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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.07.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-07-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040712014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904071201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904071201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-07
- Tag1904-07-12
- Monat1904-07
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Unzeigen-vrrU die 6 gespaltene Pelitzeile LS Reklame» unter dm» RedakttonSfittch (4 gespalten) 78 /L, nach de» Yamtlteuuach. richte« (Ü gespalten) 80 Labellarischer und Htssrrnsatz entsprechend hoher. — Gebühren str Rachweiiuug«» und Ossertenaunahm« 25 Extr««Ve1la,n, (gefalzt), nur mit der Morgen »Autgab«. od » « Poftbefördrruua ^l SO.—, mit Papbefvrdrruug ^l 70^—. Aaa«h»eschl»tz sik Au-et §«»: Abrud-LnSgabe: vormittags 10 Uhr. Mor>«»-R»sgabrr nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stets au dii Azpeditto» z» richte». Di« ikrptdtttmi ist wochentags uuuutrrdrochru gröv«t »an ftüh 6 di» abend« 7 Uhr. Druck and Verlag von G. Vals in Leipzig (Inh. vr. B.,R. L W Kltukhardt). Dienstag den 12. Juli 1904. S8. Jahrgang. Var Aicdtigrte vom Lage. * Der deutscheKaiser richtete an sein russi. scher Regiment, das nach Ostasien geht, ein Telegramm, in dem er sagt: „Meine aufrichtigsten Wünsche begleiten das Regiment, Gott segne seine Fahne"! (S. Dtsch. Reich.) * DaS offiziöse „WienerFremdenblatt" ver öffentlicht einen in herzlichen Worten gehaltenen Be- grüßungSartikel zur Ankunft des Königs vonGachsen in Gastein. (S. Sachsen.) * Amerikanische Kegler weilen, auf der Durchreise zum Solinger XI. Deutschen Bundeskegclfest, seit gestern inLeipzig, wo sie verschiedene Etablisse. ments besuchten. (S. Leipz. Angel.) * Die italienische Regierung läßt erklären, daß Eroolessi kein österreichischer Spion sei. (S. letzte Depeschen.) * Die Schweiz hat ihre Militärmission bei der russischen Armee in Ostasien abberufen. (S. Ausland.) * Ein Wolkenbru'ch ich Vallasdolid (Spanien) hat ungeheuren Schaden angerichtet. (S. Aus aller Welt.) * Ueber die Einnahme von Kaiping wird aus Tokio gemeldet, daß es den Japanern erst nach erbittertem Kampfe gelungen sei, die 30000 Russen zurückzuschlagen. (S. Russ.-jap. Krieg.) kinrt unck ietrl. Die Gegenüberstellung, die der Karlsruher Ober bürgermeister Schnetzler zwischen Bismarck und den Staatsmännern von heute gemacht hat, erhellt blitzartig unsere ganze politische Situation. Wer die Schnetzler- sche Rede liest, der sagt sich unwillkürlich, daß es sich so verhält. Bismarck war eben kein gefügiger Voll strecker jeder Wunschregung, keine „biegsame Gerte", sondern er war der „feste, widerstrebende Stab", der gerade deshalb bei schwierigem Aufstieg Halt und Sicher» heit bot. Kann man besser und treffender den Unter» schied von dem großen Einst zu dem kleineren Jetzt schildern, als es hier geschieht? ES ging ja trotzdem auch unter dem neuesten Kurse ganz leidlich. Das Schwergewicht der Dinge ist so groß, daß die Maschine eines großen Staates noch eine ganze Weile von selbst läuft, nachdem die erste Triebkraft ausgeschaltet wurde. Aber bei jeder ungewöhnlichen Situation, bei allen unerwarteten