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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.08.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-08-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040802014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904080201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904080201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-08
- Tag1904-08-02
- Monat1904-08
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Bezugs-Preis in der Hauplexpedition oder deren Ausgabe stellen abgeholt: vierteljährlich 3.—, bei zweimaliger täglicher Zustellung in» Hau» .M 3.75. Durch die Post bezogen für Deutsch land u. Oesterreich vierteljährlich 4.50. für die übrigen Länder laut Zettungspreisliste. Einzelne Nummern z» . auf allen Bahnhöfen und 4" bei den Zeitungs-Verkäufern. Redaktion und Expedition: JohanniSgasse 8. Fernsprecher 153 u. 222. Haupt-Atltale Dresden: Marienstraße 34 (Fernsprecher Amt I Nr. 1713). Haupt-Filiale Berlin. CarlDuncker, Herzgl.Bayr.Hofbuchbandlg., Lützowstraße 10(FernsprecherAmtVI Nr.4603). Morgen-Ausgabe. MMer Tageblatt Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen LanS- und -es Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Rates und des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Nr. 389. Dienstag den 2. August 1904. Anzetgen-PreiS die 6gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem RedaktionSstrich (»gespalten) 75 /H, nach den Familiennach richten (6 gespalten) 50 Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Osfertenannahme 25 Annahmeschlutz für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefvrderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von 8. Polz in Leipzig (Inh. Di. B.,R. L W. Klinkhardt). 98. Jahrgang. Vas lvichtigrte vom Lage. * In der Mirbach-Angelegenheit ver öffentlichen Berliner Blätter eine gemeinsame Z u - schrift verschiedener kirchlicher Vereine, worin das Wirken Mirbachs anerkannt, aber auch g e - richtliche Aufklärung des Verbleibs der von Mirbach quittierten 325000 ver langt wird. (S. Deutsches Reich.) * In der bayerischen Reichsratskammer verteidigte gestern beim Militäretat der Referent den Kricgsminister v. Asch bezüglich seines Duellerlasses. (S. Deutsches Reich.) * Einem Privattelegramm der Zeitung „Verdens Gang" in Christiania zufolge hat ein Kapitän aus Tromsö eine Flaschenpost von Andres Polarexpedition gefunden. Die Flasche, die bei einer kleinen Insel nörd lich von Spitzbergen gefunden wurde, enthielt einen von 1898 datierten Brief. Näheres über dessen Inhalt ist erst nach einem Monat zu erwarten. * PrinzJohannGeorgvonSachsen,der Bruder der Erzherzogin Josepha, ist gestern früh aus Dresden in Wien eingetroffen. (Siehe Oesterreich-Ungarn.) —— * In Prag ist Graf Ernst Waldstein. Wartenberg, eine der festesten Stützen des Deutschtums in Böhmen, gestorben. * In Bordeaux wurde gestern der inter- nationaleKongretzfür Ökologie (Lehre vom Ohr) eröffnet. Zum Vorsitzenden wurde M o u r e ein- stimmig gewählt. Alle Länder Europas und die Ver einigten Staaten von Amerika sind vertreten. kin gegenmittel. Die Bombe, die dem russischen Minister des Innern Plehwe den Kopf abritz, kam nicht eigentlich überraschend. Wer überhaupt die russischen Verhältnisse beobachtete, und wer besonders die brutale Tätigkeit dieses unseligen Mannes verfolgt hat, der wußte, daß Plehwe ein Ende