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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.08.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-08-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040811013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904081101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904081101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-08
- Tag1904-08-11
- Monat1904-08
- Jahr1904
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Bezugs-Preis in der Hauptexpeditton oder deren Ausgabe stellen ab geholt: vierteljährlich 3.—, bet zweimaliger täglicher Zustellung tu» Hau« X 8.7b. Durch die Post bezogen für Deutsch land u. Oesterreich vierteljährlich 4.50, sür die übrigen Länder laut ZeitunySpreiSliste. Einzelne Nummern zu auf allen Bahnhöfen und den Zeitung« - Verkäufern. IM Redaktion und Expedition: Ib3 Fernsprecher 222 JohanniSgasse 8. Haupt-Filiale Dresden: Marienstraße 34 (Fernsprecher Amt I Nr. 1713). Haupt-Filiale Berlin: CarlDunck e r, Herzgl.Bahr.Hofbuchbandlg., Lützowstraße 10(FernsprecherAmtV1 Nr.46O3). Morgen-Ausgabe. KiMgcr TlWblalt Anzeiger. Amtsvkatt -es königlichen Land- und -es Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Aales und des Nolizeiamles -er Lta-t Leipzig. Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem RedaktionSstrtch («gespalten) 7b nach den Familtenuach- richten (6 gespalten) 50 Tabellarischer und Zifsernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ofsertenannahme 2ö Annahmefchlutz sür Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittag- 4 Uhr. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Au-aabe, ohne Postbefvrderung 60.—, mit Postbefvrderung 70.—. Anzeigen sind stet« an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig (Inh. vr. V., R. L W. Klinkhardt), Nr. M. Donnerstag den 11. August 1904. Vas Mcbtigzie vom Lage. * Kaiser Wilhelm hat aus Anlaß deS Todes des japanischen Generals Grafen Iamaguschi an die deutsche Gesandtschaft in Tokio ein Telegramm gerichtet, worin er den Oberst- leutnant v. Foerster mit der Teilnahme an der Bei setzung beauftragt. (S. Deutsches Reich.) * Das ungarische Abgeordnetenhaus nahm gestern das Budgetgesetz an. * König Eduard ist gestern mittag von Port Viktoria über Köln nachMarienbad abgereist. * Kuropatkin trifft nach englischen Meldungen Vorbereitungen zum Masseur ückzug von Liaotung auf der Eisenbahn. (S. russ.-jap. Krieg.) ' „vrrrüen-Leiprig.' Von jungnationalliberaler Seite wird uns geschrieben: Von einer Auslandsreise zurückgekehrt, fand ich einige mir von befreundeter Seite übermittelte Nummern der mir bis dahin gänzlich unbekannt gebliebenen „Zit tauer Stimmen" vor, und war freudig überrascht, in den Spalten dieses Blattes ein außerordentliches Interesse für den Jungnationallibcralismus in Sachsen, speziell in Leipzig, bekundet zu sehen. Aufrichtig bedauert habe ich, daß sich dieses Blatt anscheinend in den weitesten Kreisen völligen Unbekanntseins erfreut, denn eine bequemere Propaganda für die jungnationalliberale Idee, wie die Artikel der „Zittauer Stimmen", kann man sich kaum wünschen. Wie der Leser vielleicht schon ahnen wird, be schäftigt sich das Blatt mit dem vor kurzem im „Leip- ziger Tageblatt" erschienenen Artikel über den Jungnationallibcralismus in Sachsen, speziell in Leipzig. Es muß zwar gestehen, „daß eS aus der Ferne nicht be- urteilen und untersuchen kann", was der Einsender im „Leipziger Tageblatt" angeblich als besonderen Ruhm für die Jungnationalliberalen in Anspruch nimmt, den noch wagt es, zu behaupten, daß in dem „Tageblatt". Artikel die Leipziger Verhältnisse nicht richtig beleuchtet seien und ist „verblüfft" über die „beispiellose Kühnheit des Leipziger Schreibers, der in alle Welt hinausposaunt: Der frischere Zug besteht hier (in Leipzig) schon, und