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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.07.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-07-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040719010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904071901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904071901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-07
- Tag1904-07-19
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VezvgS-Vreis -i b» Hanpt»xp«dtttlm od« dar« AnSgabe- stelle» »d>eholtr viert-liährltch S.—. bet twetmaltg« täglich« gaßellan» t»D Hau« ^l 3.7L Durch di» Pos! bezog« für Drulsch- laad ». Oesterreich vierteljährlich 4.50, für di« übrig« Länder lau» ZeiwngSprrtältst». Nebaktt»»: IohannKgasft 8. Sprichst »»der b—6 Uhr Nach«. Fernsprecher: 153. Erpebttt»»: gohaautßgafl» L Fernsprecher: L2L , KiltalertzedMonenr Alfred Sah »,vnchdandla„ Uotv«strättftr.Ü (Frrn spr. Nr. 4046), L. Lösche, Kalhariarn- stratz, 14 (Fernsprecher Nr LS3Ü) n König». Platz 7 (Fernsprecher Nr. 7505). Hauut-Atttal» Dreibein Marftnstraß» 34 (Fernsprecher Amt l Nr. »NM. Haupt-Filiale Berit«, LarlDti acker, Hrrzgl.Var»rHofbuchbandIg, Lützowstrabe UXKrasprecherAmt VI Nr.4M3.) Morgen-Ausgabe. MMerTaMM Anzeiger. Amtsblatt ves Adnigkiche« Land- «nd -es Äöniglichen Amtsgerichtes Leipzig, des Nates «nd des Nolizeiamtes -er Ltadt Leipzig. Anzeigen-'Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reklame» unter dem Rrdaktionsprich l4gespalt«n> 75 nach d« Famil(«nach richten (S gespult«) 00 Tabellarischer und Ztffernsatz entsprechend höher. — Gebühr« für Nachweisung« und Offertenannahm« Lk Grtr«-Vetla«rn (gefalzt), »ur mit der Mora«.Au-gabe, obu» Postbesvrdrrung 60.—, mit Postbesvrdernng ^l 70-—. Annahmeschluft für Anzeigenr Abend-ÄuSaabr: vormittag« 10 Uhr. Morgru-Autzgab», nachmittag« 4 Uhr. Anzeigen stad stet« au die Expedition za richten. Di» Lrpedttiou ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet »oa früh 3 bi« abend« 7 Uhr. Druck and Verlag von G. Bal) in Leipzig (Inh. Vr. L, R. A W. Kltakhard^ Nr. 383. Dienstag den 19. Juli 1904. 98. Jahrgang. Var ivichllgrtt vom Lage. * Im Königsberger Hochverrats- und Geheim- dundprozeß beschloß das Gericht, durch Vermittlung des Justizminister« vrS Auswärtigen Amt« um amtliche Auskunst zu ersuchen, ob bezüglich drS ß 216 des russischen Straf gesetzbuches rin StaatSvertraa oder ein veröffentlichtes Gesetz bestehe, wodurch dem Deutschen Reiche die Gegenseitigkeit gewährleistet sei. (S. Dtsch. Reich.) * Die dem deutschen Postdampfer „Prinz Heinrich" ab genommenen Smdungen wurden nach einem Telegramm aus Ade» dem englischen Dampfer „Persia" zur Weiter beförderung übergeben. (S. russtsch-jap. Krieg.) * Zum Bororte de« 15. Kongresses des deutschen Schachbunde« im Jahre 1S06 wurde Nürnberg gewählt. * Die Schweizer Regierung äußert sich amtlich zur Angelegenheit ihrer aus dem russischen Hauptquartier zurück geschickten Offiziere und teilt mit, daß sie die russische Regierung um Angabe der Gründe ersucht habe. (S. Ausland.) Fiel mut Noräernrv. Wir nähern uns immer mehr unserer Zukunft, die bekanntlich auf dem Wasser liegen soll. Schon die wich- tigsten Entscheidungen der Gegenwart wurden auf oder wenigstens am Wasser getroffen: in Kiel der Abschluß des SchiedsgerichtSnertragcS mit England, in Norderney aller Voraussicht nach der Abschluß des Handelsvertrages mit Rußland. Graf Bülow kann sich die Hände reiben, wenn wir auch mit Rußland ins Reine gekommen sind: John Bull zur rechten, den russischen Bären zur linken, so