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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.08.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-08-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040810011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904081001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904081001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-08
- Tag1904-08-10
- Monat1904-08
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Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Rrdak1ton»strich (4gespalten) 7b nach den Familtennach- richten (6 gespalten) 50 Tabellarischer und Liflrrnfatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ossertrnannahme 25 Annatzmeschluh sttr Anzeigen. Abend-Ausgabe: vormittag- 10 Uhr. Morg«n-Au»gabr: nachmittag- 4 Uhr. Ehstra-Vetlagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Au-aabe, ohne Postbeförderung ^l 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Anzeigen stnd stet» an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» abend- 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol» tn Leipzig (Inh. Dr. B., R. L W. Klinkhardt). Nr. M. Mittwoch dm 10. August 1904. 88. Jahrgang. Var Aichtigrte vom Lage. * Der Kaiserist gestern von der Nordlandsreise in Swinemünde eingetroffen. (S. Deutsches Reich.) * In der Stadt Hermagor in Kärnten brannten, wie uns ein Privattelegramm aus Graz meldet, > infolge von Brandstiftung hundert Ge- bäude samt der Kirche nieder. Sämtliche Akten der Bezirkshauptmannschaft wurden vernichtet. * Heftige Erdbeben werden aus Lissabon und Wellington (Neuseeland) gemeldet. (S. Aus aller Welt.) * Ein neuer russischer Feldzugsplan soll ausgearbeitet worden sein, der darin gipfelt, daß Kuropatkin sich langsam nach Charbin zu rückziehen und Port Arthur seinem Schtcksalüberlassensoll. (S. russ.-jap. Krieg.) Vie knglSn-rr in Ldarra. Kaum bemerkt inmitten der Aufregungen, in welche die Schatten der Entscheidung im fernen Osten alle Welt versetzen, hat sich in diesen Tagen ein Ereignis vollzogen, durch welches eine gewaltige Geschichte politischer Kämpfe und ehrgeiziger Forschertaten ihre Krönung erfährt. Oberst Aounghudband ist in Lhassa eingetroffen und 5000 Mann angloindische Truppen stehen an den Um fassungsmauern des Niesenpalastes von Potala, in welchem Jahrhunderte hindurch der Dalai Lama thronte, der mongolische Papst, für den heute 500 Millionen Buddhisten die bekannte Gebetsformel herleiern, jene Formel, deren einzelne Worte die meistgeschriebenen der bewohnten Erde bilden. Und 500 Millionen Buddhisten werden, nachdem sich wie ein Lauffeuer durch ganz Centralasien die Kunde von dem Einzug der Briten in die „verbotene Stadt" verbreitet hat, zu den Söhnen des fernen Jnselreiches aufblicken, die ihnen, so hassenswert ihr Tun dem frommen Gläubigen erscheinen mag, doch maßlos imponieren dürften. Auf fast prosaische Weise bat der englische Oberst die Frucht gepflückt, die Jahr zehnte englischer Politik in Indien reifen ließen. WaS er wohl dabet empfinden wird, wenn er als erster Euro- päer über die Schwelle des Buddhaheiligtums tritt und durch jene Straße wandelt, welche der Pilger nur aus den Knieen zu durchmessen wagte? Wahrscheinlich nicht allzuviel! Vielleicht denkt er an den Orden, oder die Rangerhöhung, die ihm die „Mission" cinbringen mutz, vielleicht brütet er schon wieder über neuen kriegerischen Taten; im fernen Westen aber hat sein Erfolg tausend Wünsche, tausend Hoffnungen, tausend Besorgnisse ge weckt. Werden, so fragt ängstlich mancher forschens frohe Gelehrte, die unermeßlich kostbaren Schätze der Wissenschaft intakt erhalten werden können, welche Jahrhunderte hindurch in jenem geistigen Zentrum des Buddhismus von klugen Lamas und pietätvollen Gläubigen zusammengetragen und auf- gespeichert worden sind; werden