Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.07.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-07-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190407248
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- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19040724
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-07
- Tag1904-07-24
- Monat1904-07
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- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.07.1904
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Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem RrdaktionSstrich (4 gespalten) 75 /H, nach den Familien nach richten (6 gespalten) 50 Tabellarischer und Zifsernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ossertenannahme 25 Extra-Betlageu (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Poslbesörderung 60—, mit Postbeförderung 70.—. Annahmeschlutz für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stet- an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet Von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol; in Leipzig (Inh. vr. B.,R. L W. Klinkhardt). Nr. 373. Sonntag den 24. Juli 1904. 98. Jahrgang. Neben diesem moralischen Verluste, den Rußland er leidet, wird es aber eine unangenehme Pille zu schlucken haben in der Revision derTardanellenkon- vention. Die Meerengenkonvention von 1891 wird ohne Zweifel von den Signatarmüchten einer Durchsicht unterzogen werden, und die Zeiten, da die angeblichen Kauffahrer den Bosporus und die Dardanellen unter der russisckwn Flagge passieren konnten, um sich im Mittel meer als wohlarmierte, jagdfreudige Hülfskreuzer zu entpuppen, dürften bald vorüber sein. Bisher hat es Rußland durch den Truck, den es auf den kranken Mann am Goldenen Horn ausübte, verstanden, die Dardanellen konvention nach seinem Gutdünken auszulegen, und die Mächte haben keinen Wert darauf gelegt, besonders so lange durch die Fahrten der russischen Hülfskreuzer keine europäische Seemacht belästigt wurde. Nachdem dies ge schehen, wird man heute den Russen eine Auslegung des Dardanellenabkommens auszuzwingen wissen, die ihnen nicht wohlbekömmlich erscheint, aber es geschieht ihnen damit nichts Anderes, als sie selbst 1871 es den euro päischen Mächten boten. Wie sie damals über die papie renen Proteste Lord Granvilles und des Grafen Beust lächelnd hinweggingen, so wird man nun ihnen trotz aller Abwehr und Drohung die bequeme Pforte am Bosporus vor der Nase versperren. Allerdings ist mit einem solchen einmütigen Vorgehen der Mächte in Konstantinopel dann wieder jeder Jntrigue Tor und Tür geöffnet, und Ruß- land würde alle die Minen springen lassen, die seine ge schickten und gewissenlosen Agenten seit Jahren am Balkan gelegt, und leicht möchte sich im Wetterwinkel Europas ein neues Ungewitter ballen; aber das wird jedenfalls England nicht abhalten, mit aller Macht darauf zu dringen, daß der gute Augenblick benützt werde, den Russen etliche Lebensart im Verkehr mit den Seemächten beizubringen. Am erbärmlichsten aber wird es den freundlichen Geistern in England zu Mute sein, welche von einer Verbrüderung Albions mit dem Zarenreiche — natürlich auf Kosten und zum Verderben Deutschlands — hin und wieder bunte Träume und allerlei Gesichter hatten; der grobe Prankenhieb des russischen Bären wird ihnen den phantasievolleu Schädel noch lange brummen lassen. Aber auch inDeutschlandverspürenallzugetreueFreunde Rußlands bereits trübe Ahnungen von einer gewaltigen Blamage, die man sich in Gestalt des Königsberger Hochverrats. nndGeheimbundsprozesses > geholt hat. Von den Einzelheiten des Prozesses dürfen wir an dieser Stelle absehen, obschon auch hier Dinge ge schahen, die nicht gerade für die Geschicklichkeit