kann der Leiter der deutschen Politik kühn sein Jahr hundert — worunter natürlich nur das nächste halbe Jahr zu verstehen ist — in die Schranken fordern. Die Weltgeschichte liebt bisweilen einen ironischen Zug. Zur selben Zeit, da die Leiche Ohm Krügers auf- gebahrt in Clärens liegt, veröffentlicht der „Reichsanz." den Schiedsgerichtsvortrag mit England. Ohm Krüger war schon ein toter Mann, ehe er starb: vergessen ist der Kampf ohnegleichen, den dieser einfache und doch so große Bauer für die Freiheit und Unabhängigkeit seines Stam mes kämpfte; vergessen ist das Telegramm des deutschen Kaisers, das nach dem Jamefon-Raubzug den Buren ihre Selbständigkeit zu garantieren schien. Wehe dem Besieg- tcnl heißt es auch von Krüger; er unterlag, also hatte er Unrecht. Und über seinen offenen Sarge reichen einander Deutschland und England die Hände. Krüger hätte sich darüber auch kaum gewundert; er hat wohl, wenn er sich in seinen letzten Lebenstagen überhaupt noch mit Politik beschäftigt und sich für die deutsch-englischen Abmachungen interessiert hat, seine geliebte Bibel aufgeschlagen und darin gelesen: „Verlaßt Euch nicht auf Menschen!" Die Erinnerung, durch Krügers Tod von neuem ge weckt, muß leider die Befriedigung iiber diesen neuen Friedensvertrag etwas einschränken. So mancher gute Deutsche, der die englischen Gepflogenheiten kennt, wird still vor sich hinmurmeln: Ich traue dem Frieden nicht. Aber er wird sich hüten, es laut zu sagen; denn es gehört nun einmal zu den neudeutschen Sitten, jeden Vorgang der auswärtigen Politik als einen überragenden Erfolg der deutschen Diplomatie zu preisen. Es ist schon einige Selbständigkeit nötig, diese Jubclhymne nicht mitzu singen. So wird sich der kluge Mensch, der sich in die Zeit zu schicken weiß, damit begnügen, abzuwarten, welchen Kern diese englische Nuß hat. Vielleicht darf man sich sogar eine kleine Anregung er lauben. Wir stehen bekanntlich in einem Zollkriege mit Kanada, den weniger Kanada selbst als das englische Kabinett heraufbeschworen und durchallerleiSophistereien zu begründen versucht hat. Die deutsche Regierung hat in wiederholten Erklärungen keinen Zweifel darüber gelassen, daß sie das Vorgehen Kanadas fttrvertragswidrig ansieht. Nun wohl, wie wäre es, wenn man einmal unternähme, die kanadische Frage mit Hülfe des neuen Schiedsabkommens zu lösen? Oder berührt diese An- gelegenheit „die vitalen Interessen, die Unabhängigkeit oder Ehre" Englands, so daß sie aus dem Kreise der durch den Vertrag berührten Streitfragen ausscheiden muß? In diesem Falle — und eS wird sich höchstwahrscheinlich so verhalten — hätte das Abkommen wohl eine gewisse dekorative Bedeutung, aber sein praktischer Wert wäre gering. Und wie wird es mit dem Kern des Vertrages stehen, den jetzt Graf Bülow mit Herrn v. Witte an den Dünen der Nordsee auSarbeitet? Gewiß, mit leeren Händen werden die beiden Staatsmänner nicht aus- einandergehen. Irgend etwa« kommt zu stände. Aber wird es ein Handelsvertrag sein, der seinen Namen ver dient; ein Vertrag, der wirklich die Handelsbeziehungen der beiden beteiligten Länder erleichtert, der besonder« unseren Jndustrieproduktcn den russischen Markt offen hält und damit die Möglichkeit gewährt, für die beständig wachsende arbeitende Bevölkerung des deutschen Reiches Brot zu schaffen? Da- ist der wichtige Punkt, um den sich alle» dreht; und hier gerade fetzt der Zweifel ein. Denn wenn nicht alle« täuscht, wirft die deutsche Re gierung ihren ganzen Einfluß in die Wagschale, damit Rußland sich mit den deutschen Getreideminimalzöllen