die Dokumente, die Ur schriften uralter heiliger Bücher nicht der Vernichtung anheimfallen, oder in den tiefen Taschen beutegieriger Sepoys verschwinden? Mit dem Erfolge der Engländer ist nun auch das letzte der großen Reiche des östlichen Asiens der „Kultur" erschlossen, wie der Europäer hoch mütig den Sieg seiner überlegenen technischen Mittel zu umschreiben pflegt. Oder kann man ernst- lich glauben, daß wir etwas kulturell Besseres an die Stellen jener vornehmen Traditionen, jener tiefdurchdachten Formen, jener hohen und freien Entwicklung von Kunst und Wissenschaft zu setzen vermöchten, die Aounghusband in Lhassa vorfinden wird. Die Tibeten werden von den Engländern das Lee-Enfieldgewehr und den „Cocktail", dieDreimarkbazar- Ware und sonstigen „Nicknack" erhalten, während sie ihnen die Schatzkammern uralter tiefgründiger Gelehrsam- keit, wahre Museen unschätzbar wertvoller Kunstgegen stände, jungfräuliche Heiligtümer einer stolzen Glaubens- schule öffnen müssen. Lhassa, so lange das Wallfahrt-- ziel von Millionen buddhistischer Schwärmer wird der Magnet für die westliche Wissenschaft werden, wird un serer Kunstentwicklung selbst neue Impulse verleihen, wird unsere Kenntnisse um die Arbeit zahlloser Genera- tionen buddhistischer Gelehrten bereichern, an der wir bisher keinen Teil hatten. Speziell deutsche Forscher haben mehr als einmal ihr Leben darangesetzt und ein- gebüßt bei dem Versuch, einen Blick in die Perspektiven zu tun, die sich jetzt fast automatisch vor der britischen Mission öffnen. Tenn wenn auch recht strapaziös und ungemütlich, so ist doch der Vormarsch der britischen Kolonne an und für sich keineswegs eine irgendwie außergewöhnliche Tal gewesen. Größeres wird jetzt alltäglich auf dem mant- schulischen Kriegsschauplatz, wurde von den Russen schon früher auf mancher ihrer centralasiatischen Expeditionen geleistet. Strategisch ist der ganze britische Vorstoß kaum mehr als eine geschickt angesetzte, aber ziemlich mäßig zur Durchführung gebrachte Tiversion. Nicht nur vom wissen schaftlichen und kulturellen Standpunkte aber, auch vom politisch-diplomatischen bedeutet er unendlich viel mehr. Wiederum ist, um in den Wendungen Lord Curzons zu sprechen, eine jener großen Positionen besetzt worden, welche der indischen Festung nach Norden vorgelagert sind und zu einer wirksamen Verteidigung Indiens in englischen Händen sein müssen. Wie einen riesigen trocke nen Graben haben die Briten mit der Einnahme Lhassa« viele hundert Kilometer zwischen sich und die südlichsten Außenforts der russischen Stellung in Centralasien ge legt, und tief schmerzlich muß man eS in Petersburg em- Pfinden, daß der Versuch, sich an diplomatischen Fäden, die von den Händen kluger Burjäten gesponnen worden, jenseits des WalleS zu verankern, gescheitert ist. Der Bär wird sich keine warme Lagerstatt bereiten dürfen vor den HimalayadefilseS und das Gewicht buddhistischer Ehr- furchr wird in die Schale des Rivalen fallen. Es stnd schwere und ernste Zeiten, in denen Rußland sein Prestige in Asien ins Wanken geraten sehen mutz, aber der eitle Lord Curzon täte recht unklug daran, sich allzusehr hierüber zu freuen. Noch sind die Russen nicht einmal in der Mantschurei entscheidend aufs Haupt ge schlagen worden, und kein Kenner ihres VolkscharakterS wird glauben, daß sie selbst durch den völlig unglücklichen Verlauf einer Feldzugsetappe sich von ihrer Politik ab drängen lassen könnten. So weit diese Politik ausgriff, sie hat nichts Sprunghaftes, und überall finden wir das System gewahrt, dies System, das Völkerstämme wie Rasenstücke aneinandersetzt und ihnen durch Kirche und Verwaltung den festen Zusammenhang gibt, dies System, um das selbst sein Rivale den Russen beneidet. Die Briten sind die ersten Europäer, die in Lhassa ihren Ein zug gehalten, aber russische Energie hat auch