galt es, offen Farbe zu bekennen. An sich ist es eigentlich selbstverständ lich, daß eine politische Richtung Mit Freuden zugreifen muß, wenn ihr die Gelegenheit geboten wird, ihre Theorien zu verwirklichen. Aber merkwürdig, sobald ein mal ein Sozialist in ein Negierungsamt einrückt, wie es Herr Millerand in Frankreich wagte, dann fällt die ganze sozialistische Meute über ihn her, dann zetert man übet Betrat und Abtrünnigkeit. Und gvkade diejenigen Ge- nassen, die in ihrer Heimat an eine Verwirklichung sozia listischer Ziele am Wenigsten denken könne«, schreien am lautesten. Fast will es dem kllhlett Beobachter scheinen, als ob die schöne sozialistische Theorie die Berührung mit dem festen Boden der Wirklichkeit nicht vertragen kann. So wußte Man sich denn Nicht anders zU helfen, als daß man sich für den Beschluß des Dresdener Parteitages ent schied, der eigentlich Nichts anderes ist als die Umschrei bung der Stellung, die heute die sozialdemokratische Partei in Deutschland det Regierung gegenüber ein nimmt. Das wird natürlich die Sozialisten der einzel« nen Lander nicht hindern, sobald sie die Macht nur be kommen können, sie trotzdem zu erstreben, sei e» auch auf Kosten einiger wertvollen Grundsätze, denn Macht schmeckt süß. ES ist, wie heute die Dinge liegen, nicht mehr mög lich, an der sozialistischen Bewegung achtlos vorüber zu gehen. Die Amsterdamer Tage zeigen aber, wie weit der Sozialismus noch von seiner praktischen Verwirklichung entfernt ist. Wer in Wolkenkukusheim wohnt, der kann nicht erwarten, daß er Bürgerrecht auf der festen Erde findet. Mögen immer die Genossen mit stolzen Worten die neue Zeit dekretieren; -er Spiegel der bestehenden Verhältnisse wird davon nicht im mindesten beeinflußt. Worte allein, und seien sie noch so selbstbewußt, tun eS heute nicht — wie sie es nie getan haben. ver Rukitaiiä Sn Herero. Die Lage. Di« Lage in Südwestafrika bat sich dadurch vollständig geändert, daß die Herero die einzige Lücke in Unter Umzinge lung zu einer panikartigen Flucht nach Osten benutz! baden. Sie haben nach vrr „Dtsch. TageSztg." alle» tm Stiche gelassen, wa« ihnen bisher am wertvollslen war. Von großen Massen erbeuteten Vieh» Wird schon in ven Meldungen ve« Truppenkommando» berichtet; wa» aus den Familien ge- worden ist, werden wir auch bald erfahren. Zunächst fragt e» sich nur, wie weit die Flüchtigen aus dem Landstriche, wo wegen Mangel» an Weide und Wasser die Verfolgung aufgegebrn werden mußte, lammen werden. Daß sie bi« zur Ostgrenze de« Schutzgebiete«, dir etwa 300 ßm entfernt ist, entlommen tonnten, ist unwahrscheinlich. Wie sich die weiteren Ereignisse und di« Verfolgung der Flüchtigen gestalten wird, muß mit Spannung erwartet werden. Der Au«gang ve« Kampfe« am Waterberg« gleicht sehr dem Angriff« der Schutztrupp« im Juli 1808 auf die Feste Hoornkran», wobei «« dem Kapitän Hendrik Witbooi gelang, au« ver Einschließung »u entschlüpfen. Danach entstand rin Kleinkrieg, der «in volle« Jab, über dauert«. Dir Lage der Herero ist aber insofern ungünstiger, al» sie »in, viel größere Masse bilden al« dir wttboi». Hauptsächlich wird ihre Verpflegung ve«talb äußerst schwierig sein. Vor allem ,st die Schutztrupp« jetzt so start, daß man tdnrn überall mit Kratt entgeatntreten kann. Au» ver Flucht ist zudem noch deutlich z« erleben, daß