einverstanden erklärt; da aber für Rußland überhaupt nur die Getreide- und Vieheinfuhr nach Deutschland ein größeres Interesse hat, so ist e« klar, daß eS nicht gerade geneigt ist, unter solchen Umständen den deutschen Forderungen größere Zugeständnisse zu machen. So muß es als fast selbstverständlich angesehen werden, daß die deutsche Industrie, daß besonders die am meisten für Rußland in Betracht kommende Maschinenindustrie bluten muß. Wir werden einen HandolSvertrag mit Rußland bekommen, aber, ob es ein Vertrag sein wird, mit dem etwas anzufangen ist, ob er nicht die Lebens haltung der großen Masse verteuert, ohne ihr gleich zeitig die Möglichkeit zu geben, durch bessere Arbeits- gelegenheit und höhere Löhne diesen Ausfall wieder wettzumachen, das ist die große Frage. Dabei kann man sich nicht einmal verhehlen, daß selbst dieser Erfolg nicht möglich gewesen wäre, wenn Rußland nicht in einer bösen Geldklemme säße. Jetzt wird natürlich immer wieder pathetisch versichert, daß Rußland an keine Anleihe bei unS denke. Wenn Herr v. Witte mit dem Chef des Mendelssohnschen Hauses unter den Linden spazieren geht, so hat das nichts weiter zu bedeuten, als daß die beiden alten Freunde einander wieder einmal guten Tag sagen wollen. Aber wenn der Vertrag ratifiziert ist, ob dann nicht dieAnleihe kommt? Manche Leute sagen sogar, das sei so sicher wie das Amen in der Kirche. Die Rcicböregierung hat, indem sie das Abkommen mit England schloß und jetzt auf den Handelsvertrag mit Rußland lossteuert, einen Erfolg zu verzeichnen. Ader die Befürchtung ist nicht von der Hand zu weisen, daß es sich in beiden Fällen um Stücke von hauptsächlich dekorativem Werte handelt. Der rurrirctz-japanisÄe Flieg. Sur Beschlagnahme tze» Norddeutschen Lloyd-Vampfers „4>rinz Heinrich". Wir wir schon unter den Telegrammen unserer Abend ausgabe melden konnten, hat die deutsche Regierung un verzüglich Schritte getan, um in Petersburg diese Angelegen heit m einer der Würde des deutschen Reiches angemessenen Weise zu erledigen. Dieselbe Meldung wird, wie uns aus Köln und Berlin telegraphiert wird, auch von der „Köln. Zeitung" und der „Nordd. Allg. Ztg." gleichzeitig mit dem ^Leipz. Tagebl." veröffentlicht. Die offiziöse „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: Laut telegraphischen Berichten ist am vorigen Freitag durch den russischen Hilfskreuzer „SmolenSk" die nach Japan bestimmte Post von Bord deS deutschen ReichspostdampferS „Prinz Heinrich" weggenommen worden. Wie wir hören, hat die Regierung wegen dieses Vorfalles in Petersburg durch den dortigen deutschen Botschafter sofort Beschwerde erheben lassen. lieber das weitere Schicksal der dem „Prinzen Heinrich" abgenommenen Postsachen gibt die folgende Depesche Aus kunft: Aden, 18. Juli. (W. T. B.) Der russische Kreuzer „Smo- lensk" übergab die dem Norddeutschen Lloyddampfer „Prinz Heinrich" abgenommene Post dem nach Bombay bestimmten Dampfer „Persia" der Peninsular and Oriental Line. Bezüglich der Begründung der Beschwerde der deutschen Regierung schreibt die „Nat.