schon Hinder nisse besiegt wie die, so zwischen Lhassa und Kaschgar nun mehr den Wall zwischen russischen und englischen Außen forts in Zentralasien bilden. Vorläufig freilich ist der von den Engländern errungene Erfolg recht, recht hoch zu bewerten. Der ni-rkcd-japanircde Krieg. Vie tage bet tiaujang. Der Sonderberichterstatter de- „Daily Chron." meldet aus Tiensuilien vom 6. August: Die Ruffen zogen sich vor dem japanischen reckten Flügel nach Henlin zurück, nachdem sie fürchterlich gelitten. Die Japaner bemächtigten sich des Passes, durch den sich die Ruffen zurückgezogen batten, und die Ruffen konzentrierten sich fünf Meilen von Tiensuitien, wo sie sich stark verschanzen. Aus der Richtung von Liaotang langten Verstärkungen an. Der Petersburger Berichterstatter de- „DailyExpreß" ersäbrt, die verzweifelte Lage Kuropatkins verursache die größte Besorg nis. In den amtlichen Kreisen Petersburg- werde anerkannt, daß die Japaner in strategisch unantastbarer Stellung seien und der russische Vorstoß schließlich unglücklich endigen müsse. Ein neuer Feldzug-plan sei fast beendet und werde Kuropatkin in wenigen Tagen drahtlich übermittelt werden. Kuropatkin werde darin angewiesen, die gegenwärtige Stellung so lange wie möglich zu halten, sich allmählich nach den Winterquartieren von Charbin zurückzuziehen und Port Arthur seinem Schicksale zu überlassen. Der neue Feldzug werde in Charbin organisiert werden. jsssrt Arthur. Ein Telegramm des Statthalters Alexejew an den Kaiser vom 7. August besagt: General Stössel meldet vom 27. Juli: Heute von 5 Uhr früh eröffnete der Feind aus einer starken Batterie das Feuer gegen unsere ganze Front. Darauf ging er zu Angriffen auf der ganzen Front über, besonders gegen den Berg Iupilatsu, 17 Werst von Port Arthur. Gegen 8 Uhr abends wurde der Feind mit unge heuren Verlusten aus der ganzen Linie zurückgeschlagen. Ich bleibe in meinen Stellungen. Zwei Tage haben wir unS auf unseren vordersten Positionen gegen den bedeutend stär keren Feind gehalten. Bom 30. Juli meldet General Stöffel: Heute früh 4 Uhr begannen die Japaner, ungefähr 5 Divisionen stark, den Angriff gegen unsere Stellungen auf den Wolf-bergen, acht Werst von Port Arthur. In Anbetracht der großen Ueberlegenheit de- Feinde- und unserer schwachen Stel lungen erhielten unsere Truppen den Befehl, sich in keinen Kampf einrulaffen und auf die nächsten Positionen sich »urückzuziehen. Der Rückzug wurde in vollständiger Ordnung ausgesührt, wobei die Artillerie zur Deckung des selben ein wirkungsvolles Feuer eröffnete und seinen Angriff zum Stehen brachte. Unsere Verluste sind noch nicht fest gestellt, aber jedenfalls gering; die Verlust« der Japaner sind dagegen sehr bedeutend. Dre Iapnner verfügten in den Kampfe» am 2«. und 27. Juli über ungefähr 70 000 Mann und eine bedeutende Anzahl von Belagerungsgeschützen. Dir Stimmung der Truppen ist ausgezeichnet, der Gesundheits zustand gut. „Reuter- Bureau" meldet au- Tschifu: Reisend«, die in Dschunken am 6. August Port Arthur verließen, erklären, r- sei am K. August keine Schlacht im Gange gewesen, nur hätten Vie russischen und japanischen Batterien abwechselnd geschossen. Seit dem 28. Juli hätten auch di« russischen Krieg«- ichiffe „Pobjeda", „Retwisan", „Poltawa" und „Peresvjet" gelegentlich gefeuert. Ein Ingenieur, der die Verhältnisse Port Arthur- genau kennt, erklärt, die Japaner würden vier Wochen nötig haben, um di« genommenen Anhöhen zu be festigen und für die Aufstellung der Belagerungsgeschütz« her zurichten. Die« würde jedoch nur unter dem Feuer der russischen Geschütze auSgeführt werden können. Mobilmachung w«ltsr«r rvsfisch«» Nach Petersburger Meldungen steht di« Mobilisierung de- IS.Armeekorp-(Smolen-k) Unmittelbar bevor. Dagegen will man di« von Kuropatkin dringend begehrten kaukasischen KorpS au- Besorgnis vor politischen Schwierig keiten nicht nach Ostasien entsenden. Da- Ansuchen von 250 kaukasischen Offizieren, unter Kuropatkin dienen zu dürfen, wurde nach dem „L.