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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.08.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-08-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040804024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904080402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904080402
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- LDP: Zeitungen
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
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Lripriger Mgelegenbeilrn. Leipzig, 4. August. e. Sicherheitsmanner in Bergwerken. Um dem Wunsche verschiedener kreise nach Erhöhung der Be- trrebssicherheit in den Bergwerken durch Mittontrolle der Arbeiter nachzutommen, schuf die sach. slsä)e Staarsregrerung vor einigen Jahren die Jnslituffon der sogenannten Sicherheitsmänner anf den fiskalischen Bergwerken. Der Ausfall des Versuchs sollte einen Beitrag zur Erörterung der Frage liefern, ob es sich empfiehlt, staatliä-erseits später für den gesamten Bergbau ähnliches ins Leben zu rufen. Nach dem diese Einrichtung vier Jahre lang bestanden hat, sind von der Negierung nunmehr von den Direktionen der Zauckeroder Steinkohlenwerke und von der Ober direktion der Freiberger Erzbergwerke Berichte über die Sicherhcitsmänner eingefordert worden. Die beiden Berichte gehen dahin, daß bisher nur erfahrene und ver- ständige Leute als Sicherheitsmänner gewählt worden sind, daß dieselben ihre Aufgabe rein sachlich aufgefaßt und sich bei ihrer Tätigkeit innerhalb des ihnen gebotenen Rahmens gehalten hätten. Irgendwelche Zwistigkeiten zwischen den Sicherheitsmännern, den Beamten und den Arbeitern seien nicht aufgetreten. Die von den Sicher heitsmännern als Ergebnis ihrer Tätigkeit niedergeleg ten Bemerkungen bezögen sich nicht auf allgemeine Ge sichtspunkte, sondern in der Regel darauf, daß da oder dort ein Holz bald ausgewechselt oder eine Gesteinschale abgetrieben werden möchte. Meist lautete aber der Ein trag: „Alles in Ordnung gefunden". Wenn nach den bis- herigen Erfahrungen der Nutzen der Sicherheitsmänner für die tatsächliche Erhöhung der Sicherheit der Gruben nur ein geringer sei, so erblicken die Grubendirektionen Tie Rrich»angehörigkrit der Ausländsdeutschen. Wie der „Neuen Züricher Ztg." mitaetilt wird, sollen unter den im Auslande lebenden Deutschen Unter schriften gesammelt werden für eine Massenbittschrifl an Reichstag und Reichskanzler, um eine Aenderung des Gesetzes über Srwerb und Verlust der Reich-angehörig, keit herbeizuführen. Die Hauptwünsche seien: Jedem im Auslande lebenden Deutschen soll die Sicherheit gewährt werden, daß er niemals gegen seinen Willen seine Rechte als Reichsangeböriger verlieren kann: die Wieder erwerbung der verlorenen Reichsangebörigkeit soll in jeder Hinsicht erleichtert und in keinem Falle so erschwert werden, wie dies bisher der Fall ist: die Gebühren für die Konsulatseintragungen sollen abgeschafst oder doch erheblich vermindert werden, und endlich soll das schlecht verständliche Fremdwort „Matrikel" durch die Bezeich nung „Konsulatsliste der deutschen Reichsangehörigen" ersetzt werden. Nach dem ReichSaesetz vom 1. Juni 1870 geht die Staatsangehörigkeit bekanntlich verloren durch zehnjährigen Aufenthalt im Auslande, wofern nicht der Abwesende leine Staatsangehörigkeit durch Eintragung in die Matrikel eines