-Ztg.": Wie wir hören, liegt dem Protest die Tatsache zu Grunde, daß der russische Hülfskreuzer „SmolenSk" sich nicht auf eine für Kriegs schiffe auch nach deutschen Begriffen völkerrechtlich zulässige Durch suchung beschränkt, sondern die deutsche Post an Land genommen habe. Dabei lassen wir die Frage unrrörtert, ob die Hülfskreuzer der freiwilligen russischen Flotte überhaupt mit Recht auf den Charakter von Kriegsschiffen Anspruch machen können, da sie die Dardanellen mit der Handelsflagge passirr«. Bekanntlich sind sogar von diesen Kreuzern englische Handelsschiffe nicht nur durchsucht, sondern sogar aufgebracht worden. Man darf wohl erwarten, daß nun auch der „Reichs anzeiger" die Meldung vom Vorgehen der deutschen Re gierung amtlich bekannt gibt. Wichtig genug ist die Sache. Japanische jplLne. Der Washingtoner Berichterstatter der „Morning- Post" berichtet: Gut unterrichtete amtliche Stellen wollen wissen, daß der Angriff auf Port Arthur nicht un mittelbar bevorstehe. Feldmarschall Ojama, der inDalny mit zwei Divisionen in Gesamtstärke von 30 000 Mann ge landet sein soll, wodurch das Belagerung-Heer auf 80 000 Mann gebracht ist, werde den Sturmangriff auf Port Arthur in Person befehligen, weil er den Oberbefehl führte, als die Japaner Port Arthur im Kriege mit China einnahmen. Gleichzeitig mit dem Angriff auf Port Arthur werde Kuroki gegen Liaujang vorgehcn und KuropatkinS Armee angreifen. Au» Aurott» Hauptquartier drahtet der Sonderberichterstatter der „Times" am 15. Juli: Die Armee ist noch untätig, die russischen Truppen jenseit« des MotienlingpasseS sind wesentlich verstärkt Word«, aber e» ist kein Anzeichen zur Ergreifung der Offensive vorhanden, wir batten zehn Tage schönes Wetter, jetzt aber reanet eS, wahrscheinlich ist die japanische Bormarschlinie nom nicht festgestellt. Melduugeu au» Lott». Unter dem 18. Juli berichtet Reuter« Bureau au« Tokio: Ein japanischer Torpedobootszerstörer beschlagnahmte ein« Dschunke, welche die Post von Port Arthur nach Tschifu bringen sollte. Briefe, di« sich auf Heere«- oder Marine- anaelegenheiten in Port Arthur bezogen und wertvolle Nach richten enthielten, wurden einbehalten. Briefe, die sich nicht mit militärischen Angelegenheiten beschäftigen, wurden nach Petersburg aufgegeben mit dem Ersuchen, sie den Adressaten zu übermitteln. — General Kuroki berichtet: Gestern bei Tagesanbruch machten zwei russische Divisionen einen ver zweifelten Angriff auf den Motienpaß, wurden aber zurück geworfen. Ueber die Verluste wird nichts gemeldet. Deutsches Deich. n. Dresden, 18. Juli. * Ertmmitschau auf der Kanzel. Wegen Beleidigung deS verstorbenen Pfarrer- Gast in Hosterwitz hatte sich vor der 5. Strafkammer deS hiesigen Landgericht- der verant wortliche Redakteur der „Sächsischen Arbeiter zeitung" Johann Heinrich Friedrich Dllvell zu verant worten. In der Nummer 2 der Arbeiterzeitung vom 4. Januar d. I. hatte die letztere einen der „Dresdner Rundschau" entnommenen, mit „Crimmitschau auf der Kanzel" überschriebenen Artikel nachgedruckt, in welchem die vom Pfarrer Gast am 2. Weihnachtsfeiertage 1903 gehaltene und sich mit der Crimmitschauer Aussperrung be schäftigende Predigt einer scharfen Kritik unterzogen worden ist. Die Kirchen-Inspektion und Superintendent v. Benz stellten infolge dieser Kritik Strafantrag. Auch gegen den derzeitigen Redakteur der „Dresdner Rundschau" wurde Strafantrag gestellt, jedoch gegen Zahlung einer Buße von 450 später wieder zurückgezogen. Die Hauptverhandlung gegen den angeklagten Redakteur DUvell endete mit der kostenlosen Freisprechung. Der Gerichtshof führte dabei au«, daß nicht jeder damit einverstanden zu sein brauche, wenn ein Geistlicher von der Kanzel herab derartige wirt schaftliche und soziale Fragen, wie die Crimmitschauer Aus sperrung, zum Gegenstand seiner Predigt mache. Wenn die Predigt auch nicht agitatorisch gehalten se,, so müsse eS sich doch der Geistliche gefallen lassen, wenn seine Predigt zum Gegen stände einer scharfen Kritik gemacht werde. Die letztere sei zwar als eine grob-sachliche und ungewöhnliche