Vorgängen machte sich doch eine Stockung bemerkbar. Dann wußte man plötzlich nicht ein und aus. Dann lief man ratlos hin und her, suchte Hülfe bei allen oberen und unteren Göttern, um mit Mühe und Not das verlorene Gleich» gewicht wieder herzustellen und damit der prästabilierten Harmonie leidlich zu genügen. Der oberste Grundsatz war und blieb eben: nur keine inneren Krisen. Wie weit wir mit diesem System des Vertuschens und LeisetretenS gekommen sind, das hat der Fall Mir bach nur allzudcutlich gezeigt. Freiherr v. Hammerstein, der preußische Minister des Innern, hat sich vorläufig allerdings um die Beantwortung der freisinnigen Inter pellation gedrückt. Bis zum Spätherbst hat der Land tag Ferien, bis dahin hat auch der Minister Schonzeit. Aber er wird seines Lebens nicht froh. Denn immer lauter heischt die Oeffentlichkeit Antwort, immer drohen der wird das Murren über die ganze Mirbacherei mit ihren Folgeerscheinungen. „Das SkeleK, das im Hause war", schreibt der fromme „Reichsbote", ist „glücklich auf die Straße gejagt: dort besorgt der blinde Hödur, wenn er so bleibt, wie bisher, das weitere: er schlägt dann in diesen Tagen des Zornes um einiger schlechter Quadern willen den ganzen Bau in Trümmer." Der „Rcichsbote" mit seiner Sippe hat allerdings besondere Ursache zur Bekümmernis. War doch -er Oberhofmeister der Kaiserin ein Mann seines Herzens, erschien ihm doch der Hof der Lkaiserin als ein „Hort des glaubenstreuen Evangeliums", als eine „Oase in dürrer Wüste". Nun muß er sehen, wie die letzten Vor gänge auch auf dieses Helle Bild einen dunklen Fleck werfen. Das kann schließlich auch dem frömmsten Zei- tungsmann die Laune verderben. Dabei ist es aber recht bezeichnend, daß nicht etwa Frhr. v. Mirbach preis, gegeben wird. Dieser vortreffliche Mann, in dessen Wesen neben vereinzelten Schatten große Verdienste und viel echte Lichter stehen, ist dem „Reichsboten" noch immer, trotz seiner Beziehungen zu den Sanden, Schulz und Romeik, ein Pflänzchen Rührmichnichtan. Der ganze Groll richtet sich gegen die Minister, die den Ober hofmeister nicht rechtzeitig gewarnt haben, die die ent sprechenden Schritte unterließen, um die Rückzahlung der gespendeten Gelder herbeizufllhren, ehe der Prozeß erfolgte: die durch das Gehenlassen es zu dem Gerichts- und Preßskandal kommen ließen. Warum, so fragt der „Reichsbotc" entrüstet, senden die Oberpräsidenten die Xnschreiben des Oberhofmeister» über die Hochzeitspende nicht zurück, wenn sie ihnen unberechtigt erscheinen? Ja, warum? Es ist zweifellos zu diesen Fragen und Anklagen ein Vorbehalt zu machen. Die Frommen im Lande wären sicherlich die ersten gewesen, wenn es ein Minister oder Oberpräsident gewagt hätte, der „Liebestätigkeit" des Oberhofmeisters Schranken zu setzen, ein großes Geschrei zu erheben. Wie tapfer hätten sie dann wohl über die Staatsmänner geschmält, die auch hier wieder sich als Hemmschuh für die kirchlichen Bestrebungen des Hofes er wiesen hätten. Ihre Vorwürfe stellen sich erst ein, nach dem die Sache schief gegangen ist. Und doch, haben sie nicht Recht? Sind diese Vorwürfe unverdient? Im menschlichen Leben geht es nun einmal so her, daß jede einzelne Partei ihre Ziele bis zu den äußersten Konse quenzen zu verfolgen sucht, daß jede