zwar darf der Jungnationalliberale Verein für sich in Anspruch nehmen, daß gerade er wesentlich dazu beige tragen hat." Es ist wirklich rührend, wie das Zittauer Blatt ein „treues Zusammenhalten von Alter und Jugend der nationalliberalen Partei in Sachsen" for dert und dann von den „gemischten Gefühlen" spricht, mit denen der Eintritt eines Leipziger jungnationallibe- ralen Führers in den Gesamtvorstand des Landesvereins ausgenommen worden sei, wie es betont, daß es not tue, eine „ungesunde Zersplitterung zu verhüten" und sich dann in demselben Absätze „eins fühlt" mit dem Artikel der „Nat.-Ztg.", worin den Leipziger Jungnationalliberalen der gänzlich unbegründete Vorwurf gemacht wurde, sie hätten sich für ein Klassenwahlrecht „begeistert". Auf diese Art werden Zersplitterungen nicht verhütet, sondern gefördert. Das gleiche gilt von der doch nur zum Zwecke der Diskreditierung der Jungnationallibe ralen vorgebrachten, sehr anfechtbaren Behauptung, „gerade der Vertreter der Jungnationalliberalen Leipzigs habe Schulter an Schulter mit den an den alten Tradi- tioncn hängenden führenden Leipziger Altnationallibe ralen gestanden und sich nicht zum mindesten als ehrlicher Vorkämpfer des Liberalismus gezeigt". Ganz ab- gesehen davon, daß ein Zusammengehen von Jugend und Alter von den „Zittauer Stimmen" als wünschenswert bezeichnet wird, kann nur jemand, der die Opposition aus Prinzip betreibt, Anstoß daran nehmen, wenn ein Politiker liberaler Richtung in geeigneten Punkten Schulter an Schulter mit weiter rechts stehenden Parteien geht. Diese Freiheit müssen wir als liberal gesinnte Männer auch sür uns in Anspruch nehmen. Daß die Vertreter der Jungnationalliberalen in Leipzig mit den Altnationalliberalen durch Dick und Dünn gegangen seien, wird wohl die Gegenseite kaum zu behaupten wagen. Wir erinnern an die Kartellfrage, in der in jener Mai versammlung allein der Vertreter der Jungnationallibe ralen gegen das Kartell gesprochen und keiner von den jetzt so strengen Kritikern sich gefunden hat, der ihm zu- gestimmt hätte mit mehr als ziemlich wohlfeilem Beifall. Es sei ferner hingcwiesen auf unsere Haltung zum preußischen Schulantrage, in der wir, soweit cs sich bis jetzt übersehen läßt, ebenfalls eine andere Stellung einnehmen als die hiesigen Nationalliberalen. Welches unsere Stellung ist, wird, soweit es nicht schon geschehen ist, demnächst noch in der Prelle bekannt gegeben werden. Daß wir auch in der W a h l r e ch t s s r a g e der nationalliberalen Gruppe nicht blindlings gefolgt sind, ist ja auch bekannt, ebenso, -aß wir unS dadurch den Tadel derer um die „Zittauer Stimmen" zugezogen haben. Ob der Dresdner oder der Leipziger Wahlrechts- Vorschlag der bessere und brauchbarere ist, daüber sich jetzt den Kopf zu zerbrechen, hat wenig Zweck, mag man dies, wie auch schon in -em früheren „Tageblatt"-Artikel aus- geführt worden ist, ruhig der Zukunft anheimgeben. Tatsache ist, daß die Leipziger ihren Vorschlag nicht als Z i el des Liberalismus, sondern als E n t w i ck l u n g s- stufe betrachten, während die Ostsachsen ihr Pluralwahl- recht als etwas spezifisch Liberales hinstellen. Die Ausführungen des Zittauer Blattes über das Wahlrecht sind auch insofern interessant, als es dabei aus seiner Rolle fällt bezüglich seines Verhaltens zu der nationalliberalen Fraktion. Es bezeichnet als sehr „kühn" die Angabe, daß der jungnationalliberale Wahl rechtsvorschlag aus Erwägungen praktischer Politik her vorgegangen si und knüpft daran die Bemerkung: „Man will doch damit nicht etwa sagen, daß die national- liberale Fraktion nicht Anhängerin einer solchen Taktik sei." Man findet es also in diesem Falle nicht nur unverdächtig, mit der nationalliberalen Fraktion Schulter an Schulter zu gehen, sondern sieht sich sogar veranlaßt, sie gewissermaßen gegen das in