die Here» nur aus Rettung ihre» Leben» au»g«gange« sind uvv daß st« den m»raltsche« Mut verloren habe«. «»ASbttch« Url<i«b»A»1»«ch. Der Gouverneur Oberst Leutwein bar dem vernikm«» nach eia Urlaub«a«sucb nicht ringereicht. Daß em solches auch für bt« nächst« Zett nicht zu «rwartea tft, g«hr »arau« hervor, daß er die Bereisung von Großnamaland jetzt an treten Wirb, di« er bald nach ver Ankunft des neuen Truppen- KommaNdrur» dort beschlossen halte. Die Zuställb« im Süden sollen sestgestillt werden. orutsche» trieft. Berlin, 2t. August. * «eisebtspofittonen ve» «atserpaare«. Ueber lne von utt« teilweise bereit« mitgeteilten weiteren Reijedispoptioncn dt« Kaisers wird im Zusammenhang folgende« gemeldet: De, «alsrr begibt sich heut, abend mit Sonderzug von Wilhelmshöhe nack> Mainz zur Teilnahme an der am Montag vormittag auf dem dortigen Großen Sande stattfindenven Truppenschau, der auch de. Großbetzog von Hessen bei wohnen wird. Von Main; säbttt et über die Neue Kaiserbrücke nach Kronberg bezw. Schloß Fritvrichshos zum Besuch de« Prinzenpaares Friedrich Karl von Hessen. Die Ankunft daselbst erfolgt gegen b Uhr nachmittags. Ge legentlich feinet dortigen Anwesenheit wird der Monarch voraussichtlich auch die Saalburg besuchen. Die Rückreise nach WilbelntShöhe wird am DienStag nachmittag gegen 3 Uhr angetreten und zwar vom Babnhof Homburg au«. Im Laufe ves Mittwochs erfolgt sodann die endgültige Ab reise des Kaiser«. Er begibt sich zunächst nach dem Truppen übungsplatz Altettgrabow, von WS aus er direkt nach dem Neuen Palais bei Potsdam weiterreist. Ditz Kaiserin und dle kaiserlichen Kinder verlassen dagegen erst am Freitag, den 26. v. M., Wilbelmshöbe. * Handelspolitisches. Der Staatssekretär deS Innern 6r. Gras von Posadowsky war in Unterbrechung seines Urlaubs in den letzten Tagen bierhergelonimen. Man wird nicht fehlgehen, wenn man anniinmt, die Veranlassung dazu habe aus politischem Gebiete gelegen. Es kam dem Ver nehmen nach darauf an, eine Entschließung berbeizusühren, dir durch den Fortgang der Handelsvertragsver handlungen bedingt War. — Genosse Schippet ist von der Abrechnung, die der „Vorm.„ mit ihm hätt, uNd die auch in der letzten Nummer des Blattes ihre Fortsetzung findet, natürlich sehr wenig erbaut. Er schickt dem ,,Borw.", wie dieser mitceilt, in seiner Ungeduld eine Beschwerde nach der andern, und überdies kündigt er in einer Berichtigung. Heren sofortige Veröffentlichung et rwnt „Borw." gefordert bat. an, baß er am Dienstag im 6. Berliner Wahlkreis das unqualifizicrbare Verhalten deS „Vorwärts" - Mitarbeiters öffentlich zur Sprache zu bringen beabsichtige. Der letzte Schippelartikel des „Vorwst ist der Widerlegung der Schippel'scheit Ansicht gewidmet, daß die Höhe der Grundrente zu der Zn- und Abnahme des landwirtschaftlichen Ge samtbetriebes in Wechselbeziehung stehe. Er schließt mit Ver an Schippe!