Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.08.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-08-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190408071
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19040807
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19040807
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-08
- Tag1904-08-07
- Monat1904-08
- Jahr1904
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.08.1904
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
VezugS-PretS in der tzauptexpeditiou oder deren Ausgabe, stellen abg»holt: vierteljährlich 3.-^ bei zweimaliger täglicher Anstellung in- Hau» > 3.7b. Durch die Post bezogen für Deutsch land u. Oesterreich vierteljährlich -sl 4chO, für die übrige« Länder laut Zettung-prriSlifte. Siuzelue Nummern zu auf allen Bahnhöfen und den Zeitung».BertSnfern. ISA. Redaktion und Expedition: 153 Fernsprecher 222 Johanut-gaffe 8. Haupt-Filiale Dresden: M arienstraße 34 < Fernsprecher Amt IRr. 1713). Haupt-Filiale Berlin: LarlDuncker, Herzgl.Bayr.Hofbuchbandlg., Lützowstraße lOsFernsprecherAmtVI Nr.4603). 'tiprigcrTllgtlilalt Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- «n- -es Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Nates und -es Nolizeiamtes -er Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 Reklamen »nter dem Rrdaktion-strich (»gespalten) 7Ü nach den Familiennach- richten (Kgrspallen) bO Tabellarischer und Ziffrrnsay entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahmr 2b -H. Au«ah«efchlutz für Au; et gen: Abend-Ausgabe: vormittag» 10 Uhr. Morge«.Au»gab«: nachmittag» 4 Uhr. Extra-Beilagen (gefalzt), unr mit der Morgen-Ausgabe, ohue Postbesörderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Auzeigru sind stet» an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bt» abend» 7 Uhr. Druck und Verlag von G. Polz in Leipzig (Inh. vr. V., R. L W. Klinkhardt). Nr. 399 Sonntag dm 7. August 1904. 98. Jahrgang. Var wichtigste vom läge. * Schweden ist der internationalen Literar- konventiou von 1886 beigetreten. (S. Dtsch. Reich.) * Der Entwurf eine» preußischen Gesetze» zur Woh- nungSpflegereform wird amtlich veröffentlicht. (S. Dtsch. Reich.) * Von den vier AußenfortS von Port Arthur ist nach den letzten Meldungen nur noch ein einzige« im Besitz der Ruffen. Die Lebensmittel in der Festung sollen knapp sein. (S. ruff.-jap. Krieg.) lvochenrcha«. Wir kalkulieren: So wenig ideal selbst dem Fürsten Bismarck in späteren Jahren unser Reichs- wahlrecht in seiner bestehenden Form erschien, so viele Mängel dieser Methode, den Willen des Volkes kundzutun, anhaften mögen, den Gefallen werden Hof- ientlich weder die Ordnungsparteien noch die Regierung den Herren „Genossen" tun, ihnen durch eine Attacke auf das bestehende Recht, der politischen Meinung bei äen Wahlen Ausdruck zu geben, den wunderschönsten Hetz- und Schürstoff, den prächtigsten Köder zum Kreb- sen in der Bürgerschaft zu geben. Man Weitz doch wohl auch in den Kreisen, denen das Bestehen unserer heutigen Reichsordnung am Herzen liegt, sehr wohl, daß gerade einer Aenderung des Reichstagswahlrechts eine heftige Reaktion aus den Kreisen folgen würde, die heute den . Genossen" fern stehen, und cs ist daher zu wünschen, Voß von allen Seiten der „Vorwärts" als neunmal kluger Wetterprophet erbärmlich desavouiert wird, weil es eben nicht auf seine Beete regnen will, wenn er es sür gut hält. Für die kommende Tagung des sozialdemo kratischen Parteitages in Bremen wird schon jetzt von den besorgten Akteuren die Parole des Friedens und der Liebe ausgegebcn. Man bat offenbar von dem Dresdener Jungbrunnen noch unangenehme Flecken im Habit und möchte vor der vergnügten Welt der Bourgcosie nicht noch einmal diese sonderbare Vcrjüngungstour a la Bebel und Kautsky. durckmiachen. Nachdem die verhaßten Reformer vom Schlage Göhres und Heines mit Knütteln totgcschlagen, nachdem August der Starke den verschüchterten Genossen einmal wieder gezeigt, wes Geistes Kind er und seine Partei sind, predigt man Achtung vor den Genossen, die nicht der Meinung der Parteioligarchen sind — eine Heuchelei, aus Sckrpm und Sorge geboren, die um so lächerlicher auf den wirkt, der die brutale Gewalt kennt, mit der in der Partei Bebels jede Meinung samt ihrem Träger in den Kot gezerrt, verdächtigt und mit der Acht und Aberacht be- legt wird, die nicht mit dem offiziellen Programm der Tagung stimmt, wie es von den Gewaltigen der Partei aufgestellt wurde. Viel Staub wurde durch unsere Darstellung des neuenFalles Mirbachin der Presse aufgewirbelt, und der vielgenannten Excellenz werden die Kommentare zu unserer Meldung nicht gerade angenehm in den Lhrcn geklungen haben. Natürlich fehlen dem Ober- Hofmeister der Kaiserin und den; Intimus der Hochfinanz nicht etliche Knappen, welche eine Lanze für den angeb lich so ungerecht Befehdeten ernlegen. Allerdings ge schieht das in so ungeschickter Weise, daß Herr von Mir bach sich auf das alte Stoßgebet besonnen haben mag: Gott schütze mich vor meinen Freunden! Zwar lommcn den; Kirchenbauer Mirbach allerlei Ver eine kirchlicher Tendenz mit einer Denkschrift zur Hülfe, zwar bläst der „Reichsbote" die Frie- dcusschaLmei eindringlich und tapfer zu Gunsten Mirbachs, aber wenn man bei Hofe die Stimmung im gesamten Volke, wie sie sich auf Grund der Dinge, in die Herr von Mirbach verwickelt erscheint, wirklich kennt, so erscheint es fast unbegreiflich, daß der Obcrhofmeister noch immer seines hoben Amtes waltet. Tic auswärtige Politik der Woche hatte auf zwei Ge bieten große Ereignisse zu verzeichnen: auf -em Kampf plätze, da Vatikan und Republik miteinander lindern, und im f e r n c n O st c n, wo sich das grause üricgsspiel immer unheimlicher in die Länge zieht. Tie Kurie hat nach dem endgültigen Abbruche der diplomatischen Beziehungen Mischen Frankreich und dem Vatikan natürlich nach altem Brauche den Nachweis zu erbringen versucht, daß sie im Streite die unschuldig Befehdete ist. Aber selbst die Feinde des Herrn Combes in Frankreich müssen mit saurer Miene anerkennen, daß Herr Mcrry del Val unzweifelhaft die Bestimmungen des Konkordats mißachtete, als er die beiden Bischöfe aufforderte, ihre Diözese ohne Erlaubnis der Pariser Regierung zu verlassen, und daß er damit sich dem „Antichristen" Combes gegenüber eine arge Vlößc gab. In dieser Not wird natürlich jedes Mittel »um Zweck» geheilrgt, und da man in Ron, sehr wohl, weiß, daß in Frankreich der verletzte Nationalstolz am empfindlichsten reagiert, so beschloß man, diese mächtige Kraft zu Gunsten der arg bedrängten