Schutz zu nehmen, was man ihr fortgesetzt zum Vorwurf macht- Das Zittauer Blatt fragt dann weiter, ob sich die Leipziger Jungnationalliberalen als der richtige Sauer teig für den dortigen Nationalliberalismus bewährt und eine Abbröckelung der Leipziger von dieser Partei verhindert hätten. Vermöge seines weiten Blickes ist der Verfasser jenes Zittauer Artikels sofort in der Lage, die Frage zu verneinen. Er sucht dies zu begründen mit dem Mißerfolge der Leipziger Nationalliberalen bei den letzten Wahlen und mit dem Hervortreten anderer bürgerlicher Parteien bei den Reichstagswahlen. Es liegt uns völlig fern, tatsächliche Mißstände zu be schönigen. Dennoch müssen wir erklären, daß die Anti wort, die das Blatt auf seine eigene Frage gibt, falsch ist und den Verhältnissen in Leipzig nicht gerecht wird. Das „ostelbische" Blatt, welches sich anmaßt, auch über Leipziger Verhältnisse besser als die Leipziger selbst orien tiert zu sein, hätte doch vielleicht wissen können, daß es dem Jungnationallibcralen Verein gelungen ist, die Vertreter des liberalen Vereins und auch noch andere liberal gesinnte Männer in der Wahlrechtsfrage für ihren Vorschlag zu gewinnen, während diese Herren es abgelehnt haben, auf das P l u r a l Wahlrecht, als reaktionär, zuzukommen. Freilich haben wir es nicht für angemessen gehalten, dies so in die Welt „hinaus zuposaunen", wie es in manchen Kreisen beliebt wird. Nicht als Verdienst für die Jungnationalliberalen, aber doch als beachtenswerte Tatsache wollen wir er wähnen, daß der sächsische Landesverein jetzt einen Generalsekretär angestellt hat, der als e i f r i g e r Anhänger der Jugendbewegung bekannt ist und mit dem Vertreter des Leipziger Jungnational liberalen Vereins an dem neuen Organisationsentwurfe der Partei auf dem bekannten Eisenacher Delegiertentage gemeinsam gearbeitet hat. Wenn das Zittauer Blatt schreibt, auch das starke Hervortreten anderer bürgerlicher Parteien bei den Reichstagswahlen . . . beweise doch deutlich, daß trotz der Leipziger „Jugendlichen" ein Abbröckeln liberaler Elemente vom Nationalliberalismus in dessen einstiger Hochburg nicht verhindert worden fei, so zeugt das in geradezu verblüffender Weise von einem durch keinerlei Sachkenntnis getrübten Urteil. Zunächst widerlegt sich der Zittauer Artikelschreiber schoß selber durch die von ihm angeführten und von mir als richtig angenommenen Zahlen, denen zufolge andere bürgerliche Parteien bei den letzten Reichstagswahlen hervorgetreten sind 1898 Antisemiten u. Nationalsoziale mit 6061 Stimmen, 1903 Liberale (freis. Vereinigung) mit 3333 Stimmen. Danach sind im Jahre 1903 circa 3000 Stimmen weniger abgebröckelt als fünf Jahre vorher. Das beweist doch klar und deutlich eine Besserung des Zustandes gegen früher. Sollte daran der jungnationalliberale „Sauerteig" ganz unbeteiligt sein? Oder sollen etwa die Jungnationalliberalen dafür verantwortlich zu machen sein, daß überhaupt noch Stimmen abgebröckelt sind? Es ist zu schade, daß die „Zittauer Stimmen" nicht schon vor den Reichstagswahlen ihre Weisheit zum Besten gegeben haben — man hätte auf das Ergebnis ihrer Wirksamkeit gespannt sein können. Auffallend muß es ferner erscheinen, daß auch die ostsachsischen National liberalen, trotz ihrer „tatkräftigen Führung", „unermüd- lichen Tätigkeit", ihres „entschiedenen Liberalismus" usw. nicht in ibren Gebieten den Sieg der Sozialdemokratie zu verhindern vermochten, was nach den Anforderungen, die man in Zittau an das Häuflein Jungnational liberaler in dem „reaktionären" Leipzig stellt, der ge rühmten ostelbischen Organisation doch mit Leichtigkeit hätte gelingen müssen. Das sollte den Herren doch auch etwas zu denken geben und ihnen zu Gemüts führen. daß eS nicht angängig ist, alle Mißerfolge nun einfach der Leipziger Führung in die Schuhe zu schieben. Wenn