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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 14.11.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-11-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192511148
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19251114
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19251114
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1925
- Monat1925-11
- Tag1925-11-14
- Monat1925-11
- Jahr1925
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 14.11.1925
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Riesaer O Tageblatt und Anreiger (LibeblM mü> Ämeiaer». und Anzeiger Meblatt «nd Anzeiger). der rlmtt-mchtmarnlschaft «rotenhatn. des Amtsgerichts, der AmtSanwaitschast beim Amtsgerichte «nd des Rates der Stadt Riet«, des Finanzamts Riesa und de» Hmwtxollamt» Meide». AZ ISS. Tvnnabeud, 14. November 1SZS, abends. 78. Jahrg. Ta« Riesaer Tagebläi^rlchtiNr jetey^Tl^ödend« 7,« Uhr mil Aufnahme der Lonn- unü .seniage. Vtjuasvrri«, gegen Lorau-zahlung, ;uc einen Mona» u »Oiarr e- Pscnnig vuech Post oder durch Bolen. Für den Fall des Eintretens von ProduktionSverteuerungen, Erhöhungen der Löhne und Materialienpreis« behalten wir uns dar Recht der Preiserhöhung und Nachfordernng vor. Anzeigen sür di« Nummer des Ausgabetages sind bi» 9 Uhr vormittags aufzugeben und im voraus zu bezahlen; «ine Gewähr für da« Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird nicht übernommen. Grundpreis für die 39 wm breite, 3 ww hohe Brundschrtst-ZeUe (3 Eilbzn) 2S Gold-Pfennig«; die LS mm breite Reklamezeile IVO Gold-Pfennige; zeitraubender und tabellarischer Satz 50°/, Ansjch'.a,. Feste Tariie. vemUligter Rabatt erlischt, wenn der Bettag versällt, durch Klage eingezogen werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Zahlung«, und Erfüllungsort: Riesa. Achttägige Unterhaltungsbeilage »Erzähler an der Elbe". — Zm Falle höherer Gewalt — Krieg oder sonniger irgendwelcher Störungen de» Betriebe» der Druckerei, der Lieferanten oder der BeförderungSeinrichtungeu — hat der Bezieher keinen Anspruch aus Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung de» Bezugspreise». Rotationsdruck und Verlag: Langer t Winterlich, Riesa. GrschiiftSsteSe: Goethestraß« 5S. Verantwortlich für Redaktion: Heinrich Uhlemann, Riesa; für Anzeigenteil: Wilhelm DIttrich, Ries». Mer Woche« Rückwirkungen. lieber den Begriff der Rückwirkungen herrscht heute, nachdem die Paraphierung der Verträge von Locarno nahe zu ciueil Monat hinter uns liegt, immer noch eine grenzen lose Bcnvirrung. Das rührt einmal daher, daß die An hänger des Lsdriragswcrks seiner Unterzeichnung ans sede Weift den Weg ebnen wollen. Indem sie alle blöken Andeu tungen über bevorstehende Erleichterungen in den Beipflich tungen Deutschlands als reale Vergünstigungen htnstellcu und schon die blake Unterlassung weiterer feindlicher Akte der Besatzungsmächte als Rückwirkung bezeichnen, anderer seits aber daher, dak die Gegenseite in dem Streben, Deutsch land sür Licherhritspakt und Völkerbund zu ködern, zahl reiche Maknahmcn im Rheinland, die ohnehin getroffen wären, als Rückwirkungen frisiert, sondern wir also die Spreu vom Weizen, und sehen wir, waS übrig bleibt. Keine Rückwirkung ist vor allem — darüber sind sich in Deutschland sämtliche Parteien einig — die Räumung Kölns, auf die wir seit dem 1». Januar dieses Jahres einen berech tigten Anspruch haben und sür die kein Mort verlieren zu werden braucht. Menn aber im Zusammenhang damit