Klerikalen mobil zu machen — man jammerte darüber, daß nun das Pro tektorat Frankreichs im Orient arg gefährdet sei, und zwar zu Gunsten — Deutschlands. Ein bißchen patrio tische Hetze macht sich im Verein mit konfessionellem Kampfe stets sehr gut, und so war diese Anschwärzung Deutschlands sehr gut gemeint, aber leider wird sie nichts nützen. Die Zeiten, da Frankreich faktisch im Orient die Christenheit beschützte, sind längst dahin, heute nimmt sich jeder Staat seiner Schutzbefohlenen selbst an, Deutsche und Italiener stehen längst unter dem Schutze ihrer Konsuln, und seit der kaiserlichen Wallfahrt und der Schenkung der Tormition weiß die Welt, daß Wilhelm II. nicht mehr mit einer französischen Schutzherrschaft über die deutschen Katholiken in der Levante rechnet, die bei den heutigen Beziehungen der Mächte zu einander tat sächlich eine Abnormität bedeuten würde und in Wirk lichkeit nur in dem Dünkel der Franzosen noch immer einen Boden findet, auf dem sie gedeiht. Jeden falls hat sich die Hohe Pforte längst des Ge- dankens an ein noch heute geltendes französisches Protektorat entwöhnt, ihr Sinnen und Trachten geht augenblicklich dahin, sich wegen der P a s s a g e r u s s i - scherSchiffe durch die Dardanellen keine weiteren Scherereien mit den Mächten, besonders mit England und Frankreich, zuzuziehen, sintemalen man eine Dardanellenkonferenz türkischerseits kaum wünscht — denn -er kranke Mann an, Bosporus zahlt bei solchen Kuren zumeist die Kosten. So hat denn der Sultan durch einen Botschafter in Petersburg ernstliche Vorstellungen erheben lassen und sich so die piu nnima gesichert. Ob Rußland den Vorstellungen Gehör schenkt oder ob wieder die Freiwilligenflotte ihre Jagdschiffe durch die Meer enge dampfen läßt, hat die Zukunft zu lehren. Jeden- alls ist dem Sultan nicht ganz wohl bei dem Gedanken, als Helfershelfer der Russen in oer Lvelt angesehen zu werden, in der auch er nun einmal trotz aller Aussichten auf das einstige Paradies leben muß. Rußland freilich wird unter dem Drucks der letzten Ereignisse auch dem Sultan gegenüber nicht allzu herausfordernd auftreten, andern die Knute, die es sonst so deutlich und schnell zeigt, im Stiefelschafte stecken lassen. Noch wirken in Rußland die Folgen des Attentats auf Plehwe auf die öffentliche Meinung ein — freilich nach der verkehrten Richtung, wie das nicht anders zu erwarten war. Man kokettiert in den Ministerien bereits mit dem Gedanken, den Nach- olger Plehwes mit diktatorischer Gewalt aus- zustatten — wie sie einst Melikoff besaß. Man ver gißt, daß gerade unter Melikoff der Zarbefreicr ermordet wurde, und hat anscheinend heute es noch nicht gelernt, aus dieser Tatsache die nötigen Lehren zu ziehen. Jedenfalls ist die Panik noch immer groß und man ist nicht ohne Sorge um das Leben des Zaren selbst. Die letztenEreignisse in der Mantschurei gestalten das Bild der russischen Lage nicht freundlicher. Als Kuropatkin Petersburg verließ, erklärte er offen, zunächst Chardin zur Operationsbasis machen zu müssen. Indes schien der russische Generalissimus zu starker Peffi- mist gewesen zu sein; denn er konnte zunächst den Schwer- punkt seiner Operationen mehr nach Süden verlegen, nach Mukden, dann nach Liaujang, endlich sogar nach Haitscheng — nach Charbin konnte er