Bundeskonsulats manifestiert. Schon durch das Gesetz vom 1. Juni 1870 ist der Wieder- erwerb der Staats- (oder Reichssangchörigkeit, welche durch bloßen Nichtgebrauch erloschen ist, wesentlich er leichtert worden. Es ist nämlich jeder deutsche Staat, in dessen Gebiet ein Deutscher sich niederläßt, der seine Staatsangehörigkeit durch zehnjährige Abwesenheit im LuSlande, also ohne Entlassungsvertag, verloren hat, verpflichtet, demselben die Aufnahmeurkunde auf Verlangen zu erteilen (8 21,5): außerdem ist der frühere Heimatstaat berechtigt, seinen ehemaligen An gehörigen, auch ohne daß sie sich in seinem Gebiete nieder- lassen, die Staatsangehörigkeit wieder zu verleihen, vor- auSgeseht, daß sie nicht inzwischen eine andere Staats angehörigkeit erworben haben. Nnch dem oben stehen den Inhalt der Massenbittschrift ist anzunehmen, daß ihren Unterzeichnern die in Betracht kommenden gesetz lichen Bestimmungen nicht durchweg bekannt sind. An sich ist es aber wünschenswert, daß das Reichsindigenat durch Zeitablauf überhaupt nicht verloren geben kann. Krönnng de» Königs Peter. Neber die Vorbereitungen für die Krönung des König» Peter wird uns aus Belgrad berichtet: Der Hofmarschall Tscholak-Antic begab sich vor einigen Tagen nach Bukarest, um sich dort über das Zeremoniell zu erkun digen, daS bei der Krönung des KömgS Karol beobachtet wurde. Nach seiner Rückkehr unterbreitete der Hof marschall dem Ministerpräsidenten den Bericht über die Aufklärungen, die er in Bukarest erhielt. Da die'eS Zeremoniell, in anbetracht seiner Einfachheit und seiner geringen Kostspieligkeit den serbischen Verhältnissen am meisten entspricht, wird es wahrscheinlich zur Grundlage der in Belgrad staltfindenden Krönung genommen werden. Das Zeremoniell für die Salbung, die in Zitscha vollzogen wird, wurde vom Metropoliten von Belgrad ausgearbeitet. Es ist jedoch bisher noch nicht entschieden, ob die Salbung vor oder nach der Krönung stattfinken wird. In Regierungs kreisen ist man dafür, daß die Salbung schon in Kurzem, etwa Mitte August, vollzogen werde; der Erzbischof ist da gegen für die Vornahme der Salbung nach der Krönung. Deutsches Keich. * Leipzig, 4. August. * Nolstandstarise für Industrie und Landwirtschaft. Die „Berliner Politischen Nachrichten" bringen einen offiziösen Artikel über den durch die gegenwärtige Lage auf den deut schen Flüssen hervorgerufenen außergewöhnlichen Zustand. Hierzu bemerkt der Verband sächsischer Industrieller: „Es ist bezeichnend, daß das oifiziöfe Organ der preußischen Regierung zwar davon überzeugt ist, daß ein Nolstandstarif für Futtermittel in Schlesien durch Gewährung einer Fracht ermäßigung von 50 Proz. eingesübrt werden müsse, und auch andeutet, daß die preußische Regierung weitere Ermäßigungen z. B. für Samen von Futtergewächsen in Erwägung ziehen werde, im übrigen aber den Anregungen aus industriellen Kreisen aus zeitweise Herabsetzung der Gütertarife in einer Weise entgegentritt, al« ob deren Forderung ein un diskutierbares Ansinnen an die Regierung bedeute. „Der Kaufmann müsse die Gewinn- wie Verlustchancen seines Geschäftes in Rechnung ziehen und könne nicht verlangen, daß er, während er die ersteren voll ausnutze, für die letzteren auf Kosten der Steuerzahler schadlos gehalten werbe." Diese Auffassung der preußischen Regierung muß als eine ganz einseitige zurückgewiesen werden. Der Kaufmann und Industrielle