mit Schrecken nehmen würde. Die Frage war nur, wann. Es ist wie bei den halsbrecherischen Kunststücken auf dem Turmseile oder, um ganz modern zu sein, in der Lodesschleife: Wann bricht sich der Schleifenfahrer den Hals? Plehwe war solch ein Schleifenfahrer, den die Gefahr kitzelte: nun kam er darin um. Das sind russische Zustände; die in ein furchtbares System gebrachte Knebe lung und Vergewaltigung eines Volkes von mehr als hundert Millionen Menschen durch einen ungeheuerlichen Polizcidruck einerseits und die gelegentliche Entladung der Massenempörung in ebenso furchtbaren Attentaten. Hat Rußland seine politischen Verschwörer und Mörder, die durchaus nicht immer Anarchisten zu fein brauchen, so hat Deutschland seine Sozialdemokratie. Daß sie Bomben wirft oder mit dem Revolver Politik treibt, hat man von ihr ganz gewiß nicht zu besorgen. Aber sie für ungefährlich zu halten, wäre deshalb nicht weniger verkehrt. Denn drei Millionen Reichstags wähler, die unsere bestehenden staatlichen und wirtschaft lichen Zustände verneinen und durch ein neues System ersetzen wollen, sind und bleiben eine Gefahr für den Staat, selbst für einen so mächtigen und mit so außer ordentlichen Hülfsmitteln ausgestatteten Staat wie Deutschland. Und so vergießt denn die Regierung samt zahllosen freiwilligen Staatsrcttcrn Schweißtropfen über Schweißtropfen beim Nachdenken über die Beseitigung dieser drohenden Gefahr. Die Reaktionären grübeln über neuen Ausnahmegesetzen, Staatsanwälte und Richter üben sich in der Auslegung der Gesetze, und die Polizei handhabt mit Eifer das Vereins- und Ver- sammlungsrecht. Tas sind deutsche Zustände. Und die Wirkung des Kampfes gegen die Sozialdemo kratie? Gibt cs wirklich in Deutschland einen ernst zu nehmenden Politiker, der vom Königs berger Hochverratsprozeß ein Abflauen der sozialdemokra tischen Bewegung erwartet? Bringt er nicht vielmehr neuen Wind auf die rote Mühle, deren Flügel sich in der letzten Zeit immer träger drehten? Man muß die Berliner Massenversammlung gesehen haben, in der der iunge Liebknecht über den Königsberger Prozeß Bericht erstattete, man muß das Interesse dieser tausende und abertausende von Zuhörern — nicht bloß Proletarier — beobachtet haben, uni zu wissen, daß es mit der Königs- berger Methode nicht geht. Professor Delbrück, gewiß kein Umstürzler, faßt sein Urteil in das Wort „Klassen- iustiz" zusammen. Es urteilt noch mancher so, der nicht im Gefolge Bebels läuft. Ein ander Bild: Amerika, und dort, wo es am rötesten üt, in Chicago. Der preußische Regicrungsrat Alfred kolb erzählt davon in seinem lesenswerten Buche „Als Arbeiter in Amerika". Ja, cs ist so, cs ist wirklich so, man hat mir's geschrieben, wie einst der Pontifex ausricf; ein preußischer Regicrungsrat hat in Amerika eine Zeit lang als „ungelernter Arbeiter" in einer Flaschenbier brauerei und im Monticrsaal einer Radfahrfabrik ge arbeitet, hat mit Arbeitern in Arbeiterherbergen gelebt, hat Freud und Leid mit ihnen getragen und hat — nicht zuletzt — ein ebenso amüsantes wie lehrreiches Buch darüber geschrieben. Kolb also hat auch die Feier zum Jahrestage des Pariser Kommuneaufstandes mitgemacht, zu der die anarchistische Arbeiterzeitung das revolutionäre Proletariat aller Richtung und Spielart eingeladen hatte. „Wer Berlin kennt", schreibt Kolb, „der weiß, wie viel Riesensäle dort nötig sind, um den Zudrang solcher Tage zu fassen. In