zu bezeichnen, eine BeleidigungSabsicht lasse sie aber nicht erkennen. O * Berlin, 18. Juli. * Beschaffung Deutscher Ansiedler für die Ostmark«. Seit einiger Zeit läßt eS sich die in Berlin gegründete „Zentralstelle zur Beschaffung deutscher Ansiedler, Feldarbeiter und Jnstleute in den preußischen Ostmark«" angelegen sein, deutsche Ansiedler aus Ungarn zur Ansiedelung heran zuziehen. Sie bedient sich zu diesem Zweck ortskundiger Agenten, scheint aber bei der Auswahl derselben nicht eben Glück gehabt, beziehungsweise sie für ihre Tätigkeit nicht genau genug informiert zu haben, da der eine in Oedenburg und bald darauf ein zweiter in Kronstadt wegen unerlaubter Agitation und angeblich „betrügerischer Umtrieve" im Interesse der Auswanderung verhaftet wurde. Die „Alld. Bl." schreiben hierzu: Wir können nicht glauben, daß die ungarische Regierung objektiv berechtigt ist, sich so scharf über die „Zentralstelle" aus zulassen. Offenbar liegt hier blos eine Verwechselung der „Zentral stelle" mit einzelnen Agenten vor. Andererseits ist es ausgefallen, daß die „Zentralstelle" in deutsch-ungarisch« Blättern Anzeigen ver öffentlicht, worin Auswanderungslustige an die königlich ungarische StadtfahrkartenbüreauS behuf« weiterer Auskünfte verwiesen werden. In Ungarn gilt aber mit Recht alles, was mit Eisenbahn zusammenhängt, von vornhinein als ausgesprochen deutsch- feindlich. ES scheint hier offenbar die rechte Hand nicht zu wissen, was die linke tut, sonst könnte nicht die über den Verdacht der Deutschfreundlichkeit ebenfalls turmhoch erhabene ungarische Re- gierung vor der Berliner Zentralstelle warnen, während die BüreauS der Königl. ungarisch« StaatSbahnrn derselben Zentral stelle Freundschaftsdienste erweisen. Für unS ist die Hauptsache, daß überhaupt eine systematische Auswanderung aus Ungarn nicht zu unterstützen ist. ES könnte dadurch nur das Vertrauen der dortigen Deutschen in ihre Lebensfähigkeit erschüttert werden, und daß da« Deutschtum dort lebensfähig ist, beweist am besten die amtliche Königl. «ngar. Statistik, die trotz aller Magya- risirrungSbcstrebungen und trotz aller VolkSzählungSkunktstücke im Jahre 1900 doch über zwei Millionen Deutsche in Rechnung stellen mußte. Wie viel« mögen «« erst in Wirklichkeit srtnl Es wäre also zu wünschen, daß die genannte „Zentralstelle" ihre Tätigkeit in andere Gebiete verlegte, wo das Deutschtum sich weniger lebens fähig erweist. Wir sind heute mehr denn je davon entfernt, Ungarn für das Deutschtum al» „aufgegebenen Posten" zu be tracht«. * Zum Falle Mrftach schreibt der „B. L.-A": Wir sind in der Lage mitzuteilen, daß die Ausführungen einer Berliner Lokal-Korrespondenz über eine, zwischen der Kaiserin und dem Frriherrn von Mirbach gehabte Unterredung in Sachen der Pommerabank völug au« der Luft ge griffen sind. * Herzog »ruft Günther ,u Schleswig-Holstein, welcher im März diese« Jahre« an einer Rippen- und Lungen- entzündung infolge von Influenza erkrankt war und wegen andauernder Luugenaffektion d,e italienisch« Seen und Baden-Baden hatte aufsuchen müssen, ist jetzt, wie ver schiedene Blätter melden, soweit heraestellt, daß er mit einer Gemahlin die Rückreise nach Primkenau anzutreten beabsichtigt. Doch wird sein Zustand noch längere Schonung erfordern. — Personalien. Der sächsische Gesandte Graf von Höhen thal und Bergen hat Berlin verlassen. Während seiner Abwesen heit führt der LegationSsekretär von Nostitz-Wallwch die Geschäfte der Gesandtschaft. — Der dänische Gesandte v. Heaermann- Lindencrone ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäft« der