pflegt in der Regel auf dem Wasserwege alle diejenigen Waren zu beziehen, die er hierdurch billiger «IS durch Babnbeförkerung erhalten lann, was vom kauf männischen Standpunkte aus auch ganz selbstverständlich ist. Im besten Falle kann er erreichen, daß der Wasserweg während des ganzen Jahres offen steht und somit seine Ver ¬ kehrskalkulationen stabil bleiben, eine Gewinnchance bat er also überhaupt nicht. Wohl aber pflege« Abweichun gen von diesem Zustande öfter« einzutreten, namentlich im Winter, wen» der Frost die Beförderung auf dem Wasser vielfach für längere Zeit unmöglich macht. Insoweit e« sich hierbei um d»e in gewissen Zeiträumen fast immer vorkommende Unterbrechung der Schiffahrt im Winter handelt, ist von industriellen Kreisen noch niemal« der Anspruch erhoben worden, daß seitens des Staates irgendwie eingegriffen werde. Bei dem geaen- wärtigen Zustand handelt es sich aber um so abnorme Ver hältnisse, d. h. um einen wirklichen Ausnahmezustand, daß man nicht mehr von „Verlustchancen bei ungewissen Kalkulationen" reden kann. Daß im Winter die Wasserwege einmal zufricren, darauf muß der Kaufmann rechnen und dafür richtet er sich auch ein, daß aber im Sommer die Hauptströme de« Landes plötzlich einen Tiefstand zeigen, wie er seit einer ganzen Reihe von Jahrzehnten noch nicht in solcher Dauer um dies« Zeit vorge kommen ist, darauf kann sich die deutsche Industrie ebenso wenig einrichten, al» wenn etwa Plötzlich die Ei'enbahnen wochenlang jeden Verkehr einstellten. Diejenigen Unter nehmungen, welche im Vertrauen auf die Schiffbarkeit der Ströme ihre Aufträge auf dem Wasserwege kommen ließen, sind durch die gegenwärtigen Verhältnisse in eine äußerst schwierige Lage geratben, die Mehrausgaben für Frachten beziffern sich bei einzelnen großen Betrieben auf zehn- taulrnd« von Mark und insgeiamt auf viele Millionen, denn die in Preiskatalogen und zum Teil schon durch Bestellungen für lange Zeit festgelegten Verkaufspreise lassen sich nicht von heute auf morgen ändern. Nament lich bei geringwertigen Waren von hohem specifischen Gewicht macht aber eine Differenz wie die jetzige zwischen Babn- und Wafferfracht das ganze Geschäft verlustbringend. Es ist auS diesem Grunde sehr bedauerlich, daß die preußische Negierung, welche ebenso wie die sächsische die Politik der Frachtherabsetzung so ost zu Gunsten der Landwirtschaft bei weniger außergewöhnlichen Verbältmssen gebraucht Kat, kci dem letzigen ganz abnormen Zustande, der ein Notstand ist, ein Entgegenkommen gegen Handel und Industrie völlig ver missen läßt. Wie wir wissen, ist man von berufener Seite namentlich seitens der Dresdener und Chemnitzer Handels kammer auch in Sachsin vorstellig geworben, um Maßregeln zu Gunsten der durch rie jetzigen Zustände schwer becränglen Industrie durchzusetzen, und wir kosten, daß man fick an den betreffenden Stellen in Sachien nicht von demselben Geiste wie in Preußen leiten lassen wird." Berlin, 4. August. * Vorbildlichkeit der knappschaftlichen Versicherung. Die knappscliastliche Versicherung hat schon vor Inkraft treten der sozialpolitischen Versicherungsgesetze eine weit- reichende Fürsorge für ihre Mitglieder und deren An- ! gehörige bewirkt. Sie war deshalb mit Recht bis zu i einem gewissen Grade vorbildlich für die Schaffung der j reichsgesetzlichen Versicherung. Im Jahre 1900 waren i in Deutschland 139 Knappschaftsvereine in Tätigkeit mit ! 