Chicago genügte ein Vorstadtthcaterchen. Es war gut besucht. Männer, Weiber, Kinder; fast lauter Deutsche. Nichts von Polizei. Die Vorstellung begann um acht. Gesangsvorträge, lebende Bilder, Ball. Dazu natürlich eine Festrede: Deutsch. Ich habe im Leben manche nut anhören müssen; eine schlechtere nie. Nach der Vorstellung war Ball. Ich geriet an den Tisch eines angezechten Eisenbahners, der von Johann Most schwadronierte und mir ein paar Nummern der „Frei heit" schenkte. Seine hübschen Töchter lehrten mich amerikanischen Walzer tanzen. So verlief mein erster politischer Abend in Amerika, ein Fest, zu welchem man wochenlang vorher die Trommel gerührt, und dessen Dar- bietungen also das höchste sein mochten, was Wissen und Können der Veranstalter zu geben hatte. Daß das so wenig war, kennzeichnet die Schwäche undBedeu- tungslosigkeit der ganzen Bewegung." Auch sonst hebt Kolb hervor, daß die Masse der Arbeiter, mit denen er in Berührung kam, politisch in different war. Mehr als einer wußte kaum, daß er in einer Republik war; und die es wußten, kümmerten sich nicht darum. Politisiert wurde wenig, am meisten noch über auswärtige Angelegenheiten. Zufrieden waren die Leute auch nicht; mancher Arbeiter sprach mit Sehnsucht von der alten Heimat, aber zurück wollte niemand. Die Zunahme der Majestätsbeleidigungen in Deutschland war ein besonders beliebtes Thema. Man rühmte sich, daß man ungeniert sagen könne: „Der Präsident der Ver einigten Staaten ist ein 1" Aber der Verfasser fügt hinzu, er habe niemals im Ernst grobe Respekt- Widrigkeiten gegen den Präsidenten gehört. Das sind amerikanische Zustände. Gewiß, es fehlt auch dort nicht an gelegentlichen Attentaten. Irgend ein übergangener Stellenjäger, ein wahnsinniger Anarchist greift zum Messer, zum nationalen Revolver, auch wohl zur Bombe. Aber das sind belanglose Episoden, die den Gang der Entwickelung nicht hindern, die jedenfalls auf den Staat im ganzen keinen Einfluß ausüben. Die Verhältnisse sind auch drüben nicht durchweg glänzend; geschimpft wird genug. Aber es fehlt das Echo von oben. Man läßt die Leute ruhig schimpfen. Die Polizei kümmert sich nicht darum, was die Leute reden, auch nicht, was sie schreiben. Vielleicht wird gerade deshalb drüben ein so bescheidener Gebrauch von der Redefreiheit und der Preß freiheit gemacht. So finden wir in Amerika die Freiheit als ein Gegen mittel gegen die vom Proletariat drohende Gefahr, wenn man will, als ein Gegengift. Gewiß ist es nicht das einzige Mittel. Kolb deutet noch andere an. So weist er besonders auf den Unfug der allzuhäufigen Ueberstunden hin; er tritt rückhaltlos ein für Verkürzung der Arbeits zeit, so weit und so umfassend, wie sie nur irgend möglich ist. „Und diese Möglichkeit reicht weiter, als Schablone und Schlendrian, sich träumen lassen." Er macht auch auf den großen Vorsprung aufmerksam, den Deutschland durch seine soziale Gesetzgebung vor den Vereinigten Staaten voraus hat. Das ist die positive Seite des Kampfes gegen die proletarische Unzufriedenheit. Ohne sie wird's auch in Amerika auf die Dauer nicht gehen. Aber die negative Seite soll man nicht übersehen, das Ausschalten des Zwanges, das Gehenlassen, soweit es sich mit dem Wohl der Gesamtheit verträgt, kurz, die indi viduelle Freiheit. Das Mittel hat sich unter den gewiß recht schwierigen amerikanischen Arbeiterverhältnissen als probat bewährt. Daß man es in Rußland