-A." in Petersburg abgelehnt. Russische Hilfskreuzer im Atlantischen Ozean. Der Kapitän des am Dien-tag von Kalkutta in Plymouth eingetroffenen englischen Dampfers „Manora" berichtet, daß er 25 Meilen südlich vom Kap Finisterre einen großen Kreuzer getroffen habe, der die russische Flagge und Kriegs)chiffwimpel führte und mit Kanonen ausgerüstet war. Der Kapitän ist der Ansicht, daß es augenscheinlich eins der vor kurzem von Rußland angekauften deutschen Schiffe ge wesen sei. Der Kreuzer steuerte auf die „Manora" zu und forderte sie durch Signale auf, die Flagge zu hissen. Als die „Manora" dies getan hatte, fuhr der Kreuzer weiter. Deutscher Keich. Berlin, 9. August. * Die RordlandSfahrt des Kaisers bat ihr Ende erreicht. Heute Nachmittag 2'/, Uhr ist die „Hohen,zollern" mit dem Kaiser an Bord und begleitet von dem kleinen Kreuzer „Hamburg" und dem Depeschenboot „Sleipner" in Swine- münde emgetroffen. * Finanzwirtschaftliche Aufgaben. Die von Adolph Wagner vor langer Zeit ausgesprochene Ansicht, daß die französischen Finanzen vielleicht die interessantesten von allen sind, kann auch heute noch einen Anspruch auf Beachtung in hohem Maße geltend machen. Neben dem kunstvollen Bau der französischen Besteuerung verdient das Stvcüsschuldemvesen genauere Beachtung. Schon die Tatsache, daß Frankreich 1903 1180 Millionen Francs für seine öffentliche Schuld aufzuwenden hatte, d. h. ein Drittel der Gesamtausgaben des Königreichs Preußen im gleichen Jahre, zeigt die eminente Wichtig keit des ganzen Problems. Allgemein und finanzwissen schaftlich ist vor allein die Epoche interessant, die auf den deutsch-französischen Krieg folgte, weil hier ganz eigenartige Verhältnisse Vorlagen und enorme Schwie rigkeiten zu bewältigen waren. Die Operationen, zu welchen die französische Regierung greifen mußte, um die Kriegsschuld vom 5316 Millionen Francs zu be geben, stellten eine Riesenaufgabe dar. Neuerdings ist die Durchführung derselben von dem deutschen Finanz politiker Georg Syüow geschildert worden. Als Ver fasser einer Schrift: Theorie und Praxis in der Ent- Wicklung der französischen Staatsschuld seit dem Jahre 1870 zeigt er die ungebrochene Kapitalkraft des Landes trotz der Katastrophe von 1870/71 und den Patriotis mus des Volkes. Von 1878 datiert der wirtschaftliche Aufschwung in Frankreich und die Zeit der Anleihe operationen zu produktiven Zwecken, die wiederum mit der Aera der Ueberschllsse zusammenhängt, deren Er scheinung aus der starken Ergiebigkeit der nach dem Feldzüge scharf angespannten Steuern zu erklären ist. Von 1882 bis 1891 wurden Anleihen zur Deckung von Defizits notwendig, bis von 1891 bÜS 1900 ein gewisser Stillstand in der Schuldenvermehrung eintrat. Man wird dem Verfasser zustimmen müssen, wenn er an der Hand französischer Erfahrungen feststellt, daß jede Til gung von Staatsschulden nur dann eine wirksame sein kann, wenn sie aus wirklichen Ueberschüssen erfolgt, daß sic aber nur eine scheinbare ist, wenn sie zwar mit ordentlichen Staatsmitteln bewirkt wird, diese aber not- wendigen Staatsauisgaben entzogen werden. Dadurch bleiben jährlich ordentliche Ausgaben ungedeckt, die still- schweigend aufs Konto der schwebenden Schulden über tragen werden. Auch die deutsche Reichsfinanzwirtschaft krankt hieran. So lange dies Ucbel nicht geheilt und der Satz, daß ordentliche Ausgaben nur durch ordent liche Einnahmen gedeckt werden dürfen, nicht leitendes Prinzip der ReichKfinanzwirtschaft wird, helfen „kleine" Reichsfinanzreformen und Verbesserungen der Reichs- schuldenordnung nicht viel. Denn es gibt nur eine Lösung und diese liegt — wie auch der dermalige Staatssekretär des ReichsfchatzamteS. Frhr. v. Stengel, hat