641 136 Mitgliedern. Ihre Einnahmen beliefen sich auf 55 122 415 ihre Ausgaben auf 45 465 134 Ihr Vermögen betrug Ende 1900 fast 122 Millionen Mark. Für ein Mitglied wurde 1900 durchschnittlich 77 Jahresbeitrag gezahlt, wovon das Mitglied selbst 42,38 der Werksbesitzer 35,42 leistete. An Unter- stützungen wurden 1900 gewährt für 64 855 Invaliden fast 15 Millionen Mark (im Durchschnitt 230,27 ^.), für 59 293 Witwen über 6^ Millionen Mark (im Durch- ' schnitt 112,32 ^l), für 46 585 Waisen über 2^ Millio- j nen Mark (im Turschnitt 59,08 ^). Es hat also im ! Durchschnitt monatlich ein Invalide beinahe 20 eine > Witwe 9,40 eine Waise etwa 5 erhalten. Wenn es sich darum handeln wird, die Arbeiterwitwen- und s späterhin auch di? Waisenversicherung allgemein einzu- j führen, werden die bei den Knapvschaftsvercinen ge wonnenen Erfahrungen angemessene Verwendung finden. * Reform des amtsgerichtlichen Verfahrens. Zu sehends nimmt die Zahl der Stimmen zu, welche für die Rechtsprechung in der ersten Instanz eine Reform be gehren. Die Handelskammer zu Halberstadt befürwortet, daß die Amtsgerichte künftig für Streitsachen mit einem Werte nicht nur bis zu 300 sondern bis 500 zu- ständig sein sollen. Die Einzelgcrichte hätten die Er wartungen und Hoffnungen, welche die gesetzgebenden Faktoren des jungen Deutschen Reiches in sie gesetzt, glänzend erfüllt. Es dürfte an der Zeit sein, die Ab sichten, die man damals hegte, zur Tat werden zu lassen und die Institution des Einzelrichters in weiterem Um fange auszubanen. Juristische Kapazitäten, wie Miquel und Windthorst, ergriffen schon anfangs der 70er Jahre zu Gunsten der 500 -/(-Grenze da? Wort. Wir möchten glauben, daß an den Stellen, welchen die Ausarbeitung der Reform des amtsnerichtlichen Verfahrens obliegt, die Geneigtheit, einem Vorschläge näherzutreten, wie ihn die Handelskammer in Halberstadt macht, bereits vorhan den ist. Selbstverständlich aber müßte, wenn ihm nach- gegeben würde, die Zahl der Einzelrichter nicht unerheb- lich vermehrt werden. Ohne daß diese wichtige Forde rung erfüllt wird, ist überhaupt nicht an eine Reform des amtsgerichtlichen Verfahren» zu denken. Je mehr deren Notwendigkeit aber in immer weiteren Kreisen empfun den wird, um so weniger sollt« man sich scheuen, auch die richtigen Schlüsse au- den Tatsachen zu ziehen. Der Reichstag muß mehr Geld in den Beutel der Einzelstaaten bewilligen, mit anderen Worten durch Erhöhung der eige nen Einnahmen des Reiches dafür sorgen, daß die Einzel- staaten ihre Einnahmen mehr im Sinne der Verfolgung von Reformen auf den Gebieten, die ihnen Vorbehalten sind, verwenden können, als vielfach in den letzten Jahren möglich gewesen ist. * Ta» erste Opfer de» Lchcrlschen TparlottosyftemS. Der Herausgeber der in Hannover erscheinenden volkswirt schaftlichen Zeitschrift „Die Sparkasse", Organ de« Deutschen Sparkassen-Derbandes, Professor vr. W. Schäfer, teilt in einer Brieskastennotiz in Nr. 53g der Zeitschrift mit, daß er mit der Nummer 541 der „Sparkasse" — also am 15. September — von der Schriftleitung zurück- trete. Die „Frkf. Ztg." schreibt daru: Man geht wohl nicht fehl, wenn man diesen Rücktritt des Professors Schäfer darauf zurückführt, daß er in Würdigung der Interessen der deutschen Sparkassen eine durchaus ab lehnende Haltung gegenüber dem Scherlschen Prä mien sparsy st em einnahm. Vielleicht