Richtung sich aus- lebt, so viel sie kann. Es ist auch gar nicht ihre Sache, immer ängstlich zu überlegen, ob sie nicht zu weit gehe. Für die nötige Kontrolle werden schon die übrigen Rich tungen und Parteien sorgen, dafür sorgt vor allem schon die Regierung, die ja ihren Hauptzweck in der Aus gleichung der Interessen, in der Ziehung der Diagonale beim großen Parallelogramm der Kräfte hat. Oder doch haben sollte. Tenn daran liegt der Haupt fehler der heutigen Regierung, daß sic das eben nicht tut, daß sie alles gehen und geschehen läßt, um nur ja nicht irgendwo anzustoßen, ja nicht einen Konflikt zu provo zieren. Da muß sie sich denn schließlich vom „Reichst»." einen „falsch angewandten Respekt vor dem Hofe" vor werfen lassen. Das ist der Dank vom Hause Oesterreich. Wer nach beiden Seiten zu hinken versucht, der wird zuletzt von allen verleugnet und verlassen. Fürst Bismarck hat gleichfalls mit den Strömungen am Hofe zu kämpfen gehabt. Aber er hatte den Mut, den seine Verantwortliche Stellung erforderte, um sich diesen Strömungen, so weit sie ihm gefährlich erschienen, mit voller Kraft, wo es' sein mußte auch mit voller Rück sichtslosigkeit entgegenzusetzcn. Er hatte auch die Selbst verleugnung, sein Amt mit voller Wucht in die Wag schale zu werfen, wo cs eine Entscheidung galt. Und heute? In der diplomatischen Kleinkunst sind die Epigo nen vielleicht größer als der erste Kanzler: aber nirgends sieht man Gradbcit, Charakterfestigkeit, die Schroffheit eines starken Willens. So kann es nicht verwundern, daß die Staatsmaschine immer häufiger ins Stocken gerät und manchmal völlig still zu stehen scheint. Mit Besorgnis wird der Vaterlandsfreund solche be denklichen Symptome betrachten: mit Trauer zieht er den Vergleich zwischen einst und jetzt. Ein großes Kapital an Kraft und Liebe ist der heutigen Generation überkommen: aber es wird überraschend schnell aufgebraucht. Die Männer, in deren Händen heute die Leitung des Staates liegt, sollten sich wohl fragen, wie lange das Kapital noch reicht. Es könnte sonst kommen, daß sie eines Tages Kapitalisten gewesen sind. vrr rurrftch-japanirche Krieg. Meldung de» General» Ssacharou». General Ssacharow meldet dem Generalstabe vom 10. Juli: Am 9. Juli zogen sich unsere Truppen in voller Ordnung nach Kait schon zurück, indem sie den Feind auf hielten, der mit etwa 4 Divisionen vorrückte. Die Verluste sind noch nicht genau festgestellt, aber nicht über 200 Tote und Verwundete; b Offiziere sind ver wundet. Am Abend des 9. Juli blieb der Feind auf den Höhen im Norden von Kaitschou. Die folgende Nacht verlief rühm. Am morgen wurde festgestellt, daß bedeutende feindliche Streitkräfte in der Umgegend von Maalingon, 8 Werst nordwestlich von Kaitschou zusammen gezogen waren. Bis zum lO. mittags unternahm der Feind keinen Angriff. Am Morgen des 9. stellte eine russische Streif wache im Tale südöstlich von dem Paß, der sich auf dem Wege Siahotan-Siandian befindet, fest, daß mehrere japa nische Kompagnien dort vorrückten. Mittags wurde ferner bemerkt, daß eine japanische Abteilung von sechs Kompagnien und zwei Geschützen südlich der Schwarzen Berge in der Umgegend von Siandian vorrücke. Der Feind ging in der Stärke von einer Brigade In fanterie und zwei Batterien vom