anwenden sollte, ist leider nicht zu hoffen. Man könnte es gar nicht einmal ohne Uebergang. Aber in Deutschland sollte man vom Osten wie vom Westen lernen, nicht um das eine oder andere System sklavisch nachzuahmen, Wohl aber, um den rechten Mittelweg zu finden. Möge man auch bei uns die Freiheit in allmählich gesteigerten Dosen zur Heilung der kranken Zeit anwenden. ver Humana aer Herero. Brief eine» Mitkämpfer». Einem den „Berl. N. N." zur Verfügung gestellten Privatbriefe vom 6. Juni d. I. aus dem Feldlager Okosonduso von einem Mitkämpfer in der 'deutschen Schutztruppe entnimmt das Blatt nachstehende Mit teilungen: Die schweren Gefechte ani 9. April bei Onganjira und am 13. April bei Oviumbo habe ich mit der Hauptabteilung mit gemacht. Da» erstere dauerte von 10 Uhr vormittags bis Dunkelwerden. Ter ganze Tag war wie ein normaler schöner Manövertag. Alle Truppen, vorsichtig angesetzt, hatten bald den fast unsichtbaren Gegner unter wohlgezieltcS ruhiges Feuer genommen. Die feindliche Stellung war einer einzigen natür lichen Festung vergleichbar und hatte eine Ausdehnung von 10 Kilometer. Unten aus dem Swakoptal griffen wir an. Vor uns am rechten Ufer ein runder Kcgclberg mit vier« bis fünffachem Etagenfeuer in den Klippen übereinander, am Futz Dornenverhaue mit Schützenlöchern dahinter, und davor in der Ebene dichter Dornbusch. Am linken Ufer ein langer Berg mit ebenfalls mehrfachem Etagenfeuer, und rechtwinklig dazu ein 5 Kilometer langer Bergrücken, von wo aus wir umgangen werden sollten. Unsere Artillerie arbeitete und wirkte groß- artig. Wir hätten die ersten beiden Berge nie ohne sie nehmen können. Tote Herero fanden wir am Abend wenige, da die Herero alle ihre Toten und Verwundeten mitnehmen, oder die ersteren schnell eingraben, damit der Gegner nicht erfahren soll, Ivie viel Verluste sie gehabt haben. Das Gefecht am 13. bei Oviumbo fand in dichtem Dornbusch statt und war ganz unheim lich, da man den Gegner fast nie sah und doch den ganzen Tag in wahnsinnigem Feuer war. Die Herero kämpften an beiden Tagen geradezu heldenmütig; sie versuchten bei Onganjira mehrmals die Artillerie zu stürmen und kamen bis auf zwanzig Schritt heran. Sie versuchen immer, die Flanken zu umgehen und sind Meister im Stellen und Hineinlocken in Mausefallen. Sie ertragen die größten körperlichen Schmerzen mit Zähigkeit und handhaben ihre Waffe noch, wenn die Beine zerschossen und sie nicht weiter laufen konnten. In oder direkt hinter ihren Schützenlinien laufen immer Frauen und halbwüchsige Jungen mit, die sofort ihren Toten Waffen und Munition und alle Kleidungsstücke abnehmen, natürlich, unseren Toten werden erst recht alle Sachen abgenommen und nebenbei der Kopf so mit Kirris zertrümmert, daß keiner mehr zu erkennen ist. Wo wir Tote begraben hatten, haben sie diese — nachdem wir abge zogen — wieder auSgegraben und der Kleider beraubt. Seit 3. Mai bin ich bei der im äußersten Osten den Herero folgenden Abteilung von Estorff. Am 24. Mai machten wir einen Ueber- fall auf Vieh tränkende Herero im dichten Dornbusch. Mir kamen die schwarzen Kerle dicht auf den Pelz, bis auf 10 Meter, mit einigen Reitern schossen und stocherten wir mit dem Bajo nett die Kerle aber toieder aus dem Busch. Leider liegen wir hier jetzt fest in endloser Dornensteppe, obwohl wir bis auf 60 Kilometer an den Omurambofluß und etwa 70 Kilometer an den Waterberg, wo die gesamte