erleben wir e» nun mehr, daß die volkSwinschaflliche Zeitschrift „Die Sparkaffe" von Herrn August Scherl erworben wird, der dann am einfachsten dem seinen Sparlottoplänen ergebenen GeichLftS- fübrer des Deutschen Sparkassen Verbandes, Direktor Drape, zum Redalieur ernennt. Dann wäre auch „Die Sparkaffe" vollständig Orzan deS „Deuuchen Sparkaffen-Verbancs" und des Herrn Scherl — aber nicht Organ der Deutschen Sparkassen! ' Hofnachrichton. Die Kaiserin, welche bekanntlich seit einiger Zeil mit ikren jüngeren Kuirern aus Schloß WilKelmS- böke bei Kassel Sommerausentkall genommen bat, pflegt dort an jedem Morgen in den Anlagen eine größere Rciltour zu unternehmen. Am Spätnachmittag werden mit den Prinzen und der Prinzessin gewöhnlich WagenauSfabrlen >n die weitere Umgebung von Wilbelmoköke aemackt. Ost und gern besucht die Kai»-r,n das benachbaite Wttkelmstal, >n dessen Schloß park dann der Tbee eingenommen wird. — Die Ankunft res Kaisers aul Sckloß Wilnelmsköhe wird, neueren Be stimmungen zufolge, erst in den lepten Tagen der nächsten Woche zu erwarien sein. Der Besuch de« Kai erpaare« in Hameln und Fischbeck, der ursprünglich für den II. d. M. vorgesehen war, wird demnach erst gegen Mille vieles Monats statlsinden. — Personalnotizen. Der Oberrechnungskammerdirektor Wirkliche Gebeime Oberregierungsrat Henning Kat einen Urlaub angclrelen. — Ter großbritannische BotseKaster Sir Frank Las celles ist nach Beilin zurüctgetehrt unü hat die Geschäfte der Botschaft wieber übernommen. — Nationalliberale Kandidaturen. In einer in Celle abgehalienen Versammlung der nationallibera» len Vertrauensmänner des Landtagsnxrhlkreiscs Celle- Burgdorf, zu der auS allen Teilen des Wahlkreises gegen hundert Vertrauensmänner erschienen waren, wurde eer frühere Abgeordnete für den Kreis Hildesheim-Peine, Herr Fabrikant und Gutsbesitzer Hoyermann, zum Kandidaten für den durch den Tod des RlttergursbesitzcrS ThicS-Habighorst er- lcdrgten Landtagssitz ausgestellt. Sein konservativer Gegen- kandidat ist Amlsgerichtsrat Freibank. — Wie aus Gelsen» k i r ch en gemclder wird, ist ms nationalffberalcr Kandidat für HaS durch den Tod des Geh. Rats vr. Lchultz erledigte Mandat der frühere Reichstagsabgeordnete Franken auf gestellt. — Betreffs Polsterung der Sitze und Rücken» lehnen in den Personenwagen 1. und 2. Klasse hat der preußische Minister der öffentlichen Arbeiten in einem an die Eisenbahndirekrionen gerichteten Erlasse be'timmt, daß, nachdem sich die glatt durchgepolsterten Rüctenlehnen überall nut bewährt haben, nunmehr stets, also auch bei Aufpolsterung der Sitze in den vorhandenen Wagen, die Rückenlehnen glatr zu Postlern sind. Zugleich hat der Minister in Erinnerung gebracht, daß bei der gleichen Gelegenheit auf eine weichere Polsterung der Sitze Bedacht zu nehmen ist, tunlichst in der Weise, Ivie dies für neue Wagen bereits angeordnet ist. * Breslau, 3. August. Der preußischeLandes- verbandderstädtischenHaus-undGrund- besitzervereine hielt heute hier seinen 7. Ver- ibandstag ab. Nach Abstattung des Jahresberichts ' durch den Vorsitzenden, Herrn Justizrat I)r. Baumert- i Spandau, wurde eine Reihe von Vorträgen gehalten, i Es referierten Oertel-Breslau und Heinzelmann-Berlin über Errichtung von Hausbcsitzerkammern. Ersterer ' empfahl diese Errichtung analog den bestehenden Han- ! dels-, Handwerker-, Apotheker- und landwirtschaftlichen i