der An klagebehörde sprachen, wir wollen nicht einmal das Wort vom „Triumph der Sozialdemokratie" mitunterzeichnen, aber man kann es nicht mehr verhehlen, daß man bei der Einleitung des Prozesses nicht mit der nötigen Umsicht verfuhr und sich so mitten in den Verhandlungen dazu bequemen mußte, Hals über Kopf in Berlin und Peters burg Auskünfte zu erbitten, die von vornherein als selbst verständliche Voraussetzung für den Prozeß in der Leffentlichkeit angesehen wurden. Ob die Angeklagten wirklich mit Freiheitsstrafen belegt werden, will heute nichts mehr besagen gegenüber der Tatsache, daß bei der Einleitung des Prozesses überhaupt gründlich daneben I gehauen wurde und unsere Behörde sich den Vorwurf ge- I fallen lassen muß, sich über Gebühr auf die Mitteilungen ! des russischen Konsulates in Königsberg verlassen zu I haben, die sich Hinterdrei als irrtümlich — wir wollen I nicht unhöflich werden — herausstellten. Bei einem I Prozesse mit solchem hochpolitischen Hintergründe sollte I einer preußischen Justizbehörde so etwas nicht passieren, I und wenn sie auch hart am Wege nach Rußland liegt. Ungeschickt wäre auch der heiligeDater gewesen, I wenn er wirklich das Wort gesprochen hätte, daß nun eine I andere Macht an Stelle des vielgeliebten Frankreich die I erste Stelle in seinem Herzen einnehmen werde, und ! Monsignore Vannutelli hat sich beeilt, die Meldung von I dieser angeblichen Aeußerung Pius X. zu desavouieren. I Der Vatikan wird sich allerdings hüten, dem „Anti- I christen" Combes eine bequeme Handhabe zur Kündigung I des Konkordates zu geben, vielmehr weiß man auch in I Nom sehr gut, daß ein offener Bruch mit Frankreich ein I Experiment sein würde, das nicht spurlos an dem Be- I stände der katholischen Kirche in Frankreich, vor allen I Dingen an ihrer unbedingten Abhängigkeit von Rom I vorübergehen würde — also beeilt man sich, durch den I Mund des Kardinals eiligst zu versichern, daß Frankreich I trotz der himmelschreienden Sünde des bösen Combes, I trotz Mönchaustreibung und Nonnenverscheuchung die ge- I liebtcste Tochter der Kirche bleiben werde. Man rechnet I aber auf beiden Seiten dabei mit dem Bruche des I Konkordates als einer fast unausbleiblichen Tat- i fache, aber sowohl der Vatikan als Herr Combes scheuen I sich noch immer, diesen Bruch zu veranlassen. Die beste I Gelegenheit, einen offenen Zwist mit dem Vatikan vor I dem Volke Frankreichs zu rechtfertigen, hat Herr Combes I sich entgehen lassen, damals, als Herr Loubet nach Rom suhr. Sehr leicht hätte er da die nationale Empfindlichkeit, das französische Ehrgefühl gegen die vatikanische Ver- stocktheit auSspielen können — sicherlich hätte er flammende Zustimmung im Lande des Gallikanismus * In Schanghai werden Gerüchte aus Schang laut, daß der französische Bischof, ein Pater und zwei Bekehrte getötet, ein Pater gefangen und drei Kapellen m Lichuan bei Sinanfu verbrannt leien. 200 chinesische Soldaten seien von Schang hinbe ordert. * Der Aufstand im Berliner Steinsetzerge werbe, der sieben Wochen gewährt hat, ist gestern vor dem Gewerbegericht als Einigungsamt bei gelegt worden. * Das westlicheFort von Port Arthur soll vondenJapanernerstürmt worden sein. (Siehe Krieg.) * Hauptmann Graf Soden vom 1. Seebataillon, der 1900 die deu t s che G e s a n d t s chaf t i n P e k i n g verteidigte wurde zum Flügeladjutanten des Kaisers ernannt. Var lvickmgrl« vom rage. * Im Königsberger Hochverrats- und Geheimbundprozeß teilte gestern der Vorsitzende mit, dieAuskunftderrussischen Regierung sei eingegangen. Sic laute dahin, daß nach An sicht des russischen Justizministers durch den Strafantrag des russischen Botschafters in Berlin vom 22. November 1903 dem Deutschen Reiche die Gegenseitigkeit ausdrücklich gewähr