fran zösische Truppen aus den beiden Wiesbadener- und den Tau- nuSkreiscn abbefördcrt werden — noch werden sie es nicht — um britischen Formationen ans der Kölner Zone Platz zu machen. So ist auch dies keine Rückwirkung, sondern eben eine Episode ans" der Räumung Kölns. Nachdem auch dies in der Ocfscntlichkeit erkannt war, suchte man nuS Land in die Aitgcü zu streue« durch die Abberufung von 33 Kreis delegierten des Besatziingsrcgiincs. Diese Abberufung war ans der Gegenseite schon vor Locarno erwogen und teilweise beschlossen und geht daraus zurück, -an das vorjährige Ab kommen von London, das in dem Tawcsplan gipfelte, Frank reich die Kosten für seinen Verwaltungsapparat im besetzten Gebiet aufcrlcgt, womit die französischen Beamten, die zu der Zeit, da sic von Deutschland besoldet werden muhten, an geblich uneutbehtltch waren, plötzlich aus Sparsamkeit ver mindert werden konnten. Tast ihre Rückziehung gerade in diesen Tagen zur Tatsache werden kann, kommt den franzö sischen Locarno-Propagandisten sehr gelegen. — Ferner sind eine Anzahl Rheinland-Ordonlianzeu aufgehoben worden. Am Tage der Rnhrbesetzung, dem 1l. Januar 1023, gab cs deren 130. Tie Ordonnanzen von 131 aufwärts sind nun in großen Gruppen gestrichen und nur vereinzelte rein wirt schaftlichen Inhalts <13!>, 171, 173, 203 unü 201) sind stehen geblieben. Auch dies können wir nicht für eine Wirkung von Locarno gelte» lassen, da cs nur eine selbstverständliche Zugabe zur Ruhrräumung ist, wenn mit ihr auch die bei der Ruhrbesctznng im gleichen Sinne erlassenen Kampf-Ordon nanzen beseitigt werden. Sv bleibt von allen Erlcichtcrungsmaßnahmcn, die bis her konkrete Form angenommen haben, «Mts übrig. Ja wir müssen sogar in der Bewertung einer wirklichen Minderung der Besatzungsstürke in der zweiten und dritten Zone als „Rückwirkung" sehr vorsichtig sei»; wenn von der jetzigen Besatzungsstürke von beiläufig 140 000 Mann wirklich 20 000 znrttckgeruscn werden, wie dies in Paris kürzlich erwogen wurde, so hat das augenscheinlich vier ganz andere, viel stärkere Gründe, als den vorgeblichen, Deutschland einen Ge fallen zu tun. Die Finanzkrise ist zur Zeit der stärkste Fak tor, der jeder französischen Regierung die Zurückstellung unrealer, reiner Prestigefragen nahe legt. Gleichzeitig kann sie damit im Innern gewisse Sympathie» gewinnen, die sie heute notwendiger braucht denn je. Noch vorteilhafter aber wird ihr der Eindruck, den eine Verminderung der Be- satzungsausgaben auf den großen Bankier in Washington macht, der, solange die Schuldenverhandlungen nicht abge schlossen sind, jeden Angenblick mit seinen Forderungen ihr Daumenschreibcn anlcgen kann. Und schließlich hörten wir davon, daß die notwendigsten Kräfte, die zur Rettung der aus Messers Schneiden stehende» Situation der frauzöstschen Mandatarmacht nach Syrien geworfen werde» mußten, aus Marokko kamen und nicht aus dem geographisch viel günsti- gcren Marseille. Es ist naheliegend, baß Frankreich, wenn cs in dieser Not schließlich doch auf das untätig einem waffenlosen Gegner gegenüberstehende Rheinheer zurück greisen muß, aus der Not eine Tugend macht und von uns Dank fordert. Wir bedauern, ihm solchen nicht schuldig zu sein, den» der Friedensvertrag, der durch Locarno unange tastet bleiben soll, erlaubt Frankreich nur, die Truppenstärke im Rheinland zu haben, die den früheren deutschen Garnt- sonstärken entspricht. Und die liegt mit 40000 Mann unter der Bcsatzungsstärkc. Hieraus ergibt sich eine berechtigte deutsche Forderung, die wir