Kammern, während der letztere dafür nicht eintreten > konnte, weil er den Hausbesitz nicht als einen Beruf an- l erkennen mochte. Zur Heimstättenfrage sprach sich der VerbandStag dahin auS, daß auch in Deutschland ein Heinistättenrecht eingesübrt und besonders auf den städtffchen Grundbesitz ausgedehnt werden möchte. Ueber die durch Verordnung de- Minister- der landwirtschaft lichen Angelegenheiten sllr Preußen eingeführte Ltnrich- tung von Larämtern verbreitete sich Stadtrat Zabel- Guven und empfahl in allen Orten die Errichtung von kollegialisch aus Sachverständigen gebildeten Larämtern mit Behördenbefugnis. Usber daS Versicherung-- wesen referierte eingehend Justizrat vr. Baumert. Während er die Glasversicherung auf lokale Vereinigung zu beschränken vorschlug, empfahl er die Hau-Haftpflicht auf Provinzen und größere Verbände auSzudehnen, auch durch Rückversicherung die Gefahr zu mildern, jedenfalls aber für diese beiden Zwecke ebenso eigne Gesellschaften im Verbände zu bilden, wie für die Feuerversicherung, welche in den Sozietäten einzelner Städte für den Grundbesitz höchst nachteilig arbeiten. Alle seine Vorschläge fanden Annahme, wie auch der Antrag deS Bunde- der Berliner KauSbesitzer-Dereine (Referent Herr Backowski) auf Ein setzung einer Kommission, welche das Verhalten der Re gierung in der Baugenossens chaftSfrage er- örtern und Stellungnahme des Landesverbandes hierzu anregen soll. Fünf Berliner Herren werden mit dem Recht der Zuwahl hierzu ernannt und wird hierauf Kassenbericht und Hausbaltpkan entgegengenommen und auf Vorschlag der Nechnungsvrüfer genehmigt. Eine unwesentliche Aenderung der Satzungen wird angenom- men, Wablen in den Vorstand deS Verbandes vollzogen und die Sitzung nach Mündiger Dauer geschlossen. * Meinungen. August. Die Erbprinzessin von Sachsen-Meiningen, die -«kgnntlick mit ihrem Gemahl aus einer Ankomobilrundreis« durch da» Herzogtum begriffen lst, fllklt sich »iffolae der aufreibenden EmpsanaSfeierlichkeilen der s-tzten Z-'t sehr angeariKrn. Gelegentlich ihrer An wesenheit in Gräfenthal wurde sie von einem plötzlichen Un wohlsein befallen, daS die Herrschaften rur sofortigen Abreise rwang. Die dort geplant gewesenen Besichtigungen mußten daher unterbleiben. Rusismck. (Großbritannien. * TaS Unterhaus dehnte feine gestrige Sitzung bis zum frühen Morgen aus, da die Liberalen durch heftigste Opposition versckievene Maßregeln aufzubalten suchten, die die Regierung vor dein Ende der Session zu erledigen wünscht. Die Re solution beti essend Gewährung einer Subvention an die Conard« Linie entsprechend dem Abkommen zwischen der Regierung und ver Cuuard-Gelell'ckaft wurde endgültig angenommen, obgleich die Liberalen rie Gewährung der Subvention aus dein Grunde betämpiten, daß die Bedingungen für die Geiell- lchast zu günstig seien unv daß kein Bedürfnis für die Er teilung einer Subvention mehr vorliege, da der atlantische SchisfahrlSlrusl fehlgeschlagen sei. gezogen, mein Herr. Wir müssen lvarten, bis sich die Leute verlaufen haben", antwortete der Kutfckser. Tas dauerte Herrn Lejeune zu lange. Er bezahlte den Kutscher, stieg aus und wollte sehen, zu Fuß weiter zu kommen. Dabei ging er aber doch unwillkürlich etwas näher, um zu sehen oder doch zu hören, um was es sich handelte. Zunächst hörte der Advokat nur ein ver worrenes Geschrei, Lärm und Toben, woraus nichts Rech tes zu unterscheiden