Jndalinpaß und von Eildagon konzentrisch auf Siandian vor. Nach mittag» begann daS Gefecht und dauerte bis zum Eintritt der Dunkelheit. Die Russen zogen sich abend» 6 Uhr westlich in den Paß zurück. Auf russischer Seite wurden zwei Offiziere und 18 Mann verwundet, 4 getötet. Auf der Linie Haitscheng —Ssinjan sind keine Veränderungen vorgekommen. — Einer Sotnie gelang e» auf einer Rekog noszierung bei Sibsian auf der Linie Lianjang—Sar in a i t s i eine feindliche Eskadron in den Hinterhalt zu locken. Die Japaner verloren 20 Tote und Verwundete und einen Gefangenen. Vle ASmpfe bei Aalplng. Ueber die Kämpfe bei Kaiping wird noch gemeldet: Erst nach erbittertem Kampf und verzweifelten Stürmen, denen die Russen hartnäckigen Widerstand entgegensetzten, gelang e» General Oku am Sonnabend Kaiping zu nehmen und die Russen zum Rückzug auf Haitscheng zu zwingen. Die Russen hatten die Anböben halbkreisartig befestigt und hatten mehr als 30 000 Mann an Ort und Stelle. Am jsssrt Arthur. Einer Schanghaier Drahtung des „Daily Telegraph^ zu folge machte die russische Flotte vor Port Arthur am Sonn abend einenAuSlauf und griff die japanischen Wachtboote an. Sie zogen sich aber in den Hafen um 4 Uhr nachmittags zurück. Die Japaner haben bereits das erste wichtige Fort Lungtsui besetzt. Es verlautet, Port Arthur könne höchstens noch eine Woche Stand halten. Deutsches Deich. * verltn, 11. Juli. * Der deutsche Kaiser und sein russisches Regiment. Aus Petersburg, 11. Juli, wird gemeldet: Kaiser Wilhelm richtete an den Kommandeur de» Wyborg- schen Regiments ein Telegramm, in dem er seinem Regiment Glück wünscht zur Möglichkeit, dem Feinde gegenüberzutreten. Er sei stolz darauf, daß auch seinem Wyborgschen Regimente die Ehre zu teil werde, für seinen Kaiser, das Vaterland und den Ruhm der russischen Armee zu kämpfen. Das Telegramm schließt mit den Worten: „Meine aufrichtigen Wünsche begleiten daS Regiment, Gott segne seine Fahnel" — Ob die Japaner hiernach noch an die absolute Neutralität Deutschlands glauben werden? * Tie Kaiserin wird, entgegen früheren Dispositionen, bereits am Mittwoch in WilhelmShöhe bei Cassel ein treffen. * Angesicht» der Fortsetzung der Handelsvertrags verhandlungen mit Rußland hat der Deutsch-Russische Verein dem Reichskanzler in nachstehenden Sätzen die Quintessenz der Ansicht der an der Entwicklung der Handels beziehungen zwischen Deutschland und Rußland beteiligten Kreise und deren Wünsche vorgetragen. Der Verein erklärt im Anschluß an eine im April v. I. auf einer Mitglieder versammlung, bestehend aus Vertretern von Handelskammern, wirtschaftlichen Verbänden und zahlreichen deutschen Firmen einstimmig beschlossene Resolution daS folgende: Die in dem neuen allgemeinen russischen Zolltarif festgesetzten Zollsätze würden die Ausfuhr aus Deutschland nach Rußland, die schon unter den gegenwärtigen Zollsätzen im Gegensatz zu der stets wachsenden Einfuhr Deutschlands aus Rußland sehr nachgelassen hat, znm weitaus größten Teile unmöglich machen. Tie Versammlung erhebt zunächst mit allem Nachdruck Ein spruch dagegen, daß die über die westliche russische Landgrenze ein geführten Waren mit einem höheren Zoll belegt werden, als die auf dem Seewege eingeführteu Maren. Sie erblickt in dieser Differenzierung