das Zittauer Blatt sich schließlich der Hoffnung hingibt, „von Leipzig endlich wieder einmal etwas Gutes zu hören", und den Interessen der nationalliberalen Partei wirklich dienen will, so möge es zunächst nicht über Sachen schreiben, über die es nicht informiert ist, und es unterlassen, die jungnationalliberale Sache durch seine Anzapfungen in gänzlich unbegründeter Weise zu ver dächtigen, sonst kommt es uns nicht darauf an, dem Hort des „allein echten und wahren Liberalismus" östlich der Elbe noch manches aus Leipzig zu sagen, was ihm nicht gefallen wird. vei kurrirctz-iapanirche Weg. Atrroxattln» Lage. Eine Schanghaier Drabtmelvung des „Daily Telegraph" vom 9. August besagt, daß sich die Russen bei Anschautien nordwärts zurückziehen, nur Kavallerie bleibe zurück. Kuropatkin treffe Vorbereitungen zum Massenrückzug von Liaotang per Eisenbahn. Nach dem „L.-A." dagegen wird Kuropatkin Liaujang verteidigen. Wie beim Pariser Auswärtigen Amt auf Grund von Petersburger Depeschen versichert werde, sei der Zusammenschluß der beiden Hauptarmeen Ende dieser Woche zu erwarten. Englischer Asnknrrenzneid. Die „Times" erfahren: „Während britische Dampfer linien seit einiger Zeit die Annahme kontinentaler Ladungen >ür deu fernen Osten verweigern, welche sie den Verdacht. Kontrebande zu führen aussetzen, sind ähnliche Artikel vou deutschen Dampserlinien ohne Zögern angenommen worden. So sind z. B. während der letzten zehn Tage elektrische Kabel und Kisten mit Maschinen, Eisendrabt, Eisen, Stahlplatten und leichte Schienen unter der Be zeichnung Bergbauschienen in Antwerpen vom Nord deutschen Lloyd und der Hamburg-Amerikalinie in Menge angenommen worden, nachdem sie von Agenten britischer Gesellichaften zurückgewiesen worden waren, die strenge Weisungen hatten, die Beförderung von allem zu vermeiden, '-was als KriegSkontrebande gedeutet werden könnte. Da in des in Gemäßheit der russischen Regeln kaum etwas vor banden fei, was nicht als Kontrebande ausgelegt werden könne, hielten die britischen Gesellschaften aus Mangel an dem Schutze, den Deutlchland für sein Rhedergeschäft in einer anderen Weise zu sichern imstande zu sein scheine, für geraten, ihren Dienst nach Japan gänzlich einzust-llen, selbst auf die Gefahr hin oder vielmehr mit der Gewißheit, daß ihre deutschen Konkurrenten sich der Gelegenheit bedienen werden, sich eine« wichtigen Zweiges unseres SpedltionS- handelS zu bemächtigen." Oferde-Lrsatz für -le Japaner. Die Gebrüder Polk in Fort Worth, eine der größten Pferdehändler-Firmen in Texas, haben, wie dort gemeldet wird, von der japanischen Regiernng den Auftrag zur Lieferung von 100 000 Pferden erhalten Dieselben dürfen nicht größer als „vierzehn Hand hoch" sein; eS kommen also ausschließlich westtexanische „Mustangs" in Betracht. Es dürfte nicht leicht sein, 100 000 der kaum I V, m hohen Tiere aufzutreiben und noch schwieriger, sie an die Auftrag geber abzuliefern. Deutsches Keich. Leipzig, 10. August. * Len Mtrdachfreunden, die ibn um jeden Preis dem deutschen Volke als unantastbare Lichtgestalt erkalten möchten, scheint allgemach doch bange zu werden. Der „Berliner Lokalanzeiger", der es sich zur besonderen Aufgabe gemacht bat, Herrn von Mirbach dadurch von jedem Vorwurf zu befreien, daß er Interna der fürstlichen Familie Wittgen stein in ein unliebsames Licht rückt und von Zeit zu Zeil der unabhängigen Presse ein Privatissimum über die Ethik des Journalismus liest, hat bisher die Offenbarungen, die ihm von einer Herrn von Mirbach nahestehenden Seite zuteil wurden, an bevorzugter Stelle und mit markantem Druck gebracht. Nun hat, wie unsere Leser bereits wissen, die Dortmunder „Tremonia" eine neue Veröffentlichung in Sachen Wittgen stein-Mirbach gebracht, die selbst dem verwegensten Mirbach- Enthusiasten den Wunsch einer authentischen Aufklärung