war. Erst als er dem Kern der Gruppe näher kam, konnte er bestimmte Aeußerungen hören. „Wer?" rief jemand. „Nicht möglich! Alle Welt dachte schon, er wäre längst übers große Wasser, und nun liegt er hier auf dem Kai." „Ist er tot?" fragte ein anderer. „Puhl Er riecht schon", warf ein dritter dazwischen und lief eilends davon. „Um was handelt es sich, mein Herr?" fragte Herr Lejeune aufmerksam geworden einen neben ihm Stehenden. „Man sagt, der Bankier Belotti sei tot aus dem Wasser gezogen worden", antwortete dieser vorsichtig. „Nickt möglich! Ist kein Kommissar da, damit dis Leiche polizeilich aufgehoben werden kann?" fragte Herr Lejeune erregt und laut. „Lassen Sie mich durch, meine Herren, ich bin beteiligt. Lassen Sie mich durch." „Dort ist der Kommissar", sagte jemand und deutete mit dem Finger aus einen Herrn mit einer dreifarbigen Schärpe. Herr Lejeune drängte sich durch. Eben wurde eine zweirädrige Karre gebracht, auf der man die Leiche fort schaffen wollte. „Herr Kommissar, Herr Kommissar!" rief der Advokat. Dieser lvandte sich um. „Ah, Mcfftre Lejeune", antwortete er dann, „Sie kommen wie gerufen. Sie kennen doch Herrn Jean Bap- tiste Belotti genau?" „Wie meine Hand. Was ist passiert?" „Hier dieser Herr hat sein Segelboot an einer Hafen boje befestigen wollen und dabei ist ein menschlicher Kör per aufgetaucht, der offenbar schon einige Tage im Wasser liegt. Nach einer Brieftasche mit Visitenkarten und Papieren ist es die Leiche des Bankiers Belotti. Bitte, sehen Sie selbst." Herr Lejeune trat näher und stand jetzt direkt vor dem Toten. Er machte einen jämmerlichen Eindruck. Das Wasser batte ihm offenbar derb zugesetzt. Das Ge sicht lvar grau und grünlich, die Züge verfallen, als ob noch die Verzweiflung der letzten Lebenstage darin fest- gehalten sei, die Lippen bläulich und sonderbar verzogen oder verzerrt. Auch erschien der Tote hagerer und elen der, als Herr Belotti im Leben gewesen und wie ihn Herr Lejeune in seinen gesunden und glücklichen Tagen gekannt. Tie letzte Zeit mußte ihn doch derb mitgenom men haben. Gleichwohl lvar die Aehnlichkeit unverkenn bar. Herr Lejeune erkannte ihn sofort, schon an der Kleidung. Wie oft hatte er ihn in diesem graumelierten Jackettanzug über die Rue Canncbiöre gehen sehen! „Tie Sache stimmt. Wie?" meinte der Polizeikom- missar, „es ist der Bankier Belotti?" „Wer denn sonst", antwortete Herr Lejeune. „Sie bringen ihn zu seiner Familie?" „Ja. Nachdem er genügend rekognosziert ist, wird das das Beste sein." Herr Lejeune stand etwas in Gedanken versunken. Es entstand eine Pause; als ob die Herren trotz ihrer Sicher heit nicht recht wüßten, ob sie recht taten. «Sie werden sehr vorsichtig sein müssen, Herr Kom missar", begann der Advokat endlich wieder, „wegen der Kinder und auch wegen der Frau. Nal Wissen Sie waS? Ich werde Sie begleiten. Ich habe ohnehin mit Madame Belotti einiges zu verhandeln. Es ist Ihnen doch recht?" Aber mein lieber Mcfftre Lejeune, Sie machen mir damit eine Freude. Glauben Sie, solche traurige Funk tionen sind so unterhaltend, daß einem dabei nicht eine so gute Gesellschaft erwünscht wäre? Kommen Sie. Wir lassen den Toten aufladen, decken ihn gut zu und fahren dann in eurer Droschke hinter ihm her. Hier dürfen wir ihn so wie so nicht länger liegen lassen. Also vorwärts, ihr Leute. Nach der Villa Jolilotte." Während man um den Toten bemüht war