Hereromacht sitzt, heran sind. Jetzt müßte unsere gesamte Trupps draufgehcn und die Herero angreifen; wenn wir länger warten, wird der Erfolg immer schwieriger. ver rurrirtd iapanirtde Krieg. Ver Angriff ans Port Arthnr. Eine Tschifuer Drahtmeldung des „Daily Expreß" vom 31. Juli besagt: Nach Mitteilungen chinesischer Flüchtlinge aus der Nachbarschaft von Port Arthur ist der allgemeine Angriff der ganzen japanischen Armee nunmehr erfolgt. Die Japaner haben eine Stellung nach der anderen eingenommen und setzten den Vorstoß ungeachtet beträchtlicher Verluste fort. Ein entsetzlicher Artillerie angriff ist im Gange. Der Stahlhagel, der auf die un glücklichen Zitadellen herniedergeht, übertrifft alles, was die Kriegsgeschichte erzählt. 400 schwere Kanonen, alle in trefflichen Stellungen, feuerten unaufhörlich. Der Kampf be gann Dienstag. Einer Tokioer Drahtmeldung der „Times" zu folge veröffentlichen japanische Zeitungen die Uebersetzung der Antwort der Besatzung von Port Arthur auf die japanische Aufforderung zu kapitulieren. Aus der Antwort geht hervor, daß die Belagerten glauben, der japanische Belagerungspark, Oyama und sein ganzer Stab sei mit der „Hitatschi Maru" und „Sado Maru" gesunken. Auch wollen sie nicht glauben, daß Kuropatkin Niederlagen erlitten habe. Russische Hilfskreuzer. Dem Großfürsten Michael, der mit der Ausrüstung der nach Ostasien bestimmten russischen Ostseeflotte betraut ist, lagen, wie der Hamburger Korrespondent der „Frkf. Ztg." hört, nicht weniger als 12 000 (?) Dampferangebote von Reedereien aus allen möglichen europäischen Ländern vor. Im Juni ließ er in Paris wegen Ankaufs von 12 fran zösischen Schiffen für den Transport des Kohlenbedarfs der Flotte verhandeln. Er brach die Verhandlungen aber ab, weil ihm inzwischen gelungen war, das für diesen Zweck nötige Schiffsmaterial anderweitig zu chartern. Bei Freverikshavn passierten in der Nacht zum Montag die Kreuzer der russischen Freiwilligenflotte „Don" (ex „Fürst Bismarck") und „Ural" (sx „Kaiserin Maria Theresia" und zwei Torpedoboote. Bei Skagen kehrten die Torpedo boote um und gingen mit je zwei Lotsen aus Freverikshavn nach dem Sund, während die Kreuzer weitergingen. Deutsches sieich. Berlin, 1. August. * Tie Statistik tzer Prtvatangestcllten. Angesichts der immer lebhafter werdenden OrganisationS- und Standes- bewegung der Privatbeamten in Deutschland sind die nach folgenden Uebersichtrn von Interesse, die der Reichstags abgeordnete vr. Potthoff (Fr. Ver.) im Inlihefte ver „Vollswirtschaftlichen Blätter" veröffentlicht. Er schreibt: Die Zahl der Privatangestellten im Deutschen Reiche läßt sich auf Grund der amtlichen Statistik nicht genau feststellen. Bei der Berufszählung hat diese nach der sozialen Stellung drei große Kategorien unterschieden: ». Selbständige, b. Angestellte, o. Arbeiter. Die Gruppe d deckt sich aber nicht mit dem heutigen Begriffe der Privatbeamten, da die Gehülfen und Lehrlinge in Handels betrieben mit offenem Laden nicht zu d „Angestellte", sondern zu o „Arbeiter" gerechnet und in der Berufsgruppe L „öffentlicher Dienst und freie Beruf-arten" die Privatangestellten nicht von den staatlichen und Gemeindebeamten, auch nicht überall von den Selbständigen, unterschieden sind Außerdem liegt die letzte Berufs zählung vom Jahre 189S ziemlich weit zurück. Immerhin entbehrt eine Uebersicht daraus auch heute nicht der Interesses. Es