einen handelspolitischen Angriff speziell gegen Deutschland und bittet die kaiserliche Regierung, in erster Linie zu fordern, daß die Differenzierung der Zollsätze beseitigt wird. Ferner erklärt die Versammlung, daß auch bei diesen für die Einfuhr zur See festgesetzten Zollsätzen die Ausfuhr aus Deutschland nach Rußland nicht aufrecht erhalten, geschweige denn zu der Aus fuhr Rußlands nach Deutschland in das richtige Verhältnis gebracht werden kann, und sie bittet die kaiserliche Regierung, in einem durch einen langjährigen Handelsvertrag festzulegenden Vertragstarif mit möglichst viel gebundenen Positionen für die aus Deutschland expor tierten Waren wesentliche Ermäßigungen der ausgestellten Zollsätze herbeizuführen. Die Versammlung bittet ferner die kaiserliche Regierung, darauf zu bestehen, daß die in dem Verkehr mit Rußland auf das störendste empfundenen Uebelstände gemäß der von dem deutsch-russischen Verein vorgelegten Eingabe beseitigt werden. Andererseits spricht die Versammlung die Erwartung aus, daß auch die deutsche Regierung bei Festlegung der Vertragszölle Rück sicht auf die Exportbedürftigkeit Rußlands nehme, damit durch gegenseitige Konzession ein für beide Teile ersprießliches wirtschafts politisches Verhältnis bergestellt wird. * Der Besuch des Herrn v. Witte. ES war zu erwarten, daß die Reise des Herrn v. Witte die Phantasie ausländischer Korrespondenten in lebhafte Bewegung versetzen würde. Der hiesige Vertreter des k„Daily Telegraph" schlägt gleich zwei Fliegen mit einer Klappe, indem er ankündigt, daß die Be ratungen zwischen dem Grafen v. Bülow und Herrn v. Witte sich auch auf unsere Stellung im fernen Osten wie auf Deutsch lands ehrgeizige. Pläne in Kleinasien erstrecken werden. Dazu erfährt die „Rat. Ztg.": „Trotz der Sicherheit, mit der sie vor gebracht werden, werden die beiden abgeschmackten Erfin dungen weder in Tokio noch in Konstantinopel den ge wünschten Eindruck machen. Ebenso grundlos ist es, wenn der „Figaro" sich aus Berlin telegraphieren läßt, Herr von Witte würde mit dem Grafen Bülow in Norderney nicht bloß über die Zolltarife konferieren, sondern auch über die verschiedenen politischen und finanziellen Fragen. Allen diesen Ausstreuungen gegenüber darf nach zuverlässigen Infor mationen daran festgehalten werden, daß die Besprechungen zwischen dem Reichskanzler und Herrn von Witte sich ledig lich auf den deutsch-russischen Handelsvertrag beziehen". — In einem Artikel „Orden und Titel" schreibt die„Dtsch. TgSztg.": „Auch selbstlose Wohltätigkeit kann ein Verdienst sein, daS der Anerkennung wett ist; aber die Wohltätigkeit muß un bedingt selbstlos sein. Sobald sie oder doch hauptsächlich deshalb geübt wird, um in den Besitz einer äußeren Anerkennung zu gelangen, so hört sie auf, verdienstlich und der Anerkennung wert zu lein. Di« maßgebenden Stellen müssen deshalb pet», lickst vermeiden, daß die Vermutung aufkommen und mit einem Scheine des Rechtes gehegt werden kann, daß man durch ge wisse an sich noch so gut gemeinte und noch so wirksame Wohl- tätigkeitsovfer äußere Anerkennung gewissermaßen er kaufen oder doch ihre Verleihung befördern könne. Wird eine solche Vermutung mit einem Scheine de» Recht» arhegt, dann erhält dir Kritik eine Handhabe, und