« Adresse gerichteten Frage: „Haben wir für di« Erhaltung des Junkertums zu sorgen?" Treiben wir Grundbesitzer- oder Arbeiterpolitik? — Probemünzen sür die Neuen Fünfmarkstücke sind der „Post" zufolge in diesen Tagen von der Berliner Münzslelle in kleiner Zadl jertiggesiellt worden und zirkulieren gegenwärtig bei den bettiligten ReichsüMtern zur Ansicht und Begutachtung. Das neue Silberstück ist größer als der alte Taler und kleiner, aber erheblich dicket als das bisherige Fünfmarkstück. * " Im Lantzlagswahlkretie Ztttttchiu-Schutte»«»-krassen hat bekanntlich der bisherige Abgeordnete Granvtke wegen schwerer Erkrankung das Mandat niedergelegt. Die Ersatzwahl findet am 10, September statt. Die konservativen Parteien haben in einer in SchwiebuS abgehaltenen Versammlung den Ritterguts- besitzt!, Kr«iSoeputirrten und Amtsvorstcher Benno Studrnt- Lugau als Kandidaten aufgestellt, der sich im Falle seiner Wahl der FreikoNsetvatlden Partei anschliehen wird. * Karlsruhe, 20. August. Der mit großer Hartnäckigkeit ge führte MauterauSstaNd, der die Bautätigkeit in Diesem Sommer fast ganz lahmgelegt hat, ist nach viermonatiger Dauer durch Ver mittlung des Bürgermeisters Siegrist beendigt worden, nachdem die Arbeitgeber eine Lohnerhöhung von 2 für die Stunde zu gesagt hatten. Die Arbeit wird in vollem Betrieb am Montag ausgenommen werden. * Straßburg, 20. August. Der Verband deutscher Gewerbevereine wird seine Xlll. Hauptversammlung am l2. und 13. September hier abhalten, gemeinsam mit der Delegiertenversammlung der elsaß-lothringischen Gewerbe- und Hanvwerkervereinigungen. Die sehr reichhaltige Tage«- orknuna führt, abgesehen von den Derwaltungsangelkgen- beiten, folgende Gegenstände an: die Frage des Befähigung«- nacinvei e« im Handwerk; die Abänderung des Gesetze« zur Bekämpfung de» unlauter» Wettbewerbes: die Gründung einer Berbanvß-Zeitschrift; die Berbands-Sterbekaffe; Bor schläge zur Beseitigung der Grenzstreitigkeiten zwischen Handels- und Handwerkskammern; Äenderung de« Gesetzes über den Verkehr mit Blei- und zinkhaltigen Gegenständen. Außer den Verhandlungen auf den BerbandSsitzungen sind noch vorgesehen: Besichtigungen gewerblicher Lehranstalten und Sammlungen sowie industrieller Anlagen. ffeer «na flotte. * Prinz Adalbert »na Preußen, der sich seit dem Herbst vorigen Jahre« an Bord des grouen Kreuzers „Hertha" tn Ost- alten befindet, stellt j«,t am Ende seiner Ausbildung zum See- offizier. Der Prinz tut jetzt im vierten Jahre aktiven Frontdienst in der Flotte und soll nach der „Voss. Ztg." im nächsten Monat sein Potent al« Leutnant zur See erhalten, um dann endgültig in das L-reoffizierkorp« eiugereiht zu werden. * Flottenschau und Kaisermanövrr. Der Kaiser hält an Bord der „tzohenzollern" am 7. September bei Helgoland eine größte Flottenparad« deutscher Kriegsschiffe mit Beteiligung der Schlachtflott,. - Die Kaisermanöver an der OstftrkÜste find endgültig auf den 13. bi« Id. September festgesetzt worden. tturlana. Rußland. * Verla»,«, a« Kats«rtz»fe. Wie au« Petersbura ge- meldet wird, har sich Großfürst Michael, der frühere präsumtiv« Thronfolger, mit einer Prinzessin von Montenegro verlobt. Asien. * Dir englische Tibetetzpedttion. Nach einer Meldung ves .Daily Telegraph" au» Lhassa vom l t. d. Mls. ist die Schwierigkeit, die vie Verpflegung der englischen Expedition fand, gehoben, Zufuhren treffen reichlich ein, und auch va« Kloster Daipeing trägt beträchtlich bei, so oaß sür nlehr al« l4 Tage Vorrat angesammelt ist. Dagegen waren am vorigen Sonntag die Verhandlungen noch keinen Schritt vorgerückt und der britische Vertreter Vounghusband setzte, einstweilen ohne Ergebnis, durch zwei Dcbapes unmittelbar und mittelbar durch den chinesischen Residenten dem Rationalrate zu, zur Ent scheidung