durchblicken lassen — in der Ausgestaltung der Ein nahmewirtschaft. * Steuerreformen. Außer einer Revision der Bransteuer werden Neuerungen auf dem Gebiet der Zuckersteuefr und der Maischbottichstruer geplant, die in der bevor stehenden Session verhandelt werden sollen. * Die Deutsche Lchlochtflotte untz »er König von Lchweden. Auf die telegraphische Meldung de- Chefs der aktiven Schlacht- flotte an den König von Sckweden und Norwegen über die Ankunft der aktiven Schlachtflotte in den norwegischen Häfen Molde, Bergen, Ehristiansund und Stavanger ist dem Admiral von Koester aus Christiania nachstehende- Antwort telegramm zugegangen: „Ihnen für Ihr Telegramm dankend, sende ich meine herz lichsten Glückwünsche, ein« so mächtige Flotte zu kommandieren. Bedauere sehr, kein« Gelegenheit zu haben, sie zu sehen während ihre- Besuche« a« d«u norwegischen Küsten, da ich schon Montag Christiania verlafl«. * Deutsche Marineoffiziere tn Port Arthur. Einer Mit teilung des „Offirier-blattS" zufolge befinden sich auch zwei deutsche Marineoffiziere, Korvettenkapitän Hoffmann und Leutnant z. S. von Gilgenheimb, die seinerzeit abgesandt wurden, um den Operationen der russischen Flotte zu folgen, in der Festung Port Arthur eingeschlossen. — Mit dem heut, von Bremerhaven abgehenden Schnelldampfer „Kronprinz Wilhelm" de- Norddeutschen Llovd begeben sich der ehemalige UnterstaatSs«kr«tLr Schulz, die Veh. Bauräte SHMpHer, Eger und Rakonz und Etadwaurat Krause nach New Port und von dort zur Ausstellung in St. LouiS. * Im Landtag-wahlkrei« Altrua-Zsrrloh« wird nach der „Rhein -Wests. Ztg." Gebeimrat Haarmann kandidieren. Geheim- rat tzaarmann sieht bereit« s«il zwei Jahrzehnten an der Spitze der westfälischen Nationallibrralen und ist Vorsitzender de- Dortmunder liberalen Bürgerverrin-. Der Partrivorstand wird den Kandidaten den Wahlmünnern empfehlen. * Im Wahlkreise Eelle» Burgdorf wurde in der Vertrauens- männerversammlung des Bundes der Landwirte AmtSgerichts- rat Freydanck in Burgdorf einstimmig al» Kandidat für die Landtagsersatzwahl wieder ausgestellt. * AuS Braunschweig geht der „Redaktion" rin längerer Be richt zu, der besagt: Aus dem dort abgehaltenen Tischlertage sind Pressevertreter tn ähnlicher Weise behandelt worden, wie auf dem Aerztctaae in Rostock. Obwohl die Lokalblätter sehr ge wissenhaft über Vie Tagung berichteten und sogar eine scharfe Wendung über die Leistungen der Vollsschule teil- stark milderten oder ganz unlerdrücklen» begann der Vorsitzende d«S Deutschen Tischlrr-JnnungsverbandeS. Schöning-Berlin, in maßlos erregter Weise über die Presse zu schimpsen, was zur Folge hatte, daß die anwesenden Berichterstatter sofort das Lokal verließen. Von den beteiligten Blättern ist Klage erhoben worden. * Essen a. tz. N., 8. August. Wie mehrere Blätter melden, sicherte sich der Bergfr-kuS da- Vorkaufsrecht an den im Kreise Lüdinghausen gelegenen, der Tiefbohrgesell schaft Rheinpreußen gehörigen Grubenfrldern. Diese Grubenfetder schließen nordwärts an die fiskalischen Felder an. * Cassel, 9. August. Der Kronprinz ist heute früh auf Schloß WilhelmShöhe eingetrofsen. flonr. * Kaisermanöver der Flotte. Für die Kaisermanöver liegen jetzt, dem „B. T." zufolge, genauere und umfassende Mitteilungen vor. Nack der Heimkehr der aktiven Schlacht - flotte von der großen Uebungsfabrt werden die Linienschiffe der Kaiser- und der Wittelsbach-Klasse bis Ende August docken. Am 27. August sollen sämtliche Eesct/wadcrschiffe, Kreuzer und Torpedoboote fahrbereit sein, um zu vierragigem Manöver nach der Lübecker Bucht zu dampfen. Am 1. September kehrt die Flotte nach Kiel zurück, und die zur Beteiligung an der Kaiserparade auf dem Lurupcr Felde bestimmten 2SV0 Mann fahren voraussichtlich am 4. September mittels Tonderzügen nach Altona ab. Die gesamte schlachtflotte unternimmt am 