waren vorbanden: Männliche Angestellte in der Landwirtschaft: 1895: rund 78000 (1882 : 61 0001, weibliche Angestellte: 18000 (6000), zusammen 1895 : 96 000 (1882 : 67 000). Männliche Angestellte in der Industrie wurden gezäblt: 1895 : 254 000 (97 0lXH weib liche: 9000 (2000), zusammen 1895 : 863000 (1882 : 99 000). Der Handel batte 1895: 250000 (1882; 138000) männliche, 12 000 (3000) weiblich«, zusammen 262 000 (141 000) Angestellte auf- zuweilen. Dazu kamen 18S5: 269 0aa männliche und 119000 weibliche, zusammen 388000 HandlungSgehülfen; die Zahl der Privatangestellten in freien Berufen betrug etwa 50 000 tm Jahre 1895. Die Gesamtzahl der Privatanszestellten betrug also 1895 etwa eine Million und hat sich in 13 Jahren mehr als verdoppelt. In noch weit stärkerem Maße ist die Zahl der weiblichen Angestellten gewachsen, die sich weit mehr als verdreifacht hat. Ueber die Zusammensetzung dieser Summen im einzelnen gibt vr. Potthoff ausführliche und statistisch wertvolle Tabellen. Die folgenden Uebersichtrn zeigen schließ lich noch den Anteil, mit dem die Angestellten an der Ge samtzahl der Erwerbstätigen beteiligt sind; sie beweisen, daß die Privatbeamten nicht nur absolut stark zunebmen, sondern daß auch das Verhältnis zur Zahl der Selbständigen sich zu ihren Gunsten verschiebt. Von je hundert Erwerbstätigen waren in der Land wirtschaft 1895 (1882): Angestellte 1,16(0,8), Selbständige: 31 (28). Die entsprechenden Zahlen sind in der Industrie 3,18 (1,55) bezw. 25 (34), im Handel: 11,2 (9) bezw. 36 (45). Die Angestellten sind verhältnismäßig am stärksten vertreten im Ver sicherungsgewerbe (66 Proz. der Erwerbstätigen), im Verkehrsgewerbe 16 Proz.) und in der Forstwirtschaft (13 Proz.). Am geringsten ist die Zahl der Angestellten (weniger als ein Prozent der Erwerbs tätigen) in der Berussgruppe „Beherbergung und Erquickung", sowie in Landwirtschaft, Gärtnerei und Tierzucht. * Zur Frage der Beschaffung deutsch-ungarischer Arbeiter und Ansiedler für die Ostmark nimmt die „Kronstädter Zeitung" in sehr bestimmter Form Stellung. Sie bringt einen Artikel ver „Alld. Bl." zum Abdruck und warnt geradezu vor solcher Auswanderung, da sie eine bedenkliche Schwächung des dortigen Deutschtums bedeute und die Ver hältnisse in den preußischen Ostmarken so grundverschieden seien von denen in Siebenbürgen, daß eS im beiderseitigen Interesse liege, eine solche Auswanderung auf keine Weise zu unterstützen. Aehnlich hat sich auch das Hermannstädter „Sieben- bürgisch-deutsche Tageblatt" wiederholt ausgesprochen. Es ist dies nur ein erfreuliches Zeichen dafür, daß das Deutschtum in Siebenbürgen sich selbst am allerwenigsten die Lebens fähigkeit absvricht. Nachdem die siebenbürgischen Blätter die bezüglichen Anzeigen der Berliner „Zentralstelle zur Be schaffung deutscher Feldarbeiter, Ansiedler und Institute für die preußischen Ostmarken" nicht mehr bringen, wäre nur zu wünschen, daß von Berlin aus auch das Aufgeben dieser Anzeigen eingestellt werde. * Ter Fall Mirbach hat eine interessante Wendung genommen. Berliner Blätter veröffentlichen eine gemein same Erklärung des engeren Ausschusses des Evangelisch kirchlichen Hülfsvereins, des Berliner Zweigvereins des Evangelisch - kirchlichen Hülfsvereins, des Brandenburgischen Provinzialverbandes des Evangelisch-kirchlichen Hülfsvereins, des Kirchenbauvereins, der Augusta Victoria-Stiftung in Potsdam und der Rnmmelsburger