lei st et sei. Danach wur den die Plaidoyers für beendet erklärt und die Fällung des U r t e i l s auf M o n t a g vertagt. (Siehe Deutsches Reich.) Aochenrcha«. Dem Grafen Bülow ist es am Strande von Norderney I anscheinend vom neidischen Schicksal nicht beschieden, sich in I Ruhe und Behagen die wenigen Wochen des Urlaubs zu gönnen: trotz Sonnenglut und Ferienzeit hat die Woche I ihre Ueberraschungen gebracht, und zwar solche, bei denen I selbst der in die tiefste Fericirstimmung eingelullte! Deutsche nicht gleichgültig bleiben kann: dierussischen Uebergriffe im Roten Meere, diese recht eigen-1 artige Antwort Rußlands auf die offenkundige, warme Sympathie des offiziellen Deutschlands in dielen Lagen I der Japanernot. Tie Nachricht von den Piratenstücklein I der „Smolensk" im Noten Meere mag als recht unange nehme Post in die subtile Zwiesprache geplatzt sein, die I Excellenz Witte mit dem Grafen Bülow hatte, und auch I dem Kaiser mit seinem ausgesprochenen nationalen Selbst-1 gefühl wird die Drahtung von der russischen Leistung I gegen unseren Postdampfer als recht eigenartiger Tank für seine warme Teilnahme an den Geschicken des östlichen Nachbarrciches erschienen sein; der sofortige ernstliche Protest des Reichskanzlers in Petersburg spricht dafür. Allzu Interessierte, in deren Vorstellungen noch etwas aus den Zeiten der Heiligen Allianz spukt, möchten die Empörung über den russischen Gewaltakt durch den Hinweis darauf abschwächen, daß sich auch eng lische Dampfer genau das Gleiche, ja, noch Schlimmeres von den russisclxm Hülfskreuzern gefallen lassen mußten wie urffer „Prinz Heinrich". Aber sie vergessen in dieser Anwendung des alten Spruches vom „solanren iniseris", daß wir ebensowenig wie die selbstbewußten Vettern jenseits des Kanals zu den iniseri gehören, be sonders aber nicht, wenn als tortius compuratiouis der Russe herangezogen wird. Tie russische Regierung in ihren Kriegsnöten wird nicht gerade davon erbaut sein, in ganz Europa, soweit es nicht zu den russischen Satrapien am Balkan gehört, eine scharfe und ein stimmige Verurteilung der Taten im Roten Meere zu ver nehmen. In England gehen natürlich die Wogen der Erregung besonders hoch, und wenn man den Cityblättern glauben wollte, so wäre das Schick sal der russischen Hülfskreuzer besiegelt gewesen, ehe sie Gibraltar erreichen — aber King Edward und Lord Landsdowne sind viel zu ruhige Köpfe, als daß sie einen einzigen Schuß feuern ließen, ehe nicht das letzte Mittel diplomatischer Genugtuung auf friedlichem, aber hono rigem Wege versucht war. In Petersburg hat man sich indes schwer gehütet, es zn einer offenen Differenz mit dem seegewaltigen Albion kommen zu lassen, denn momentan wäre Rußland bei einem Wafsengange mit England geradezu hilflos. Frankreich ist durch die kluge Diplo matie Edwards VII. von Rußland mehr abgebracht als man es an der Seine und Newa zugeben möchte, Oester reichs Sympathien hat sich England in ganz besonderer Weise zu sichern gewußt, wir Deutsche würden wahrschein, sich Rußland zu Liebe uns die Finger nicht verbrennen — ein isoliertes Rußland aber muß sich im gegenwärtigen Augenblicke hüten, den Marsch nach Indien anzutreten, vielmehr muß es sich trotz aller Drohungen gefallen lassen, daß in Tibet die englische Expedition kaum 100 Meilen von dein heiligen und unnahbaren Lhassa lagert. Sollte also die russisck-e Regierung die Kaperstücklein im Roten Meere ursprünglich sanktioniert haben, so hat sie doch an- gesichts der allgemeinen Entrüstung in der gesamten nichtrussischen Welt baldigst abgewiegelt und England die erforderliche Genugtuung gegeben — wenn auch mit ge ballter Faust im Sacke. Wir warten noch darauf. gefunden, der heute noch nicht völlig tot ist. Ob aber heute der casu» bslli