sich noch immer zu- rückziehen, falls es nötig wurde. Leider hat Kuroki die Zeit benutzt, um sich nördlich von Liaujang festzusetzen, so daß die Russen sich sofort zum Durchbruch anschicken müssen, falls sie nicht in eine gefährliche Lage kommen wollen. Die Russen maskieren natürlich einstweilen ihre Sorge, das scharfe Vorgehen der Japaner vom Süden her soll nur zur Konzentration der russischen Armee bei- getragen haben; wenn man aber bedenkt, daß auf der Straße Jnkau-Tschanglingtse bereits die bei Niutschwang gelandeten Japaner marschieren, daß Oku mit vier Divi sionen in Haitscheng steht, so bekommt die russische Be- hauptung von „Konzentration" einen sehr fatalen Bei- geschmack. Ter Unmut über die militärischen Mißerfolge scheint in Petersburg bereits bedenkliche Folgen zu zel- Ligen: man sucht nach einem Sündenbock und möchte ihn in Kuropatkin finden. Schon kennen einzelne Zeitungen seinen Nachfolger. Es fehlt allerdings nicht an Sach- verständigen, die auf Rußland halten: sie glauben nicht, daß die Japaner Port Arthur rechtzeitig einnehmen, ehe die baltische Flotte eintrifft, sie sehen in dem Zurück- weichen der Russen einen weisen Plan und prophezeien für die Japaner einen schrecklichen Rückzug, und zwar im Winter 1904/05. Hui vivra verru. 0et«t«eMirbsch-falI inäerfrerre. Um klar und unzweideutig festzustellen, welche Beurteilung unsere Darstellung de« neuen Mirbach-Falle« in der Prelle gefunden bat, soweit diese an die Wiedergabe unserer Mil- leckuugen eigen, Meinungsäußerungen geknüpft hat, lassen wir hier eine ganz kurze Zusammenstellung folgen, wob« wir lediglich die Titel der zitierten Blatter für sich selbst sprechen lassen. Der „Hann. Courier" äußert sich wie folgt: Da das „L. T." »tu ernsthafte« Blatt ist, so kann r» keinem Zweifel unterliegen, daß der Bericht auch i» seine« Einzel heiten zutreffend ish Bedauerlich bleibt e», auch im Interesse de« Herrn v. Mirbach, daß die von seinem Mündel aus gestellte Behauptung, Herr v. Mirbach habe ihm bedingungsweise eine StandeSerhöhung seiner damaligen Braut versprochen, nicht iu irgend einer Weise geklärt worden ist. Da« „Berl. Tagebl." sagt u. a. in einem Leitartikel: Die ganze Sachlage ist insofern nicht geklärt, al» der junge Prinz von Sayn-Wittgenstein sein Recht erhielt, ohne daß er de» für Frhrn. v. Mirbach schwer belastenden Eid zu schwören brauchte. Es besteht deshalb »och immer die Möglichkeit, daß der Prinz di« Versprechungen de» Frhrn. v. Mirbach falsch aufgefaßt hat. Wir begnügen uns de-halb vorläufig damit, die Mitteilungen de» „Leipz. Tgbl.", da» al- vorsichtige» und gut unterrichtete« Blatt bekannt ist, wiederzugeben, ohne daraus bestimmte Schlüffe iu bezug auf den Charakter und die private Tätigkeit des Freiherrn zu ziehen. Nur darüber wird schon jetzt kein Zweifel sein können, daß Freiherr von Mirbach im eigenen Interesse sein bisheriges Wirken vor der Oeffentlichkeit klarlegen muß. Er hat so viel er strebt und seine Hände iu so zahlreichen Geschäften gehabt, daß man jetzt endlich seine vollgültige Legitimation in jeder Beziehung von ihm fordern muß. Sonst ist zu besorgen, daß er die Sache kompromittiert, der er zu dienen glaubt. Die „Köln. Ztg", deren Urteil von den „Hamb. Nachr." und auch sonst übernommen wird, schreibt: Wir können wohl