Gemeindeanstalten. Die Er klärung rühmt die TätigkeitdesFreiherrnv. Mirbach für kirchliche Liebeswerke, für die ihm die dankbare Aner kennung der evangelischen Kirche und des ganzen Landes ge bühre. In den 16 Jahren enger Arbeitsgemeinschaft sei den Unterzeichnern der Erklärung kein tatsächlicher Anhalt für das Urteil vor Augen getreten, daß den zahlreichen, ihren Vereinen durch Frhr. v. Mirbach zugewandten Gaben ein Makel anhafte. Teilweise seren die Gaben durch Zusagen vor den Zeichnungen erlangt worden. Die Zuschrift wünscht jedoch dringend die gerichtlich oder amtlich sicheraestellte rajche Klärung der Frage nach dem Verbleib des nicht zur Abhebung für den Kirchenbauverein gelangten Teils des Guthabens bei der Pommernbank, wofür Mirbach selbst Auskunft zu geben nicht imstande sei. Die Erklärung schließt mit dem Wunsche, daß Frhr. v. Mirbach seiner bis herigen Tätigkeit noch lange erhalten bleibe. Wenn sogar diese Vereine eine Aufklärung in bezug auf das Konto K. fordern, so dürfte darin wohl die stärkste Recht fertigung solcher Forderung liegen. * Einen Ortzen- und Titelhandcl in Preußen hält die „Welt am Montag" für erwiesen. Das Blatt macht auch verschiedene positive Angaben, die zu prüfen zur Zeit nicht möglich ist. Es ist da von einem Rittmeister a. D. die Rede, der geschäftsmäßig Ordensverleihungen vermittelt habe. Dem Rittmeister sollen wiederum Leute als Schröpfer und Agenten gedient haben. Nach der „Welt am Montag" soll auch die Frau eines Berliner Apothekenbesitzers, der für eine Kirche ein wertvolles Fenster geschenkt hat, durch die Für sprache des Frhrn. v. Mirbach den Luisenorden erhalten Katzen. — Hoffentlich stellen sich die Mitteilungen des Blattes als Klatschgeschickten heraus. * Ilcbcr die geistige Bildung im deutschen Offizier- korps wird gegenüber so mancherlei verkehrten An- schmmgen sogar der freisinnigen „Voss. Ztg." geschrieben: „Im allgemeinen aber wüpde der Laie sich wundern, wenn cr einen Blick in ein deutsches Offizierkorps täte und sähe, was dort von den jungen wie von den älteren Offizieren neben dem aufreibenden praktischen Dienst noch an wissenschaftlicher Weiterbildung verlangt wird. Daß die Kenntnis hiervon so wenig in weitere Kreise des Volkes eindringt, liegt vielleicht daran, daß diese wissenschaftliche Tätigkeit sich in erster Linie auf die Wintermonate beschränkt, die Herren anderer Berufs kreise aber, die als Reserveoffiziere mit dem Heere in nähere Berührung kommen, meist nur während der Sommermonate eingezogen werden. Natürlich stehen hier die militärwisscn schaftlichen Fächer im Vordergründe, und es sind in erster Linie Themata aus der Technik, Kriegsgeschichte, Waffen- und Befestigungslehre, die den Leuttumts bei den sogenannten »Winkerarbcitcn" zur Bearbeitung gestellt werden. Aber ab gesehen davon, daß auch diesen Spezialfächern, namentlich der Kriegsgeschichte, Ivcnn sie richtig betrieben werden, ein großer Wert für die allgemeine geistige Schulung und Bildung inne wohnt, sinder man kaum ein Offizierkorps, in dem nicht auch die TageSfragen auf anderen tsiebieten der Wissenschaft, die neuesten Errungenschaften der Technik, die Meisterwerke der Kunst durch Vorträge und durch schriftliche Arbeiten eingehende Beachtung fänden. Gerade weil dem Offizier der jahrelange Drill der gelehrten Spezialwiffenschaft fehlt, di« nur zu oft
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