5. September einen kriegsmäßigen Durchmarsch durch den Nordostseekanal, um sich an der Flottenparade und an den Manövern vor dem Kaiser in der Nordsee vom 7. bis S. Sep tember zu beteiligen. Nurlanck. Frankreich. * Der Bruch mit -em Vatikan. „Figaro" legt dem Kardinal Merry del Val folgende Aeußerungen in den Mund, deren weiteste Bekanntmachung der Kardinal wünsche: „Wir lieben das Wort „Weltliche Herrschaft" nicht. Ter heilige Stuhl verlangt nur die materielle Unabhängigkeit, die für seine moralische Unabhängigkeit unerläßlich ist. Er braucht die Bequem lichkeit, mit den vierhundert Millionen Katholiken der Welt zu ver- kehren. Tas Wort „Weltliche Herrschaft" drückt die Unabhängigkeit, diese Bequemlichkeit nicht aus. Weltliche Herrschaft schließt Ver waltung, Rechtspflege, Finanzen, Polizei, vielerlei in sich, was der Heilige Stuhl entbehren kann. Die materielle Unabhängigkeit allein kann er nicht entbehren " Diese Erklärung würde dem Verzicht auf die Forderung des Patrimonium Petri gleichkommen. Rußland. * Zur Ermordung PlehwcS wird dem „L.-A." über Wien von besonderer Seite gemeldet, daß der Zar, als er von der Beerdigung PlebweS zurückkehrte, in seinem Arbeits zimmer im Palais zu Peterhof ein Manifest der russi schen Revolutionäre fand, in welchem die Gründe der Ermordung Plebwes anSeinandergesetzl waren und gleich zeitig erklärt wurde, daß die Terroristenpartci in Ausführung des Beschlusses ihres AktionScomitös fortfahrcn werde, alle Hindernisse und Personen zu beseitige», welche der Befreiung de- russischen Volkes von der Despotie im Wege sieben. Der Zar übergab das Dokument dem Instizminister und beauf tragte ihn, die Untersuchung selbst zu führen. Der PalaiS- kommandant Graf Hesse soll seines Amtes enthoben werden. Türkei. * Die Pforte und -tc Mächte. Die bereit- angekündigte Antwort der Pforte bezüglich der Vermehrung der fremden Gendarmerieoffiriere und der Zuteilung von Unteroffizieren ist den Botschaften der Ententemächte zugegangen. Die Pforte macht darauf aufmerksam, daß die Botschaften im März 1904 25 Offiziere al« Maximum er- klärten und daß die Vermehrung auch den anderen Groß mächten als Beispiel dienen könnte. Die Pforte habe für da- Gendarmeriebudget der drei VilajetS bereits 5 Millionen Francs festgelegt und könne keine weiteren finanziellen Lasten tragen. Der Gendarmeriekommanbant de Giorgis, dem die Pforte tüchtige türkische Offiziere zur Seite gestellt habe, habe sich für ein« Vermehrung nicht ausgesprochen. Wenn der österreichisch-ungarische und der russische Rayon je acht Kazakreise umfasse, so könnten die Offiziere, da die Kreise nebeneinander lägen und die Kompagnien wenig zahlreich seien, mehrere Kreise überwachen. Uebrigens seien fünf Offiziere für je einen Sandschak genügend, eventuell werde die Pforte noch sechs belgische und schwedisch norwegische Ojfiziere zuteilen. De Giorgi- und die anderen fremden Offiziere erkennen die Förderung an, die die Pforte der Reorganisation angedeibrn lasse, und daß sie, wenn auch der ursprüngliche Plan noch unerfüllt sei, keine Winkelzüge mach«. Die Pforte bitte die Botschafter, die Regierungen zu veranlassen, von der Forderung nach Vermebrung der fremden Gendarmerieoffiziere abzusehen. Maß- gebende Kreise bezeichnen diese auf Befehl de- Bildiz verfaßte Antwort der Pforte al- vielfach unrichtig. ES scheint die- der letzte Versuch zu sein, di« Okfizier-vermehrung zu verhindern. Weitere «chritte werden sofort erfolgen, um die Pforte zu veranlassen, die von den beiden Militäradjoint- al- unbedingt notwendig beantragte Vermebrung der Gen- darmerieossizzere gutzubeißen. In türkischen Kreisen wird behauptet, e« lägen Anzr-ckcn dafür vor, daß die armenische Bewegung in den vila,rk« Vitl>- und Erz,rum von amerika- uifchcr Seit« unterstützt werde.
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