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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.12.1870
- Erscheinungsdatum
- 1870-12-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187012079
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18701207
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18701207
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1870
- Monat1870-12
- Tag1870-12-07
- Monat1870-12
- Jahr1870
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.12.1870
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tipMer Tageblatt Anzeiger. Mittwoch s Erste Beilage zu Nr» L-Stl.j 7. December 1870. FiuanMer Wochenbericht. Gitvstipe politische und militairische Nachrichten schwellten in dirsir W^che die Segel der Börsenspeculatiou, welche fich wieder mf das hohe Meer der Hausse hivauSgewagt hatte. DaS Zauber wort „Couferevz" glättete wie immer die Wogen der Besorgniß vor einem Conflict wegen der PontuSangelegevheit. Der von Ostm her ertönende Flöten- und Schalmeienton de- Frieden- bildet ein seltsame- Intermezzo zu dem Kanonendonner im Westen. Die Welt weiß, wie sehr die Aussicht auf eine Confereuz in kritischer Lage eine plötzliche Umwandlung der Börsenstimmung kervorzubringev und den verdüsterten Horizont in Sonvengold zu kleidm vermag. Ein Axiom lautet »war, daß Conferenzen daS Vorspiel zum Kriege bilden, doch sowohl der luxemburger wie der letzte türkisch-griechische Confliet wurden durch Conferenzen beigelegt. Freilich sind die Diplomaten bloße Flickschneider, und ihr Werk reißt oft schneller, als sie glauben; doch giebt eS eben Uebelstände in der politischen Gewandung Europa- , deren Ab stellung eine Radicalcur von unberechenbaren Folgen erfordern würde. So bleibt denn nicht- übrig, al- den Au-bruch der KrifiS so lauge wie möglich zu verzögern. DeckuugSkLufe zum Ultimo, da die Contremine sich viel stärker auSwteS, als man angenommen hatte, und vielleicht auch der Muthavflug, welcher beim Beginn eine- neuen Monat- die Börse gewöhnlich zu beseelen pflegt, übten in der abyelaufenen Woche ihre volle Wirkung auS. Die SpeculationSpapiere habe» einen «srhullchen Aufschwung genommen und auch anderen Effecten- gattuugen den Weg zum Fortschritt gebahnt. Niemand kann freilich sagen, daß Franzosen und Lombarden wenigsten- hinsichtlich ihre- in Aussicht stehenden diesjährigen Er- trLgniffeS billig sind; aber eS handelt fich eben um ein bloße- Spiel, um eine ausschließlich häusliche Sache der Börse. Den EtaatSbahnactien stehin wenigsten- glänzende Mehreinnahmen zur Seite, während die Südbahn ihre inneren Schäden nicht mit tiuem solchen Pflaster zudecke» kann. Ob Creditactien mit 25V für 160 nicht vollauf bezahlt sind, müssen wir dem Geschmack der Sptculaatm überlassen. Die gegenwärtigen Zeiten scheinen unS für dtrglticheu Institute durchaus nicht günstig. Bei allen diesen Effecte» fällt bekanntlich die Ablösung de- DividendeueouponS erst i»S folgende Jahr, während dieselbe bei den deutschen Aetie» «it Ablauf de- BetriebSjrhreS erfolgt. Offenbar ist dieser Um stand für die Course der schweren deutschen Bahn-Aktien von vedeutuug. ES herrscht einmal in denjenigen Kreisen, welche sich für diese Effecten vorzugsweise interesstreu, da- Axiom vor, daß drr abgelöste Divideudeucoupou rasch wieder durch den steigen de» Tour- eingebolt wird. In früheren Zeiten, wo noch nicht so vielartige Papiere die Operatiouen de- Capital- und drr Spe- culation zersplitterten, mag diese Annahme allerdings öfter in Erfüllung gegangen sein. In »euerer Zeit hat sie iudeß häufig «uug FracSo gemacht. Für diejenigen Inhaber, welche ihre Aetieu Jahr auS Jahr ein behalten, ist die Sache gleichgültig, »icht aber für diejenigen speculativen Capitalisteu, welche nur zeitweilig in solchen schweren Effecten Anlagen effeetuiren, um von der erhofften CourSsteigeruug Nutzen zu ziehe». Im All gemeinen wird auch hier der Grundsatz Gültigkeit haben, daß nur der wirklich eiueassirte Gewinn ein; solcher ist. ES ist über haupt sehr schwer, von der Gestaltung de- Eisenbahnverkehr- im uüchste» Jahr sich ei» Bild zu entwerfen. Nach den außerordentlichen und rücksichtslosen Anstrengungen, welche von den republikanischen Machthabern in Frankreich ge macht werden, ist anzunehmen, daß der Krieg selbst mit dem Fall vou Pari- nicht zu Ende sein wird. So werden denn die TranS- pertßöruugeu fortdaueru. Die Bortheile, welche die Mililair- ttauSporle bringe», kommen eben bloS gewissen Nnien zu statten »ud kövnen nur ihnen Ersatz für die sonstigen Ausfälle bieten. Dazwischen schillert nun noch die Aussicht auf größere