in Gestalt der Maßregelung zweier Bischöfe durch den Vatikan genügen wird, um tatsächlich den geistigen Heerbann Frankreichs für Combes' Politik mobil zu mackren, werden die nächsten Tage zu lehren haben. Vor dielen großen Differenzen der Woche treten die übrigen Ereigmsse in den Hintergrund. In diesem Zeit- alter des Verkehrs will man auch den jungen König von Spanien nach London und Paris reisen lassen, die angeblichen Greueltatcn von Baschibozuks in Make donien erweisen sich natürlich wieder als eitle Flunkerei, wie die offizielle Note der Türkei wenigstens sagt, auch die Komitatschi halten Ruhe und Frieden, wenn man ihnen und ihrem Schutzpatron in Sofia glauben will — trotz dem dauert das Schinden und Schänden nördlich von Saloniki fort und wird wohl dauern, bis endlich eine starke Hand eingreift. Bulgarien aber wird diese Hand nicht gehören — das darf Ferdinand, der Anpassungs fähige, glauben. Seitdem Stambuloffs Hände von ruch losen Mördern abgehauen wurden, fehlt es am Balkan an einer Hand, die zu wehren und zu packen weiß. In Ostasien stehen die Dinge auch nicht mehr wie in voriger Woche: Zuerst wurden starke Kanonaden gehört, auch eine heile japanische Feldwache wurde, wie Kuropat- kin ausführlich melden durfte, mit dem Bajonett vernich tet, ein japanischer Angriff auf Port Arthur wurde an geblich abgeschlagen, riesige Verluste Japans wurden von Rußland gemeldet — aber schließlich stellte sich heraus, daß bereits seit Sonntag heftige Kämpfe am Motienpaß tobten und daß heute bereits die Japaner den Weg auf die Bahn Niutschwang-Mukden frei haben. Die kommende Woche wird uns vielleicht von neuen gewal tigen Kämpfen zu melden wissen. Vie Miiiirteritlire in Sayern. Der Fall Heim-v. Asch ist außerhalb Bayerns erst allmählich in allen seinen Einzelheiten und mit allen seinen Konsequenzen so bekannt geworden, daß man sich ein einigermaßen abschließendes Urteil gestatten kann. Und da muß nun doch ausgesprochen werden, daß der Kriegsminister nicht ohne Schuld und Fehle ist. Man darf sich schließlich aus berechtigter genereller Antipathie gegen das Zentrum und ebenso berechtigten Wider willen gegen das hinterhältige Vorgehen des Abg. vr. Heim nicht dazu verführen lassen, das Unverständliche und Zwei deutige im Verhalten des Ministers bis auf den letzten Punkt zu verteidigen. Wie erinnerlich, handelte es sich um den jahrelang zurück liegenden Ehebruchskandal des Oberleutnants Pfeiffer mit dem Major Seitz. Das Ehrengericht hatte einen Zweikamps verbindet, weil, wie man annehmen varf, es den Major Seitz wegen der Verführung der Frau eines Kameraden nicht mebr für satisfaktionsfähig hielt. Dieser Punkt ist von größter Bedeutung, denn diese Anschauung würde einen großen Fortschritt auf dem Wege zur Verminderung der Duelle bedeuten und könnte nur von den allerbesten Folgen sein. Derartige Forderungen sind auch von den aufrichtigsten Freunden des Offiziersstandes und von Leuten gestellt, die nicht prinzipielle Gegner des Duells sind. Aber diesen Standpunkt teilte der Kriegsminister nicht und aus diesem Widerspruch entstand der Erlaß, dessen sich der Kriegsminister so lange nicht entsinnen konnte, bis er ibni vom Abg. Vr. Heim vorgelesen wurde. Allerdings nur bruchstückweise — insofern hat der Minister recht. Jedoch behauptet der Abg. Heim, der verlesene Erlaß sei alles, was ihm Vorgelegen habe. Wie cs scheint, ist nämlich dem Abgeordneten nicht der ursprüngliche Erlaß des Ministers, sondern der daraus resultierende Bruchstückerlaß des Generalkommandos in die Hände gespielt worden. Daß es sich in beiden Fällen um Geheimerlasse handelt, die nicht auf rechtmäßigem Wege in den Besitz des Abgeordneten kommen konnten, kann nicht bestritten werden. Der Minister kann sich nun zwar