bereit wären, als «Rückwirkung zu buchen, und Hie, .wenn nicht alle Versprechungen in Locarno ein leeres Ge rede sind, sehr bald Tatsache werben dürfte: fort mit allen sranzösischen Heeresangehörigen aus den Bürgerquartieren' Deutschland leidet an schlimmster Wohnungsnot; das Zu sammenleben von Zivil und Besatzung führt trotz größter Zurückhaltung der schwer leidenden Bevölkerung noch täg lich zu den ärgerlichsten Zwischenfällen. Und die vorhan denen dcntschcn Kasernen reichen für die laut BV. erlaubte Vesatznngsstärke ans. Weiter verlangen wir Abschaffung der Rcanisitivnen, die schon seit Inkrafttreten des Friedens allein Völkerrecht Hohn spreche» und Ersetzung durch den freihändigen Kauf, Wiederherstellung der Pressefreiheit und der uuüberwachtcn Tätigkeit der Zfptlbehürben im Rhein land wären weitere.Rückwirkungen, pie überhaupt die Auf hebung der Mtlitärkontrolle. die Wiederherstellung der deutschen Lufthoheit und die Freigabe des zivile» Luftfahr- z-.ngbaucs. Aber wie fern liegt dies alles noch! Wo bleiben sie, die Lockmittel, die uns den Eingang .jahrzehntelanger Verpflichtungen versüße»,sollen und doch, wären sie auch schon Tatsache, gegen die schweren Bindungen, die Deutschland mit Locarno übernimmt, nur kleine Ge- bleiben. Eine neue Minderheit hat sich in Estland aus Len im ganzen etwa 1800 Köpfe zählenden Jngern gebildet. Tie Inger» spreche» eine» dem Finnische» ähnliche» TiBlekt, sind teils cvaiigelisch-lutherisch, teils griechisch-orientalisch. Tie estnische Schulpolitik erst hat das nationale Empfinden dieser kleinen Minderheit zum Erwachen gebracht. Ter Nachfolger des tödlich verunglückten GenerallcntnantS Müller, Generalleutnant von Parvelß. Zum Befehlshaber im Wehrkreis 4 (Freistaat Sachse», unü Provinz Sachsen) ist Gekicrallcutnant v. Parvelß crnanrit . worden. MM b« MMNkM M MIW. )( Frankfurt a. Main. Eine auf hobkr künstlerischer Stufe stehende Vorstellung im Opernhause, bei der auf Wunsch des Reichspräsidenten „Figaros Hochzeit" gegeben wurde, bildete einen würdigen Abschluß des Frankfurter Präsidentenbesuches. Als der Reichspräsident in seiner Loge er schien, bereitete ihm das Publikum eine stürmische Huldigung. In der Panse nahm Oberbürgermeister Dr. Landmann im Foyer Gelegenheit, dem Reichspräsidenten eine Reibe Frank furter Persönlichkeiten vorzuftellen. Bevor der Reichspräsi dent das Opernhaus verließ, erschien er noch auf dem Balkon, um der auf dem Opernplatz versammelten Menge seinen Dank sür die Aufnahme auszusprechcn, die er in Frankfurt gefunden habe. Unter den Klängen des Deutschland-Liedes erfolgte alsdann die Abfahrt nach dem Bahnhof. Rückkehr des Reichspräsidenten nach Berlin. Berlin. (Funkspruch.) Der Herr Reichspräsident ist heute vormittag 87, Uhr wieder in Beilin eiugetroffen. UmbilSinig der Neichsregiermig? Dr. Reinhold Reichsfinanzminister? tsd. Dresden. In Berlin umlaufende Gerüchte wollen wissen, daß der Gedanke einer ReichStagsauslösung nur noch bei den Sozialdemokraten ventiliert werde, daß man weiter die Bildung der grofie« Koalition für uu- wahrscheinlich hält, daß aber mit der Umbildung deS Retchskabtnetts gerechnet werden könne und daß bereits dahingehende Verhandlungen im Gange seien. Bei dieser Umbildung zu einem Kabinett der Mitte würden die Demo kraten außer dem Innenminister auch noch den Finanz minister zu stellen haben. Für das Finanzministerium käme, wie verlautet, in erster Linie der sächsische Ftuauzmiuifter Dr. Reinhold in Frage, der ja bekanntlich schdn einmal für diesen Poste» nominiert