annehmen, daß der in einer hohen Hofstellung zur Zeit noch befindliche Frhr. v. Mirbach umgehend Schritte tut, um sich von dem Verdacht zu reinigen, er habe zur Erledigung einer Civilsache dem Prozeßgegner die Verschaffung einer Standes- erhöhung für die Braut desselben zugesagt. Derselbe Gedanke klingt aus folgender Aeußerung der „Frkft. Ztg." heraus: Freiherr v. Mirbach wird nicht umhin können, sich darüber zu äußern, ob er wirklich die Erwirkung der Standeserhohung im Zu sammenhang mit diesem Prozeß zugcsagt hat. Dafür würden dan» wohl nicht einmal „seine Vereine" eine Vertraueuserkläruug riskieren. Aehulich sagt die „N. Hambg. Ztg.": Es muß wohl als selbstverständlich angesehen werden, daß Herr v. Mirbach zu den Enthüllungen dieses Prozeßberichts klare Stellung nimmt. In seinen Geschäften niit der Pommernbank hat man ihn mit unbegreiflicher Harmlosigkeit entschuldigt, hier müßte eine derartige Entschuldigung völlig versagen. Dasselbe Blatt schreibt später bei der weitere« Behand lung deS Falles: Jedenfalls, darin muß man dem „Leipz. Tagebl." zustimmen, ist der mitgeteilte Prozeßbericht durch das „L.-A."-Dementi nicht widerlegt. Die Angelegenheit bedingt im Interesse des Herrn von Mirbach aber ebenso sehr eine Aufklärung wie das Konto L. Die „Rh.-Westf. Ztg." sagt, nachdem sie unsere Mit teilungen im kurzen Auszug wiedergegeben : Das heißt also, Freiherr v. Mirbach hat um den Preis der Beilegung eines ihm vielleicht unbequemen Konfliktes die Standes- erhöhung einer andern Person erwirken wollen. Die „Voss. Ztg." urteilt: Die Angelegenheit erscheint nnS so ungeheuerlich, daß wir an nehmen, da- Leipziger Blatt sei trotz des ihm vorliegenden Ma- terials arg mystifiziert worden, wenngleich wir anerkennen müssen, daß es bei allen seinen Veröffentlichungen vorsichtig zu prüfen und zu wägen pflegt. Die „Dtsch. TageSztg." beschäftigt sich gleichfalls wieder holt mit der Angelegenheit und schreibt au zwei verschiedenen Tagen dazu: Der Prozeßbericht ist, man mag noch so vorsichtig urteilen, geeignet, den peinlichen Eindruck, den die Angelegenheit de« Herrn Oberhofmeistrr« bisher schon gemacht hat, noch wesentlich zu ver- stärken. Hätte man, wie wir immer gefordert haben, die unbedingt gebotenen Konsequenzen sofort gezogen, so hätte sich vermutlich kein Mensch um diesen Prozeß gekümmert. Bis Aufhellung erfolgt ist, wird man gut daran tun, sich des Urteils zu enthalten. Wie aber auch diese Aufhellung ausfallen möge, der peinliche Eindruck der Veröffentlichung wird nicht ganz verwischt, sondern höchstens abgeschwächt werden. Die „Germania- erkennt unsere Schlußfolgerung an mit den Worten: Ja, wennl Die Aufklärung über diese neue Mirbach-Asfäre wird wohl nicht ausbleiben. Die „Bre-l. Ztg." läßt sich vernehmen: Herr v. Mirbach schweigt zu den Mitteilungen des „Leipz' Tagebl." über seinen Prozeß. Den Auslastungen eine» Berliner Blatte» zur Verteidigung des Oberhofmeisters wird man eine autoritative Bedeutung unmöglich beimestrn können Diese recht unklare« Aufklärungen würden selbst dann ungenügend sein, wenn sie von Herrn v. Mirbach selbst gezeichnet wären. Die „Fr. Dtsch. Presse" präzisiert ihren Standpunkt wie folgt: Wir glauben die Angaben de» „Leipz. Tagebl." nicht unter- drücken zu dürfen, weil sie ebenso wie der Brief de» Herzog- Ernst