Gesandtschaft wieder übernommen. — Die Minister v. Hammer stein und v. Rheinbaben werden sich am 2L. d. M. als Gäste de« Lanvtagsabgeordneten Böttinger nach Leverkus« bet Elberfeld begeben, woselbst abend« zu Ehren der Minister in der Billa des Gastgebers ei» Festmahl stattfind« wird. Am Morg« d«S fol genden Tage« reisen die beiden Minister nach Mettmann, nm dort, wie schon gemeldet, der Jahrtausrndfrier dieser Stadt beizuwoh»«. — Minister Möller weilt augenblicklich mit seiner Familie auf seiner Besitzung Kupferhammer bei vrackwed«. — Der Boykott der Bäckergesellen, die sich dem sozial demokratischen Bäckerverbandr anarschlossrn hab«, soll seit«« der Berliner Bäckerinnung durchgrfüyrt werd«. Obermeister Bernard erläßt eine Bekanntmachung, In der er betont, daß sich die Innung im Hinblick auf die rigorosen, dir Meisterschaft schädigend« Hand lungen des Gesrlleuverbandrs zu Schutzmaßrrgeln verstehen müsse. Der Vorstand habe deshalb beschlossen, di« Mitglieder auf» strengste anzuweis«, bet Bedarf von Gesellen nur die Jnnungssprrchämter >u benutzen; andernfalls soll« Geldstrafen, eventuell auch der AuS- chluß aus der Innung in Anwendung gebracht werben. Man olle aber dann auch nur solche Gesellen verlang«, die nicht dem Gcsellenverband angehür«. * Königsberg, 18. Juli. In der heutigen Verhandlung deS Hochverrats- und Geheimbundsprozesses ver las der Vorsitzende ein Schreiben Plechanoff«, worin dieser erklärt, er lehne es ab, in Königsberg als Zeuge zu erscheinen, da er befürchte, nachdem er seiner Zeugenpflicht genügt habe, an die russische Grenze gebracht zu werben. Der als Zeuge und Sachverständiger vereidigte Professor Reußner erklärte dann auf Befragen, 8 241 deS russischen Strafgesetz buches werde, obwohl es auch von Angriffen auf die Ehre des Kaisers handelt, bei MajestatSbeleidigungen nicht angewendet, da die Verletzung dieses Para graphen die Todesstrafe zur Folge habe. Es gelangten immer nur die 88 245 und 246 zur Anwendung, welche von schriftlichen Maiestätsbeleidigungen handeln, da in Rußland, namentlich von betrunkenen polnischen Bauern, Majestäts beleidigungen nicht selten begangen würden. Der Sach verständige, welcher angab, russischer Untertan zu sein und aus seiner Professur des StaatSrechtS an der Universität TomSk, die er 5 Jahre innehatte, anläß lich der dortigen Studentenunruhen und zwar ins besondere wegen der ungerechten Behandlung der Studenten durch die Behörden, freiwillig ausgeschieden zu sein, bemerkte ferner, er sei der Meinung, daß die GegenseitiAkeit nur ge währleistet sei, wenn hierfür em besonderer Staatsvertrag vorhanden sei; bei den hier in Betracht kommenden Paragraphen sei seines Wissens keine Gegenseitigkeit gewährleistet. In Ruß land gebe es keine Reliaions-, Preß-, Vereins- oder Ver sammlungsfreiheit, kein Streikrecht und kein Petition-recht. Außer den öffentlichen Gesetzen gebe e« noch geheime Ukase. So seien die Auspeitschungen gegen die auf ständischen Bauern in SmolenSk auf Grund eine- geheimen UkaseS deS Kaiser« Alexander II. vorgrnommen worden, die finnische Verfassung sei durch einen Staatsstreich beseitigt worden. Der Gerichtshof beschloß, durch Vermittlung des Justizinliiifters das Auswärtige Amt um amtliche Auskunft zu ersuchen, ob bezüglich des H 216 des russischen Strafgesetz buches ein Staatsverlrag oder ein veröffentlichtes Gesetz bestehe, iraft dessen dem deutsche» Reiche Gegenseitigkeit gewährleistet kst. Im weiteren Verlauf der Verhandlung werden auf Antrag der Verteidigung mehrere Angestellte der Buchhandlung und der Expedition des „Vorwärts", unter ihnen auch der Stadt verordnete BruhnS-Berlin über den Verkehr von Russen in den Räumen des „Vorwärts" vernommen. BruhnS gab zu, daß an ihn einmal ein Paket au« England gekommen sei und daß als Name des Absenders des Pakete« der Mädchen name seiner Frau angegeben war. Nach der Vereidigung der Zeugen wird die Verhandlung auf morgen vertagt. * Düsseldorf, 17. Jult. Zu einem Beschlüsse deS hiesigen Stadtverordnetenkollegiums, wonach für Handwerker- und kauf männische Lehrlinge statt der bisherigen zweijährigen Fort bildungsschulpflicht eine solche von drei Jahren obligatorisch eingeführt wird, hat die soziale Kommission der Htrsch-Dunckerschen Gewerkvercine ihr Bebaue« ausgesprochen, daß nicht auch die Fabrtklehrlinae zu einer gleichen Schulpflicht herangezogen worden seien. Die fortschreitende Fabriktechnik bedinge eine ae steigerte Geschicklichkeit der Arbeiter, welche die Aneignung möglichst weitgehender Kenntnisse schon in der Jugend zur Notwendigkeit mache. Es bestehe deshalb keine Veranlassung, die Lehrlinge der Großindustrie anders zu behandeln als diejenigen des Handwerks: die Arbeiterschaft hege genau dasselbe Lernbedürfnis wie andere Berufsgruppen. * Gera, 18. Juli. Dir Sozialdemokraten des Herzog tums Altenburg hielten gestern hier ihren Parteitag ab. Die freiere Gestaltung des Vrreinsaesetzes von Reuß j. L. hatte die Altenburger Genossen zu ihrer Tagung nach Gera geführt, wo sie bereits von vormittags 11 Uhr an tagen konnten, während in Altenburg die Versammlungen Sonntags erst nach Beendigung des Nachmittagsgottesdienstes beginnen können. Der Vertrauensmann der Sozialdemokraten von Reuß j. L., Betterlein begrüßte die be- benachbarten Genoss«, von denen 42 aus 25 Orten des Alten burger Lande» erschienen waren. Die Beratungen hatten den Stand der Kasse und überhaupt der Partciverhältmsse der Blätter zum Gegenstand, ferner der Ausfall der Rrich-tagSwahl, die Ursachen drS Mißerfolges, Vorschläge zur Besserung und die Berteiluna von Flugblättern auf dem Lande. Zum Abgeordneten de« Parteitages in Bremen wurde B öh me-Eisenberg bestimmt. Von der Beschickung des internationalen sozialdemokratischen Kongresse« in Amsterdam wurde der Kosten wegen abgesehen. Dem Anträge de« Abgeordneten Stücklen-Altenburg entsprechend wurde beschloss«, eine Landes- organisation zu schaffen und den jetzigen Borstand in dies« Organi- satton zu wählen, die dadurch wirksamer gestaltet werd« soll. Die Organisation soll auch das bisherige Vertrauensmänner - System ersetzen. Die Verhandlungen danerten bi« abend» S Uhr. Hurlsna. Oesterreich-Ungar«. * Die Statthalterei in Trieft hat die Vereine Societa Grmnastica und Vita Dei Giovanni aufgelöst und ihnen bi« zum RcchtSkräftigwerden der Entscheidung jede Tätigkeit verboten. Diese Maßregeln find darauf zurückzuführen, daß m den Raumen der Societa Gimnastica Bomben gefunden worden sind. Frankreich. * Mn Ultimatum Frankreichs an «en Vatikan. Der Ministerrat hat auf Antrag Combes' beschloss«, ein Ultimatum an den Vatikan zu richten, wona verlangt wird, daß der Papst alle an die Bischöfe von Laval und Dijon gerichteten Ermahnungen und Vorladungen zurück»irde, andernfalls werde Frankreich seine Botschaft am Vatikan vollend- schließen und dem Nuntiu« Loren- zelli seine Pässe zurückgeben. Delcasss erhielt d« Auftrag, diese« Ultimatum sofort an Lorenzelli zu übermitteln. Niemand bezweifelt, daß der Bruch die Folge der Forderung Frankreich« sei» wird, der Vatikan fall, di« vorladuugA»
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