war. Eine Bestätigung dieser Gerüchte bleibt selbstverständlich abzuwartea. KI« deMmliMle MfkW m Dm SMer. * Berlin. Ter frühere bcutschnationale Abgcordneie Dr. Traub hat in einem offene« Brief an be« Reichskanzler Dr. Luther im Zusammenhang mit den Locarnoverträgcn drei Frage« aufgestellt, von deren Beantwortung er baS Endurteil der Teutschnationalen abhängig macht. Wenn der Reichskanzler diese drei Fragen mit einem glatten Nein beantworten könne, so werbe bas deutsche Volk wissen, daß Ihm kein neuer Krieg droht. Tie drei Fragen lauten: 1. Ist Deutschland verpflichtet, im Falle eines Krieges zwischen Rußland einerseits «nd einer oder mehrerer vvl- kerbnndsmächte eivzugrcise«? S. Ist Deutschland »erpsllchtet, im Falle eines solchen Krieges deutsche Truppe« ,«r «erfügnng zu stelle«? S. Hat «ine der BSlkerbuudsmächte tu einem solche« Kalle -aS Durchzugrecht durch deutsches Gebiet? Wie wir hören, ist Reichskanzler Dr. Luther -er festen Neberzengung, daß man diese drei Fragen ohne Umschweife mit eiuem glatten „Nein" beantworten könne. Kein Frattionszwanz der Deutschnationilen. Berlin. I» den parlamentarische» Kreisen vcrlanirt, daß die Deutschnationale Reichstagssraktion entschlossen sei, bei der Abstimmung üder.bie Locarnv-Berträgc de« Kral, tionszwaug a«sz«hede«, sooaß den Mitgliedern der Fraktion fretgcstellt wird, nach eigenem Ermessen für oder gegen Locarno zu stimmen. Diese Absicht sei darauf zurückzusuh- reu- daß mebrere FrakttonSmitalieber die Anffassnna ver treten, daß die außenpolitischen Entscheidungen nicht iw Zu sammenhang mit der inerpvlitiichc» Einstellung der einzel nen Partciangchörigcn sieben und daß inan den Anhängern der Locarno-Verträge frei keilen inüsie, ihrer eigenen lieber« zeugnng nnch zu stimmen. Znr Abrüstungskonferenz. )< London. Tic liberale Westminjicr Gazette istireüst in einen» Leitartikel: Ter Völkerbund hp: mit Recht be schlossen, daß infolge des Lvcarnoablomincns eine allgemeine Abrüstungskonferenz sobald wie möglich einbcrnft.» werden soll, »nd cs ist Zeit, daß sich lcreiis jctzi die össcniiick- Mci- iinng in Vvröcrcilnng für die Eii:sc!>eidnngcn. die dann ge- fällt werden müssen, geltend mach». Ter Kamps nm die Jlottenvoranschläge wird mit größerer Heiligtest als je wieder anfgcnommen werden müssen und Lord Bcatlys Rede ans dem Lordmanvr-Bankelr zeigt, welch heftiger Widerstand noch überwunden werden muß. Es ist schwer, von Frankreich zu erwarten, das; cs sein Heer herabictzr, wenn nicht auch England bereit ist, alle angemeiiencri Ver- Minderungen in seinen eigenen anaeschwollenen Varnnschlä, gen für die Verteidigung vvrzunehmcn Tag Frankreich ein stehendes Heer von 713)000 Mann a'nrcchterhält, ist cine dauernde Quelle der Besorgnis sür alle Mitglieder des Bölkerbundcs. Tas Locarno-Abkommen »ordert, daß der neue Geist des internalionalc:» Zn'grnmenwirlens unmittel bar auch die künftigen Rüstungspragrai'ine berühr». Brianü wir- mit den Militaristen in seinen» Lande »errig werden müssen, deren Tnmmheit und Anmaßung Frankreich in Snrien in einen völlig unnötige:» Krieg verwickelt haben, ebenso wie Ehaniberlain mit den Admiralen in Whiiehall fertig werden muß. Tas Blatt schließ!: Bevor jedoch di; Abrüstungskonferenz cinbcrusen wird, besteht eine Gelegen heit sür England, den Beweis seines guten Willens abzu legen, in der Beschleunigung der Rheinlandräninnng. ES ist lächerlich, daß von !.'3 Millionen Mark, die im letzten Monat von Tcntschland ciiigingcn, über 10 Millionen »üc die Besatznngshccre ansgcgcbeu