die eigentliche Grund lage des Kronrecht» wird gefährdet. An» diesen grundsätz lichen Erwägungen heraus haben wir die bekannten Enthüllungen der letzten Tage auf» tiefste bedauert und der Meinung un- umwunden Ausdruck gegeben, daß e» tm Interesse de» monarchischen Gedankens liege, die gebotenen Konse quenzen zu ziehen." Hagen 1. Wests., 10. Juli. LandgrrichtsprLsidrnt Land rock, der vor kurzem sein bOjähttge» Dirnstjubiläum feierte, tritt nach der „Köln. Ztg." demnächst in den Ruhestand. Al- fein Nachfolger wird der Oberlande»arricht-rat Hruse in Hamm ge nannt, der zurzeit dem hiesigen Schwurgericht vorsteht. * Aus der Ostmark. Die Ansirdrlungskommission hat das 2000 Morgen große Rittergut Witakowice (Besitzer Petersen) für etwa 600 000 erworben. Diese Besitzung grenzt an die An siedelungen Lettberg, Alßrede, Gwiasdowo. Die Ansiedelungs kommission hat im Kreise Gnesen gegen 30 größere und kleinere Güter mit etwa 50000 Morgen Areal erworben. * Aus Karlsruhe erfährt die „Allgem. Ztg.", daß der bis herige Landeskommtssar in Konstanz, Gedrimrat Frechere v. Bod- mann zum BundeSratsbrvollmächtigten in Berlin ernannt worden ist. flotte. * Schiffsbewegungen: S. M. S. „Iltis" ist am 9. Juli auf Taku-Reede eingetroffen. S. M. S. „Luchs" ist am 10. Juli in Wusuna eingetroffen und geht am 12. Juli nach Tsingtau in See. S- M. S. „Jaguar" ist am 11. Juli in Wusung etnae» troffen und geht am 14. Juli nach Nanking in See. S- M. S „Falke" geht am 13. Juli von Pott of Spain nach Maranhao (S. Luiz) in See. DaS erste Geschwader ist am 10. Juli in Plymouth eingetroffen und geht am 13. Juli von dort wieder in See. S. M. S. „Zielen" ist am 22. Juni in Reykjawik (Island) eingetroffen und am 30. Juni wieder in See gegangen. S. M. S. „Hyäne" ist am 8. Juli in Wilhelmshaven eingetroffen. S. M. S. „Grille" ist am 9. Juli vor Helgoland eingetroffen und am 11. Juli wieder in See ge- gangen. Das 2. Geschwader und die kleinen Kreuzer „Blitz" und „Pfeil" sind am 9. Juli vor Borkum eingetroffen und gehen am 13. Juli wieder in See. BermessungSdampfer „National-' ist am 9. Juli in Warnemünde eingetroffen. Poststation für S. M. S. „Hyäne": bis 20. Juli Wilhelmshaven. Die Entwicklung des deutschen LinienschiffSthpS vollzieht sich in langsamen Aufbau. Langsam wachsen die Schiffe an Größe und Maschinenkraft. Ununterbrochen wer den artilleristische Bewaffnung und Panzerschutz gestärkt. Vom 13 200 Tonnen großen „Braunschweig"-Typ schwimmt jetzt ein« Division. Die neuen Schiffe der „dl"-Klaffe bilden bereits einen verbesserten Typ, der namentlich einen stärkeren Panzer, eine bessere Aufstellung der Mittclartillerie und eine Vermeh rung der leichten Artillerie Vorsicht. Von einer Vergrößerung des DeplaccnrcntS hat man bei den Linienschiffen abgesehen, eine solche aber bei den Panzerkreuzern beschlossen, die schneller als Linienschiffe sind, einen großen Kohlenvorvat und eine genügende Artillerie haben müssen, da sie berufen sind, mit dem Feinde FMlung zu nehmen und diese zu halten. Mit kleinere» und mittleren Schiffen lassen sich diese Forderungen nicht erfüllen. Aus diesem Grunde will die Marine statt der zuletzt gebauten Panzerkreuzer von 9500 Tonnen und 21 See meile» Fahrgeschwindigkeit Kreuzer von 11 000 Tonnen und mindestens 22,5 