zu kommen. Die befriedigendste Persönlichkeit, die bisher mit ven Briten in Verkehr getreten ist, ist ver Rim- bolschi, der hervorragendste unter allen Lehrern ver Theologie Tibets; er wird als ein angenehmer und vernünftiger Mann geschildert, der sich mit einer sonst bei feinen Landsleuten neuen Osfenbeit äußerl und in der Hauptsache berichtet, er habe Ende Juli einen Rus des Dalac Lamas und den Auftrag erkalten, in dessen Abwesenheit die Geschäfte de« Staats zu führen. Nach langem Sträuben, weil er ja selbst Mönch und in solchen Dingen Unerfahren, sei er dann doch gekommen. Inzwischen war aber der Dalai Lama eben ad- aereist und batte ihm brieflich den Auftrag hinterlassen, die Dinge zu ordnen, auch das Staatssiegel zurückgelassen, aber keine Weisungen noch Vollmachten erteilt, von dtln Staats siegel Gebrauch zu machen. Der Hohe Rat hatte deshalb Vie Siegel eingepackt und verschlossen, und der Rimbotschi klagt nnn bitter über die ihm zugtschobeNe undankbare Aufgabe. lnkemalisnaler Zorialirtrn-sisilglttr. (Schluß des sechsten VcrhandluNgstagcS.) 6 L 11. Amsterdam, 19. August. Im Verlaufe seiner Philippika gegen Millerand und die Ministerien Waldeck-Nouffeau und Eombes erneuerte Bebet die schon in den Kommissionsverhandlungen abgegebene Er klärung, daß Borkomninifie wie Lille. Roubaix, Chalons und erst in den leyreu Tagen beim Glasarbeitcrslreik in der Normandie in Deutschland ganz undenkbar seien. Seit 188V habe die deutsche Regierung kein Militär mehr gegen streuende Arbeiter aufmarschicren lassen. Was seien das doch sür jchamioie Zustände, wie jie sich selbst im Herzen Frankreichs, m Paris, ereignet hätten, wo noch im November vorigen Jahres die Polizei in geradezu haarsträubender Weise in die Pariser Ärbeiterböcjc eingedrungen sei und in der Schlacht mit den Arbeitern nicht weniger als 60 Verwundete geliefert habe. Ist das das „sozialistische Frankreich?" (Stür mischer Beifall.) Als dann die sozialistischen Mitglieder in der Kammer eine Interpellation einbrachten und die Bestra fung des Polizeipräsckten und der bei dem Krawall aktiv be teiligten Polizisten verlangten, da hat ein Teil unserer sozia listischen Freunde für den Ucbcrgang zur Tagesordnung ge- stimmt. (Lebhafte Pfuirufe und Pfeifen.) Jaures hat un« Deutschen hier eine Art Vorlesung gehalten, über das, was wir tun sollten und nicht täten. Ich totnme noch darauf, aber das kann ich de» französischen Freunden nur sägen: Wenn bei Un« in Deutschland auch nur ein Genosse für den Uebergang Hur Tagesordnung in einem gleiche» Falle stimmen würde, er wäre am nächsten Tage sein Mandat rettunglo« Io«. (Beifall.) Jaures sagte dann weiter, die Dresdener Resolution charak terisiere den Geist des Zweifels und der Unsicherheit, der in der Plitik des deutschen Proletariats im Schwange sei. Ich bin im höchsten Grade erstaunt, wie ein so vielseitig gebildeter und ge- schichtskundigcr Mann wie Genosse Jaures UN« eine solche Unterstellung machen kann. Wenn überhaupt in dem heutigen Deutschland ein tuschen politischer Fortschritt zu spuken ist, so haben wir eS doch durchgesctzt, und eS ist kein anderer al« der Fürst Bismarck gewesen, der 1888 erklärt hat, daß, wenn es keine Sozialdemokratie in Deutschland gäbe, und keine Leute, die sich vor ihr fürchteten, das bischen Sozialpolitik nicht geben würde, daS