wurden. Noch viel schlim mer ist die Fortdauer der Reibung zwischen Tcntschland, England und Frankreich infolge der Ansrechrcrhalinng eines unnötig großen Heeres ans dcntschcm lSebict. Flanderns Freiheitskampf. Dem übermächtigen Einfluß der mir der offiziellen belgischen Regierung verbündete»» ira:nö'»sckcn Politik aus die Weltpresse ist es bisher gelungen, die allgemeine Auf merksamkeit Europas von den Unabhängigkeustestrebungen der Flamen cibzuienken. Nnr wenige wissen, daß hier schon seit vielen Jahren ein germanischer Bolksstamm heiß um seine nationale und politische Freiheit kämpft. Dieser Kampf läßt sich wobt am besten nist dem der Iren gegen England vergleichen. In beiden Fasten handelt es sich um einen dem herrschenden Sracstsvolk kulturell durchaus gleichwertigen, seil Jahrhunderten in geschlos senem Ttedinngsgcbiet lebenden Volksstcnmn. Während aber die keltischen Iren über em starkes nationales Sclbstbewußtsein verfügen, kranken die germanischen, man könnte beinahe sagen, deutschen Flamen, obwohl sie tat sächlich die Mehrheit (55 Prozent) im belgischen Staate bilden, an den nur zu wohl betannten Schwächen ihrer Rasse, und darum bar sich hier der Kambs bisher noch niemals ebenso entschieden wie in Irland auswirkcn können. Vor allem waren eS die sehr zahlreichen Fran- zöslinge unter den Flamen selbst, die, als Verräter ihres eigenen Volkes, den von Zeit zu Zeit ansslcrmmendcn Widerstand-Versuchen das Rückgrat knicken halsen. In jüngster Ze»r scheint sich aber auch in kwi'er Hin sicht manches geändert zu haben. Man spricht beute be reits von einer „jungflämischen Bewegung", die ziclbc- wutzt und konsequent auf die Loslösung Flanderns vom französischen Belgien hinarbeitet. Mit besonders auffal lender JntenslvitSt bat diese Bewegung im verflossenen Sommer eingesetzt. In mehreren Städten kam cS zu offenen staatssemdlichen Deinonstrationcn. So wurde z. B- am 1l. Juni, dem flämischen Nationalfeiertag, vom Rathaus zu Aalst die belgische Trikolore berabgehoir und durch die Löwenfahne Flanderns ersetzt. Der Vizcbürger- meisler der Stadt, der diesen Tausch begünstigt hatte, verlor zwar seinen Posten, aber dennoch sand gleich darauf nn Brüsseler Parlament, als die Angelegenheit zur Sprache kam, ein flämischer Abgeordneter den Mut, ossen zu erklären: „Es ist unmöglich, Flandern zu dienen, ohne Belgien zu verraten". Ende August leisteten im Rahmen einer großen nationalen Feier 5UlX) Studenten und Studentinnen den Eid an Flandern und schickten an Len in Löwen eingekerkerten Flamenführer Dr. Börms eiii Huldignngstelegramm ab. — In Nieuwpoort kam es gelegentlich einer KriegerdenkmalSenthüllung zu stür mischen Kundgebungen. Die Redner'der Regierung wur den durch den Gesang des slämisck-cn Nationalliedes über stimmt, und die belgische Hymne ging in dein Ruf: „Nie der mit Belgien!" unter. Man nimmt an, daß diese und noch zahlreiche andere ähnliche Ereignisse neue Gewaltmatznahmen der. „demo- krcfttschen" belgischen Regierung znr Folge haben werde.». Aber Druck erzeugt Gegendruck, und die jnngslüinische Bewegung ist heute schon über das Stadium »büchten»-» Ansüngertums hinaus. Sie hat vom gesamten Volk Flau- Lerns Besitz ergriffen und die allgemeine Unzufrieden- heft in ein einziges Belt zu leite» verstanden. Der Terror der Regierungsmehrheit wird also vielleicht vor übergehend dämpfen, nicht aber verhindern können, daß sich unter der Tyrannenfaust die vulkanischen Kräfte m ncnem Ausbruch susammenbalken.
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