Seemeile» Fahrt bauen. Diese nuen Schiffe werden infolge des größeren Kohlenvorrates in ihren Ope rationen unabhängiger sein als je ein Schiss zuvor, da sie sehr große Strecken zurücklegen können, ohne ihre Bunker aus- füllen zu müsse». Wenn bei den Panzerkreuzern die Geschwin digkeit schon eine Hauptrolle spielt, so ist die Existenzberechtigung des kleinen Kreuzers ganz auf sie basiert. Infolge- dessen wird es nötig, den neuen Schiffen dieser Art eine Fahr- geschtviiidigkeit von 23,5 bis 24 Seemeilen in der Stunde zu geben. Um diese Absicht durchführen zu können, wird eine Er höhung des Deplacements sich nickt umgehen lassen. Ueber die Wasserverdrängung von 3000 Tonnen wird man schon bei den jüngst vergebenen Kreuzern hinaus gehen. Eine Typver änderung der Hocksee-Torpedoboote ist zunächst nicht ins Auge gefaßt. Dagegen wird angesichts der bisherigen Er- fahrungcn im russisch-japanischen Kriege die Frage erwogen, ob cS nicht notwendig sei, die artilleristische Armierung der Torpedoboote zu verstärken, ohne daß die Fahrgeschwindigkeit beeinträchtigt würde. Man sieht, daß die Schiffstypen sich fort gesetzt entwickeln und daß durch diese Fortschritte der Gefechts- wert stetig gesteigert wirb. Iluslanck. Oesterreich-Ungar«. * Die 18. Hauptversammlung des Bundes der Deutschen Nordmährens, die am 10. Juni inLeipnik stattfand, verlief, nach der „Voss. Ztg.", durchaus merk würdig. Von tschechischer Seite wurden gleich zwei Trutzversammlungen in unmittelbarer Nähe des deutschen Festplatzes abgehalten. Der tschechische Mob belagerte nachmittags ununterbrochen den deutschen Festplatz. Wiederholt versuchte er durch Schmährufe und Pfeifen das deutsche Fest zu stören. Die Deutschen beob achteten Zurückhaltung und großen Takt. Als jedoch Steine auf den deutschen Festplatz geschleudert wurden, ließ der Bezirkskommissär Mayer Gendarmerie aufmar- schieren, die dem Unfug ein Ende machte. Mehr als 200 Pfeifchen wurden den Tscl-echen abgenommen. Die nachts abreisendsn deutschen Gäste mußten unter Bedeckung auf den Babnhof geleitet werden. * Ueber die Lage der Deutschen in Oesterreich sprachen am 11. Juni in einer gut besuchten Versammlung zu Eger die Abgeordneten Schönerer und Iro. Sie geißelten in scharfen Worten die slawischen Vorstöße der neuesten Zeit. Beide Redner sorderten nachdrücklich die deutsche Staatssprache. Großbritannien. * Zum Besuch der deutschen Flotte. Nur wenige Blätter üben Kritik an -er Beschaffenheit der im Hafen von Plymouth herzlich willkommen ge heißenen deutschen Flotte. Wenn an ihr Kritik geübt wird, fällt sie immer sehr günstiaaus. An Gc- fechtseigenschaften, sagt z. Ä. „Daily Mail", sind die acht deutschen Kriegsschiffe denen der heimischen und der Kanalflotte Englands überlegen. Voller Bewunderung äußern sich die „Daily Mail", „Standard" und „Daily Telegraph" über daS Personal dec Flotte, feine Organisation und Disziplin. „Daily Tele graph" schreibt: Heil diesen genügsamen,, bart arbeitenden, vornehm denkenden, schmucken Offizieren und Mannschaften des im Sund befindlichen Ge schwaders. Admiral v. Köster erwiderte am Man- tag Morgen die Besuche der Civilbehördcn, die die Flotte in Plymouth begrüßt hatten, und nahm für sich und 60
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