wir haben. Weiter hat dann JaurSs erklärt, er habe mit seiner Polin! die Republik gerettet, den Weltfrieden gefestigt und was thm sonst noch alle« im Verein mit seinen radnalen bürgerlichen Freunden gelungen sein will. (Heiter- keit.) Wenn in Frankreich im letzten Jahre die Republik ge- fährdet war — ich nehme das als Tatsache an — so hat der Genosse durchaus recht getan, wenn er in diesem Falle mit den bürgerlichen Verteidigern der Freiheit zusammenging. DaS hätten wir aber selbstverständlich auch getan. (Beifall.) Auch daß Ihr den KlcrikaliSmus bekämpft habt, machen wir Euäi nicht zum Vorwurf. Aber diesen Kampf führen auch wir. Und schließlich: Wo und wann habt Ihr den Weltfrieden gesichert? (Heiterkeit.) Und wenn schonI Habt Ihr nicht zu derselben Zelt für da« Militärbudget, für die Marineforderungen, ja sogar für die geheimen Fonds gestimmt, und damit für die Er haltung des Ministerium« Waldeck Rousseau und Lombes? Habt Ihr damit nicht alles, was Ihr für den Weltfrieden tun wolltet, wieder über den Haufen geworfen? fZehr richtig.) Wir Deutschen betrachten die Zustimmung zum Budget als eine ganz besondere Vertrauenskundgcbung, und da wir keiner bür gerlichen Regierung so weitgehendes Vertrauen schenken, so verweigern wir ihr eben in icdem Falle das Budget. Jaures rühmt sich ferner, für die Verstaatlichung gestimmt zu haben. Nun, wir yaLcn bereits alles das verstaatlicht, was er noch verstaatlicht haben will, die Eisenbahnen, cmen großen Teil der Minen u. a. m. Schließlich hat dann JaurSS noch gesagt, er wolle durch seine Politik die demokratischen Elemente in der bürgerlichen Gesellschaft an sich ziehen. Schön, die nehmen wir auch. Aber nicht, wenn sie als Temokralen, sondern nur, wenn sie als Sozialdemokraten zu uns kommen. (Stürmischer Beifall.) DaS eine muß unsere Richtschnur bleiben: Wir haben eine rein proletarische Partei zu bleiben und deshalb keine Ver anlassung, mit den bürgerlichen Parteien länger al- für den gegebenen Augenblick zu paktieren, wodurch Dir nur die weitere Entwickelung de» Sozialismus schädigen würden. Zuletzt hat dann der Genosse noch von der politischen Ohnmacht Ver Deut schen gesprochen. Er hat von den 3 Millionen Stimmen etwa« anderes erwartet. Ja was denn? (Heiterkeit.) Hat er etwa erwartet, daß wir die S Millionen mobil machen und vor das Schloß in Berlin ziehen, iirn Wilhelm zu vertreiben? Ich ge- stehe, ich war auf diesen -sieg Vorbereitet, und trotzdem habe ich an solche Konseauenz-n auch nickst im Traum« gedacht. Bei uns, Genosse Jaurd«, reichen 8 Millionen zu so etwa« nicht au«. Wir brauchen 7, wir brauchen 8 Millionen, und wenn wir die haben — (Heiterkeit) dann, na dann werden wir Pausiert. iTtürmstcher Beifall und Heiterkeit.) Ü Millionen sind gewiß eine schöne Lache, aber überlegen Tie, Parteigenossen, daß 1l Millionen avgeftimmt haben, daß also noch 8 Millionen den drei entgegen,landen. Ml« wir also ander« handeln sollten, das weiß ich nicht. Wie wir aber bei steigende» Machtverbättnissen bandeln werden, da« eben lieb ln der Dresdener Resolution. Fanre« sagt weiter, unnttttellar nach unserem Wahlsieg sei der Gedanke aufgctaucht, uns da« Wahlrecht zu nehmen. Was beweist da«? Doch nur. daß man un» fürchtet. (Sehr richtig.) Ich betracht« dt« allgemein«»
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