nabelegen muß. Der „Lokalanzeiger" ist viel zu loyal, als daß er nicht von den Mitteilungen des Dortmunder Blattes, so fatal sie ihm auch sein mögen, Notiz nehmen sollte. DaS erfordert die journalistische Pflicht. Anderseits gilt eS aber auch, den hoben, immer noch mächtigen Gönner nicht vor den Kopf zu stoßen, und da findet das Blatt einen charakteristischen Aus weg. Es bringt den Bericht über die Mitteilungen der „Tremonia" unter der Rubrik „Aus der ReichShauplstadt" und zwar an zweiter Stelle. An erster Stelle steht eine menschenfreundliche Betrachtung über verlaufene Kinder. DaS sollte wohl auf die Harmlosigkeit des Mirbach ArtikelS sinnig Hinweisen. Hinterher wird dann von allerhand Unfällen und Selbstmorden berichtet, und wir müssen eS dem „Lokal anzeiger" überlassen, ob er eine innere Verbindung zwischen den erwähnten Ereigniffen herzustellen weiß. NächttenS aber, so nehmen wir an, wird wieder an bevorzugter Stelle und in markantem Druck eine Information von „Herrn von Mirbach nahestehender Seite" in dem unerschütterlichen Blatte enthalten sein. Es wird dann die nickt mehr ganz neue Tatsache konstatiert werden, daß der Oberhofmeister aus feiner hohen Stellung den Schluß zieht, er könne die Anwürfe der Presse stolz verachten. * Berlin, 10. August. * Verbesserung der Wohnung-Verhältnisse. Die „Natlib. Karr." schreibt: Ter jetzt veröffentlichte Preu- hische Gesetzentwurf zur Verbesserung der Wobnungsvcr- hältnisfe der minder wohlhabenden Schichten der Bevöl kerung stellt ein neue- Glied in der Kette der Be- 88. Jahrgang. mllhungen dar, durch welche Reich, Einzelstaaten, Kom munen und gewerbliche Unternehmer seit Jahr und Tag bemüht sind, zur Herabminderung von Mißständen auf dem Gebiete des Wohnungswesens in Deutschland beizu- tragen. Die dem Reichstag zugegangenen Denkschriften lassen erkennen, wie viel guter Wille überall im Reiche vorhanden ist, um Ansätze zum Besseren gedeihen zu lassen. Doch wird man sich keiner Täuschung darüber hingeben dürfen, daß es nur der unausgesetzten Verfol gung der beschrittenen Wege, namentlich auch auf dem Gebiete des Baugenossenschafts-Wesens, gelingen kann, in absehbarer Zeit wenigstens eine Wenigkeit von dem wieder gut zu machen, w«s durch eine sündhafte Vernach. ässigung dieses Teils der sozialen Frage in langer Zeit ich zum Schlechten ausgebildet hat. Es muß dem ver- torbenen Miquel noch übers Grab nachgerühmt werden, >aß er zeitig die Wichtigkeit der Wohnungsfürsorge er nannt und während seiner kommunalen Verwaltungs- ätigkeit viel dazu beigetcagen hat, um besonders auch in Frankfurt a. M. den Beweis zu bringen, wie mancherlei Gutes sich durch Handinhandgehen von Kommunalver waltungen und Baugenossenschaften erzielen läßt. Die allzulange Gleichgültigkeit, die man besonders in der Reichshauptstadt der Entwicklung von Verhältnissen gegenüber beobachtete, die in den verschiedensten Rich- tungen himmelschreiend wurden, haben der Erbitterung gegen Staat und Gesellschaft und dem sozialen Unfrieden massenhaft Nahrung zugeführt. Es wird des konzentri schen Mühens und Arbeitens aller Kreise bedürfen, die berufen sind, Katastrophen in der Zukunft vorzubeugen, um wenigstens allmählich da wieder Lust und Liebe zum „Erhalten" und Freude am Besitz einkehren zu lassen, wo sie durch die Wohnungsverhältnisse zerstört worden sind. Wenn ungezählte kleine Leute zu jedem neuen Viertel- jahrserstcn sich eine neue Wohnung suchen müssen, wo soll da Neigung zur Seßhaftigkeit, zum Einleben in einen städtischen Gemeindebezirk und gar jene Befriedigung Herkommen, die auch der geringe Mann in England und in den Vereinigten Staaten in viel höherem Maße empfinden darf, wie bei uns. Eine nicht minder ver kehrte Einrichtung wie der Zwang, dem sich zu jedem neuen Vierteljahr viele Arbeiterfamilien ausgesetzt sehen, die Wohnung wechseln zu