Getreide- iraußporte. die namentlich verschiedenen östlichen Bahnen zufalleu würde». So bietet da- Ganze ein ziemlich wirre- Bild, dessen Züge schwer zu enträthseln sind. Jedenfalls ist mit Ausnahme- zuflauden zu rechnen. Überhaupt wird man gut thn», eingedenk zu sei«, daß nicht alle Wochen einander sich gleichen, und daß die Bäume nicht dazu da find, um in den Himmel zu wachsen. Die letzte französische Anleihe vou 250 Millionen Franc-, welche dis RegirruugSvelegation vou Tour- abschloß, beschäftigt noch immer die Aufmerksamkeit. Laurier, der Bevollmächtigte, welcher da- Geschäft zu Stande brachte, soll vergeblich versucht haben, den ungeheuer niedrigen Cour-, zu welchem da- über nehmende Hau- sich allein verstehen wollte, etwa- zu erhöhen. In Frankreich ist bekanntlich nur ein geringer Theil abg,setzt worden. Wie die Fiuanzverhältniffe Frankreich- nach dem Kriege sich gestalten werden, darauf kann man in der That gespannt sein. Wenn man fich übrigen- zurückruft, daß die 5> Rente bei der Einnahme vou Pari- am 20. März 1814 zwar auf 47 V, fiel, die Absetzung Napoleon- aber mit 6 Franc- Hausse begrüßte, und bei der Nachricht von dem Abfall Marmont'S auf 63»/i stieg, daß sie am 5. März 1815, auf 88 stehend, bei der Rück kehr Napoleon- von Elba um etwa 20 Franc- fiel und »ach der Schlacht von Waterloo um 7 Franc- sich hob, so wird man wohl mit Recht erwarten dürfen, daß die diesmalige Capitula- tion von Pari- die dortige Börse in eine festliche Stimmung versetzen wird. Die Staat-fiuauzen Oesterreich- spielen fortgesetzt eine höchst traurige Rolle. In den letzten Jahren wurden die Deficit- durch Verkäufe de- staatlichen Aktivvermögen- so gut wie möglich gedeckt; mit drr Abnahme de- unter den Hammer zu bringenden Material- schwindet auch allmälig die Möglichkeit in solcher Weise die klaffende» Wunden uothdürftig zuzuflicken. Iuterveniren nun noch politische Ereignisse und veranlassen die österreichische Regie rung zu militairischen Maßnahmen, so wird da- Maß der Ver legenheiten voll und düstere Gedanken von einem nothwendigen neuen Bankerott, nachdem der vor einigen Jahren durch ZinS- reductiou vermittelst Steuerabzug erfolgte, nur palliative Linde rung der ewigen finanzielles Gevrecklichkeit brachte, schwirren zu wiederholten Malen durch die Blätter. Außer durch Verkäufe de- Aktivvermögen- und durch „erhoffte" LandeScasseuüberschüffe, will da- Ministerium durch ein sogenanntes „Steueranlehn", d. h. durch Antic prruna zukünftiger Einnahmen da- diesmalige Budget zu begleichen suchen. WaS aber nachher, wenn diese HülfSmittel erschöpft sind? — Nie, seitdem covstitutionelle Staaten «xistiren, sagt die „Presse", ist ein solche- Budget ausgestellt worden. Noch nie hat Oesterreich eS erlebt, daß seine finanzielle HülfSlofigkeit in so entsetzlich »»verhüllter Darstellung vorgeführt wurde, wie eS der Finauzmiuister in seinem Expost thut. Da seine Auseinandersetzung nicht mehr und nicht weniger besagt, al- daß Oesterreich nicht im Staude ist, die Forderungen d«S ReichSkneg-miuisterS zu erfüllen, so hätten wir eine offen« und rückhaltlose Erklärung für viel zweckentsprechender und würdiger gehalten, al- daß er der erstaunten Welt die letzten, mühsam zusammen geklaubten Kreuzer zeigt und, indem er die Taschen umkehrt, ihr zuruft: Da habt ihr idie letzten Ressourcen der österreichischen Monarchie. Die Differenzen der Wiener Course gegen die Vorwoche zeigen eine bedeutende Besserung der Stimmung. Credit (250V,) er reichte ca. 7 Gulden Avance, Anglo ca. 11 Gulden, London 123 (gegen 125 Gulden 31 Kreuzer), Napoleons 9 Gulden 90 Kreuzer gegen 10 Gulden 11V, Kreuzer. Trotz der Au-stcht auf Ausgabe neuer Rententitel stieg Papierrevte (56,20) um Vio Proc., Silberrente (65,80) um beinahe IV, Proc., Carl-- Ludwig-bahn gewann 9 Gulden. Die Thätigkeit in Vollendung der begonnenen Eisenbahn bauten macht fich bereit- bei dev Banken geltend, die bisher viele Millionen vou den Ballgesellschaften zu 3 Proc. verwalteten und nun allwöchentlich große Beträge für die Bahnen flüssig machen müssen. Die Creditaustalt hatte diese Gelder bisher zum E-compt verwendet und dadurch der Geschäftswelt in Zeiten, wo die Nationalbank schwierig war, einen erheblichen Dienst geleistet. Jetzt aber muß die Anstalt in Folge de- Abfluss»- der Gelder ihr E-compteaeschäft reduciren, und entsteht dadurch eine Lücke, die sich allmalig auch fühlbar machen wird. Die Bavkm wer de» daher trachte» müssen, ihre Prioritäteuvorräthe abzustoßen und auf diesem Wege hereinzubringen, wa- sie au die Bau- direetionen heran-geben.
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