und ihn auf den Wagen hob, zudeckte und sich langsam damit in der Richtung der Jolilotte entfernte, winkte der Polizei kommissar eine Droschke heran, stieg mit Herrn Lejeune ein und fuhr langsam hinter dem Wagen mit dem Toten her Die Leute verliefen sich allmählich, man kam in andere Straßen, wo man keine Ahnung davon hatte, was dort transportiert wurde und infolgedessen auch keinen Austauf verursachte. Aber zwischen den beiden Herren in der Droschke wollte es trotzdem zu 'einer Unterhaltung kommen. Beide waren offenbar mit ihrem eigenen Ge dankengange zu beschäftigt, als daß sie zu plaudern wünschten. Ter Kommissar philosophierte im stillen über den schnellen Wechsel des Schicksals und die Tragödie deS Lebens, während Herr Lejeune darüber nachgrübelte, weshalb wohl Belotti noch solche Anstrengungen gemacht habe, seine Lage zu verschleiern, wenn er doch alles ver loren gab und mit Selbstmordgedanken umging. Wollte er sich — einen guten Abgang machen? Sich noch in letzter Stunde als daS unglückliche Opfer anderer hin stellen? Vergebene Mühe! Es war ja doch daS Ende eines Spielers. Ob er nun da oder dort sein Geld ver spekuliert, darauf kam es nicht mehr an. Fort ist fort und tot ist tot. Jedenfalls war seii Prozeß jetzt gemacht und .Herr Lejeune konnte keine Auskunft mehr über den Gang der Ereignisse von ihm erhalten. Erft als sie in die Näbe der Villa Jolilotte kamen, be gann der Kommissar da? Gespräch wieder, indem er sagte: „Würden Sie nicht die Güte haben, Mcfftre Lejeune, und zunächst allein in die Villa Jolilotte gehen, um die Familie wenigsten- einigermaßen vorzubereiten. Es ist doch gar zu schrecklich, so unvermittelt ahnungslose Leute mit einer solchen Last zu überfallen." „Selbstverständlich. Ich werde hier aussteigen. Kommen Sie mit den übrigen in einigen Minuten nach", erwiderte Herr Lejeune. „Ich würde ja die Mission schließlich selbst überneh men, aber ein Polizeikommissar ist in einem solchen Hause doch immer ein böser Besuch. Sie werden das besser machen können." „Natürlich. Ich werde das schon besorgen. Also auf Wiedersehen dort, Herr Kommissar." Es war nun doch schon etwas dunkel geworden und Herr Lejeune ging raschen Schrittes die etwas gewundene Allee nach der Jolilotte hinauf. Wenige Minuten später schellte er am äußeren Tor, daS seit einigen Tagen immer verschlossen gehalten wurde, um der Familie unliebsame Besuche und Storungen zu ersparen. Ein Diener kam aus dem Hause und fragte, was dec Herr wünsche. „Hier ist meine Karte", sagte Herr Lejeune, „bitte, geben Sie sie der Madame Belotti und sagen Sie ihr, daß ich sie unverzüglich sprechen möchte. Sie ist doch da?" „Gewiß, mein Herr. Bitte, treten Sie ein." Der Rechtsanwalt ging mit dem Diener, der daS Tor wieder schloß, durch den Garten nach dem Hause, wo eben im Vestibül eine Lampe angezündet wurde. Herr Lejeune war nicht zum ersten Male hier und batte in früheren Jahren sogar des Oefteren gesellschaft lich hier verkehrt. Aber seit etwa zwei Jahren war er nicht mehr dagewesen und konnte sich auf die innere Ein richtung deS Hauses auch nur noch dunkel besinnen. Des- halb blieb er im Vestibül stehen und sah sich um. ES war ein breites, sehr geräumige- DorhauS, mit Steinfliesen ausgelegt. Rechts davon war eine Tür, die zu einem kleinen, separiert liegenden Salon führte. (Fortsetzung folgt.)
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