darauf berufen, daß der Erlaß eine ausdrückliche Anweisung, sich zu duellieren, nicht enthält, daß ferner auch nicht der zuerst belei ¬ digte Oberleutnant, sondern der Major später doch noch gefordert hat. Aber eine indirekte Aufforderung zum Duell ist in dem Erlaß nicht zu verkennen. Und ferner ist es überhaupt zweifelhaft, ob der Oberleutnant ohne den Erlaß die Forderung angenommen hätte, ja ob er sie nach dem Spruche deS Ehrengerichts überhaupt hätte annehmen dürfen. Daher ist dem Kriegsminister auf alle Fälle ein Einfluß auf das Zustandekommen des tödlichen Duells zur Last zu legen. Auch insofern ist dies der Fall, weil er es zuließ oder gar veranlaßte, daß der Major in allen Ehren verabschiedet wurde, also nicht mehr mit seiner Forderung abgcwiesen werden konnte. Zu bemerken ist auch noch, daß sowohl der Regiments kommandeur wie der beleidigte Oberleutnant entlassen wurden, und der Schluß liegt nahe, daß dies wegen der zuerst versuchten Vereitelung de» T)uell« geschehen ist. Der Voll ständigkeit halber sei noch erwähnt, daß der Abg. Heim be züglich seines Vorgehens damit zu entschuldigen versucht wird, er habe von einem Auftraggeber nur für den Fall die Er laubnis zur Vorlesung des Erlasses erhalten, daß der Minister dessen Existenz bestreite. Was davon zu halten, wissen wir nicht — hübscher wird die Sache dadurch auch nicht. Als Resultat de« Streites ist jedenfalls die Beendigung einer Ministerlaufbahn anzuseben, aus inneren Gründen wie aus äußeren. Denn auch die Liberalen haben ihn im Stiche gelassen. Und daß da« Zentrum abermal« seine Macht bat zeigen können, ist da« Bedenklichste an der Sache und wird der inneren Entwickelung Bayerns nicht zum Segen gereichen. ver Mktanck Oer Kems. Verstärk»»ng»tranrport. Gestern ginqen von Hamburg mit den Tampiern „Gertrud Woermann" und „Montevideo" zwei Truppentransporte nach Swakop- mundin See. Und zwar hat der Dampfer „Gertrud Woermann" bereits am mittag den Hafen verlassen, während oec von dec Woerinannlinie gcck>arterte Danipser „Montevideo" erst abends gegen 11 Uhr abfuhr. Die Truppen trafen nach dem „Hamb. Nachr." in einer Ge samtstärke von 624 Mann von Munster (Hannover) be reits am Sonnabend Morgen gegen 6 Uhr in Hamburg ein. Außerdem wurden 54 Militärbäcker von Berlin gleichfalls mit der „Gertrud Woermann" nach Südwest afrika verschifft. Diese Militärhandwerker, marschierten Freitag abend gegen V2II Uhr von dem Ordonnanzhaus nach dem Lehrter Bahnhof, von wo sie in zwei reservier ten Waggons mit dem fahrplanmäßigen Zuge um 11 Uhr 50 Minuten nach Hamburg abfuhren. ver rurrizch-japanirche Krieg. Vie Aufbringung -er Dampfer» „Scandia". Die vorgestern eingegangene und alsbald dementierte Nachricht von der Ausbringung des Hamburger Dampfers „Sambia" hat rasch eine allerdings ebenso wenig erfreuliche Aufklärung gesunden; nicht pje „Sambia", sondern die „Scandia" rst von den Russen im Roten Meere mit Beschlag belegt und nach Suez gebracht worden Die „Scan dia" führte ursprünglich den Namen „Erato" und war als solche auf der Werft der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft in den achtziger Jahren des abgelaufenen Jahrhunderts für die Deutsche Dampserrhederei (Kingsin-Linie) in Hamburg erbaut. Als diese vor vier Jahren von dem Norddeutschen Lloyd und der Hamburg-Amerika-Linie angekauft wurde und beide Reedereien die 14 Schiffe der Kingsin-Linie unter sich teilten, ging der Dampfer an den Norddeutschen Lloyd über und erhielt von ihm den Namen „Königsberg". Als solcher war er dann, wie schon vorher, in der ostasiatischen Frachtfahrt beschäftigt. Ende vorigen Jahres ging er mit vier andern Dampfern wieder an die Hamburg-Amerika-Linie zurück und wurde von dieser abermals umgetauft in „Scandia". Das 4856 Reg- Tons brutto (3135 netto) große Schiff läuft etwa 12 Seemeilen, war am 20. v. M. von Hamburg nach Ostasien in See gegangen und batte am 14. d. Mts. Suez passiert, muß also etwa bei Perim von den Russen angehalten und ausizebracht worden sein. Dazu stimmt eine Mitteilung des am Sonnabend auf der Rückreise von Ostasien in Port Said eingetroffenen P- L O-Dampfers „Ceylon", welcher meldete, daß er am 18. Juli 20 Stunden vor Suez von dem russiscken Dampfer „Petersburg" durch Signal über woher und wohin ange sprochen worden sei und nachher die Erlaubnis zur Weiter fahrt erhalten hätte. Die „Petersburg" hätte ein deutsches Handelsschiff eskortiert. Dieses Schiff ist jedenfalls die „Scandia" gewesen. Die „Petersburg" gehört zur russischen Freiwilligen-Flotte, ist 1894 erbaut, 9500 Tons groß und läuft mit ihren beiden Maschinen etwa 19 Seemeilen. Was zur Beschlagnahme des Dampfers geführt bat, ist noch unaufgeklärt, zumal das Schiff nach der in Händen der Reederei befindlichen, konsularamtlich beglaubigten Abschrift des Ladungsverzeichnisses (Manifests) keinerlei Kriegsmaterial für Japan an Bord gehabt hat, und es ist deshalb nur zu wünschen, daß unser Auswärtiges Amt mit ebensoviel Energie wie Promptheit sich der ihm unterbreiteten Beschwerde an nimmt und an der Newa mit aller Deutlichkeit erklärt, daß wir als Neutrale nicht gesonnen sind, unfern Handel irgendwie stören zu lassen, sondern auf Durchführung des alten völkerrechtlichen Satzes „Die Flagge deckt die Ware" unbedingt bestehen müssen. Auch wäre es Wohl angebracht, in aller Stille zwei unserer großen Kreuzer vom Typ des „Prinz Adalbert" fertig machen zu lassen und nach dem nördlichen Mündungsgebiet des Suezkanals bezw. nach der Straße Bab-el-Mandeb zu entsenden. Schon die bloße Tatsache der Entsendung würde genügen, um die Russische Freiwilligen-Flotte etwas vor sichtiger zu machen, und zugleich der deutschen Beschwerde führung in Petersburg mehr Nachdruck verleihen. Die „Malakka"-Frage wäre längst nicht so schnell und so nach giebig von Rußland erledigt worden, wenn man nickt mit der Möglichkeit hätte rechnen müssen, daß England den Ruffen Böses mit Bösem vergelten würde. Die Malakka-Angelegenheit. „Daily Graphic" meldet: Die „Times" sprechen in Leitartikeln Zweifel aus, ob England genügende Satis faktion von Rußland erhalten werde. Dies sei sckwer aus der russischen Antwort zu ersehen. Daß die Ladung der Malakka der Form wegen überhaupt untersuckt werden soll, will ihnen nickst einleuchten. Es sei kaum anznnehmen, daß ein Zweifel in die Erklärungen der britischen Regierung bezüglich des verdächtigen Teils der Ladung gesetzt werden könne. Abgesehen davon tonnte die Untersuchung auch deshalb nicht zugegeben werden, weil die „Malakka" nicht von einem qualifizierten Kriegsschiff gekapert worden sei. Die Freigabe des Schiffes unter den von Ruß land angegebenen Bedingungen würde unser stillschweigendes Einverständnis mit dem Vorgehen Rußlands in den Dar danellen in sich schließen, sagt der „Daily Graphic". Die Malakka-Angelegenheit beunruhigt auch die Ameri kaner insofern, als bedeutende amerikanische Fleisch sendungen, die für Rechnung der japanischen Regierung eingeschifft sind, dem Wladiwostok-Geschwader verfallen könnten. In Malta wird auf den englischen Schiffen Tag und Nacht gearbeitet, und ein« nach dem andern geht mit ver siegelten Befehlen ab, nur zwei Kreuzer sind noch dort. Da» Lrgebni» d«r Schlacht an» Mstlenpatz. Dem „Reuterschen Bureau" wird aus Kuroki« Haupt quartier über Fusan vom Freitag gemeldet, daß da« Resultat der fünftägigen Tätigkeit darin bestanden habe, daß die Japaner sich bessere strategische Linien zum Vor marsch gesickert und daß die Russen dir besten Ver»
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