müssen, die nichts weniger als ihr enutla bildet, stellt die berühmte Kombination von Vorder- und Hinterhaus in Berlin dar. Neid, Mißgunst, Streit und Schlimmeres erblühen aus dieser Art von Hintertreppenwirtschaft, die allem anderen eher als dem sozialen Frieden dient. Und wozu das alles? Bloß um die Bodenspekulation zu immer verderblicherem Blühen gedeihen zu lassen? Sie hat es zuwege geführt, daß m der Reichshauptstadt die Zahl der Hausbesitzer erheblich geringer ist, als die der Vizewirte ihrer Hypotheken gläubiger, und daß unter der Herrschaft ruinöser Preis- bildungen Tag für Tag mehr Existenzen dem Proletariat zugeführt werden, als bestenfalls aus ihm in die „neuen Mittelstände" hineinzuwachsen vermögen. Der preußische Gesetzentwurf will der dem Bau kleiner Wohnungen hin derlichen Bodenspekulation entgegenwirken. Die Bot schaft hört man wohl. Wenn aber auch der Glaube nicht fehlen soll, müssen noch die fehlerhaften Organisationen anderer Mächte durchbrochen werden. Der zweckmäßige Ausbau der Kommunalbesteuerung vom Grundbesitze, -er sich als ein wertvolles Mittel zur Bekämpfung der unge sunden Bodenspekulation erwiesen hat, soll durch den Gesetzentwurf sichergestellt werden, und namentlich sollen auch der gemeinnützigen Bautätigkeit Vergünstigungen hinsichtlich der Straßenkostenbeiträge usw. gewährt wer den. Die Zahl der Aufgaben, die es zu lösen gibt, ist groß. Die Beschränkung, die sich der Gesetzgeber im vor liegenden Entwurf auserlegte, kann das Zustandekommen des Gesetzes fördern. * Neue tztcsetze. Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht daS Gesetz betr. den Servistarif und die Klasseneinteilung der Orte vom 6. Juli 1904. — Die neueste Nummer der preußischen Gesetzsammlung enthält daS Gesetz betr. die Er weiterung des Hafens Ruhrort, daS Gesetz betr. die Bildung einer Genossenschaft zur Regelung der Vor flut- und zur Abwasserreinigung im Emscher Ge biete und daS Gesetz betr. Abänderung de« Gesetze« vom 25. November 1899 über die ärztlichen Ehrengerichte, das Umlagerecht und die Kassen der Aerztekammern. * Beileidstelegramm des Kaisers. Wie in Tokio ver lautet, ließ Kaiser Wilhelm nach dem Tode deS General- Grafen Damaguschi der dortigen deutschen Gesandtschaft ein Telegramm zugehen, worin er seine Teilnahme an dem Hinscheiden des Generals, besonders in Erinnerung an die von dem Verstorbenen während der chinesischen Wirren dem Generalfeldmarschall Grasen von Waldersee gegenüber bewiesene Kameradschaft, ausdrückt und anordnet, daß Oberst leutnant von Förster an der Bestattung teilzunehmen, sowie dem Beileide de- Kaisers Ausdruck zu geben habe. O * Hamburg, 19. August. Die hiesigen und umliegenden Brauereien begründeten einen Verband zur Förderung ihrer gemeinsamen Interessen auf allen Gebieten, insbesondere der Steuerpolitik, de« Schutzes gegen unlauteren Wettbewerb und des Verhältnisse- zur Arbeiterschaft. * LeNcrkuscu, 9. August. Nachdem es in den letzten Tagen mehrfach zwischen Ausständigen und Arbeit« witligen der Farbenfabriken vorm. Bayer L Co. »u Reibereien gekommen war, sodaß Polizei oftmals ein schreiten mußte, kam eS in der vorve, stoffenen Nackt zu wüsten Schlägereien, in deren Verlauf der Revolver gebraucht und daS Hau« de« Bäckermeister«, wohin einer der Beteiligten geflüchtet sein sollte, verwüstet wurde. Als man den Versuch machte, da« HauS in Brand zu stecken, erschien ein starke- Polizeiaufgebot, da« zehn am Streite beteiligte Personen verhaftete. Gestern fanden noch weitere Verhaftungen statt. Li« Freit«rst t. v. wird der „Straßb. Post" über konfessionelle Abiturientenkneipen geschrieben: Ebenso wie anderwärts feiern auch die Abiturienten de- hiesigen Gymnasium- ihren Schlußkommer«. Während e- aber sonst üblich ist, daß die Muli deu feucht-fröhlich«
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