Günther charakteristisch sind für die Stimmung, welche in hohen Kreisen gegen den Oberhofmeister der Kaiserin herrscht. Sehr bestimmt heißt e» in den „Lüb. Anz": In den früheren Affären wurden immer dem leider «och amtierenden Oberhofmeister der Kaiserin edle Motive bei seinen Unbegreiflichkeiten zugebtlligt. Hier aber handelt e» sich um rein persönlich, Geschäft«. Wir erwarte« jetzt endlich, daß die Ratgeber der preußischen Krone der Kaiserin den dringenden Rat geben, auf die Dienste ihre« seitherigen Oberhofmeister« zu verzichten. Wenn da«, wo- gegen den Frhrn. v. Mirbach vorliegt, noch nicht -»»ügt, um dt» Dt-cksfia« diese« Hosbeamte» zu rechtfertigen, dann wird die Krone eine solche Einbuße au Autorität erleiden, die im Interesse des Reichs auch von den deutschen Einzelstaaten nicht zu wünschen ist. Die Mirbach-Affäre hat im Empfinden des Volkes schon genug Schaden angerichtet. Es ist höchste Zeit, daß der fromme Freiherr die Gefilde von PrnsionovoliS anfsncht. Den Beschloß dieser Blütenlese möge folgende Aeußerung der „Braunschw. N. Nachr." machen: Nüchterne aktrnmäßige Daten, trockene Notizen, juristische Formeln und Entscheidungen der verschiedrnen richterlichen Instanzen zeugen gegen den Oberhofmeister. Kein Zeitungsschmierer — um im Jargon derer um Mirbach zu reden — hat Se. Excellenz be worfen. Alles kam von selbst, so wie es kommen mußte. Diese Zusammenstellung dürfte genügen, um unsere Leser rin eigenes klares Urteil gewinnen zu lasten. Veulrcftes Keicv. * Leipzig, 6. August. * Aus der sächsischen nuttonalltberalen Partei. Schon vor einiger Zeit wurde von Zittau au« bekannt gegeben, daß vom Nationalliberalen Landesverein für da« Königreich Sachsen ein neuer Generalsekretär gewählt worden sei, Herr I)r. Westenberger von der „Crefelder Ztg.". Die übrigens nicht autorisierten Verbreiter dieser Nachricht haben, wie uns mitgeteilt wird, insofern Glück gehabt, als dieser Tag« wirklich die Zusage deS Herrn vr. Westen berger eingetroffen ist, die Stellung am 1. Oktober anzutreten. Er hatte vorher noch Verpflichtungen aus seiner gegenwärtigen Stellung zu lösen. Ferner ist in der betreffenden BorstandSsitzung an Stelle de« von Leipzig verziehenden Herrn Vr. Küchling Herr Landtags abgeordneter Müller-Leipzig-Land in den Vorstand gewählt worden. Wenn darüber Bemerkungen gemacht worden sind, als ob dies eine überflüssige Stärkung de« Leipziger Elements und eine Hintansetzung der Nichtleipziger Nationalliberalen bedeute, so werden wir in Bezug hieraus aufmerksam gemacht, daß nach dem Statut sieben Vorstandsmitglieder in Leipzig wohnen müssen. Die Wahl eines Nich»leipziger war deshalb ausgeschloffen. D Berlin, 6. August. * Litnarksnpeuttsn. Der „Reichsauzeiger" veröffentlicht eine Bekanntmachung betr. den Beitritt Schweden« zur Berner internationalen Uebereinkuaft vom 9. Sep tember l886, sowie vom 4. Mai 1896, und den dazu verein barten Deklarationen vom 3. August 1904. * WohnungSrcform. Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht in der Berlage den auf Grund der bisherigen Beratungen von den beteiligten Ministerien aufgestellten Entwurf des preußischen Gesetzes zur Verbesserung der Wohnungs verhältnisse nebst Begründung. * Lehrcrgchälter in Preußen. Die Meldung, daß seitens der preußischen Unterrichtsoerwaltung Erhebungen über den finanziellen Effekt der Erhöhung des Grundgehalts und der Alterszulagen für Bolksschullehrer um be stimmte Beträge angestellt werden, trifft zu. Diese Er hebungen stehen in ursächlichem Zusammenhänge mit einem Ersuchen, das die Unterrichtskommission des Abgeordneten hauses an die Staatsregierung anläßlich des ihr überwiesenen zweiten Teils des Smulantrages v. Hackenberg, vr. von Heydebrandt und Freiherr von Zedlitz gerichtet hat. Auf Antrag des letztgenannten Abgeordneten hat diese Kommission, um eine sichere Unterlage für ihre Beschlußfassung zu er halten, die Staatsregierung um Auskunft über die Mehr ausgaben ersucht, die durch die Erhöhung des Mindestgrund- gehalts auf 1000, 1100 und 1200 und entsprechende Er höhung der Dienstalterszulagen erwachsen würben. Auf Grund der erbetener« Daten soll dann nach dein Wieder- rusammentritt des Landtages über diesen Teil des erwähnten Antrages Beschluß gefaßt werden. * Konfessionelle Wissenschaft überschreibt die „Nat.-Ztg." eine ihr von befreundeter Seite gemachte Mitteilung, die auf die „Paritäts"-Forderungen des Zcntrunis ein interessantes Licht wirst und namentlich in akademischen Kreisen einiges Aussehen erregt. Die sämtlichen bis jetzt als ordentliche Professoren an die Akademie für praktische Medizin in Köln neu berufenen Gelehrten sind Katholiken. Prof. Tilwan - Greifswald, ein Schwiegersohn Geh. Rat Waldcyers, der als Chirurg, Prof. Borst-Würzburg, der als pathologischcrÄiiatom, und Prof. Siegert-Halle, der alsProsessor für Kinderheilkunde berufen ist. Es ist das um so interessanter, als sich auch unter den zu Professoren der Akademie ernannten, bereits seil Jahren als Oberärzte tätigen Herren nicht ein Protestant befindet. Prof. Bardenheuer und Hochhaus sind Katholiken, Prof. Minkowski Israelit. Nun ist gegen die wissenschaftliche Qualifikation der neu Berufenen nicht das geringste einznwendcn, wie ausdrücklich hervorgehoben werden soll. Aber es ist auch kein Zufall, daß nur Katholiken neu berufen sind, sondern rS ist das von einflußreichen Mitgliedern des Magistrats und Zentrumsabgeordnetcn direkt ausgesprochen, daß in erster Linie nur Katholiken in Frage kommen würden. Die Angelegenheit ist von allge meiner Bedeutung, weil sie den Einfluß des UltramontanlS- mus und seinen wahren „Paritätssinn" ausgezeichnet be leuchtet. Daß gerade in Köln, wo einst iu der Stadt verwaltung liberaler Einfluß herrschend war, jetzt auf geistigem Gebiet auch die konfessionellen Unterschiede hervor gesucht werden, ist ein besonder» charakteristisches Zeichen unserer Zeit. — HandelSminister Möller mit Familie ist am Freitag nach mehrtägigem Aufenthalt von Düsseldorf nach Brackwede ab- gereist. Der Minister besichtigte während seines Aufenthaltes in Düsseldorf eine Reihe industrieller Unternehmungen. Kultus- Minister Vr. Studt besichtigte Sonnabend mittag in Hannover noch dem Besuch der Technischen Hochschule da» Vaterländische Museum Der Finaaznnniiter Freiherr v. Rheinbabea ist zu einem mehrtägigen Jagdau'enthalt in Waldböckelheim eingetroffen. M * Königsberg, 5. August. Wegen Beleidigung de« rrstcn Staatsanwalt-, Geheimen Justiz rate- Schütze iu Königsberg, durch eiu« Besprech»»- de« Kti»tg«i»rger
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite